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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: 5 U 105/05
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 3
1. Bei einer Bildmarke, die die Warenform eines Getränks (hier: papierumwickelte Underberg-Flasche) zeigt, das bislang lediglich als Portionsflasche (z.B. 20 ml) auf dem Markt vertrieben worden und dem Verkehr seit langem ausschließlich in dieser Form bekannt ist, besteht Verwechslungsgefahr gegenüber ähnlichen Ausstattungen papierumwickelter Flaschen nur in dem (erweiterten) Bereich von Portionsflaschen, nicht aber von handelsüblichen Großflaschen (z.B. 0,7 l ), selbst wenn die Markeneintragung ohne einschränkende Größenangaben erfolgt ist.

2. Auch unter Berücksichtigung angemessener Ausweitungstendenzen der zukünftigen Kennzeichenverwendung gewährt die Eintragung einer Marke für einen bestimmten Farbton keinen Schutz gegenüber sämtlichen anderen Farbgestaltungen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 105/05

Verkündet am: 26. April 2006

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Betz, Rieger, Dr. Koch nach der am 12. April 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 10.06.05 abgeändert. Der letzte Halbsatz des Urteilsausspruchs lautet nunmehr wie folgt:

"...., soweit die Größe der so umwickelten Flasche bis zu 50ml beträgt."

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Beklagte zu 55 % und die Klägerin zu 45 %.

Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen die Parteien jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägern durch Sicherheitsleistung in Höhe € 95.000.- abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 40.000.- festgesetzt.

Bei der Streitwertbemessung folgt der Senat der Wertfestsetzung aus dem landgerichtlichen Beschluss vom 19.10.04. Das Landgericht hatte den - in modifizierter Form - nur noch streitgegenständlichen Unterlassungsantrag zu 2. ursprünglich mit € 150.000.- bewertet. Die Klägerin ist nach Auffassung des Senats in erster Instanz hinsichtlich dieses Antrags insgesamt in Höhe von 40 % (= € 60.000) unterlegen. Davon entfällt 1/3 auf die zu weite Fassung des Klageantrags in Bezug auf schwarz-weiße Darstellungen. Insoweit beurteilt der Senat die erstinstanzliche "Klarstellung" ebenfalls als Teilklagerücknahme. Die Hilfsanträge sind materiell von dem umfassenden Hauptantrag als Abstufungen mit umfasst und fallen streitwertmäßig nicht gesondert ins Gewicht.

Gründe:

I.

Die Klägerin stellt Spirituosen her. Sie vertreibt den weithin bekannten "Underberg"-Kräuterbitter, der in kleinen, in braunes Papier eingewickelten 20ml-Flaschen vertrieben wird. Das Produkt ist seit ca. 160 Jahren auf dem Markt. Es ist von der Klägerin umfassend markenrechtlich geschützt, u.a. mit der am 06.04.01 angemeldeten deutschen Bildmarke (3D Marke, farbig) DE 30122729 (Anlage K17), die Schutz für die Farbe "braun" beansprucht:

Die Beklagte, ebenfalls ein altes Familienunternehmen, vertreibt ein frei verkäufliches Arzneimittel, nämlich einen Pepsinwein mit einem Alkoholgehalt von 12,5%, der ebenfalls zur Unterstützung der Magenfunktion angewendet werden soll. Das Erzeugnis wird in einer - ebenfalls papierumwickelten - 700ml-Flasche vertrieben. Auf der Grundlage dieser Ausstattung meldete die Beklagte am 04.06.03 bei dem DPMA zu der Registernummer DE30227289.5 (Anlage K4) eine - um das Etikett und sonstige Aufdrucke bereinigte - neutralisierte Formmarke (3-Dimensionale Marke) an, die Schutz für die Farben "grün, weiß" beansprucht:

Dieses Verhalten beanstandet die Klägerin als markenrechtsverletzend. Sie ist der Auffassung, die von der Beklagten beanspruchte Formmarke führe zu unmittelbaren Verwechslungen, zumindest aber dazu, dass das angegriffene Zeichen zu Unrecht mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

Die Klägerin hatte in dem vorliegenden Rechtsstreit neben dem Antrag auf Unterlassung der abgebildeten Warenform zunächst weitergehend noch Klage auf Einwilligung zur Löschung der von der Beklagten angemeldeten Marke sowie Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsanträge erhoben. Im Verlauf des Rechtsstreits hat die Beklagte die Löschung der Marke DE 30227289.5 bei dem DPMA selbst veranlasst. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit erstinstanzlich hinsichtlich der ursprünglichen Klageanträge zu 1., 3 und 4. übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Klägerin verfolgt ihren Unterlassungsantrag zu 2. in modifizierter Form weiter.

Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, ein dreidimensionales Zeichen, wie es Gegenstand der Veröffentlichung im Markenregister zum Aktenzeichen Nr. 302 27 289 ist, zur Kennzeichnung der Waren "pharmazeutische Produkte und Arzneimittel, insbesondere frei verkäufliche Arzneimittel" zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, insbesondere vorgenannte Waren in dieser aus dem Markenregister zur Nr. 302 27 289 ersichtlichen Form anzubieten, feilzuhalten, zu vertreiben und/oder zu bewerben.

hilfsweise,

ihrem Antrag mit folgenden weiteren Einschränkungen stattzugeben:

(a) [anzubieten, feilzuhalten, zu vertreiben und/oder zu bewerben....], soweit die Größe der so umwickelten Flasche 350 ml unterschreitet,

weiter hilfsweise

(b) [anzubieten, feilzuhalten, zu vertreiben und/oder zu bewerben....], soweit die Größe der so umwickelten Flasche 20 ml nicht übersteigt,

weiter hilfsweise

(c) [anzubieten, feilzuhalten, zu vertreiben und/oder zu bewerben....], soweit die Größe der so umwickelten Flasche 20 ml beträgt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage einschließlich der Hilfsanträge abzuweisen.

