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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 03.12.2003
Aktenzeichen: 5 U 36/03
Rechtsgebiete: MarkenG, UWG


Vorschriften:

MarkenG § 4 Abs. 2
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
UWG § 1
1. Der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist und das Ausschöpfen dieser Frist lässt nicht bereits die Dringlichkeit des Verfügungsverfahrens entfallen.

2. Es besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Hersteller von Baby- und Kindernahrung allein an der Farbe Gelb als Hintergrundfarbe für seine Verpackungen eine Benutzungsmarke erworben hat.

3. Zur Verwechslungsgefahr zwischen zwei gelben Verpackungen für Milchbreie.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftszeichen: 5 U 36/03

Verkündet am: 03. Dezember 2003

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter

Betz, Rieger, Dr. Koch

nach der am 06. November 2003 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 12 - vom 11.2.2003 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Beschluss

In Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung wird der Streitwert der ersten Instanz auf € 1.000.000.- und der Streitwert der Berufungsinstanz auf € 500.000.- festgesetzt.

Gründe:

I.

Beide Parteien gehören zu den führenden Herstellern von Baby- und Kleinkindernahrung in Deutschland. U.a. vertreiben sie Instant-Milchbreie zum Anrühren für Babys und Kleinkinder in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Die Antragstellerin verwendet seit einigen Jahren eine einheitliche Packungsausstattung mit gelber Hintergrundfarbe, die im mittleren Packungsbereich nach weiß verläuft. Diese Packungen sehen aus wie folgt :

Die Antragsgegnerin änderte im November 2002 ihre Verpackungen - bislang Standbeutel mit weiß/grün/blauer Hintergrundfarbe - dahingehend, dass die Breie nunmehr ebenfalls in Faltschachteln mit gelber Hintergrundfarbe angeboten wurden. Das Sortiment der Antragsgegnerin sieht aus wie folgt :

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung ein gerichtliches Verbot dieser Ausstattung wegen Verwechslungsgefahr mit den Verpackungen der von ihr vertriebenen Milchbreie. Sie stützt sich auf MarkenG und § 1 UWG. In erster Instanz hat sie beantragt, der Antragsgegnerin durch einstweilige Verfügung zu verbieten, ihr Sortiment von Milchbreien als Baby- und Kleinkindnahrung im geschäftlichen Verkehr in Verkaufspackungen anzubieten, zu vertreiben und/oder zu bewerben, die einheitlich für alle Einzelpackungen mit einer gelben Hintergrundfarbe einschließlich eines Farbverlaufs nach weiß versehen sind, insbesondere in Form nachfolgend wiedergegebener Packungsbeispiele.....( es folgen Abbildungen der Packungen der Antragsgegnerin ).

Diesen Antrag hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil zurückgewiesen.

Mit ihrer hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Antragstellerin einen veränderten Antrag dahingehend, dass der Antragsgegnerin nunmehr verboten werden soll, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ihr Sortiment von Milchbreien als Baby- und Kleinkindernahrung in Verkaufspackungen anzubieten, zu vertreiben und/oder zu bewerben, die einheitlich wie aus den nachfolgende wiedergegebenen Packungsbeispielen ...( es folgen Abbildungen der Verpackungen der Antragsgegnerin ) gestaltet sind.

Die Antragstellerin reicht die inzwischen fertig gestellte Verkehrsumfrage ein, mit der den befragten Personen neutralisierte Packungen der Parteien - d.h. nach Entfernung der Herstellerangaben - vorgelegt worden sind ( Anlage Bk 5 ) und die das Landgericht nur in ersten Ergebnissen erhalten hatte ( Anlage Ast.29 ). Im übrigen vertieft sie ihren Vortrag zu § 1 UWG und zu dem von ihr geltend gemachten markenrechtlichen Anspruch wegen Verwechslungsgefahr aus § 14 Abs.2 Nr.2 MarkenG. Sie habe ein einheitliches Verpackungssystem auf den Markt etabliert, das wettbewerbliche Eigenart besitze und von der Antragsgegnerin durch Übernahme der Farbe und weiterer Elemente nachgeahmt werde. Die Antragsgegnerin schleuse sich auf diese Weise in das Verpackungssystem der Antragstellerin ein. Die Antragsgegnerin beute den Ruf der Antragstellerin aus und behindere sie. Außerdem sei die Gefahr der Herkunftstäuschung gegeben.

