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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 05.05.2004
Aktenzeichen: 5 U 134/03
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
1. Die Bezeichnungen BB Radio und RBB Radio 3 für Radiosender sind miteinander verwechselbar.

2. Die Bezeichnungen BB Radio und RBB Stadradio bzw. 88acht RBB Stadtradio für Radiosender sind nicht miteinander verwechselbar.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

5 U 134/03

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 5. Mai 2004

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Betz, Rieger, Dr. Koch nach der am 21. April 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Antragstellerin sowie der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 28.08.2003 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

I.

Die Parteien betreiben Radiosender. Sie stehen mit ihrem Angebot im Großraum Berlin/Brandenburg - zumindest teilweise - im Wettbewerb.

Die Antragstellerin betreibt unter der Bezeichnung BB Radio - für welche sie mit Priorität vom 01.01.1995 Markenschutz erlangt hat (Anlage ASt1) - einen Radiosender, der ein Unterhaltungsprogramm sendet.

Die Antragsgegnerin ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, die auf der Grundlage eines Staatsvertrages vom 25.06.02 (Anlage AG2) unter der Bezeichnung Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) aus den Rundfunksendern Sender Freies Berlin (SFB) und Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg (ORB) hervorgegangen und Mitglied der ARD (Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschlands) ist. Die Antragsgegnerin strahlt(e) Radioprogramme unter anderem unter den Bezeichnungen 88acht RBB Stadtradio und RBB Radio 3 aus. Während es sich bei RBB Radio 3 um ein Klassik- und Kulturprogramm handelt, wendet sich 88acht RBB Stadtradio schwerpunktmäßig an Hörer leichter Unterhaltung.

Die Antragstellerin beanstandet diese Senderbezeichnungen als verwechselbar und demgemäß markenrechtsverletzend.

Die Antragstellerin hatte in erster Instanz zunächst beantragt,

die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen an den jeweiligen Geschäftsführern der Antragsgegnerin, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Radiosender mit

RBB Stadtradio

und/oder

RBB Radio 3

zu bezeichnen,

und diesen Antrag bei Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung in der (einschränkenden) Fassung,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Radiosender mit

RBB Stadtradio

in der Fassung des nachfolgend eingeblendeten Logos Anlage AS7 und AS8, und/oder

RBB Radio 3

zu bezeichnen,

gestellt. Wegen der Erscheinungsform des Logos in Anlage AS7 und AS8 wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen. Auf diesen Anlagen erscheint die angegriffene Bezeichnung in der Zeichenfolge 88acht RBB Stadtradio.

Die Antragsgegnerin hatte beantragt,

den Verfügungsantrag abzuweisen.

Das Landgericht hat die Antragsgegnerin mit Urteil vom 28.08.03 (nur) hinsichtlich der Bezeichnung RBB Radio 3 antragsgemäß zur Unterlassung verpflichtet und den Verfügungsantrag im übrigen abgewiesen.

Hiergegen richten sich die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen beider Parteien. Die Antragsgegnerin verfolgt in zweiter Instanz unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihr Abweisungsbegehren auch hinsichtlich der Bezeichnung RBB Radio 3 weiter und verteidigt das Urteil, soweit sie obsiegt hat. Die Antragstellerin verteidigt auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge das landgerichtliche Urteil hinsichtlich der Bezeichnung RBB Radio 3. Wegen der Bezeichnung RBB Stadtradio (in der Fassung des nachfolgend eingeblendeten Logos Anlage AS7 und AS8) begehrt die Antragstellerin weiterhin den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung, und zwar teilweise konkretisierend, teilweise erweiternd nunmehr mit folgendem Antrag

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Radiosender mit

RBB Stadtradio

zu bezeichnen, wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht:

RBB Stadtradio 88acht und/oder

88acht RBB Stadtradio und/oder

Das RBB Stadtradio und/oder

Das RBB Stadtradio 88acht und/oder

und/oder

Die Antragsgegnerin beantragt auch insoweit die Zurückweisung des Verfügungsantrags. Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Berufungen beider Parteien sind unbegründet. Das Landgericht hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der Bezeichnung RBB Radio 3 zu Recht zur Unterlassung verurteilt und zugleich den Verfügungsantrag hinsichtlich der Bezeichnung RBB Stadtradio - in der Fassung des nachfolgend eingeblendeten Logos Anlage AS7 und AS8 - zutreffend abgewiesen. Das Berufungsvorbringen beider Parteien rechtfertigt insoweit keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Die Verfügungsmarke BB Radio ist von leicht überdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft.

a. Sie besitzt zumindest schwach durchschnittliche Kennzeichnungskraft von Haus aus.

