Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 20.03.2002
Aktenzeichen: 5 U 31/01
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 13 Abs. 5
1. Ist der Teilnahme-Coupon eines Gewinnspiels von dem Warenbestellschein eines Versandhandels-Unternehmens separat abtrennbar und weist der Veranstalter unmissverständlich darauf hin, dass die - auch telefonisch zu regulären Gebühren mögliche - Teilnahme nicht von einer gleichzeitigen Warenbestellung abhängig ist, so liegt in der Regel keine unlautere Verknüpfung zwischen der Teilnahme an dem Gewinnspiel und einer Förderung des Warenabsatzes vor, wenn nicht aus sonstigen Umständen konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass dieser Hinweis entweder nicht ernst gemeint ist oder vom Verkehr nicht ernst genommen wird.

2. Ein Wettbewerber handelt nicht bereits deshalb rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 13 Abs. 5 UWG, weil er bei eigener Betroffenheit, aber möglicherweise auch im gleichgerichteten Interesse eines Wettbewerbsvereins einen Rechtsverstoß in einem nach §§ 32 ZPO, 24 Abs. 2 Satz 2 UWG eröffneten Gerichtsstand mit einer für seinen Standpunkt günstigen Rechtsprechung verfolgt, in dem der Wettbewerbsverein nicht klagebefugt wäre.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 31/01

Verkündet am: 20.03.2002

In dem Rechtsstreit

Glücks-Coupon

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Rieger, Dr. Koch

nach der am 27.02.2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 07.03.2000 abgeändert.

Die Klage wird - soweit sie im Hinblick auf die übereinstimmende Hauptsacheerledigung hinsichtlich der Klageanträge zu 2. und 3. noch zur Entscheidung steht - abgewiesen

Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 5.000.- abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf zunächst ebenfalls € 76.693,78 (entspricht erstinstanzlich festgesetzten DM 150.000.-) festgesetzt. Ab dem Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung hinsichtlich der Klageanträge zu 2. und 3. vermindert sich der Streitwert auf € 38.346,89 (entspricht DM 75.000.-).

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt Einzelhandelsgeschäfte mit Textilien und verfügt in Hamburg und Umgebung über neun Filialen. Die Beklagte betreibt bundesweit einen Versandhandel unter anderem mit Textilien.

Die Parteien streiten zum einen um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Verwendung von Teilnahmecoupons betreffend Gratisverlosungen, die mit einem Bestellformular für Warenlieferungen verbunden sind. Weiter beanstandet die Klägerin die Ankündigung und Gewährung eines Warengutscheins in Höhe von DM 10,00 gegenüber Empfängern eines Werbemailings.

Im August 1999 versandte die Beklagte die aus der Anlage K 1 dieses Verfahrens sowie aus der Anlage Ast 1 des vorausgegangenen Verfügungsverfahrens 312 O 462/99 im Original ersichtliche neunzigseitige Werbebroschüre. Darin wurde die Verlosung eines wertvollen PKW angekündigt. Auf der letzten Seite der Broschüre war der ausgelobte Gewinn, ein wertvolles Cabriolet abgebildet, und zwar in vier verschiedenen Farben. Dort hieß es blickfangmäßig hervorgehoben weiter:

"Traumcabrio im Wert von DM 100.000,- zu gewinnen! Mercedes CLK Cabrio 230 Kompressor mit toller Ausstattung. Gleich mitmachen!

Kleingedruckt in der rechten unteren Ecke der Seite war sodann ausgeführt:

Teilnahmebedingungen: Die Gewinn-Nummer ist bereits gezogen und hinterlegt. Wenn die Nummer mit Ihrer persönlichen Glücksnummer übereinstimmt, haben Sie gewonnen. Also gleich Wunschfarbe ankreuzen und Glücks-Coupon an Bxxxx absenden oder telefonisch durchgeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Der Gewinner wird sofort benachrichtigt. Alle Einsender erkennen diese Teilnahmebedingungen an . ... Die Teilnahme ist nicht von einer Bestellung abhängig und Sie haben in jedem Fall die gleiche Gewinnchance . ... " (Hervorhebung im Original).

Die Seite schloss mit folgendem etwas größer gedruckten Satz:

"Einfach auf dem Glücksschein mit Ihrer persönlichen Glücksnummer die Wunschfarbe ankreuzen und an Bxxxx absenden oder telefonisch mitteilen. "

Dieser Seite angeheftet war die als Anlage zum Tenor zu Ziffer 1. beigefügte Bestellkarte, deren unterer Teil aus einem mit einer Linie, auf der ein kleines Scherensymbol abgebildet war, optisch abgesetzten "Glücks-Coupon" bestand. Auf der Vorderseite dieses Coupons konnte man die "Wunschfarbe für das Traumauto" ankreuzen. Auf der Rückseite war die Adresse des jeweiligen Empfängers der Broschüre sowie eine "Glücksnummer" aufgedruckt. Weiter hieß es dort:

"Wenn ich möchte, kann ich meinen Glücks-Coupon auch separat einsenden."

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Anlagen sowie die mit dem Tenor des landgerichtlichen Urteils zu Ziffer 1 verbundene Anlage Bezug genommen.

Im Oktober 1999 versandte die Beklagte ein weiteres Werbemailing, in dem es neben der Ankündigung eines Gewinnspiels unter anderem hieß:

"ihr Guthaben beim nächsten BXXXX-Shopping. Nutzen Sie es!"