Was den markenrechtlichen Anspruch anbelange, habe die Antragstellerin nicht nur an der gelben Hintergrundfarbe, sondern an der gesamten einheitlichen Packungsgestaltung eine Benutzungsmarke nach § 4 Abs.2 MarkenG erworben. Durch ihre Marktführerschaft im Bereich der Milchbreie, ihre Werbeaufwendungen und die gelbe Produktwelt, schließlich durch das Ergebnis der Verkehrsbefragung, habe sie dies ausreichend glaubhaft gemacht. Es bestehe Verwechslungsgefahr zu den Packungsgestaltungen der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin verteidigt im Wesentlichen das landgerichtliche Urteil. Sie meint, dass die Dringlichkeit entfallen sei, weil die Antragstellerin die einmonatige Frist zur Berufungsbegründung voll ausgenutzt habe und auch noch eine Fristverlängerung von einem Monat in Anspruch genommen habe. Sie legt weitere neue Werbematerialien der Antragstellerin vor, die zeigen sollen, dass die Antragstellerin nicht nur in gelb, sondern in verschiedenen Farben werblich auftritt ( Anlagen Ag 14 -16 )

II.

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zwar besteht weiterhin ein Verfügungsgrund, indessen hat das Landgericht zu Recht das Bestehen eines Verfügungsanspruchs verneint. Die Angriffe der Berufung geben keinen Anlass für eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Im Einzelnen :

1. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist ein wesentlich eingeschränkter Antrag der Antragstellerin. Während die Antragstellerin in erster Instanz der Antragsgegnerin generell die Verwendung von gelben Einzelverpackungen verbieten lassen wollte und die tatsächlich verwendeten Packungen nur beispielhaft im "insbesondere"-Teil des Antrags aufgeführt waren, beschränkt sie sich jetzt darauf, ein Verbot der konkreten Verletzungsform zu beantragen. Dementsprechend hat der Senat auch die Streitwerte für beide Instanzen unterschiedlich festgesetzt, wobei angesichts der Marktbedeutung der Parteien und der Weite des ursprünglich verfolgten generellen Verbots der gelben Farbe für Milchbrei-Verpackungen eine Erhöhung des erstinstanzlichen Streitwerts angebracht erschien.

2. Allerdings bestehen keine Bedenken gegen das Vorliegen eines Verfügungsgrundes. Zwar wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass ein Ausschöpfen der Berufungsfrist und der verlängerten Begründungsfrist dringlichkeitsschädlich sei, wenn nicht sachliche Gründe vorlägen ( z.B. KG WRP 87,367 ; OLG Karlsruhe GRUR 95,510; OLG Koblenz WRP 82,202; OLG Köln WRP 82,141; OLG München GRUR 92,328; OLG Nürnberg GRUR 87,727 ; OLG Saarbrücken WRP 86,23 ). Nach der bisherigen Hamburger Rechtsprechung können die antragsgemäß verlängerten Begründungsfristen indessen ausgeschöpft werden ( WRP 96,27). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

Aber auch nach der strengeren Meinung wäre ein sachlicher Grund zu bejahen, da auf der Antragstellerseite ein Anwaltswechsel zwischen den Instanzen stattgefunden hat und die Verlängerung der Begründungsfrist u.a. wegen der Einarbeitungszeit der neuen Bevollmächtigten beantragt worden ist.