aa. Die von der Antragsgegnerin ins Feld geführte Kennzeichnungsschwäche von (nicht als Wort aussprechbaren) Buchstabenkombinationen unter der Geltung des WZG ist für den vorliegenden Rechtsstreit in mehrfacher Hinsicht ohne Bedeutung. Zum einen gilt dieser Grundsatz unter dem Markenrecht anerkanntermaßen nicht mehr (BGH GRUR 01, 344 ff - DB Immobilienfonds). Im übrigen handelt es sich auch nicht um einer reine Buchstabenkombination, sondern um ein zusammengesetztes Zeichen. Der Senat vermag der veröffentlichten Rechtsprechung auch nicht zu entnehmen, dass die Unterscheidungskraft von Wort-/Buchstabenkombinationen wesentlich von dem Wortbestandteil abhängt, wie die Antragsgegnerin dies mit Hinweis auf die BGH-Entscheidung "DB Immobilienfonds" (BGH GRUR 01, 344 ff - DB Immobilienfonds) vorgetragen hat. Vielmehr ist das Zeichen nach allgemeinen Grundsätzen in seiner Gesamtheit zu beurteilen. Hierbei verbindet sich ein rein beschreibendes Element ("Radio") mit einer Buchstabenkombination ("BB"), der keine auf den ersten Blick erkennbare Bedeutung zukommt.

bb. Die Buchstabenfolge BB kann - dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit - durchaus unterschiedliche Bedeutungen haben und wird im Verkehr - je nach Verwendungszusammenhang - auch nicht immer gleich verstanden (z B. BB als bekannte Abkürzung für Brigitte Bardot). Auch in der Region Berlin-Brandenburg ist die Abkürzung nicht eindeutig belegt, wie die Antragsgegnerin selbst unter Hinweis auf die Bedeutungsmöglichkeit "BrandenBurg" dargelegt hat. Im übrigen leiden nicht als Wort aussprechbare Buchstabenzusammenstellungen unter der Geltung des Markengesetzes nicht schon deshalb an einer ursprünglichen Kennzeichnungsschwäche (von Haus aus), weil sie weit verbreitet verwendet werden und der Verkehr an sie gewöhnt ist (BGH GRUR 02, 1067, 1068 - DKV/OKV).

cc. Demgemäß ist die Marke BB Radio grundsätzlich als Herkunftshinweis geeignet. Dies umso mehr, als die Verkehrskreise anerkanntermaßen eine Kennzeichnung so aufnehmen, wie sie ihnen entgegentritt, ohne eine zergliedernde Analyse vorzunehmen. Dies gilt insbesondere bei der akustischen Wahrnehmung von gesprochenen Senderkennungen. Selbst wenn die Bezeichnung eine unverkennbare Nähe zu einer beschreibenden Angabe aufweist, hat dies jedoch nicht notwendigerweise eine nur geringe Unterscheidungskraft zur Folge. Denn für die Unterscheidungskraft ist stets auf die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen. Sind die Produktbezeichnungen in einem bestimmten Marktbereich weitgehend beschreibender Natur, weil sie nicht nur einen Hinweis auf den Anbieter enthalten, sondern auch eine weitere Orientierung ermöglichen sollen, so registriert der Verkehr im allgemeinen den in der Abweichung von der beschreibenden Angabe liegenden Herstellerhinweis besonders deutlich.

dd. Diesen Grundsatz hat der BGH erst kürzlich für den vergleichbaren Bereich der "Telefontarife" ausgesprochen (BGH GRUR 03, 880, 881 - City Plus). Für den Bereich der "Radiosender" gelten diese Grundsätze gleichermaßen. Auch dies entspricht feststehender höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH GRUR 93, 769, 770 - Radio Stuttgart). In diesem Segment werden dem Kunden zur Orientierung in der Fülle der miteinander im Ortsbereich konkurrierenden Sender zusätzliche beschreibende Angaben - wie z.B. die Sendefrequenz ("104,6 RTL"), die örtliche Ausrichtung ("Radio Hamburg") oder der Programmschwerpunkt ("Klassik Radio") - angeboten. Die lokalen Verkehrskreise machen sich zudem im Regelfall keine vertieften Gedanken zu dem Bedeutungsinhalt der Bezeichnung, sondern nehmen sie als eingängiges Wiedererkennungsmerkmal auf. Dies gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass derartige Bezeichnungen in der Regel zügig gesprochen und ständig wiederholt werden, so dass für den Verkehr ein erheblicher Gewöhnungseffekt eintritt, der die hinter der Bezeichnung stehende Bedeutung in den Hintergrund drängt. So mag die Abkürzung "RSH" ohne weiteres als Radio/Rundfunk Schleswig-Holstein und die Abkürzung "ffn" als Funk für Niedersachen zu erkennen sein. Diese Bedeutung bleibt erheblichen Teilen des Verkehrs jedoch verborgen, weil sie sich hierüber - anders als die Parteivertreter in ihrer sorgfältigen Analyse im Rahmen dieses Rechtsstreits - keine Gedanken machen. Dies vermag der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde zu beurteilen. Ein fiktiver Hamburger Sender "Radio HH" oder "HH Radio" würde deshalb - vor allem bei schneller Aussprache - von erheblichen Teilen des Verkehrs nicht notwendigerweise mit dem allgemein gängigen Kürzel des Autokennzeichens der Hansestadt Hamburg in Verbindung gebracht werden, sondern auf eine Vielzahl von Hörern als Fantasieprodukt mit Eigenprägung wirken oder gar abseitige Assoziationen hervorrufen (wie z.B. "ha..ha" als verbaler Ausdruck des Lachens). Nichts anderes gilt für die Klagemarke BB Radio trotz der Üblichkeit einer Vielzahl von Abkürzungen für die Region "Berlin-Brandenburg". Dabei soll nicht verkannt werden, dass einem ebenfalls erheblichen Teil der Hörer die Bedeutung der Abkürzung sogleich bewusst wird. Allein von diesen Verkehrskreisen kann für die Feststellung der Kennzeichnungskraft hingegen nicht ausgegangen werden. Auch wenn der Bestandteil "Radio" für einen Rundfunksender rein beschreibenden Charakter hat, nimmt er gleichwohl an der Prägung der Gesamtbezeichnung teil. Denn die angesprochenen Verkehrskreise der Rundfunkhörer sind seit Jahren gewohnt, auch solchen eigentlich rein beschreibenden Bestandteilen zur Identifizierung von Rundfunkprogrammen kennzeichnende Wirkung beizumessen, wie dies z.B. auch für die beschreibenden Begriffe "Funk" oder "Welle" in den Sendernamen "Deutschlandfunk" bzw. "Deutsche Welle" der Fall ist. Deshalb erhält die Verfügungsmarke durch ihre Bestandteile in ihrer Gesamtheit ihre kennzeichnende Prägung. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene zergliedernde Betrachtungsweise der einzelnen Bestandteile wird weder den Besonderheiten des Falls gerecht noch steht sie im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Soweit der BGH an der originären Kennzeichnungskraft der Senderbezeichnung "Radio Stuttgart" Zweifel geäußert hat (BGH a.a.O.) lag dem die - hier nicht gegebene - Besonderheit zu Grunde, dass dort ausschließlich glatt beschreibende Begriffe Verwendung gefunden hatten.

b. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Werbeaufwendungen von ca. € 2 Mio jährlich sowie der Umfang ihrer Hörerschaft bzw. die Wiedererkennungsrate ihres Senders sind nach Auffassung des Senats für einen lokalen Sender so erheblich, dass in Verbindung mit der Dauer des Marktauftritts der Antragstellerin unter dieser Bezeichnung von über 10 Jahren durchaus von einer Steigerung der originären Kennzeichnungskraft auszugehen ist. Dies umso mehr, als gerade Senderbezeichnungen kraft ihrer Wiederholung bei den angesprochenen Hörerkreisen "in aller Munde" sind und sich - wie beabsichtigt - als Wiedererkennungszeichen in der Erinnerung festsetzen. Dementsprechend ist insgesamt von einer leicht überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen.

2. Zwischen den sich gegenüberstehenden Bezeichnungen besteht Dienstleistungsidentität. Dies bedarf für die angegriffene Verwendung von 88acht RBB Stadtradio keiner näheren Begründung, denn insoweit wenden sich die Parteien im wesentlichen an ähnliche Zielgruppen. Nichts anderes gilt aber auch hinsichtlich der Beanstandungsform RBB Radio 3.

a. Denn maßgebliches Kriterium für die Dienstleistungsidentität ist das unter der Bezeichnung erbrachte Angebot in seiner konkreten Gattung. Eine zu feine Untergliederung ist dabei weder aus Rechtsgründen erforderlich noch wird sie den tatsächlichen Verbrauchergewohnheiten gerecht. Dies mag ein Beispiel aus einer gänzlich anderen Warengattung verdeutlichen: Zwischen einem trockenen französischen Rotwein und einem süßen Rheinwein besteht nach Auffassung des Senats gleichwohl Identität in der Warengattung "Wein", obwohl beide Produkte unterschiedliche persönliche Vorlieben voraussetzen und dementsprechend auch gänzlich andere Verbraucherkreise ansprechen. Allerdings hatte der BGH in seiner jüngsten Rechtsprechung (BGH GRUR 02,65 - Ichthyol) darauf abgestellt, dass weite Warenklassenbereiche - wie z.B. die Warenklasse "Arzneimittel" - durch die Bildung geeigneter Oberbegriffe zu unterteilen sind mit der Folge, dass gänzlich unterschiedliche Präparate nicht allein deshalb warenidentisch sind, weil sie sprachlich unter dieselbe Bezeichnung "Arzneimittel" fallen (vgl. hierzu eingehend auch Senat GRUR-RR 2003, 312 - Ichtyhol/Ethyol II).