Das Landgericht hat die Beklagten mit Urteil vom 10.06.05 unter Abweisung des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge zu (a) und (b) nach dem Hilfsantrag zu (c) verurteilt.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin. Die Klägerin verfolgt ihr Klagebegehren in zweiter Instanz nur noch im Umfang des Hilfsantrags zu (a) und stellt insoweit das landgerichtliche Urteil zur Überprüfung.

Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, eine Verwechslungsgefahr auch ohne die von dem Landgericht vorgenommene Beschränkung bestehe schon deshalb, weil ihr mit der deutschen 3D-Marke DE 30122729 für eine neutralisierte, in Papier eingewickelte Flasche ohne Größenbegrenzung markenrechtlicher Schutz zur Seite stehe und diese Marke sich noch in der Benutzungsschonfrist befinde. Zumindest bestehe die Gefahr, dass das Publikum das Verletzungszeichen mit der geschützten Marke zu Unrecht gedanklich in Verbindung bringe bzw. organisatorische oder wirtschaftliche Verbindungen zwischen den Parteien vermute.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es zu ihren Gunsten ergangen ist und beantragt auch im Umfang des Berufungsantrags die Abweisung der Klage

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den - durch Beschluss vom 08.08.05 korrigierten - Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur zum Teil begründet. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts insoweit uneingeschränkt, als der Klägerin ein auf §§ 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3, Abs. 4 MarkenG gestützter Unterlassungsanspruch nur hinsichtlich papierumwickelter Portionsflaschen zusteht. Allerdings erscheint dem Senat insoweit - auch um angemessene Ausdehnungstendenzen der Klägerin berücksichtigen zu können - die landgerichtliche Beschränkung auf 20ml-Flaschen zu eng. Der Schutzbereich der Marke erstreckt sich in der konkreten Fallgestaltung darüber hinaus auch auf solche Flaschen, die 50ml nicht übersteigen. Selbst wenn man - anders als dies das Landgericht getan hat - in Bezug auf die Flaschengröße von 20 ml von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft sowie gegenüber dem von der Beklagten als Marke angemeldeten Produkt von einer durchschnittlichen Warenähnlichkeit ausgeht, kann die Klägerin jedoch keinen Schutzbereich für sich in Anspruch nehmen, der über den Schutz von Portionsfläschchen hinausgeht und auch handelsübliche Halbflaschen erfasst. Die weitergehende Berufung der Klägerin ist deshalb unbegründet.

Der Senat nimmt zur Begründung seiner Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Urteil Bezug, soweit er ihnen folgt. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt - außerhalb der weitergehenden Verurteilung - keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Die grundlegenden Einwände der Beklagten gegen die Kennzeichnungskraft der in Papier eingewickelten Flasche der Klägerin als Waren- bzw. Verpackungsform bleiben ohne streitentscheidende Bedeutung. Der Senat hat - wie zwischen den Parteien auch nicht streitig ist - von der Kennzeichnungskraft einer eingetragenen Marke auszugehen. Die Marke der Klägerin verfügt über vielfachen Schutz, sowohl international als auch national (Anlage K17). Auch unabhängig davon teilt der Senat die Einwände der Beklagten nicht. Daran vermag der Hinweis auf die Entscheidung des EuG zur Form einer Bierflasche (GRURInt 04, 515ff) nichts zu ändern, bei der zudem eine optisch ansonsten vollkommen ungestaltete Verpackung Streitgegenstand war. Denn bei der Klagemarke geht es - darauf weist die Klägerin zutreffend hin - nicht allein um die Form einer Flasche, sondern um unterschiedliche Gestaltungsmerkmale (Flaschenform, Papierumwicklung, Farbe des Papiers usw.), die in ihrer Kombination eindeutig herkunftshinweisende Funktion entwickeln. Dies vermag der Senat aus eigener Sachkunde zu beurteilen, da seine Mitglieder ebenfalls zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Die als Marke eingetragene Flaschenform in Papierverpackung ist auch - hierauf wird im Folgenden noch einzugehen seien - für sich genommen, d.h. ohne weitere herkunftshinweisende Merkmale in Wort oder Bild kennzeichnungskräftig. Es geht - anders als in den von der Beklagten zitierten Gerichtsentscheidungen - zudem nicht um die Anerkennung einer Benutzungsmarke, sondern um die Schutzgewährung für ein eingetragenes Kennzeichen. Der Hinweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des EuGH und des BGH dazu, dass bei einer Warenformmarke ein markenmäßiger Gebrauch nur selten in Betracht kommt, ist ebenso zutreffend wie unerheblich für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits. Der Verkehr verbindet nach Auffassung des Senats mit der als Marke eingetragenen Ausstattung unzweifelhaft einen Hinweis auf die Herkunft aus dem Betrieb der Klägerin. Soweit die Klägerin vor diesem Hintergrund allerdings ein weitgehendes und uneingeschränktes Verbot für Flaschen bis zu einer Größe von 375 ml begehrt, bleibt ihr Anspruch unbegründet. Auch hierauf wird noch einzugehen sein.

2. Das Landgericht hat die Kennzeichnungskraft der Underberg-Flasche als nur schwach eingestuft. Es hat dabei Bezug genommen auf die von der Beklagten vorgelegten Beispiele von umwickelten Flaschen. Diese Auffassung teil der Senat in ihrer Allgemeinheit nicht. Die Entgegenhaltungen in den Anlagen A4 bis A24 betreffen überwiegend so unterschiedliche Gestaltungen, dass von einer relevanten Schwächung der Kennzeichnungskraft nicht gesprochen werden kann, schon gar nicht von einer fehlenden Markenfähigkeit, wie die Beklagte zweitinstanzlich geltend macht. Dabei erscheint dem Senat selbst auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten keineswegs gesichert, dass das "Verpacken" von Flaschen in Papier auf dem relevanten Markt "vielfach" vorhanden ist. Die von der Beklagten insoweit eingewendeten Benutzungsformen sind in weiten Teilen ungeeignet, sich gegenüber der von der Klägerin verteidigten Ausstattung als schwächend auszuwirken. Sie betreffen zu einem nicht unerheblichen Teil z. B. keine Verpackungen aus Papier, sondern andere - zum Teil durchsichtige - Materialien. Soweit Flaschenform, Flaschengröße und/oder Flaschenbeschriftung zu erkennen sind, bietet sich bereits dadurch ein gegenüber der in neutralem Papier vorgenommenen Umhüllung grundlegend abweichender optischer Eindruck. Zudem liegen nahezu allen der entgegengehaltenen Flaschen Größen von 375 ml bis zu 1 Liter zu Grunde. Auch hierdurch ergibt sich eine abweichende Marktsituation, die gegenüber der Portionsflasche der Klägerin allenfalls unbedeutend schwächend ins Gewicht fällt. Zudem weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass sich die Beklagte weitgehend darauf beschränkt hat, Gegenbeispiele zu sammeln, ohne konkrete Angaben zu Benutzungsumfang und Marktbedeutung zu machen. Dementsprechend vermag der Schwächungseinwand den Senat nicht zu überzeugen.

