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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 12.06.2002
Aktenzeichen: 5 U 38/01
Rechtsgebiete: GeschmMG


Vorschriften:

GeschmMG § 14a Abs. 1 Satz 1
GeschmMG § 1 Abs. 2
1. Die Kombination unterschiedlicher Gestaltungsmerkmale aus mehreren Entwürfen des Musterentwicklers zu einer endgültigen Entwurfsfassung stellt auch dann keinen schöpferischen Beitrag dar, durch den der Auftraggeber Miturheber der Mustergestaltung wird, wenn die herangezogenen Musterentwürfe ihrerseits auf Gestaltungsvorgaben des Auftraggebers beruhen.

2. In der Entwicklung eines Bekleidungsstücks, in dem das "coporate design" des Auftraggebers Ausdruck finden soll, liegt keine stillschweigende Übertragung umfassender Nutzungs- und Verwertungsrechte an den Auftraggeber zur freien Weiterverwendung, wenn der Musterentwickler seinerseits nicht nur als Designer, sondern im Rahmen eines Erstauftrags auch als Bekleidungshersteller tätig wird.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 38/01

Verkündet am: 12.06.02

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Rieger, Dr. Koch nach der am 08.05.02 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten zu 1. gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 14.04.2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Feststellung der Schadensersatzpflicht dieser Beklagten auf eine gesamtschuldnerische Haftung mit den Beklagten zu 2. bis 4. bezieht.

I. Auf die zweitinstanzliche Klageerweiterung werden die Beklagten zu 2. bis 4. verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt 2 Jahren,

zu unterlassen,

Damenkittel entsprechend der nachfolgend auf S. 3 des Urteils wiedergegebenen Abbildung herzustellen, anzubieten oder zu verbreiten

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar unter Angaben

a. der Herstellungsmengen und -zelten,

b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d ...

e. der nach den Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 2. bis 4. als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 1. verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziff. I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, jedoch mit der Maßgabe, dass der Beklagte zu 4. nur zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der der Klägerin durch Handlungen seit dem 20.10.1999 entstanden ist;

Die weitergehende Klage gegen die Beklagten zu 2. bis 4. wird zurückgewiesen.

Die Beklagten zu 1. bis 4. tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten zu 1. bis 4. können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 125.000.- abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die erforderliche Sicherheitsleistung durch eine selbstschuldnerische, unbedingte, unwiderrufliche und unbefristete Bürgschaftserklärung einer deutschen Großbank zu erbringen. Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf € 127.822,97 (entspricht erstinstanzlich festgesetzten DM 250.000.-) festgesetzt. Die zweitinstanzliche Einbeziehung der Beklagten zu 2. bis 4. erhöht den Streitwert nicht, der weiterhin auf dasselbe Interesse gerichtet ist.

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Unternehmen der Berufskleidungsbranche, nimmt die Beklagten wegen der Verletzung eines für sie gemäß den Anlagen K1 und K2 eingetragenen Geschmacksmusters auf Unterlassung der Herstellung und des Vertriebs von Damenkitteln gemäß der Anlage K3 in Anspruch. Dabei streiten die Parteien über die Beständigkeit des Geschmacksmusters. Die Beklagte zu 1., die ebenfalls Berufskleidung herstellt, begehrt widerklagend die Löschung des streitigen Geschmacksmusters.

Die Klägerin stand über mehrere Jahre in Lieferbeziehungen mit der Firma P.. Im Rahmen einer Kampagne "Frischer P." beauftragte die Firma P. die Klägerin im Frühjahr 1996, ein neues Design für Mitarbeiterkittel zu entwickeln, mit dem sich die Fa. P. eine neue "corporate identity" zu geben beabsichtigte. Der bis dahin von der Fa. P. für deren Verkaufspersonal genutzte Kittel ist aus der Anlage B10 ersichtlich. Erste Muster der von der Klägerin angefertigten Kittel wurden der Firma P. im Mai 1997 wie aus den Anlagen B1 und B2 ersichtlich übergeben. Ob und in welcher Weise Mitarbeiter der Fa. P. an der Gestaltung der Kittel mitgewirkt haben, steht zwischen den Parteien im Streit. Im Anschluss an die Vorstellung der Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung zur Gestaltung des Kittels (Anlage B15) am 09.09.1998 übermittelte die Klägerin der Fa. P. mit Schreiben vom 10.09.1998 (Anlage B13) auf der Basis der geführten Gespräche weitere Vorschläge, und zwar den Entwurf-Nr. pl_2410 (Anlage K12 bis K14) sowie den Entwurf-Nr. pl_700 (pl_700_3 = Anlage B16) in jeweils drei unterschiedlichen Ausführungen, wobei der Entwurf-Nr. pl_2410 auf dem "verworfenen Testmodell", der Entwurf-Nr. pl_700 auf dem "alten Modell" basierte. In der Folgezeit kam es sodann zu einer Einigung zwischen der Klägerin und der Fa. P. über das endgültige Kittelmodell.