b. Die insoweit geltenden Grundsätze lassen sich jedoch auf den vorliegenden Fall nicht erfolgreich zur Anwendung bringen. Denn (auch) für die Waren- bzw. Dienstleistungsgattung "Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen" in der Klasse 38 fehlt es an hinreichenden objektiven Kriterien, die eine sachgerechte Untergliederung ermöglichen könnten. Diese Feststellungen vermag der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde zu treffen. Allerdings gibt es ohne Zweifel eine Reihe von Sendern, die in ihrer Programmausrichtung wie "Klassische Musik" oder "Redaktionelle Wortbeiträge aus Politik und Kultur" relativ unproblematisch zuzuordnen sind. Dies gilt jedoch für die überwiegende Zahl der Sender nicht, die sich an unterschiedliche Hörergruppen wenden und in ihrer inhaltlichen Ausrichtung selbst dann nicht hinreichend eindeutig zuzuordnen sind, wenn konkrete Schwerpunkte - z.B. in der gesendeten Musikrichtung - bestehen. Eine weitere Untergliederung der Waren- bzw. Dienstleistungsgattung setzt voraus, dass die hierunter zu fassenden Dienstleistungen zweifelsfrei zu bestimmen sind. Für "Rundfunksender" scheidet eine solche Möglichkeit nach Auffassung des Senats schon aus der Natur der Sache aus. Denn es lässt sich zumindest aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise z.B. nicht - wenngleich aber möglicherweise statistisch - überzeugend festlegen, bis zu welchem Anteil an Musikausstrahlung (welcher Richtung?) ein Informationssender für Wortbeiträge noch einer entsprechenden Kategorie zuzuordnen ist bzw. ab welchem Anteil ein solcher Sender - trotz eines erheblichen Anteils des gesprochenen Worts - als Musiksender zu gelten hat. Gleiches gilt für die Frage, in welchem Anteil ein "Klassiksender" neuzeitliche Adaptionen klassischer Musik - die ihrerseits der U-Musik zuzurechnen sind - senden darf, ohne seine Eigenschaft als Sender klassischer Musik zu verlieren. Selbst wenn man für derartige Abgrenzungsfragen theoretisch verbindliche Normen finden könnte, versagen derartige Differenzierungsversuche in der Praxis. Denn der durchschnittliche Radiohörer nimmt - sofern er nicht ausschließlich seine(n) Stammsender hört - von den Programmen der zahlreichen Anbieter, die regional verfügbar sind, oft nur Bruchstücke oder zeitlich kurze Sequenzen wahr und hat deshalb selbst keine hinreichend verlässlichen Anhaltspunkte für eine solche Ausdifferenzierung. Deshalb hat es nach Auffassung des Senats bei dem Grundsatz zu bleiben, dass innerhalb der Dienstleistungsgattung "Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen" eine nähere Untergliederung nicht stattfindet, so dass die sich gegenüber stehenden Programme der Parteien trotz ihrer inhaltlichen Unterschiede im Ergebnis dienstleistungsidentisch sind.

3. Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen BB Radio und RBB Radio 3 sind auch zeichenähnlich. Hiervon ist das Landgericht auf der Grundlage der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Recht ausgegangen.

a. In Fällen, in denen einzelne Bestandteile der sich gegenüber stehenden Zeichen übereinstimmen, ist jeweils von dem Gesamteindruck der Zeichen auszugehen, um zu ermitteln, ob der übereinstimmende Teil das jeweilige Zeichen derart prägt, dass die anderen Bestandteile im Rahmen des Gesamteindrucks weitgehend in den Hintergrund treten. Nicht ausreichend ist es danach, dass der übereinstimmende Bestandteil für den Gesamteindruck des Zeichens lediglich mitbestimmend ist (BGH GRUR 03 880, 881 - City Plus; BGH GRUR 98, 942, 943 - ALKA SELTZER; BGH GRUR 00. 233, 234 - RAUSCH/Elfi Rauch). Dies gilt unabhängig davon, ob die prioritätsältere Marke oder das angegriffene Zeichen die zusätzlichen Bestandteile aufweist (BGH GRUR 03 880, 881 - City Plus; BGH GRUR 96, 198, 199 - Springende Raubkatze; BGH GRUR 96, 406, 407 - JUWEL).

b. Der vorliegende Sachverhalt weist insoweit zunächst die Besonderheit auf, dass das Verfügungszeichen - und zwar in seiner konkreten Zeichenfolge, einschließlich Leerzeichen - vollständig in dem Verletzungszeichen enthalten ist. Bereits dieser Umstand trägt ein nicht unerhebliches Verwechslungspotenzial in sich, ohne dass er geeignet ist, die Verwechslungsgefahr schon aus sich heraus zu begründen. Die Bezeichnungen unterscheiden sich allein dadurch, dass in dem Verletzungszeichen gegenüber der Verfügungsmarke am Anfang und am Ende jeweils ein Zeichen hinzugefügt worden ist.

c. Soweit in dem Verletzungszeichen die Ordnungszahl "3" nachgestellt ist, vermag diese Abweichung weder einer unmittelbaren noch einer mittelbaren Verwechslungsgefahr hinreichend entgegen zu wirken. Insbesondere bei einer aus drei Bestandteilen zusammengesetzten Bezeichnungsfolge liegt das Schwergewicht der Betonung bzw. Wahrnehmung nicht so sehr auf dem Ende der Bezeichnung, weil die vorangestellten beiden Bezeichnungselemente dem Verkehr häufig schon hinreichende Anhaltspunkte für ein zweifelsfreies Wiedererkennen geben. Dies unterscheidet derartige Wortfolgen von solchen, die nur aus zwei Elementen bestehen (z.B. NDR 2), bei denen die nachgestellte Ordnungszahl eine Unterscheidung überhaupt erst ermöglicht. Dementsprechend besteht die nicht unerhebliche Gefahr, dass dem Verkehr die Ordnungszahl in vielen Fällen nicht - zumindest nicht kennzeichnend - zur Wahrnehmung gelangt. Dies erhöht bereits die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung. Von denjenigen Verkehrskreisen, die die Zeichenfolge vollständig wahrnehmen, hat ein nicht unerheblicher Anteil Anlass zu der Annahme, dass es sich bei RBB Radio 3 um das dritte Programm von BB Radio handeln könnte. Dem steht nicht entgegen, dass BB Radio ein reiner Unterhaltungssender ist und eine weitere Untergliederung gar nicht erfolgt bzw. beabsichtigt ist. Diese organisatorischen Umstände bleiben den angesprochenen Verkehrskreisen häufig verborgen und sind für sie auch nicht von besonderem Interesse. Aus diesem Grunde haben nicht unerhebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise Anlass dazu, angesichts der Struktur- und Zeichenähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Kennzeichen zwischen den Parteien zumindest wirtschaftliche und organisatorische Verbindungen zu vermuten.