3. Auch das zur fehlenden Markenfähigkeit i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Beklagten vorgebrachte Argument, die Verpackung in braunem Strohpapier sei eine notwendige - und deshalb nicht schutzfähige - technische Lösung zum Transport- und Sichtschutz, kann nicht überzeugen. Der Senat muss nicht darüber entscheiden, ob derartige Überlegungen bei der Einführung des Produkts in seiner konkreten Ausgestaltung von Bedeutung gewesen sein mögen. Jedenfalls in der Wahrnehmung der heutigen Verkehrskreise besteht insoweit keinerlei Veranlassung, in erster Linie an eine notwendige oder nahe liegende technische Lösungsmöglichkeit und nicht an ein originelles Gestaltungsmittel zu denken. Die darauf bezogenen Ausstattungsmöglichkeiten sind inzwischen so vielfältig und verlässlich, dass eine Papierumwicklung allenfalls als ein liebevolles Relikt aus früheren Zeiten wirkt, das aber der Markenschutzfähigkeit wegen technischer Bedingtheit nicht entgegen steht.

4. Unabhängig davon ist jedenfalls die von der Klägerin verteidigte und als Marke geschützte Underberg-Flasche in ihrer konkreten Ausgestaltung auch ohne weitere Farbgebung bzw. Beschriftung als Portionsfläschchen mindestens durchschnittlich kennzeichnungskräftig.

a. Das Portionsfläschchen ist seit Jahrzehnten auf dem Markt, weithin bekannt und wird von einer sehr erheblichen Zahl der angesprochenen Verkehrskreise ausschließlich mit der Klägerin in Verbindung gebracht. Dies vermag der Senat aufgrund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder zu beurteilen, die ebenfalls zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Anders als bei praktisch allen Entgegenhaltungen, die die Beklagte in den Prozess eingeführt hat, erkennt der Verkehr die typische Portionsflasche der Klägerin ohne Weiteres bereits aufgrund ihrer auffälligen Verpackung wieder, und zwar auch ohne eine Etikettenbeschriftung. Aufgrund der von der Klägerin im Einzelnen dargelegten intensiven Bewerbung (Anlage K7, K10 - K14), der langjährigen Benutzung und der ihr zugeschriebenen besonderen Wirkungsweise identifiziert der Verkehr die Underberg-Flasche auch in ihrer neutralisierten Form, so wie sie etwa als Marke 000280495 eingetragen ist. Eine vergleichbare Situation ist bei den Entgegenhaltungen nicht ansatzweise vorzufinden. Kaum eine der angeführten Flaschen ist allein aufgrund der Kombination von Größe, Form und Art der Verpackung so kennzeichnungsstark, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Produkt auch ohne jedwede Beschriftung und sonstige Herkunftskennzeichnung sicher wiedererkennen würden. Dies gilt insbesondere für alle in Cellophan verpackten Flaschen, aber auch z. B. für die Angostura-Flasche. Bei den weiteren Beispielen der Beklagten handelt es sich - insbesondere bei den Weinflaschen - zudem weitgehend um solche Produkte, die breiten Verkehrskreisen unbekannt sind. Sie sind dementsprechend schon aus diesem Grunde ungeeignet, maßgeblich zur Schwächung beizutragen. Allenfalls bei der Flasche "Mozart-Likör" (Anlage A8) käme nach Auffassung des Senats eine herkunftshinweisende Prägung allein aufgrund der Flaschenform sowie der Verpackung in Betracht. Dieses Produkt wird allerdings in einer vollkommen unterschiedlichen Flaschenform und -größe hergestellt und unterscheidet sich in Zusammensetzung und Anwendungsbereich ebenfalls maßgeblich von der Underberg-Flasche, so dass auch insoweit eine Verminderung der Kennzeichnungskraft nicht zu befürchten ist.

b. Soweit sich die Klägerin auf die Ergebnisse der von ihr veranlassten Meinungsumfrage aus dem Jahr 1996 (Anlage K16) bezieht und hieraus den von ihr begehrten Schutz bis zu einer Flaschengröße von 375 ml ableiten will, erliegt sie allerdings einer Fehlbeurteilung. Entgegen der Darstellung der Klägerin kann es nach Auffassung des Senats keinem Zweifel unterliegen, dass sich der dort nachgewiesene Bekanntheitsgrad ausschließlich auf die 20 ml-Flasche bezogen hat. Zwar mag es sein, dass die befragten Personen aufgrund der Vorlagen die Größenverhältnisse der präsentierten Flasche nicht beurteilen konnten und diese ihnen auch nicht mitgeteilt bzw. abgefragt worden sind. Darauf kommt es indessen für die Interpretation des Umfrageergebnisses nicht an. Denn es ist auch nach dem Sachvortrag der Klägerin unstreitig, dass diese bereits seit Jahrzehnten ihr Produkt nur noch in den 20 ml Portionsfläschchen auf dem Markt anbietet. Die Klägerin selbst hat vorgetragen, dass sie seit den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts (gemeint ist das vergangene Jahrhundert, d.h. ab 1940) das Produkt Underberg allein in Portionsfläschchen à 20 ml anbietet. Damit waren die angesprochenen Verkehrskreise zum Erhebungszeitraum seit über 50 Jahren ausschließlich an diese Produktgröße gewöhnt. Die angesprochenen Verbraucher hatten demnach keine Veranlassung, die wieder erkannte Flaschenausstattung mit einer anderen Größenabmessung zu assoziieren als derjenigen, in der das Produkt ausschließlich vertrieben wird. Aus den Ergebnissen dieser Meinungsumfrage kann die Klägerin deshalb nichts für ihren Antrag herleiten, der markenrechtlichen Schutz auch für Flaschengrößen beansprucht, die über Portionsfläschchen hinausgehen. Insoweit liegt eine "enorme Bekanntheit" nicht vor bzw. ist hierdurch jedenfalls nicht nachgewiesen.