Schließlich besteht auch weiterhin Wiederholungsgefahr, selbst wenn die Antragsgegnerin inzwischen ihre Packungsausstattung wieder geändert haben sollte, wie die Antragstellerin in der Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat. Wenn der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin begründet wäre, könnte die Wiederholungsgefahr nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung beseitigt werden. Im übrigen haben beide Parteien -allerdings nach Schluss der mündlichen Verhandlung - dem Senat mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin auch in Zukunft ein Interesse daran hätte, nicht an der Verwendung von Packungsausstattungen gehindert zu sein, wie sie hier von der Antragstellerin angegriffen worden sind.

3. Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht markenrechtliche Ansprüche der Antragstellerin verneint. Markenrechtliche Ansprüche, derer sich die Antragstellerin auch berühmt, sind entgegen der Auffassung der Antragstellerin als spezialgesetzliche Schutznormen vor den allgemeinen Ansprüchen aus ergänzendem Leistungsschutz gemäß § 1 UWG zu prüfen, wie es auch das Landgericht zutreffend getan hat.

Zu dem ergänzenden Vorbringen der Antragstellerin in der Berufungsinstanz ist folgendes auszuführen :

Die Antragstellerin nimmt nunmehr eine ganze "Serie" von Benutzungsmarken nach § 4 Abs.2 MarkenG für folgende Elemente ihrer Verpackungsgestaltung in Anspruch :

- die gelbe Grundfarbe

- die einheitliche Beschriftung in Königsblau

- die Darstellung des Breitellers und der Zutaten

- den "Spoteffekt" durch die im mittleren Bereich weiß aufgehellte Grundfarbe gelb

- den "Info-Balken" mit dem Teddybären

Dabei soll der Vortrag der Antragstellerin nach ihren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung so zu verstehen sein, dass diese Elemente sowohl in ihrer Gesamtheit, wie sie auf der Verpackung der Antragstellerin verwendet werden , als Benutzungs-Wort/Bildmarke geschützt sind als auch für jedes einzelne von ihnen, vor allem auch weiterhin für die Grundfarbe gelb, eine Benutzungsmarke in Anspruch genommen werden soll.

a) Wie im angefochtenen Urteil bereits ausgeführt, ist die Frage, ob ein Zeichen Verkehrsgeltung im Sinne des § 4 Abs.2 MarkenG erlangt hat, nach der grundlegenden "Chiemsee"-Entscheidung des EUGH jedenfalls nicht notwendigerweise mittels fester Bekanntheits-Prozentsätze zu entscheiden, sondern anhand aller Umstände des Einzelfalls. Der BGH hat sich dem EUGH inzwischen angeschlossen ( WRP 2001, 1198, 1199 "Farbmarke violettfarben").

In seiner weiteren Entscheidung "Libertel" ( GRUR 2003,604 ) betreffend die Unterscheidungskraft von abstrakten Farbmarken hat der EUGH ferner ausgesprochen, dass auch diese anhand aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln sei, andererseits hier betont, dass das Allgemeininteresse an der Freihaltung von Farben zu berücksichtigen sei. Von Haus aus seien Farben als solche nicht allein geeignet, auf die Herkunft von Produkten hinzuweisen, sondern dies könne nur durch die Benutzung und die entsprechende Gewöhnung des Verkehrs erreicht werden ( Ziff.65, 66 der Gründe ). Auch dieser Einschätzung hat sich der BGH inzwischen angeschlossen ( GRUR 2003,883,885 "Aufmachungsfarbmarke grün/grün" ).

b) Zu einer etwaigen Benutzungs-Wort/Bildmarke, die sich aus den oben aufgeführten Elementen zusammensetzt :