d. Dieser Gefahr kann auch der vorangestellte Buchstabe R nicht hinreichend entgegenwirken. Zwar ist von dem anerkannten markenrechtlichen Grundsatz auszugehen, dass der Verkehr im Regelfall dem Wortanfang eine größere Aufmerksamkeit schenkt. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Kommt dem übereinstimmenden Wortteil der sich gegenüberstehenden Zeichen sowohl im Schriftbild als auch im Klang eine maßgebliche Wirkung auf den Gesamteindruck zu, kann diese jedenfalls bei der Verwendung für identische Waren nicht allein durch Abweichungen in den Anfangsbuchstaben in einer die Verwechslungsgefahr ausschließenden Weise beseitigt werden (BGH GRUR 82, 611, 613 - Prodont). Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzuheben als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild zu haften pflegen (BGH WRP 99, 855, 856 - MONOFLAM/POLYFLAM; BGH GRUR 98, 924, 925 - salvent/Salventerol; BGH GRUR 93, 118, 120 - Corvaton/Corvasal; BGH GRUR 90, 450. 452 - St. Petersquelle), zumal wenn sie quantitativ gegenüber dem unterscheidenden Teil überwiegen (BGH 93, 118, 120 - Corvaton/Corvasal). Zwar verändert sich durch die Voranstellung des "R" gegenüber der Klagemarke nicht nur die Zeichenlänge, sondern auch die Anzahl der Silben. Andererseits bestehen im Schriftbild - jedenfalls bei der hier im Verkehr verbreiteten Schreibweise in Großbuchstaben - signifikante Ähnlichkeiten zwischen den Buchstaben "R" und "B". In der Sprachform neigt das vorangestellte "R" - hierauf hat das Landgericht zutreffend hingewiesen - dazu, leicht verschluckt zu werden.

e. Hinzu kommt, dass der Zeichenbestandteil BB Radio im Hinblick auf seine erhebliche - isolierte Verwendung - als Senderkennung durch die Antragstellerin auch in der angegriffenen Bezeichnung RBB Radio 3 von den Verkehrskreisen verstärkt wieder erkannt wird. Hat eine nur wenig unterscheidungskräftige Bezeichnung durch ihre (isolierte) Verwendung im Geschäftsverkehr zunehmend eine herkunftshinweisende Funktion erhalten, wirkt sich dieser Wandel nicht nur auf die Kennzeichnungskraft des Zeichens selbst aus, sondern bewirkt gleichzeitig, dass dem Zeichen vom Verkehr auch dann ein stärkerer Herkunftshinweis entnommen wird, wenn es ihm nicht isoliert, sondern als Bestandteil eines anderen Zeichens begegnet. Diesen Grundsatz hat der BGH erst kürzlich betont (BGH GRUR 03, 800, 801 - City Plus). So liegt auch der vorliegenden Sachverhalt. Durch die von der Antragstellerin - trotz aller Meinungsverschiedenheiten im Detail insoweit unstreitig - bewirkten Reichweite ihres Programms in Berlin und Brandenburg ist die Senderbezeichnung BB Radio den relevanten Verkehrskreisen, die auch mit dem Sendernamen der Antragsgegnerin in Kontakt kommen, weitgehend vertraut, so dass diese eine verstärkte Neigung zu der Annahme haben, die Bezeichnung der Antragstellerin in derjenigen der Antragsgegnerin wieder zu erkennen.

4. Demgemäß stellen sich auch aus Sicht des Senats die Unterschiede der Zeichen im Rahmen der bei einer Gesamtwürdigung in Betracht zu ziehenden Wechselwirkung angesichts der bestehenden Dienstleistungsidentität und zumindest leicht gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke als nicht ausreichend dar, um die Gefahr von Verwechslungen in dem markenrechtlich gebotenen Umfang zu vermeiden.

a. Es spricht auch nichts dafür, dass die hiernach zu befürchtende Verwechslungsgefahr dadurch ausgeschlossen wird, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Sender RBB Radio 3 trotz der Zeichenähnlichkeit stets ohne weiteres zutreffend der - zusätzlich durch Fernsehprogramme bekannten - öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt zuordnen werden. Der Senat sieht es auch trotz der von der Antragsgegnerin hierzu vorgelegten Glaubhaftmachungsmittel, insbesondere der in der eidesstattlichen Versicherung von Pia Stein vom 15.04.04 aufgeführten Werbemaßnahmen (Anlage AG 53) nicht als überwiegend wahrscheinlich an, dass aufgrund dieser Umstände in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine so eindeutige und zweifelsfreie Zuordnung aller Bezeichnungen gegeben ist, in denen irgendwie die Buchstabenfolge RBB erscheint, dass eine Verwechslungsgefahr von vornherein ausgeschlossen ist. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Verfügungsmarke bereits deutlich vor der Namensgebung der Antragsgegnerin bestanden und die Wahrnehmungen des Verkehrs geprägt hat. Der verstrichene Zeitraum von nur 1 Jahr seit der Einführung der Bezeichnung RBB ist nach Auffassung des Senats bei weitem zu kurz, um vor dem gegebenen Hintergrund eine eindeutige "Umprägung" als gesichert bzw. überwiegend wahrscheinlich annehmen zu können. Dies gilt jedenfalls in Ansehung des Umstandes, dass BB Radio eine Spitzen(gruppen)position in der Region einnimmt, wie letztlich auch die von der Antragsgegnerin eingereichten Anlagen AG46 bis AG51 - trotz aller Differenzierungsnotwendigkeiten - belegen.

b. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin rechtfertigt auch weder die Zugehörigkeit des konkreten Senders zu der durch Staatsvertrag geschaffenen "RBB"-Senderfamilie noch eine im Rahmen der ARD bestehende Verpflichtung zur prominenten Verwendung der Senderbezeichnung die Nutzung einer gegenüber der Marke der Antragstellerin verwechslungsfähigen Bezeichnung. Soweit die Antragsgegnerin im Falle eines Verbots "tief greifende politische und wirtschaftliche Folgen" befürchtet, sind diese allein die Folge ihrer Wahl der konkreten Senderbezeichnung und wären bei der Auswahl einer der zahlreichen - ebenfalls aussagekräftigen und einprägsamen - Alternativen (vgl. Anlage AG30) ohne weiteres vermeidbar gewesen. Die vorgelegten Unterlagen zu dem Namensfindungswettbewerb belegen eindrucksvoll, dass es der Antragsgegnerin an ernst zu nehmenden Alternativen für ihre Namensgebung nicht mangelte. Wählte sie gleichwohl eine verwechslungsfähige Bezeichnung oder hatte sie sorgfältige Markenrecherchen vor Aufnahme ihrer Bezeichnung unterlassen, so geschah dies auf ihre eigene Gefahr. Im übrigen zeigen die von der Antragsgegnerin selbst vorgelegten Unterlagen, dass auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern zwar häufig z.B. (NDR, WDR, MDR), aber keineswegs stets für die einzelnen Programme einheitlich die Senderbezeichnung als einheitliches Identifizierungszeichen angeboten wird (z.B. die Programme von Radio Bremen). Auch die Antragsgegnerin verwendet die Buchstabenkombination RBB nicht in allen ihren Senderbezeichnungen (z.B. Antenne Brandenburg).

c. Auch der Umstand, dass der Sender RBB Radio 3 seit dem 30.11.2003 sein Programm nicht mehr unter dieser Bezeichnung ausstrahlt, steht der Verurteilung nicht entgegen. Denn es besteht weiterhin Wiederholungsgefahr, weil die Antragsgegnerin sich nicht strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat. Sie ist demgemäß nicht gehindert, die Sendung unter dieser Bezeichnung jederzeit wieder aufzunehmen.

5. Anders verhält sich die Sachlage allerdings hinsichtlich der von der Antragstellerin ebenfalls angegriffenen Senderbezeichnung 88acht RBB Stadtradio. Bei den in Verbindung mit der Zeichenfolge 88acht gebildeten Bezeichnung ist eine Verwechslungsgefahr nicht zu befürchten.

a. Soweit der Berufungsantrag der Antragstellerin inhaltlich über den zuletzt erstinstanzlich gestellten Antrag hinausgeht, ist dieser als Klageerweiterung i.S.v. § 264 Nr. 2 ZPO ohne weiteres zulässig. Als neuer bzw. erweiterter Antrag unterliegt der Vortrag auch nicht den zweitinstanzlichen Verspätungsvorschriften. Eine Verspätungsrüge auf der Grundlage von § 531 Abs. 2 ZPO wäre auch unbegründet, denn die Antragstellerin, die ihren - bei Schluss der mündlichen Verhandlung - zu RBB Stadtradio zunächst unbeschränkt gestellten Antrag auf die aus den Anlagen AS7 und AS8 ersichtliche konkrete Verwendungsform des Logos von 88acht RBB Stadtradio beschränkt hatte, hat glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung dazu übergegangen ist, ihren Sender u.a. (wieder) als RBB Stadtradio zu bezeichnen.

b. Diese Bezeichnung erfolgt durch die Antragsgegnerin auch kennzeichnend und nicht lediglich - wie sie es darstellt - als "Claim" , d.h. als inhaltsbeschreibender Zusatz des Senders, wie etwa die Antragstellerin mit dem Zusatz "Voll die Vielfalt" verfährt. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Wortfolge 88acht RBB Stadtradio ursprünglich als Claim gedacht war und nur als solcher - und damit möglicherweise nicht kennzeichenmäßig - verwendet worden ist. Es ist auch unerheblich, ob die Antragsgegnerin diese Wortfolge heute immer noch als ein Claim verwendet. Denn jedenfalls nutzt sie den Begriff 88acht RBB Stadtradio bzw. RBB Stadtradio auch kennzeichnend zur Unterscheidung ihres Radioprogramms von anderen Programmen des eigenen Senders sowie von Konkurrenzprogrammen anderer Sender. Dies ergibt sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus dem von der Antragstellerin als Anlagen ASt25 bis ASt27 vorgelegten Internet-Auftritt der Antragsgegnerin bzw. der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten. Dort werden die Begriffe RBB Stadtradio 88acht bzw. RBB Stadtradio zur Unterscheidung des Senders der Antragsgegnerin und nicht lediglich als Claim verwendet ("Das RBB Stadtradio serviert ..."). Hierdurch hat die Antragsgegnerin zugleich Wiederholungsgefahr für eine kennzeichnende Benutzung gesetzt.