5. Auch die Annahme des Landgerichts, zwischen den sich gegenüber stehenden Produkten bestehe "allenfalls eine entfernte Warenähnlichkeit", vermag der Senat nicht zu teilen.

a. Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR 98, 922, 923 - Canon; BGH WRP 03, 357, 359 - GeDIOS; BGH WRP 99, 928, 930 - Canon II; BGH WRP 01, 694, 696 - EVIAN/REVIAN). In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen, weil sie in denselben Verkaufsstätten angeboten werden (BGH GRUR 04, 600, 601 - d-c-fix/CD-Fix; BGH GRUR 03, 428, 432 - BIG BERTHA).

b. Allerdings ist dem Landgericht im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass zwischen alkoholischen Getränken und Arzneimitteln im Regelfall keine Warenähnlichkeit besteht. Jedenfalls für die sich hier gegenüberstehenden Produkte kann dieser Grundsatz jedoch nicht uneingeschränkt gelten. Sie weisen - trotz ihrer unterschiedlichen Zuordnung zu Spirituosen einerseits und Arzneimitteln andererseits - eine nicht unerhebliche Nähe und Funktionsähnlichkeit auf. Die Klägerin bewirbt ihr Produkt seit Jahren bzw. seit Jahrzehnten nachhaltig mit Wirkungen, die dem Anwendungsbereich von Arzneimitteln bzw. Kräuterheilmitteln nahe kommen. Dies drückt sich aus etwa in Wendungen wie "beruhigenden, Verdauung fördernden, entkrampfenden Wirkstoffen" (Anlage K22) - "die Kraft wertvoller Kräuter" - "bewährtes Hausmittel, das vom Magen her Wohlbehagen schafft" - "bei Magenverstimmungen und Verdauungsstörungen hat sich "Underberg" seit beinahe 80 Jahren als wirksamstes Hausmittel bewährt" (Anlage K14, Unterstreichung des Superlativs hinzugefügt). Auch ansonsten hat die Klägerin ihrem Produkt eine konkrete Wirkungszusage beigelegt: "Underberg wirkt durch die Kraft erlesener und aromatischer Kräuter aus 43 Ländern" (Anlage K11) - "viele natürliche Kräuter enthalten aktive Kräuterwirkstoffe mit anitoxidativer Wirkung. Diese können gefährliche freie Radikale unschädlich machen".(Anlage K10).

c. Mit dieser Art von Werbung bewegt sich die Klägerin - ob zu Recht oder zu Unrecht bedarf hier keiner Entscheidung - aus Sicht des Verkehrs jedenfalls in einem unmittelbaren Nähebereich arzneilich bzw. naturheilkundlich wirksamer Produkte. Es mag sein, dass der Verkehr - wie es das Landgericht ausführt - unter "Kräuterspirituosen" heutzutage in erster Linie verdauungserleichternde Genussmittel, nicht aber Arzneimittel im eigentlichen Sinne versteht. Dies ändert jedoch nichts daran, dass jedenfalls mit der Wirkungszusage in der Bewerbung erhebliche Ähnlichkeiten zwischen den Produkten hergestellt werden, selbst wenn dem Verkehr bewusst ist, dass Spirituosen keine arzneiliche Wirkung zukommt und Arzneimittel besonders strengen Kontrollverfahren unterliegen. Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Beklagte nicht irgendeine Flüssigarznei bzw. einen sonst wie heilungsfördernden Trunk, sondern ausdrücklich einen Pepsinwein unter dem Namen "Dr. Demuth Pepsinwein" anbietet. Schon mit dieser Begriffsbezeichnung stellt die Beklagte selbst eine nicht zu unterschätzende Nähe gezielt zu alkoholischen Getränken bzw. Spirituosen her. Darüber hinaus bewegt sich der Alkoholgehalt des Produkts mit 12,5 % ebenfalls in dem für Weine üblichen Alkoholbereich, was die Richtigkeit der Warenbezeichnung unterstützt. Die Beklagte bewirbt ihr Produkt zudem mit der Wirkungszusage "zur Unterstützung der Magenfunktion" (Anlage K3) und damit in ähnlicher Weise wie die Klägerin. Jedenfalls in Anbetracht einer derartigen Produktdarstellung der sich gegenüberstehenden Waren erscheint dem Senat im vorliegenden Fall keine nur unwesentliche Warenähnlichkeit zu bestehen. Denn die Waren der Parteien werden in gewissem Sinne als funktionsidentisch bzw. funktionsähnlich beworben (vgl. dazu: BGH WRP 01, 694, 696 - EVIAN/REVIAN).

d. Vor diesem Hintergrund ist nach Auffassung des Senats jedenfalls von einer durchschnittlichen Warenähnlichkeit auszugehen. Angesichts der Tatsache, dass der Warenbereich, für den die Beklagte ihr Zeichen zunächst angemeldet hatte, mit der Umschreibung "pharmazeutische Produkte und Arzneimittel, insbesondere freiverkäufliche Arzneimittel" einen ausgesprochen weiten Anwendungsbereich erfasst, bedarf es für die Bestimmung der konkreten Warenähnlichkeit ohnehin einer Begrenzung des weiten Oberbegriffs im Hinblick auf die konkret angebotenen Produkte. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (Urt. vom 06.03.03; 5 U 192/01; Ichthyol/Ethyol II). Selbst wenn zu der Produktkategorie "freiverkäufliche Arzneimittel" kaum eine Warenähnlichkeit besteht, so gilt dies nicht für das konkret angebotene alkoholische Weinpräparat zur Unterstützung der Magenfunktion, als welches der "Dr. Demuth Pepsinwein" im Markt vertreten ist.

6. Eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr besteht im Anschluss an die vorstehenden Ausführungen nach Auffassung des Senats lediglich in dem Umfang, als Portionsflaschen betroffen sind.

a. Zu Unrecht nimmt die Beklagte mit ihrer Berufungserwiderung zunächst erneut in Abrede, dass eine Verwechslungsgefahr (auch) im Hinblick auf die grüne Gestaltung der von ihr als Marke angemeldeten, verpackten Flaschen in Betracht kommt. Insoweit setzt sie sich in Widerspruch zu den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils, das sie mit der Berufung nicht angegriffen hat. Im übrigen erweist sich auch bereits ihr Ausgangspunkt als unzutreffend. Die Klägerin ist nicht grundsätzlich daran gehindert, eine grüne Ausstattung der Beklagten als verwechselbar anzugreifen, obwohl sie selbst ihre Flaschen nur mit strohbraunem Papier umwickelt und als Marke geschützt hat. Für einen derartigen Rechtsangriff ist es auch nicht Voraussetzung, dass die Klägerin über die Rechte an einer abstrakten Farbmarke "grün" verfügt. Voraussetzung ist allein, dass es auf Grund der konkreten Umstände - trotz unstreitig vorhandener Unterschiede z.B. in der Farbe - zu einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen bzw. den darunter vertriebenen Produkten kommen kann. Es mag sein, dass die Farbe "grün" im Spirituosenbereich ein gängiges Gestaltungsmittel ist und die Klägerin zum Teil den Aufdruck ihrer Flaschen in schwarzer Farbe gestaltet, was sie allerdings mit Nachdruck bestreitet. Gegenstand des Angriffs der Klägerin ist nicht in erster Linie die Farbgebung, sondern die Ausstattungsform der Beklagten als Ganzes. In diesem Rahmen trägt die grüne Farbgebung zusätzlich zur Verwechslung bei, weil hiermit ebenfalls eine von der Klägerin prominent in ihrer Werbung verwendete Farbgebung übernommen worden ist. Dies ist auch dann als Merkmal der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, wenn dem Verletzten an der Farbe als solcher keine abstrakten Schutzrechte zustehen. Im übrigen kann die Klägerin auch über ihre Gemeinschaftsmarke 01127463 (Anlage K9) Schutz für die in grüner Farbe gehaltene Etikettgestaltung im Zusammenhang mit der umwickelten Flasche beanspruchen.

b. Gleichwohl besteht nach Auffassung des Senats eine weitgehende Verwechslungsgefahr in dem Umfang des von der Klägerin umschriebenen Berufungsziels nicht.

aa. Vor dem Hintergrund der oben zu der Kennzeichnungskraft der Marke dargelegten Überlegungen assoziiert der Verkehr mit dem Produkt der Klägerin bislang ausschließlich den Vertrieb von Getränken in kleinen Portionsfläschchen. Die angesprochenen Verkehrskreise kennen die Klägerin nicht als Hersteller handelsüblicher Mittel- bzw. Großflaschen und haben auf Grund der Besonderheiten des Produkts, das in einer konkreten Bedarfssituation der Magenbelastung zum sofortigen und unmittelbaren Verbrauch des gesamten Flascheninhalts (und zur anschließenden Entsorgung der entleerten Flache) bestimmt ist, keine Veranlassung zu der Annahme, die Klägerin vertreibe ihr Erzeugnis nunmehr auch in ganz erheblich größeren Produktionseinheiten, die zu diesem Verwendungszweck (z.B. Entsorgung der vollständig entleerten Portionsflasche "unterwegs") nicht annähernd in gleicher Weise geeignet sind, sondern der Wiederverwendung dienen.

bb. Angesichts dieser Umstände kommt der Tatsache, dass die deutschen Bildmarke Nr. 30122729 (Anlage K17) zu Gunsten der Klägerin - anders als die Gemeinschaftsmarke - ohne konkrete Größenbezeichnung eingetragen ist, kein entscheidendes Gewicht zu.

aaa. Sofern man für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ausschließlich auf die aus dem Markenregister ersichtlichen Formen und Farben der Klagemarke sowie der zwischenzeitlich gelöschten Marke 30227289.5 abstellt, ergibt sich schon keine ausreichende Verwechslungsgefahr, so dass der Umstand, dass sich die Marke noch innerhalb der Benutzungsschonfrist befindet, keine relevante Bedeutung erlangt.

(1) Bereits die Farbgebung beider eingetragenen Markengegenstände ist so grundlegend unterschiedlich, dass - auch unter Berücksichtigung angemessener Ausweitungstendenzen - relevante Gemeinsamkeiten nicht bestehen. Während die Klagemarke eine gedeckte Farbgebung in "ocker" schützt, war die ehemalige Marke der Beklagten für einen auffallenden, grellen Hellgrünton geschützt, der mit der gedeckten, "neutralen" Farbgebung der Klagemarke in einem auffälligen Widerspruch steht. Die Auffassung der Klägerin, sie könne trotz der Eintragung der Marke für einen bestimmten Farbton Schutz auch gegenüber sämtlichen anderen Farbgestaltungen beanspruchen, teilt der Senat in dieser Allgemeinheit nicht. Sie steht auch im Widerspruch zu den Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung "Farbige Arzneimittekapsel" (BGH WRP 04, 1040) hierzu ausgeführt.