Darunter war blickfangmäßig hervorgehoben ein "Waren-Gutschein 10,-" abgebildet. Daneben war in kleiner Schrift ausgeführt:

"Aus unserem Jackpot nicht abgerufener Gewinne der Vorsaison erhalten Sie eine anteilige Ausschüttung von DM 10,- in Form eines Warengutscheins zu Ihrer freien Verwendung. Testen Sie unsere Leistungsfähigkeit. Ihr Waren-Gutschein ist auf der Testanforderung bereits eingetragen. "

Auf einer weiteren Seite des Mailings befand sich ein Bestellvordruck, in dem der Kunde Artikel nach Bestellnummer, Größe, Menge und Preis eintragen konnte. Unten auf dem Vordruck war vermerkt:

"abzüglich Warengutschein (bitte einlösen bis 30.11.99) -10,00"

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 4 und die Anlage zum Tenor zu Ziffer 2 Bezug genommen.

Im Verfahren 312 O 462/99 hat das Landgericht am 31.8.1999 auf Antrag der Klägerin der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung verboten,

"im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit der Ankündigung von Gratisverlosungen ein Bestellformular für Warenbestellungen zu versenden, das wie aus der mit dem Beschluss verbundenen Anlage ersichtlich ausgestaltet ist".

Weiter hat die Kammer 6 für Handelssachen des Landgerichts Hamburg (406 O 145/99) der Beklagten mit Beschluss vom 20.10.1999 verboten,

"1. Wie aus der mit diesem Beschluss in Kopie verbundenen Anlage ersichtlich, Bestellern die Gewährung eines Warengutscheins in Höhe von DM 10.00,anzukündigen;

2. entsprechend der vorstehenden Ankündigung zu verfahren, mithin Bestellern bei Aufgabe einer Bestellung vom Bestellwert DM 10.00,- in Abzug zu bringen."

Die Klägerin macht in der vorliegenden Hauptsacheklage zu diesen Verfügungsverfahren geltend, die beanstandete Ausgestaltung der Bestellkarte im Mailing vom August 1999 verstoße gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Verkopplung der Teilnahme an einer Gratisverlosung mit dem Warenabsatz. Dies gelte auch bei Zugrundelegung eines gewandelten Verbraucherbegriffs. Auch der durchschnittlich kundige und verständige Verbraucher gehe nach wie vor davon aus, dass es jedenfalls besser sei, seine Gewinnchancen durch eine gleichzeitige -und sei es auch nur eine geringfügige - Bestellung zu untermauern. Die Ankündigung und Gewährung eines "Waren-Gutscheins" in Höhe von 10,- in der Werbebroschüre vom Oktober 1999 verstoße gegen das Rabattgesetz, weil die Beklagte insoweit einen Sonderpreis wegen der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verbraucherkreis einräume.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens DM 500.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre), zu unterlassen,

1. im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit der Ankündigung von Gratisverlosungen ein Bestellformular für Warenbestellungen zu verwenden, das wie aus der mit diesem Urteil in Kopie verbundenen Anlage A ersichtlich ausgestaltet ist;

2. wie aus der mit diesem Urteil in Kopie verbundenen Anlage B ersichtlich, Bestellern die Gewährung eines Warengutscheins in Höhe von DM 10,00 anzukündigen;

3. entsprechend der Ankündigung zu z. zu verfahren, mithin Bestellern bei Aufgabe einer Bestellung vom Bestellwert DM 10,00 in Abzug zu bringen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, die Erhebung der Klage vor dem Landgericht Hamburg sei missbräuchlich, so dass das Landgericht Hamburg örtlich unzuständig gewesen sei. Die Beklagte trägt insoweit vor:

Die Klägerin habe überhaupt kein eigenes Interesse daran, ob die Beklagte in der streitgegenständlichen Weise werbe. Die Klägerin betreibe den vorliegenden Prozess auch nicht auf eigenes Kostenrisiko, sondern auf das Risiko des Vereins für lauteren Wettbewerb. Dieser Verband i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG habe die Klägerin nur vorgeschoben, um auf diese Weise den Gerichtsstand Hamburg zu erschleichen, welcher dem Verein selbst wegen der Neufassung des § 24 UWG im Jahre 1994 nicht offen stehe. Für sie, die Beklagte, sei dieser missbräuchliche Austausch der Klägerposition zum Zwecke der Erschleichung des Gerichtsstandes deswegen offensichtlich, weil es bis zum Frühjahr 1999 regelmäßig etwa 15 Abmahnungen pro Jahr seitens des Vereins für lauteren Wettbewerbs vertreten durch die Prozessbevollmächtigten der .Klägerin -gegen die Pforzheimer Versandhäuser Wenz, Klingel und die Beklagte gegeben habe. Prozesse im Hinblick auf die abgemahnten Sachverhalte seien alle beim Landgericht Karlsruhe geführt worden. Dabei sei der Verein auch gelegentlich unterlegen gewesen, weil die Rechtsprechung der Karlsruher Gerichte nicht in gleicher Weise "wettbewerbsstreng" geurteilt habe wie es nach dem Eindruck der Beklagten der Hamburgischen Rechtsprechung entspreche. Seit Februar 1999 habe es keinerlei Aktion des Vereins für lauteren Wettbewerb gegen die drei Pforzheimer Versandhäuser mehr gegeben, sondern es seien nur noch Abmahnungen der jetzigen Klägerin gegenüber der Beklagten erfolgt und die gerichtlichen Verfahren seien in Hamburg geführt worden. Mit der Klägerin hätten die Pforzheimer Versandhäuser bis dahin noch nie etwas zu tun gehabt, es habe also quasi einen abrupten Austausch auf der Abmahnungs-Gläubiger-Seite gegeben. Sie, die Beklagte, sei der Auffassung, dass es eine generelle Abrede zwischen dem Verein für lauteren Wettbewerb und dem Inhaber der Klägerin gebe, wonach bei vom Verein für lauteren Wettbewerb angenommenen Wettbewerbswidrigkeiten nicht vom Verein, sondern auf dessen Veranlassung und mit von dem Verein initialisierter Prozessführung und auf dessen Kosten die Klägerin in Hamburg gegen die Pforzheimer Versandhäuser vorgehe, um auf diese Weise einen Gerichtsstand zu haben, den der Verein nicht hätte.