aa) Die Antragstellerin stützt sich zur Begründung ihrer Benutzungsmarke an der Gesamtaufmachung ihrer Verpackungen jetzt vor allem auf die Verkehrsbefragung, wonach 59 % der Befragten die neutralisierte Verpackung der Antragstellerin zutreffend der Marke M zugeordnet haben ( S.12 von Anlage Bk 5 ). Da die Verkehrsbefragung von April 2003 stammt, konnte sie in der ersten Instanz nicht vorgelegt werden, so dass ihre Berücksichtigung in der Berufungsinstanz nach § 531 Abs.2 Nr.3 ZPO möglich ist. Allerdings bestehen schon deshalb gewisse Bedenken gegen die Aussagekraft dieser Studie, weil nur 109 Personen zu den Packungen der Antragstellerin befragt wurden ( Ziel der Studie war auch nicht die Feststellung der Verkehrsgeltung der Packungsgestaltung der Antragstellerin, sondern die Feststellung, ob die Verbraucher die neue Verpackung der Antragsgegnerin dem richtigen Hersteller zuordnen ). Zusätzlich zu den glaubhaft gemachten hohen Marktanteilen, den Umsätzen und Werbeaufwendungen ( Anlagen Ast.1 + 9 ), weiter unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragstellerin seit 1996 mit einer ganze Produktserie in verschiedenen Geschmacksrichtungen in einem einheitlichen Aussehen auf den Markt vertreten ist, mag die Antragstellerin ihren Vortrag einer Benutzungsmarke auch unter Berücksichtigung der zurückhaltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung jedenfalls für das Verfügungsverfahren durchaus erhärtet haben.

bb) Selbst wenn man aber eine Benutzungsmarke der Antragstellerin an ihrer Ausstattung insgesamt annähme, bestünde zwischen einer solchen Wort/Bildmarke und den Verpackungen der Antragsgegnerin keine unmittelbare Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs.2 Nr.2 MarkenG.

Die markenrechtliche Verwechslungsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung anhand der drei Kriterien Kennzeichnungskraft der Marke, Warenähnlichkeit und Zeichenähnlichkeit zu beurteilen, die zueinander in Wechselwirkung stehen. Man wird von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft einer etwaigen Benutzungsmarke der Antragstellerin ausgehen können. Außerdem besteht Warenidentität, so dass das angegriffene Zeichen grundsätzlich einen größeren Abstand wahren muss, damit es nicht zu einer Verwechslungsgefahr kommt.

Dieser ist jedoch gewahrt. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit zweier Zeichen ist von den Zeichen in ihrer Gesamtheit auszugehen, wie sie dem Verbraucher entgegentreten. Allerdings verbietet dieser Grundsatz nicht, einem einzelnen Bestandteil eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft zuzumessen und deshalb bei einer Übereinstimmung des angegriffenen Zeichens oder des prägenden Teils des angegriffenen Zeichens mit dem verletzten Zeichen eine Verwechslungsgefahr zu bejahen ( st. Rechtsprechung, grundlegend zum MarkenG BGH GRUR 96,198, 199,200 "Springende Raubkatze" und EUGH GRUR 98,387,390 "Springende Raubkatze" ).

Hier ist es indes so, dass eine etwaige Benutzungsmarke der Antragstellerin an der Verpackungsgestaltung von keinem Einzelelement geprägt ist, sondern in ihrer Gesamtheit der Verpackung der Antragsgegnerin gegenüberzustellen ist :

aaa) Die gelbe Hintergrundfarbe ist durch so viele farbige Elemente in der unteren Hälfte der Packung überlagert, dass sie schon von Haus aus ohne eigenständige Bedeutung, eben bloß als flächiger Hintergrund einer gegenständlichen Darstellung des Produkts erscheint. Es spricht gegen die kennzeichnende Funktion der einzelnen Bestandteile einer Gesamtaufmachung, wenn diese nicht räumlich voneinander abgesetzt, sondern miteinander verwoben oder eng miteinander verbunden sind ( BGH GRUR 2002, 171, 175 "Marlboro-Dach" ). Dies ist bei einer bloßen Hintergrundfarbe einer aus vielen Einzelelementen bestehenden Verpackungsgestaltung der Fall.