"Durch die der Anmeldung beigefügte farbliche Abbildung der Marke und die Angabe, dass die Marke in bestimmten Farben eingetragen werden soll, wird der Schutzgegenstand der Marke auf die angegebene Farbgestaltung beschränkt" [...]"Nach einhelliger Auffassung kann der Anmelder die Eintragung der Marke auf eine bestimmte Farbe oder auf eine bestimmte Farbkombination beschränken [...]. Rechtsfehlerfrei hat das BPatG angenommen, dass die Markeninhaberin hier eine solche Beschränkung auf die gewählte Farbgestaltung bereits durch die Wiedergabe der Marke [...] und die Angabe, die Marke farbig mit den gewählten Farben einzutragen, vorgenommen hat. Da bereits die Anmeldung der Marke auf die ihr beigefügte farbliche Gestaltung beschränkt ist, stellt sich nicht die Frage, ob der Schutzgegenstand einer Marke durch einen (nachträglichen) so genannten "Disclaimer" eingeschränkt werden kann [....]."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an. Entsprechend verhält es sich unstreitig bei der klägerischen Marke DE 30122729, die von der Klägerin mit der Anlage K17 in einer nicht originalgetreuen Abbildung - nämlich nur in schwarz-weiß - zur Gerichtsakte gereicht worden ist.

(2) Auch die Verpackung erweist sich auf den ersten Blick als deutlich unterschiedlich. Bei der Klagemarke - jedenfalls in der Gestaltung, wie sie Gegenstand der Markeneintragung ist - endet die Papierumwicklung oberhalb des Bodens der Flasche. An dieser Stelle ist deutlich ein Streifen der im Übrigen darunter verborgenen Glasflasche zu erkennen. Demgegenüber ist die mit der ehemaligen Verletzungsmarke angemeldete Ausstattungsform erkennbar vollständig verpackt gewesen, und zwar unter Einschluss des Flaschenbodens. Der über den Flaschenverschluss hinausragende und zugleich als Verschluss dienende "Zipfel" der Papierverpackung ist bei der Marke der Klägerin offenbar nur gedreht und verbleibt dadurch von sich aus in der gewünschten Form. Demgegenüber ist der "Zipfel" bei dem ehemaligen Verletzungsmuster am Übergang zum Flaschenverschluss durch ein Band umbunden, das offenbar (auch) als Befestigungsmittel dienen soll. Der Farbunterschied zwischen dem weißen Band und der ansonsten grünen Flaschengestaltung bewirkt einen auffälligen Kontrast, der - anders als die Gestaltung der Klagemarke - deutlich an eine Geschenkverpackung mit Schmuckbank erinnert.

(3) Schließlich sind auch die Größenverhältnisse der Klagemarke und des Verletzungsmusters selbst auf der Beurteilungsgrundlage der Registereintragung, die bei der deutschen Marke keine Größenangaben enthält, deutlich unterschiedlich und auf den ersten Blick erkennbar. Die Markenabbildung zeigt erkennbar die Proportionen einer typischen Portionsflasche, in der das klägerische Produkt seit Jahrzehnten auch vertrieben wird. Insbesondere die Proportionen zwischen dem (langen) Flaschenhals und dem vergleichsweise kurzen Korpus sind ausgesprochen ungewöhnlich zumindest für große Flaschen mit handelsüblicher Füllmengen von 375 ml bzw. 750 ml, selbst wenn sie für kleine Arzneifläschchen nicht ungebräuchlich sein sollten. Deshalb ist bei sachgerechter Auslegung Schutzgegenstand dieser Markenanmeldung nicht eine Flasche in beliebiger Größe (etwa eine 4 Liter-Magnum-Flasche), sondern ein Produkt geschützt, das die Besonderheiten der bei der Anmeldung hinterlegten Gestaltung zeigt. Diese weicht deutlich von der Flaschenform ab, die die Beklagte zunächst zum Schutz angemeldet hatte. Deren die Proportionen sind eher umgekehrt. Der Korpus nimmt dort den überwiegenden Teil, nämlich ca. 2/3 der Gesamtabmessungen der Flasche ein. An ihn schließt sich ein vergleichsweise kurzen Hals an, wie er für 0,375/0,75 l Flaschen weitgehend üblich ist.

Demgemäß ist es nur konsequent, wenn die Klägerin den Schutzbereich ihrer Gemeinschaftsmarke 00280495 ausdrücklich auf die konkreten Größenverhältnisse des Schutzobjekts (ca. 10,5 cm Höhe) bezogen hat.

bbb. Sofern man für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht nur auf die aus dem Markenregister ersichtlichen Formen und Farben der Klagemarke sowie der zwischenzeitlich gelöschten Marke 30227289.5 abstellt, sondern - wie dies die Klägerin selbst vornimmt - auch eine Vielzahl tatsächlicher, nicht aus der Markenanmeldung ersichtlicher Rahmenbedingungen mit heranzieht, insbesondere die Tradition und Bekanntheit der seit Jahrzehnten vertriebenen "Underberg"-Fläschchen sowie die ergänzende Farbausstattung mit grünen Elementen in Etikettierung, Verpackung und Werbung, ergibt sich kein abweichendes Ergebnis. Denn in diesem Fall tritt bei der Beurteilung einer Verwechslungsgefahr unübersehbar das Charakteristikum der bisherigen Produktgestaltung der klägerischen Spirituose als Portionsfläschchen in den Vordergrund und steht schon deshalb verwechslungsrelevanten Fehlvorstellungen entgegen. Die Klägerin hat ihr Produkt - wie dargelegt - in den letzten Jahrzehnten stets offensiv als eine Art "Taschenflasche" für den unmittelbaren, sofortigen Gebrauch z.B. nach dem Essen beworben, und zwar unabhängig davon, wo sich der angesprochene Verbraucher gerade befindet. In der verkehrsbekannten, seit vielen Jahrzehnten ausschließlich vertriebenen Konfektionierung soll die Underberg-Flasche einem "Einmalgebrauch" dienen und sodann fortgeworfen werden. Diese Zweckbestimmung vermag der Senat auf Grund der Sachkunde seiner Mitglieder selbst zu ermitteln. Angesichts dieser massiven Konzentration auf eine bestimmte, unverwechselbare Produktgröße wird der Verkehr - wenn er nicht aus der Marke selbst ersichtliche Umstände bei seiner Beurteilung mit heranzieht - bei der Klagemarke auch ohne eine dort verankerte Größenangabe ohne Weiteres an die verkehrsübliche Flaschengröße von ca. 20 ml denken und diese ihm bekannte Farb- und Größengestaltung der ehemaligen Markenanmeldung der Beklagten gegenüber stellen. In diesem Fall hat er nach Auffassung des Senats noch weniger als bei einer isolierten Betrachtung einen Anhaltspunkt für eine markenrechtlich relevante Verwechslung. Soweit die Klägerin den Bereich der sog. "Kleinflaschen" bis zu einem Fassungsvermögen von 350 ml definiert, mag dies zwar grundsätzlich zutreffend sein. In diesem Marktsegment ist die Klägerin hingegen seit fast 50 Jahren nicht (mehr) vertreten gewesen. Deshalb kann sie trotz der Bezeichnung dieser Flaschengröße mit "kleinem" Fassungsvermögen hieraus keine Rechte für sich herleiten.