Die Beklagte ist im übrigen der Ansicht, die streitgegenständlichen Werbemaßnahmen seien rechtlich nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die Gratisverlosung des Traumwagens würde der Verkehr auf die Möglichkeit hingewiesen, dass man auch ohne Bestellung an dem Gewinnspiel teilnehmen könne. Die Versandhandelskunden seien inzwischen besser informiert und auch nicht mehr werblich ohne weiteres beeinflussbar, wie das die Rechtsprechung in Deutschland jahrzehntelang angenommen habe. Auch würden die Verbraucher den Wertgutschein nicht als "Rabatt" ansehen.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 07.03.2000 antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich ihre form- und fristgerecht eingelegte Berufung.

Die Parteien haben den Rechtsstreit hinsichtlich der ehemaligen Klageanträge zu 2. und 3. in der Senatssitzung am 27.02.2002 im Hinblick auf die Aufhebung des Rabattgesetzes übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Beklagte wiederholt und vertieft im Rechtsmittelzug ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie beantragt,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 1. abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Ergänzung ihres bisherigen Sachvortrags.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zur Akte gereichten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist auch begründet. Der Senat teilt den Standpunkt des Landgerichts nicht, das der Klägerin einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem streitgegenständlichen Gewinnspiel aus § 1 UWG zuerkannt hatte. Vielmehr ist das angegriffene Gewinnspiel nach Auffassung des Senats im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der in zweiter Instanz im Hinblick auf die Aufhebung des Rabattgesetzes übereinstimmend für erledigt erklärten Klageanträge zu 2. und 3. hat die Beklagte die Kosten zu tragen.

I.

1. Die Klägerin ist allerdings klagebefugt. Die hiergegen von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer rechtsmissbräuchlichen Anspruchsverfolgung i.S.v. § 13 Abs. 5 UWG erhobenen Einwendungen sind weder in der Sache überzeugend noch rechtlich durchschlagend. Hierzu hat bereits das Landgericht das Erforderliche ausgeführt. Dieser Auffassung tritt der Senat bei. Der zweitinstanzliche Sachvortrag der Beklagten enthält insoweit keine neuen Aspekte. Als unmittelbar betroffene Wettbewerberin ist die Klägerin in jedem Fall klagebefugt. Die für ihre Klageerhebung maßgeblichen Umstände hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 03.07.2000 nochmals für den Senat nachvollziehbar erläutert. Bei der gegebenen Sachlage entbehrt der Vorwurf eines "kollusiven Verhaltens", den die Beklagte erhebt, einer sachlichen Grundlage. Es ist gerade in Rechtsstreitigkeiten des gewerblichen Rechtsschutzes weder ungewöhnlich noch anrüchig, wenn angreifende Wettbewerber bzw. sonstige Anspruchsteller im Hinblick auf den häufig eröffneten "fliegenden Gerichtsstand" das gerichtliche Forum wählen, welches ihnen im Hinblick auf die dort vorherrschende Rechtsprechung zur Erreichung ihrer Prozessziele am erfolgsversprechenden erscheint. Dieser Effekt ist im Hinblick auf §§ 32 ZPO, 24 Abs. 2 Satz 2 UWG Ausdruck des gesetzgeberischen Willens. Soweit die prozessführende Partei - wie dies vorliegend der Fall ist - erkennbar zumindest auch ein eigenes potentielles Interesse an der Anspruchsverfolgung hat, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie de facto zugleich Interessen Dritter bei der Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen mit wahrnimmt.

II.

Die Klage ist aber in der Sache nicht begründet.

1. Allerdings hatte das Landgericht das Unterlassungsbegehren der Klägerin für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:

1. Die mit dem Klageantrag zu 1. angegriffene Bestellscheingestaltung in der Werbebroschüre vom August 1999 verstößt gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Kundenfangs durch Verkopplung eines Gewinnspiels mit dem Warenabsatz.