c. Soweit die Antragstellerin eine Verwendung der Bezeichnung 88acht RBB Stadtradio angreift, fehlt es allerdings an der erforderlichen markenrechtlichen Verwechslungsgefahr. Dies hat das Landgericht zutreffend ausgeführt. Bei dieser Verwendungsform geht die Verfügungsmarke BB Radio in einer Weise in der Gesamtbezeichnung auf, die dem Verkehr auch keine Veranlassung gibt, organisatorische Verbindungen der Parteien zu vermuten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Zeichenfolge isoliert (bzw. nur akustisch/mündlich) oder in der Form des Logos in Anlagen AS7 bzw. AS8 verwendet wird. Das Gleiche gilt für eine Verwendung in der "nachgestellten" Form der Frequenzangabe als "Das RBB Stadtradio 88acht" bzw. "RBB Stadtradio 88acht". Denn in diesen Fällen prägt die Frequenzangabe 88acht schon wegen ihrer originellen Zahlenfolge der Verdreifachung als 888 die Kennzeichnung selbst dann maßgeblich mit, wenn die angesprochenen Verkehrskreise erkennen, dass es sich hierbei (nur) um eine Konkretisierung der Senderfrequenz handelt. Dies mag in vergleichbaren Fällen nicht ausreichend sein, so dass derartige Angaben nicht zu berücksichtigen sind. Bei einer einprägsamen und originellen Frequenz wie im vorliegenden Fall ergibt sich ein anderes Bild, und zwar unabhängig davon, ob die optische oder akustische Wahrnehmung in Rede steht. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist es auch nicht von maßgeblicher Bedeutung, ob die Antragsgegnerin diesen Zeichenbestandteil dem Sendernamen voranstellt oder folgen lässt. Denn in beiden Fällen ist der Aufmerksamkeitswert dieser Ziffernfolge jedenfalls so groß, dass er in der Wahrnehmung des Verkehrs, die unbestreitbar ebenfalls vorhandenen Anklänge an BB Radio in den Hintergrund wird treten lassen.

6. Im Ergebnis ebenso verhält sich die Sachlage, soweit die Antragstellerin in der Berufung erneut zusätzlich ein Verbot der Bezeichnungsalternative RBB Stadtradio bzw. Das RBB Stadtradio verfolgt.

a. Insoweit fehlt es allerdings an dem markanten Bezeichnungsbestandteil 88acht, der bei der zusammen gesetzten Form einer Zeichenähnlichkeit entgegen gestanden hat. Gleichwohl scheidet eine Verwechslungsgefahr auch insoweit aus, weil diese Bezeichnung zu der Verfügungsmarke schon durch deren "Zerteilung" durch das dazwischen geschaltete Wort "Stadt" den erforderlichen zeichenrechtlichen Abstand einhält. In diesem Zusammenhang ist der für die Beurteilung derartiger Fallkonstellationen maßgebliche rechtliche Ausgangspunkt in Erinnerung gerufen: In Fällen, in denen einzelne Bestandteile der sich gegenüber stehenden Zeichen übereinstimmen, ist jeweils von dem Gesamteindruck der Zeichen auszugehen, um zu ermitteln, ob der übereinstimmende Teil das jeweilige Zeichen derart prägt, dass die anderen Bestandteile im Rahmen des Gesamteindrucks weitgehend in den Hintergrund treten. Nicht ausreichend ist es danach, dass der übereinstimmende Bestandteil für den Gesamteindruck des Zeichens lediglich mitbestimmend ist (BGH GRUR 03 880, 881 - City Plus; BGH GRUR 98, 942, 943 - ALKA SELTZER; BGH GRUR 00. 233, 234 - RAUSCH/Elfi Rauch). Dies gilt unabhängig davon, ob die prioritätsältere Marke oder das angegriffene Zeichen die zusätzlichen Bestandteile aufweist (BGH GRUR 03 880, 881 - City Plus; BGH GRUR 96, 198, 199 - Springende Raubkatze; BGH GRUR 96, 406, 407 - JUWEL).

b. Bei der Verletzungsform RBB Stadtradio ist der übereinstimmende Bestandteil BB R/radio für den Gesamteindruck des Verletzungszeichens allenfalls mitbestimmend, hingegen nicht prägend. Denn die Bestandteile der Verfügungsmarke sind in ihrem kennzeichnenden Charakter von einander getrennt ("auseinander gerissen") und werden von den angesprochenen Verkehrskreisen deshalb nur schwer erkannt bzw. schwerer wieder erkannt. Allerdings hatte der BGH in der Entscheidung "Radio Stuttgart" (BGH GRUR 93, 769, 770 - Radio Stuttgart) - wenngleich zu einer Auseinandersetzung um Werktitelschutz - eine Verwechslungsgefahr zwischen den Bezeichnungen "Radio Stuttgart" und "Stadtradio Stuttgart" unter Hinweis auf den "regionalisierenden" - und damit nicht hinreichend unterscheidungsfähigen - Charakter des hinzugefügten Wortteils angenommen. Auch insoweit ergibt sich im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass die angegriffene Bezeichnung nicht allein durch das Hinzufügen des Wortes "Stadt", sondern durch den vorangestellten Buchstaben R ein weiteres Unterscheidungsmerkmal bietet, das nach Auffassung des Senats zumindest im Rahmen der Gesamtbetrachtung eine ausreichende Abgrenzung ermöglicht.

c. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen scheidet aus den genannten Gründen aus. Denn der Verkehr hat keinen Grund zu der Annahme, zwischen den hinter den Bezeichnungen stehenden Unternehmen wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zu vermuten, wenn die - zumal an beschreibende Angaben angelehnte - Bezeichnung der Antragstellerin in der angegriffenen Bezeichnung nicht unverändert erscheint, sondern in ihre Bestandteile zergliedert ist. Insoweit ist der hier gegebene Sachverhalt nicht vergleichbar mit demjenigen, der der BGH-Entscheidung "City Plus" zugrunde lag. Dort hatte der BGH die Zuordnung der angegriffenen Bezeichnung "D2-BestCityPlus" zu der Klagemarke "CityPlus" für möglich gehalten (BGH GRUR 03. 880, 882 - City Plus). Insoweit war die dortige Klagemarke - wie dies im vorliegenden Rechtsstreit aber nur hinsichtlich des Verfügungsantrags zu 1. der Fall ist - in dem angegriffenen Zeichen identisch enthalten.

d. Aus den genannten Gründen muss der Senat die Frage nicht vertiefen, ob die Antragsgegnerin für eine isolierte bzw. herausgestellte Verwendung der Bezeichnungen RBB Stadtradio bzw. Das RBB Stadtradio überhaupt Begehungs- bzw. Wiederholungsgefahr gesetzt oder diese Begriffe nur beschreibend im Fließtext verwendet hat.

7. Die Antragsgegnerin weist im Ergebnis auch zutreffend darauf hin, dass die Antragstellerin für ihren Sender bzw. ihre Marke BB Radio den (gesteigerten) Schutz einer bekannten Marke i.S.v. § 14 Abs.2 Nr. 3 MarkenG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Anspruch nehmen kann, was sich insbesondere bei dem (erfolglosen) Angriff gegen die Senderbezeichnung mit dem Bestandteil RBB Stadtradio (mit/ohne Zusatz 88acht) auswirkt. Zum einen ist BB Radio keine "im Inland" - d.h. bundesweit - bekannte Marke, sondern nur von lokaler Bekanntheit in der Region Berlin-Brandenburg. Selbst wenn man mit der neueren Tendenz in der Literatur (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rdn. 800) davon ausgeht, dass bei in erster Linie regional bedeutsamen Marken eine "relevante Bedeutung" für das Bundesgebiet ausreicht, ist diese Schranke - bei aller Bedeutung der Metropolregion der Bundeshauptstadt Berlin - hier ersichtlich nicht überwunden. Denn BB Radio bleibt ein Regionalsender, dessen lokale Bekanntheit keinerlei Relevanz für das gesamte Bundesgebiet hat. Dies war z.B. bei der "BOSS"-Entscheidung des OLG Köln (MD 97, 1014, 1018) anders. Das OLG Köln hat zu Recht entschieden, dass die hohe Bekanntheit der Marke in den alten Bundesländern auf die Gesamtheit des wiedervereinigten Deutschland ausstrahlt. Eine vergleichbare Situation ist hier nicht gegeben. Die kritischen Anmerkungen von Ingerl/Rohnke in der 1. Aufl. (Rdn. 476) bedürfen aus den nachfolgenden Erwägungen keiner weiteren Vertiefung. Denn es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die subjektive Komponente ("oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt") im vorliegenden Fall tangiert sein könnte. Als "große" öffentlich-rechtliche Anstalt mit jahrzehntelanger überragender Bedeutung zumindest in West-Berlin (vor der Wende) besteht für die Antragsgegnerin keine wie auch immer geartete Veranlassung, sich gerade an den "guten Ruf" der Antragstellerin anzulehnen. Die Nähe der Bezeichnungen ist Folge einer durch Staatsvertrag vorgenommenen "Umfirmierung" und der hiermit verbundenen Vereinheitlichung der Senderbezeichnung im Sinne einer "corporate identity". Von einer "unlauteren Weise" kann nach Auffassung des Senats insoweit nicht gesprochen werden. Deshalb bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob etwa die Unterscheidungskraft der klägerischen Marke beeinträchtigt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Obwohl die Antragstellerin ihren Verbotsantrag in zweiter Instanz erneut erweitert hat, ist das Gewicht der Berufungen beider Parteien weiterhin als gleichwertig anzusehen, so dass auch im Berufungsrechtszug die Kosten gegeneinander aufzuheben sind. Denn die Antragstellerin wendet sich auch mit ihrem erweiterten Antrag letztlich nur gegen unterschiedliche Verwendungsalternativen der angegriffenen Senderbezeichnung 88acht RBB Stadtradio.



Ende der Entscheidung

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