Im Bereich der Baby-Nahrung liegt es zudem von vornherein nahe, warme und freundliche Farben zu verwenden , wobei gelb geradezu der Inbegriff einer "warmen" Farbe ist. Auch weisen die Produkte anderer namhafter Hersteller von Milchbreien ebenfalls eine gelbe Hintergrundfarbe auf, selbst wenn diese nicht für alle Geschmacksrichtungen Verwendung findet

( "Alete", Anlagen Ag 7 und Bk 9; "Humana" Anlagen Ag 8 und Bk 7; "Milasan" Anlage Ag 10 und Bk 8 ). Soweit die Antragstellerin für ihre Produkte eine "gelbe Welt" beschwört, an der sich der Verbraucher orientiere, ist zwar zuzugeben, dass die Antragstellerin eine umfangreiche Serie von Milchbreien verschiedener Geschmacksrichtungen in gelber Packung vertreibt, doch hat die Antragsgegnerin belegt, dass sich auch Fertigbreie in anderen Packungsfarben im Sortiment der Ast. befinden, nämlich ein mit Milch anzurührender Getreidebrei ( Anlage Ag 3, blaue Packung ), ein Fertigbrei mit Soja und Früchten ( Ag 4, grüne Packung ). Nach einer Werbung vom Frühjahr 2003 sollen die Milchbreie "Früchte" und "Stracciatella" jedenfalls vorübergehend in blauen Packungen angeboten werden ( Anlage Ag.14 ). Dass sich die beteiligten Verbraucher in diesem Marktsegment ausschließlich an der Hintergrundfarbe orientieren, diese also als allein prägend ansehen , ist nach alledem nicht überwiegend wahrscheinlich.

Gegen eine Prägung durch die Farbe gelb spricht schließlich auch das Ergebnis der Verkehrsbefragung : Bei der ungestützten Nachfrage, woran der Hersteller der neutralisierten M-Packungen erkannt worden sei, verteilen sich die Antworten auf die verschiedensten Elemente, wobei die Hintergrundfarbe gelb nur noch von insgesamt 26 % der befragten Personen angegeben worden ist ( S.16 von Anlage Bk 5 ).

bbb) Die blaue Aufschrift auf den Packungen der Antragstellerin ist in schlichter Druckschrift gehalten und ihrem Inhalt nach rein beschreibend. Gleiches gilt für die Darstellung des Breitellers und der Zutaten , welche sich auch bei den oben aufgeführten Wettbewerbern wieder finden. Keines dieser Elemente kann allein als prägend angesehen werden.

ccc) Eine gewisse Charakteristik weist allenfalls der sog.Info-Balken mit dem Teddybären auf. Dieser ist auf den Packungen der Antragsgegnerin jedoch gerade nicht vorhanden, so dass es auf eine etwaige Prägung durch ihn ohnehin nicht ankommt.

Entsprechende Erwägungen gelten für die angegriffenen Packungen der Antragsgegnerin, so dass auch diese in ihrer Gesamtheit einer - unterstellten - Benutzungsmarke der Antragstellerin gegenüber zu stellen ist.

Wenn man nun die Packungsausstattung der Antragstellerin mit den angegriffenen Verpackungen vergleicht, bestehen zwar gewisse Übereinstimmungen durch die gelbe Hintergrundfarbe, die Anordnung des Breitellers und der Zutaten und die Farbe der Beschriftung. Andererseits sind auch diese Merkmale keineswegs identisch :

- die Hintergrundfarbe verläuft bei der Antragsgegnerin nach weiß, es fehlt also der "Spot-Effekt". Außerdem ist eine Bergkette abgebildet.

- die Beschriftung ist bei der Antragsgegnerin geschwungen und in anderer Schriftart gehalten. Ferner ist sie auch nicht einheitlich blau, sondern z.T. orange ( Kindergrieß, Baby-Reisgries )

- auf den Zutaten befindet sich bei der Antragsgegnerin ein auffälliges blaues "Bio-Siegel"

- der Breiteller wird bei der Antragsgegnerin von einem breiten roten Band überlagert

- es fehlt bei der Antragsgegnerin der sog. Info-Balken mit dem Teddybären rechts neben dem Teller.

Angesichts dieser nur teilweisen Übereinstimmungen in einer komplexen graphischen Gesamtgestaltung und der ähnlichen Verpackungen anderer Markenprodukte hält der Senat es nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass der Verkehr sich gerade an diesen Übereinstimmungen orientieren wird und der Gefahr von Fehlzuordnungen unterliegt. Vielmehr wird der Verkehr nicht umhin können, sich nach der deutlich und blickfangartig herausgestellten Herstellerangabe "H" zu richten und somit die Produkte nicht verwechseln.

Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Verwechslung ergibt sich auch nicht aus der Verkehrsbefragung. Die anonymisierte Verpackung der Antragsgegnerin wurde zwar von 30 % der Befragten fälschlich der Marke M zugeordnet. Die ungestützte Nachfrage nach den Gründen zeigt jedoch, dass sich die Fehlzuordnung auf die unterschiedlichen Elemente der Verpackung ziemlich gleichmäßig verteilt ( Farben 18%, Verpackungsgestaltung 15 %, Verpackungstypizität/-bekanntheit 13 %, Schrift 7% , s. S. 15 von Bk 5 ). Dieses Ergebnis erhärtet im Gegenteil die Annahme des Senats, dass der Verkehr sich überwiegend wahrscheinlich doch an der Herstellerbezeichnung orientieren wird. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass junge Eltern, aus denen sich der angesprochene Verkehrskreis überwiegend zusammensetzt, in aller Regel sehr besorgt um eine gesunde Ernährung ihrer Kinder sind und auch in "gehetzten" Einkaufssituationen, wie sie die Antragstellerin so lebensnah beschreibt, durchaus nicht wahllos nach gelben Packungen greifen, sondern eine gewisse Aufmerksamkeit an den Tag legen und dann auch die in beiden Fällen deutliche Herstellerangabe zur Kenntnis nehmen, zumal es sich bei beiden Parteien um sehr namhafte Markenhersteller handelt.

Auch die Entwicklung der Marktanteile für den Markt der Milchbreie, für die die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die neuesten Daten vorgelegt hat, belegt noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, dass die Antragsgegnerin gerade durch die geänderte Packungsgestaltung und eine hierdurch ausgelöste Verwechslungsgefahr Marktanteile der Antragstellerin hinzugewonnen hat. Die Verschiebung gewisser Marktanteile zugunsten der Antragsgegnerin mag viele Ursachen haben. Auch zeigen die von der Antragstellerin vorgelegten Übersichten ( Anlagen Ast1 und Bk 13 ), dass die Antragstellerin bereits seit 1998 ziemlich kontinuierlich Marktanteile verloren und die Antragsgegnerin einen gewissen Zuwachs zu verzeichnen hat.

cc) Für eine mittelbare Verwechslungsgefahr besteht ebenfalls keine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Dass der Verkehr annehmen könnte, der bekannte Hersteller H vertreibe Milchbreie der ebenfalls sehr bekannten Antragstellerin in deren Lizenz oder aufgrund sonstiger rechtlicher oder organisatorischen Verbindungen , ist im Gegenteil fern liegend und wird auch von der Antragstellerin nicht plausibel dargelegt.

c) Zu einem etwaigen Anspruch aus einer Benutzungsmarke "gelb" und sonstigen Benutzungsmarken an einzelnen Verpackungselementen :

aa) Was eine mögliche Benutzungsmarke "gelb" anbelangt, hat das Landgericht das Notwendige ausgeführt. Weder ist hinreichend wahrscheinlich, dass die Ast. isoliert an der gelben Hintergrundfarbe eine Benutzungsmarke erworben hat - hierzu kann ergänzend auch auf die obigen Ausführungen zur Prägung einer etwaigen Wort/Bildmarke durch die Hintergrundfarbe Bezug genommen werden - noch ist ersichtlich, dass nur aufgrund der Verwendung der gelben Hintergrundfarbe - dazu auch nicht in identischer, sondern in abweichender Form, s.o.- eine Verwechslung zwischen den Produkten der Parteien zu besorgen ist.

bb) Für die übrigen Einzelelemente - Beschriftung, Breiteller, Zutaten - ist schon nicht näher dargelegt, inwieweit diese rein beschreibenden Elemente Markenschutz nach § 4 Abs.2 MarkenG erlangt haben könnten. Aus einer Verwendung dieser Elemente kann die Antragstellerin daher gleichfalls keine Ansprüche herleiten.