Grundsätzlich sind Preiswettbewerbe wie etwa Gratisverlosungen, die veranstaltet werden, um die Aufmerksamkeit des Publikums auf ein Unternehmen und seine Waren zu lenken, zulässig. Erst bei Hinzutreten besonderer Unlauterkeitsmomente können sie im Einzelfall wettbewerbswidrig sein (BGH GRUR 73, 474, 475 -Preisausschreiben; BaumbachlHefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl. 1998, § 1 UWG Rn. 151 m.w.N.) Dabei unterliegen Preisausschreiben, Gratisverlosungen und dergleichen als Mittel der in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Leistungswettbewerb stehenden Wertreklame einer strengeren Beurteilung als die übliche Werbung durch Wort und Bild (BGH WRP 1976, 172, 173 -Versandhandels-Preisausschreiben). Vor diesem Hintergrund verstößt die Zusendung der Teilnahmebedingungen einer Gratisverlosung zusammen mit einem Bestellformular jedenfalls dann gegen gute Wettbewerbssitten, wenn durch diese Verbindung die angesprochenen Personen dazu verleitet werden könnten, ihre wirtschaftliche Entschließung nicht im Hinblick auf Güte und Preiswürdigkeit der Ware zu treffen, sondern im Hinblick auf sachfremde Motive, insbesondere die Hoffnung, einen ausgesetzten Preis zu gewinnen (BGH GRUR 73, 474, 475 - Preisausschreiben; BGH WRP 76, 172, 173 f. Versandhandels-Preisausschreiben; BGH GRUR 89, 434, 436 Gewinnspiel; BGH WRP 76, 100, 101). Deshalb darf nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Teilnahme an einem Gewinnspiel oder Preisausschreiben nicht irgendwie mit dem Warenabsatz verkoppelt werden (BGH GRUR 73, 474, 476 - Preisausschreiben; BGH WRP 76, 172, 173 f. - Versandhandels-Preisausschreiben; BGH GRUR 89, 434, 436 - Gewinnspiel). Zwar ist die Beifügung eines Bestellformulars zu einem Versandprospekt, in dem ein Preisausschreiben angekündigt wird, nicht schlechthin wettbewerbswidrig (BGH WRP 76,172, 173 - Versandhandels-Preisausschreiben). Eine unzulässige Kopplung ist jedoch regelmäßig dann gegeben, wenn im Versandhandel ein Preisausschreiben veranstaltet wird und das einem Katalog beigefügte Bestellformular auch als Teilnahmeschein verwendet werden kann (BGH W RP 76, 172, 173 f. Versandhandels-Preisausschreiben; vgl. auch BGH GRUR 73, 474, 476 Preisausschreiben; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl. 1998, § 1 UWG Rn. 155; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 57; v.Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 1987, Kap. 27 Rn. 12). Denn dadurch wird die Gefahr hervorgerufen, dass der Verkehr davon ausgeht, ein Besteller würde möglicherweise bei der Verlosung bevorzugt, sein Teilnahmeschein würde größere Bedeutung finden und nicht verloren gehen, und dass aus diesen sachfremden Motiven Bestellungen getätigt werden (BGH W RP 76, 172, 174-Versandhandels-Preisausschreiben; BGH GRUR 73, 474, 476 Preisausschreiben). Diese Gefahr folgt schon aus der naheliegenden Erwägung, dass der Werbende letztlich am Umsatz und nicht an der Ausschüttung von Gewinnen an Personen interessiert sein kann, die lediglich die Gewinnchance wahrnehmen wollen. Diese Überlegung wird regelmäßig jedenfalls bei einem Teil der Spielinteressenten zu dem Gedanken führen, dass es wahrscheinlich, jedenfalls aber möglicherweise die Gewinnchance verbessern könne, wenn man zugleich eine Bestellung aufgebe (BGH WRP 76, 172, 174-Versandhandels-Preisausschreiben).

So liegt es auch hier. Auf der Kunden-Bestellkarte der Beklagten findet sich unten ein "Glücks-Coupon", auf dem man die Wunschfarbe des als Preis ausgelobten Traumautos ankreuzen kann und auf dem ferner die "Glücksnummer" aufgedruckt ist, welche zum Gewinn des Autos führen kann. Durch den durch die körperliche Verbindung von Bestellkarte und "Glücks-Coupon" hervorgerufenen Gesamteindruck der Zusammengehörigkeit, an dem auch die mit dem Scherensymbol angedeutete Trennungslinie zwischen Bestellformular und Glücks-Coupon nichts ändert (vgl. auch OLG Hamm, Urt. vom 10.9.98, 4 U 107/98, Seite 20 f., Anlage K 3), wird jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil der Adressaten der Werbebroschüre die genannten Erwägungen anstellen, also insbesondere folgern, dass auch die Beklagte vor allem an Umsätzen und mithin an Bestellungen interessiert sein wird und nicht an der Auskehrung des wertvollen "Traumcabrios" im Werte von DM 100.000,- an Adressaten, die keine Bestellungen aufgeben. Die sich daraus ergebende naheliegende Überlegung, Besteller würden möglicherweise bei der Verlosung bevorzugt, hat die Beklagte vorliegend auch nicht durch geeignete Vorkehrungen ausgeschlossen. Nicht hinreichend ist der auf dem Glückscoupon in kleiner Schrift angebrachte Vermerk:

"Wenn ich möchte, kann ich meinen Glücks-Coupon auch separat einsenden". Auch der Hinweis in den Teilnahmebedingungen:

"Die Teilnahme ist nicht von einer Bestellung abhängig und Sie haben in jedem Fall die gleiche Gewinnchance" sowie der Hinweis auf die Möglichkeit, die Glücksnummer telefonisch mitzuteilen, ändern an der Wettbewerbswidrigkeit nichts. Denn derartige Erklärungen werden häufig nicht ernst genommen (BGH WRP 76, 172, 174Versandhandels-Preisausschreiben) und können von dem beeinflussenden Gesamteindruck der Werbemaßnahme nicht ablenken (BGH GRUR 73, 474, 476 - Preisausschreiben; v. Gamm, Kap. 27 Rn. 12, Fn. 46). Erfahrungsgemäß wird vielmehr doch mancher der Umworbenen sich eine bessere Gewinnchance versprechen, wenn er eine Bestellung macht (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl. 1998, § 1 UWG Rn. 155). Aus der von der Beklagten angeführten Entscheidung BGH WRP 98, 727 -Schmuck-Set folgt kein anderes Ergebnis. Zwar stellt der BGH dort bei der Verneinung eines Unterlassungsanspruchs nach § 1 UWG maßgebend darauf ab, dass das angegriffene Versandhandelsunternehmen darauf hingewiesen hatte, dass der Kunde das ausgelobte Gratis-Schmuck-Set auch unabhängig von einer Bestellung erhalten könne. Im dem vom BGH entschiedenen Fall ging es jedoch nicht um ein Gewinnspiel, sondern um eine Wertreklame. Der Kunde konnte aufgrund der dort streitgegenständlichen Werbung sicher sein, auf seine Anforderung ein Schmuck-Set zu erhalten. Vorliegend geht es jedoch darum, dass der durch die angegriffene Broschüre angesprochene Verkehr allenfalls eine unsichere Gewinnchance hat, auf die eine Bestellung ggf. Einfluß nehmen könnte.