cc. Aus den genannten Gründen vermag der Senat ebenfalls keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr bzw. eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zu erkennen, soweit Flaschengrößen in Rede stehen, die über Portionsfläschchen hinausgehen. Die Annahme einer in Wahrheit nicht bestehenden Gestattung oder unternehmerischen Verbindung liegt auf Grund der konkreten Umstände fern, die die Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall prägen.

c. Allerdings beanstandet die Klägerin mit ihrer Berufung zu Recht, die in dem landgerichtlichen Urteil vorgenommene Begrenzung "so weit die Größe der so umwickelten Flasche 20 ml beträgt" sei zu eng gewählt.

aa. Die Befürchtung der Klägerin, geringfügig abweichende Größen von 19 ml beziehungsweise 21 ml seien von dem Verbot nicht erfasst, dürfte allerdings unbegründet sein. Denn insoweit läge voraussichtlich zumindest ein kerngleicher Verstoß vor. Ob dies auch noch bei einer Flaschengröße von 25 ml der Fall ist, mag bereits zweifelhaft sein.

bb. Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen kann die Klägerin nach Auffassung des Senats Schutz (nur) insoweit beanspruchen, als es um verwechselbare Spirituosen bzw. Arzneimittel in Portionsgrößen geht, die für diese Art von Erzeugnissen üblich sind. Die übliche "einfache" Portionsgröße bei Spirituosen des Alkoholgehalts, mit dem das Produkt der Klägerin vertrieben wird, beträgt 20 ml. Ein "doppelter" Schnaps wird üblicherweise mit 40 ml ausgeschenkt. Das entspricht einer doppelten Größe der typischen Underberg-Flasche. Angesichts unterschiedlicher Trinkgewohnheiten und Bedürfnisse der Verbraucher ist auch dieser Umfang noch von dem Schutzbereich einer "Portionsflache" mit umfasst. Nicht erfasst sind jedoch Flaschengrößen, die - auch bei Arzneimitteln - erkennbar nicht "in einem Zug" konsumiert werden sollen, sondern zum Nachschenken gedacht sind. Nach der Einschätzung des Senats beginnt dieses Segment bei einer Flaschengröße von 50 ml, soweit man noch normgerechte und nicht bereits suchtgesteuerte Trinkgewohnheiten zu Grunde legt. Dabei ist der Klägerin zu Gute zu halten, dass angesichts der unterschiedlichen Flaschenformen und Ausstattungen die vollständig verlässliche Einschätzung einer Flaschengröße von 40 ml nicht stets vorzunehmen ist. Dies hat auch die Präsentation unterschiedlicher Flaschengrößen durch die Klägerin in der Senatssitzung gezeigt. Dementsprechend berücksichtigt der Senat einen Sicherheitszuschlag von 25% auf das Obermaß einer Portionsflasche, so dass der konkrete Schutzbereich der Klagemarke unter den Besonderheiten des vorliegenden Rechtsstreits bis einschließlich 50 ml reicht.

d. Auch unter dem Gesichtspunkt des Bekanntheitsschutzes aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG teilt der Senat - wie bereits ausgeführt - die Auffassung der Klägerin nicht, ihr Produkt setzte sich wegen der überragenden Bekanntheit gegenüber in Papier eingewickelten Flaschen jedweder Größe durch. Angesichts der von der Klägerin selbst werblich herausgestellten Konsumgewohnheiten als Portionsfläschchen hat der Verkehr keinerlei Anlass, handelsübliche Halb- bzw. Großflaschen mit der Klägerin als Herstellerin in Verbindung zu bringen.

7. Aus der von der Beklagten vorgenommenen Markenanmeldung folgt auch - wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist - die erforderliche markenrechtliche Erstbegehungsgefahr, die die Beklagte nicht durch eine eindeutige Abstandnahme von ihrer Berühmung hat ausräumen können. Selbst wenn der Verletzer Waren einer bestimmten Art bzw. Gattung mit der beanstandeten Kennzeichnung nicht vertrieben hat, ergibt sich die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr der Zeichennutzung, wenn der Verwender eine eigene Marke auch für die entsprechenden Waren hat registrieren lassen (BGH GRUR 04, 600, 601 - d-c-fix/CD-Fix; BGH GRUR 03, 428, 431 - BIG BERTHA). Entsprechende Grundsätze müssen nach Auffassung des Senates jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art auch dann gelten, wenn es (nur) um ähnliche Waren geht.

8. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche mit einem weitergehenden Schutzumfang stehen der Klägerin ebenfalls nicht zu. Im Anwendungsbereich der jeweiligen Bestimmungen des Markengesetzes ist für die gleichzeitige Anwendung der Vorschriften des UWG (Generalklauseln der §§ 3 und 5 UWG) oder des § 823 BGB grundsätzlich kein Raum (BGH GRUR 05, 423, 427 - Staubsaugerfiltertüten; BGH WRP 02, 694, 696 - shell.de). Der Kernbereich der Verwechslungsgefahr bewegt sich vorliegend eindeutig im Bereich der Kennzeichenrechte. Unlauterkeitsmerkmale, die ein markenrechtlich nicht erfasstes wettbewerbswidriges Verhalten darstellen, hat die Klägerin nicht darzulegen vermocht. Allein die Tatsache, dass die Beklagte - und sei es aus Provokation - nach dem Scheitern lang andauernder Abgrenzungsverhandlungen ihre Marke zur Anmeldung gebracht hat, vermag für sich allein genommen ein solches wettbewerbswidriges Verhalten nicht zu rechtfertigen.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 1, 91a ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Angriffe der Klägerin gegen die erstinstanzliche Kostenverteilung im Hinblick auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Klage sind weitgehend ohne Erfolg.

a. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die Anträge auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung von Anfang an unbegründet waren. Diese Auffassung entspricht den Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung. Die der Vorbereitung dienenden Hilfsanträge über Auskunftserteilung und Rechnungslegung bedürfen der zeitlichen Beschränkung auf den Zeitpunkt, für den eine Verletzungshandlung erstmalig schlüssig vorgetragen worden ist. Ob und wann eine Verletzungshandlung begangen worden ist, hat - als klagebegründende Tatsache - der Gläubiger im Prozess vorzutragen (BGH WRP 03, 892, 893 - Alt Luxemburg). Werden frühere Verletzungshandlungen von dem Kläger nicht konkret behauptet und unter Beweis gestellt, sind die Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruchs - und damit des Auskunftsanspruchs - für einen davor liegenden Zeitraum nicht dargetan (BGH GRUR 88, 307, 308 - Gaby). Die Klägerin hat nichts dafür dargetan, dass ihr allein durch die Markenanmeldung irgendein quantifizierbarer Schaden erwachsen sein kann. Wäre dies der Fall gewesen, hätte sie auch keine Veranlassung haben können, die Klage auch in Ansehung dieser Anträge bereits erstinstanzlich für erledigt zu erklären. Zwar mag es sein, dass die Klägerin bei Einreichung der Klage nicht wissen konnte, ob die Beklagte das angemeldete Zeichen bereits im Verkehr genutzt hatte. Die Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung setzen indes die Darlegung der Wahrscheinlichkeit eines - tatsächlichen - Schadenseintritts voraus. Sie bestehen nicht bereits dann, wenn der Verletzte sich insoweit auf ein schutzwürdiges "Vertrauen" berufen kann. Die Unkenntnis tatsächlicher Verletzungshandlungen wirkt sich auf der Grundlage der "Gaby"-Rechtsprechung des I. Zivilsenats des BGH - der der Senat folgt - zu Lasten der Klägerin aus. Gegebenenfalls hätte sie erwägen müssen, ihre Klage erst im Laufe des Rechtsstreits um Anträge auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung zu erweitern, so bald sie überblicken konnte, ob tatsächlich ein realer Schaden drohte.

b. Auch dem Hinweis der Klägerin, das Verletzungszeichen sei in der Klageschrift nur versehentlich in schwarz-weiß wiedergegeben worden, gemeint sei von Anfang an eine farbige Gestaltung gewesen, fehlt eine hinreichende Überzeugungskraft. Wie die von der Klägerin eingereichten umfangreichen Schriftsätze und Anlagen belegen, weiß die Klägerin ohne Weiteres zwischen farbigen und schwarz-weißen Darstellungen zu unterscheiden. Insbesondere bei den Darstellungen der Marken der Parteien aus den Markenregistern hat die Klägerin indessen - z.B. auch bei den Anlagen K9 und K17 - eine von der Eintragungswirklichkeit abweichende Schwarz-Weiß-Darstellung gewählt. Es lässt sich auch nach Auffassung des Senats nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass die Klägerin die Darstellung in schwarz-weißer Farbe im Rahmen ihres Antrags bewusst gewählt hat, um dem angestrebten Verbot einen erweiterten Geltungsbereich zu verschaffen. Immerhin hatte sie im Rahmen des Rechtsstreits mit Nachdruck die Meinung vertreten, dass auch farbig eingetragene Marken für alle übrigen Farbtöne und schwarz-weiße Darstellungen Schutz beanspruchen können. In der Beschränkung auf eine rein grüne Farbgebung liegt demnach eine teilweise Klagerücknahme, die zu einer Kostenlast der Klägerin führt. Den entsprechenden Ausführungen des Landgerichts tritt der Senat bei.

c. Demgegenüber ist der Angriff der Klägerin gegen die Kostenentscheidung berechtigt, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Landgericht ihr auch die Kosten für den für erledigt erklärten Löschungsantrags zu 1. zur Hälfte auferlegt hat. Das Argument der Klägerin, sie wäre mit ihrem Löschungsantrag zu 1. in jedem Fall vollen Umfangs erfolgreich gewesen, da die Markeneintragung der Beklagten keine Größenbegrenzung aufgewiesen hat, erweist sich als zutreffend. Ein Anspruch auf Teillöschung wäre insoweit nicht zu verlangen und wohl auch nicht aussichtsreich gewesen. Zulässig ist eine Teillöschung im Bereich des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses. Dadurch wird eine abgrenzbare - horizontale - Schutzrechtsbeschränkung bewirkt. Demgegenüber stellte sich eine Teillöschung im materiellen Gestaltungsbereich letztlich als eine "schutzrechtserhaltende Modifikation" einer Marke dar, die gesetzlich nicht vorgesehen ist. Dementsprechend waren hinsichtlich des Löschungsantrags zu 1. der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

d. Das erstinstanzliche Unterliegen der Klägerin hinsichtlich ihres ursprünglich verfolgten Unterlassungsantrags zu 2. bemisst der Senat (unter Berücksichtigung der gestellten Hilfsanträge) mit 40%. In zweiter Instanz ist die Klägerin mit ihrer Berufung gegen die eingeschränkte Fassung des Unterlassungsantrags zu 50 % erfolgreich.

10. Der Senat lässt die Revision gegen diese Entscheidung zu. Der Rechtsstreit hat in Bezug auf die Überlegungen zum Schutzbereich einer Verpackungsgestaltung grundsätzliche Bedeutung. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es gem. § 542 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zudem zur Fortbildung des Rechts.

Eine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung anderweitig anhängiger Löschungsverfahren hat der Senat nicht. Angesichts der Revisionszulassung besteht auch keine Verpflichtung des Senats aus Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag, den Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft vorzulegen.

Ende der Entscheidung

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