4. Der Antragstellerin stehen auch keine Unterlassungsansprüche aus allgemeinem Wettbewerbsrecht unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Leistungsschutzes zu ( § 1 UWG ).

Zutreffend hat schon das Landgericht darauf hingewiesen, dass dann, wenn die Voraussetzungen eines kennzeichenrechtlichen Schutzes einer bestimmten Produktausstattung nicht erreicht werden, wettbewerbsrechtliche Ansprüche nur ausnahmsweise in Betracht kommen ( BGH NJW 97, 2379, 2380 "grau/ magenta" ). Erforderlich ist, dass die Kennzeichnung in den beteiligten Verkehrskreisen eine gewisse Bekanntheit besitzt und ihrer Natur nach geeignet ist, über die Benutzung als betriebliches Herkunftszeichen zu wirken, und dass ferner die Anlehnung an eine solche Kennzeichnung ohne hinreichenden Grund in der verwerflichen Absicht vorgenommen worden ist, Verwechslungen herbeizuführen oder den Ruf des anderen wettbewerbshindernd zu beeinträchtigen oder auszunutzen ( BGH a.a.O.). Dabei ist weiter anerkannt, dass zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Intensität der Übernahme und den besonderen Unlauterkeitsmomenten eine Wechselwirkung besteht. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme, desto geringer sind die Anforderungen an die besonderen Umstände, aus denen sich die Wettbewerbswidrigkeit einer Nachbildung ergibt (st. Rechtsprechung, z.B. BGH WRP 01,1294, 1296 "Laubhefter").

Zugunsten der Antragstellerin mag unterstellt werden, dass ihre Produktausstattung jedenfalls als Ganzes eine gewisse wettbewerbliche Eigenart besitzt. Insofern kann auf die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit der Benutzungsmarke verwiesen werden. Von dieser finden sich auch bestimmte Elemente bei der Antragsgegnerin wieder - s.o. - , jedoch in nicht unerheblich abgewandelter Form und ferner solche, die auch von anderen Herstellern benutzt werden , darüber hinaus nahe liegend und von beschreibenden Charakter sind. Angesichts des weiteren Umstandes, dass die Antragsgegnerin unstreitig Marktführerin im Gesamtmarkt der Baby- und Kindernahrung ist, ist es bei diesem insgesamt eher schwachen Grad von Übereinstimmungen auch nach Auffassung des Senats nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Antragsgegnerin es mit ihrer neuen Packungsgestaltung darauf abgesehen haben könnte, im Segment der Milchbreie Verwechslungen mit den Produkten der Antragstellerin herbeizuführen oder deren Ruf auszunutzen. Dagegen spricht auch, dass die Antragsgegnerin ihre Verpackungen blickfangmäßig mit ihrem bekannten farbigen Herstellerlogo gekennzeichnet hat, das den angesprochenen Verkehrskreisen auch von anderen Produkten der Antragsgegnerin seit Jahren vertraut ist. Dies ist auch gerichtbekannt.

Ebenso wenig vermag der Senat zu erkennen, dass sich die Antragsgegnerin in das Verpackungssystem der Antragstellerin in unlauterer Weise "eingeschleust" hätte, wie die Antragstellerin meint. Nach den Gepflogenheiten des Handels werden die verschiedenen Sorten eines Herstellers zusammen im Regal präsentiert, es ist also nicht davon auszugehen, dass die verschiedenen Geschmackssorten der Antragstellerin und der Antragsgegnerin durcheinander stehen und schon gar nicht ist erkennbar, dass es die Antragsgegnerin auf eine solche Vermischung angelegt haben könnte. Daraus folgt dann aber nur, dass die Produkte beider Hersteller in einer einheitlichen "Front" daherkommen. Weder reicht dies aus, um rechtlich erhebliche Verwechslungsgefahren zu begründen noch vermag der Senat aus diesen Umständen den Vorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens abzuleiten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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