Einer Wettbewerbswidrigkeit steht hier auch nicht der Hinweis entgegen, die Gewinnummern seien bereits gezogen. Denn auch bei einer solchen Konstellation wird ein nicht unerheblicher Teil des Verkehrs an der Uneigennützigkeit der Beklagten zweifeln, sondern es vielmehr ausgehend davon, dass die Beklagte ein an dem Grundsatz der Gewinnmaximierung ausgerichtetes Wirtschaftsunternehmen ist, für möglich halten, dass bei einer Bestellung sich die Chancen erhöhen, dass die Beklagte die eventuell bereits gezogene Glücksnummer auch tatsächlich beachtet und der Teilnahmeschein nicht verloren geht (vgl. auch BGH GRUR 73, 474, 476). Nicht außer Betracht bleiben darf weiter, dass die Ankündigung, man sei vielleicht schon ein ermittelter Gewinner, den unlauteren Anlockeffekt noch steigert, denn der Verkehr wird nur ungern auf einen wertvollen Gewinn verzichten wollen, der einem aufgrund einer schon erfolgten Ziehung vielleicht schon sicher ist. (vgl. auch OLG Hamm, Urt. vom 10.9.98, 4 U 107/98, Anlage K 3, Seite 21 f.).

Zu keinem anderen Ergebnis führt es nach Auffassung der Kammer, wenn man mit der Beklagten auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher i.S. der 6-Korn-EierEntscheidung des EuGH (WRP 98, 848) abstellt. Einmal abgesehen davon, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Problematik der irreführenden Werbung geht und eine Verallgemeinerung der zum Irreführungsmaßstab ergangenen Entscheidung des EuGH auf das gesamte Wettbewerbsrecht nicht unproblematisch ist, wird sich auch oder gerade dieser verständige Verbraucher der dargelegten Erwägung nicht verschließen können, dass der Werbende letztlich am Umsatz und nicht an der Ausschüttung von Gewinnen an Personen interessiert sein kann, die lediglich die Gewinnchance wahrnehmen wollen. Er wird sich weiter die Frage stellen, warum das beklagte Versandunternehmen zwar darauf hinweist, dass die Gewinnchance unabhängig von einer Warenbestellung sei, sich andererseits aber faktisch genau entgegengesetzt verhält, indem es den Teilnahmecoupon körperlich mit dem Bestellformular verbindet. Dieses Auseinanderfallen von schriftlicher Äußerung und tatsächlicher Umsetzung wird gerade den aufgeklärten und verständigen Verbraucher nahe legen, im Zweifel dem "Wink mit dem Zaunpfahl" nachzukommen und vorsichtshalber doch etwas zu bestellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn attraktive Preise wie hier ein Traumwagen im Werte von DM 100.000,- ausgelobt werden. Die Kammer kann sich nicht der Auffassung des Landgerichts Karlsruhe. Kammer für Handelssachen in Pforzheim, anschließen, wonach zwar dem aufmerksamen Durchschnittsverbraucher klar sei, dass das Versandunternehmen letztlich nur an Käufern und nicht an Spielern gelegen sei, welche lediglich gewinnen möchten, gerade dies den Verbraucher aber zu dem Schluß führe, dass die Ankündigung, die Teilnahme am Gewinnspiel sei von einer Bestellung unabhängig und diese ohne Einfluß auf Chancen, richtig sein müsse, weil anderenfalls die Beklagte lüge, was der dortige Kläger zum einen nicht behauptet habe und sich die nicht eben unbekannte Beklagte auch nach dem Eindruck des Klägers aus Furcht vor Entdeckung nicht leisten werde (Urt. vom 28.10.1998, O 118!98 KfH IV, Seite 7, vgl. Anlage B1). Maßgebend ist nicht, ob der Hinweis des beklagten Versandhandelsuntemehmens auf die Unabhängigkeit der Gewinnchance von einer Bestellung der Wahrheit entspricht oder nicht. Bei der gebotenen Anlegung eines strengen Maßstabes an Erscheinungsformen der Wertreklame genügt es für die Anwendung des § 1 UWG, wenn nach der Lebenserfahrung ein nicht ganz unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Überlegung anstellen und sich danach verhalten wird, Besteller würden bei der Verlosung möglicherweise bevorzugt (BGH WRP 76, 172, 174 - Versandhandels-Preisausschreiben). Es liegt aber für den angesprochenen Verkehr sicherlich nicht außerhalb der Lebenserfahrung bzw. jeglicher Wahrscheinlichkeit, dass werbliche Behauptungen von Gewerbetreibenden nicht immer den Tatsachen entsprechen. Dass dies leider nicht nur ein theoretisches Problem ist, zeigt schon die Existenz des § 3 UWG und die umfangreiche Rechtsprechung zu dieser Norm. Im übrigen wäre gerade der verständige Verbraucher, von dem das Landgericht Karlsruhe ausgeht und welcher nach dem Verständnis der Beklagten offenbar für ein gewandeltes, liberaleres Verbraucherleitbild steht, jemand, der tendenziell werblichen Behauptungen eher kritisch gegenüber steht und mithin auch der Versicherung der Beklagten, die Gewinnchance sei unabhängig von einer Warenbestellung, nicht blindlings glauben, sondern sich die wirtschaftlichen Interessen der Beklagten vor Augen führen wird.

2. Diese Auffassung steht allerdings in ihren wesentlichen Begründungszügen im Einklang mit der geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere mit den bislang nicht revidierten BGH-Urteilen "Preisausschreiben" und "Versandhandels-Preisausschreiben" aus den 70er-Jahren. Gleichwohl vermag sich der Senat diesem Standpunkt nicht anzuschließen. Hierfür sind folgende Überlegungen maßgebend:

a. Die für die Wettbewerbswidrigkeit vorausgesetzte unlautere Verknüpfung zwischen der Teilnahme an dem Gewinnspiel und einer Förderung des Warenabsatzes besteht vorliegend nicht. Die Beklagte weist den Teilnahmeinteressenten sowohl auf der Rückseite des Prospektes als auch auf der Gewinn-Coupon mit den deutlich lesbaren Formulierungen:

"... Die Teilnahme ist nicht von einer Bestellung abhängig und Sie haben in jedem Fall die gleiche Gewinnchance . ... " (Hervorhebung im Original).

bzw.:

"Wenn ich möchte, kann ich meinen Glücks-Coupon auch separat einsenden."

unmissverständlich darauf hin, dass die Teilnahme an dem Gewinnspiel nicht von einer Warenbestellung abhängig ist. Insoweit erfüllt sie damit die von der Rechtsprechung (z.B. BGH WRP 76, 172, 173 - Versandhandels-Preisausschreiben) hierfür aufgestellten Bedingungen. Mehr kann der Beklagten in der konkreten Fallgestaltung nicht abverlangt werden. In dieser Einschätzung sieht sich der Senat u.a. auch durch die - allerdings zu einer abweichenden, aber vergleichbaren Konstellation ergangenen - Ausführungen des Bundesgerichtshofs in jüngster Zeit in der Sache "Schmuckset" (BGH WRP 98, 727, 728 - Schmuckset) bestätigt. Soweit der Bundesgerichtshof in der zitierten früheren Rechtsprechung (BGH GRUR 73, 474, 476 - Preisausschreiben ) weitergehend angenommen hatte, die angesprochenen Verkehrskreis nähmen einen solchen Hinweis häufig nicht ernst und gingen davon aus, dass eine gleichzeitige Bestellung - entgegen dem klaren Wortlaut - die Gewinnchancen doch fördere (BGH WRP 76, 172, 174 - Versandhandels-Preisausschreiben), führt dies nach Auffassung des Senats leicht in einen argumentativen Zirkelschluss, der letztlich zur Folge hat, dass - entgegen der anderslautenden ausdrücklichen Feststellung der Rechtsprechung - Gewinncoupons nie gleichzeitig mit Bestellformularen Verwendung finden können. Denn entweder unterlässt der Veranstalter des Gewinnspiels einen Hinweis darauf, dass die Teilnahme hieran unabhängig von einer Warenbestellung möglich ist. In diesem Fall ist die Ankündigung bzw. Veranstaltung des Gewinnspiels nach allgemeinen Grundsätzen ohne weiteres unzulässig. Oder er weist - wie im vorliegenden Fall - ausdrücklich darauf hin, dass eine derartige Verknüpfung gerade nicht besteht und eine separate Teilnahme an dem Gewinnspiel ohne nachteiligen Einfluss auf die Gewinnchancen ist. In einem solchen Fall setzt sich der Veranstalter dem Verdacht aus, eine solche Erklärung sei nicht hinreichend ernst gemeint bzw. der Verkehr gebe - selbst wenn es dem Veranstalter damit ernst ist - aus einem subjektiven Gefühl der Unsicherheit doch vorsichtshalber eine Bestellung auf. Der Senat vermag bei dieser Konstellation die Frage nicht zu beantworten, wie sich ein "seriöser" Veranstalter von Gewinnspielen - und der Senat hat im Falle der Beklagten in Abwesenheit entgegenstehender Anhaltspunkte ein solches seriöses Verhalten zu unterstellen - aus diesem Dilemma soll herausbewegen können. Gegen den "bösen Verdacht" bzw. die Unterstellung unlauteren Verhaltens kann sich niemand wirkungsvoll wehren, insbesondere dann nicht, wenn die Begleitumstände hierfür keinerlei Anhaltspunkte bieten. Es geht im vorliegenden Fall auch nicht darum, dass die erläuternden Hinweise der Beklagten etwa zu klein gedruckt wären und deshalb übersehen werden könnten. Vielmehr steht der allgemeine Vorwurf der mangelnden Ernsthaftigkeit bzw. einer - trotz dieser Hinweise - weiterhin bestehenden Verunsicherung des Verkehrs im Raum. Legt man andererseits zugrunde, dass der Bundesgerichtshof schon im Jahr 1975 ausdrücklich festgestellt hatte:

"Auch wenn durch Versandprospekt ein Preisausschreiben angekündigt wird, ist die Beifügung eines Bestellformulars nicht schlechthin wettbewerbswidrig. Denn das würde praktisch darauf hinauslaufen, einseitig dem Versandhandel eine Werbung mit Preisausschreiben unmöglich zu machen" (BGH WRP 76, 172, 173 - Versandhandels-Preisausschreiben),

erscheint dem Senat ein Verbot in Fällen der vorliegenden Art nur dann gerechtfertigt, wenn der Hinweis entweder leicht übersehen werden kann oder aus sonstigen konkreten Umständen die Schlussfolgerung gerechtfertigt ist, der Hinweis sei entweder nicht ernst gemeint oder könne von dem Verkehr zumindest nicht ernst genommen werden. Hierfür kann der Senat im vorliegenden Fall hingegen keinerlei Anhaltspunkte erkennen. Weder der hohe Wert des ausgelobten Gewinns noch der Umstand, dass "kein Kaufmann etwas zu verschenken habe", können für sich allein solche Zweifel begründen. Die Veranstaltung von Gewinnspielen ist heutzutage weit verbreitet. Die hierfür maßgeblichen Motive sind vielfältig, u.a. kann es dem Unternehmen auf einen Werbe- und Aufmerksamkeitseffekt ankommen bzw. darum gehen, das Unternehmensimage positiv zu beeinflussen. Auch auf die Tatsache, dass die ausgelobten Preise häufig ganz oder zum Teil "gesponsert" werden, weil sich der Hersteller des Gewinnobjekts hiervon seinerseits einen positiven Imageeffekt verspricht, hat die Beklagte zutreffend hingewiesen. Deshalb erscheint dem Senat die Durchführung von Gewinnspielen der vorliegenden Art nicht schon aus grundsätzlichen Erwägungen als so bedenklich, dass allein deshalb ein Verbot gerechtfertigt wäre. Zudem kann die Attraktivität der ausgelobten Preise für sich genommen die Wettbewerbswidrigkeit des in Rede stehenden Gewinnspiels ohnehin nicht begründen. Denn es kann - schon wegen der Häufigkeit derartiger Gewinnspiele und des damit einhergehenden Gewöhnungseffektes - nicht angenommen werden, dass sich die Verbraucher aufgrund des aus ihrer Sicht attraktiven Gewinnspiels dazu verleiten ließen, vom Angebot der Beklagten unkritisch Gebrauch zu machen (vgl. BGH GRUR 98, 735 ff - Rubbelaktion).

b. Die Argumentation des Landgerichts auf der Grundlage des - neuen - europarechtlichen Verbraucherleitbilds überzeugt den Senat ebenfalls nicht. Auch der Bundesgerichtshof geht inzwischen sowohl im Wettbewerbs- als auch im Markenrecht von dem Leitbild des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers aus, der das fragliche Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt (BGH WRP 01, 1450, 1453 - Warsteiner III; BGH GRUR 00, 619 - Orient-Teppichmuster; BGH WRP 01, 1286, 1289 - Mitwohnzentrale.de; BGH GRUR 00, 820, 821 - Space-Fidelity-Peep-Show). Hieraus lässt sich aber nicht folgern, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher stets auch ein "misstrauischer" Verbraucher ist, der werblichen und sonstigen Erklärungen nicht traut, selbst wenn es hierfür keine objektiven Anhaltspunkte gibt. Ein solches Verständnis müsste bei konsequenter Fortentwicklung dazu führen, dass der "moderne" Verbraucher praktisch keiner Irreführung mehr unterliegen kann, weil er ohnehin niemandem mehr glaubt. Ein solches Ergebnis wäre erkennbar widersinnig und stünde mit den tragenden Erwägungen der Rechtsprechung des EuGH und BGH nicht im Einklang. Auch der Hinweis, dass das Misstrauen darauf beruht, dass sich der kritische Verbraucher "die wirtschaftlichen Interessen der Beklagten" vor Augen führt, hilft nach Auffassung des Senats nicht weiter. Denn mit dieser Argumentation wäre praktisch die Veranstaltung aller Art von Gewinnspielen und Preisausschreiben, die nicht - wie dies für die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit gerade gefordert wird - an den unmittelbaren Warenabsatz gekoppelt sind, nunmehr aus anderen Gründen unzulässig.

c. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Beklagte die Möglichkeit einer telefonischen Teilnahme an dem Gewinnspiel eröffnet und hierauf auch ausdrücklich und unmissverständlich in dem Prospekt hinweist:

"Einfach auf dem Glücksschein mit Ihrer persönlichen Glücksnummer die Wunschfarbe ankreuzen und an BXXXX absenden oder telefonisch mitteilen"

Die entsprechende Telefonnummer ist auf dem Glückscoupon zudem deutlich angegeben. Der Senat hat im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, ob die Eröffnung einer telefonischen Teilnahmemöglichkeit für sich genommen die Wettbewerbswidrigkeit eines ansonsten unzulässigen Gewinnspiels ausschließen könnte. Im vorliegenden Fall ist diese Art der Teilnahme vielmehr ein zusätzliches Element, mit dem sich die Beklagte aus einer Zone potenziell wettbewerbswidrigen Verhaltens herausbewegt und aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ihre Bereitschaft unterstreicht, Teilnahmemöglichkeiten auch unabhängig von einer Warenbestellung zu eröffnen.

d. Schließlich entnimmt der Senat auch der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine gewisse Tendenz zur Lockerung der bislang strengen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Veranstaltung eines Gewinnspiels. So hat es der Bundesgerichtshof in der zuletzt ergangenen Entscheidung "Space Fidelity Peep Show" (BGH WRP 00,724 ff - Space Fidelity Peep Show) bei der Prüfung des sog. "psychischen Kaufzwangs" etwa unbeanstandet gelassen, wenn sich der Teilnahme-Interessent zur Rechtfertigung des Zeit- und Kostenaufwands für den Besuch des abgelegenen Geschäftslokals der Beklagten zu einem Gelegenheits- bzw. Verlegenheitskauf veranlasst sähe (BGH a.a.O., S. 726). Damit hat der BGH seine Liberalisierungstendenzen im Anschluss an die Entscheidungen "McBacon" (BGH GRUR 89, 757ff - McBacon) und "Rubbelaktion" (BGH GRUR 98, 735 ff - Rubbelaktion) fortgesetzt, in denen schon die unwiderstehliche Anlockwirkung wertvoller Gewinne bzw. der Veranlassung zum Aufsuchen der Geschäftsräume verneint wurde. Diese Überlegungen lassen sich möglicherweise - ohne dass es vorliegend streitentscheidend darauf ankommt - bei Versandhandels-Preisausschreiben sogar auf eine Bestellung aus Verlegenheit bzw. bei der Gelegenheit eines Gewinnspiels übertragen. Immerhin hatte der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Space Fidelity Peep Show" (BGH a.a.O., S. 726) ausgeführt:

"Von einem übertriebenen Anlocken kann nicht schon dann ausgegangen werden, wenn Kunden anlässlich der Teilnahme an einem Gewinnspiel Waren kaufen, sondern erst dann, wenn diese Kunden durch die mit dem Gewinnspiel verbundenen sachfremden Beeinflussungen davon abgehalten werden, die Güte und Preiswürdigkeit der Waren zu prüfen (vgl. BGH GRUR 1989, 757, 758 - McBacon; GRUR 1998, 735, 736 - Rubbelaktion).

Auch für die Gefahr einer solchen sachfremden Beeinflussung vermag der Senat im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte zu finden, zumal der Kunde gerade im Versandhandel frei von Beeinflussungen z.B. durch das Verkaufspersonal und ohne relevanten Zeitdruck anhand der Kataloglektüre Güte und Preiswürdigkeit der Waren sorgfältig beurteilen kann. Die Annahme eines allgemeinen Erfahrungssatzes dergestalt, dass allein die Auslobung eines hohen Gewinns stets oder zumindest in der Regel eine solche "sachfremde Beeinflussung" darstellt, erscheint dem Senat nicht gerechtfertigt, zumal der BGH selbst in den o.g. Entscheidungen die unwiderstehliche Anlockwirkung wertvoller Gewinne verneint hatte.

3. Auch der Hinweis der Beklagten auf eine gegenteilige Rechtsauffassung des 3. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in dem Parallelverfahren 3 W 100/00 (Stxxx Moden ./. R.K.) vermag kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Denn die den jeweiligen Rechtsstreitigkeiten zugrunde liegenden Gewinnspiele unterscheiden sich in zwei für die rechtliche Beurteilung maßgebenden Punkten:

a. Während der "Glücks-Coupon" im vorliegenden Rechtsstreit als "Verlängerung" an die "Kunden-Bestellkarte" angehängt, von dieser abtrennbar und damit gesondert verwendbar war, bilden Bestellkarte und Gewinnspiel-Teilnahmekarte in dem Parallelrechtsstreit eine untrennbare Einheit. Die Teilnahmekarte ist - wie sich aus der von der Beklagten als Anlage Bk2 eingereichten Beschlusskopie ergibt - auf der Rückseite des Bestellscheins abgedruckt. Bereits dieser Umstand erfordert eine differenzierende rechtliche Beurteilung, denn in einem solchen Fall mag der "psychische Druck", aus Anlass der Teilnahme an dem Gewinnspiel auch eine Bestellung zu tätigen noch erheblich größer sein.

b. Weiterhin ist auch die telefonische Teilnahmemöglichkeit als Alternative zu der Einsendung des Gewinn-Coupons (mit/ohne Bestellkarte) anders ausgestaltet. Während im vorliegenden Rechtsstreit eine "normale" Telefonnummer (072 31/ 303 600) zu wählen war, erforderte die telefonische Teilnahme bei dem im Parallelverfahren streitgegenständlichen Gewinnspiel den Anruf bei einer sondergebührenpflichtigen 0180-Service-Nummer (0180- 53 200) mit einem Zeittakt von 24 Pfg./Minute. Auch dieser Unterschied ist ohne weiteres rechtlich relevant, denn die Gesprächsgebühren bei einer 0180-Service-Nummer können die Kosten eines "normalen" Telefonanrufs durchaus nicht unerheblich übersteigen und sich damit - sei es wegen tatsächlich oder nur von den Teilnahmeinteressenten befürchteten höherer Kosten - als Hinderns bei der Inanspruchnahme der telefonischen Teilnahmealternative auswirken.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91a ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10, 711. Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Klageanträge zu 2. und 3. in der Senatsverhandlung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen, denn sie wäre ohne die Aufhebung des Rabattgesetzes voraussichtlich unterlegen. Zur Begründung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug.

Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil in Anwendung von § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu, weil die Entscheidung zum Teil von den durch den Bundesgerichtshof in den 70er Jahren aufgestellten Rechtsgrundsätzen abweicht, insbesondere im Hinblick auf die Entscheidungen "Preisausschreiben" (BGH GRUR 73, 474, 476 - Preisausschreiben ) und "Versandhandelspreisausschreiben" (BGH WRP 76, 172, 173 - Versandhandels-Preisausschreiben).

Ende der Entscheidung

Zurück