Aufgrund eines ersten Lieferauftrags vom 02./04.11.1998 (Anlagen B17 und B18) lieferte die Klägerin schließlich 30.000 Exemplare des so entworfenen und vorliegend streitigen Kittels an die Firma P.. Der Kittel zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: Seine Grundfarbe ist blau mit apricotfarbenen Akzenten. Der Schnitt ist gerade. Der Kittel ist auf der Vorderseite durchgeknöpft. Die Kittel haben sehr kurze, angeschnittene Flügelärmel und einen Reverskragen. Auf Vorder- und Rückseite sind parallel zur Knopfleiste je zwei durchgehende Trennnähte angebracht, die mit apricotfarbenen Paspeln abgesetzt sind. Die zwei Taschen auf der Vorderseite des Kittels sind aufgesetzt, sie sind an der Oberkante abgeschrägt und mit einer apricotfarbenen Paspel verziert. Die linke Tasche ist mit einem Druckknopf-Riegel verschließbar. Auf der linken Brustseite des Kittels ist das "P."-Logo angebracht.

Am 10.11.1998 meldete die Klägerin diesen Kittel beim Deutschen Patentamt unter Nr. 498 11 304.3 als Geschmacksmuster an (Anlagen K1 und K2; im Folgenden: Klagemuster). Die Eintragung des Geschmacksmusters erfolgte am 21.04.1999, die Bekanntmachung am 25.06.1999. Sie hatte bereits zuvor am 09.09.1996 unter der Nummer M 9607730.1 andere Damen und Herrenkittel als Geschmacksmuster angemeldet (Anlagen K5 bis K7; im Folgenden: Klagemuster II).

Ab dem 11.11.1998 führte die Firma P. eine Ausschreibung über die zukünftige Belieferung mit Kitteln nach dem streitgegenständlichen Muster durch (Anlagen B6 und B20), an der auch die Klägerin teilnahm. Die Klägerin teilte der Fa. P. mit Schreiben vom 25.01.99 mit, dass sie sich zu einer Lieferung zu den von Konkurrenten gebotenen Preisen kostendeckend nicht in der Lage sehe (Anlage B20). Daraufhin erhielt die Beklagte am 28.01.1999 den Zuschlag über die Lieferung von 40.000 Damenkitteln und 10.000 Herrenkitteln, die nach von der Firma P. vorgegebenen Mustern herzustellen waren (Anlage B7). Im Ergebnis fertigte die Beklagte die mit der vorliegenden Klage angegriffenen und aus der Anlage K3 ersichtlichen Kittel auftragsgemäß - ausschließlich - für die Fa. P. an.

Die ehemalige persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1., die Fa. E. S. Verwaltungs-Aktiengesellschaft, ist gem. Verschmelzungsvertrag vom 23.08.00 zu der Beklagten zu 2. verschmolzen worden (Anlagen K8 bis K9). Die Beklagte zu 1. ist gelöscht worden (Anlage K10). Der Beklagte zu 4. ist der gegenwärtige, der Beklagte zu 3. ein ehemaliger Geschäftsführer der Beklagten zu 2.. Beide waren zudem alleinvertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder der ehemaligen Komplementärgesellschaft der Beklagten zu 1., der Beklagte zu 4. allerdings erst seit dem 20.10.1999.

Die Klägerin trägt vor,

durch die Produktion und den Vertrieb der Kittel gem. Anlage K3 habe die Beklagte ihr Geschmacksmuster Nr. 498 11 304.3. verletzt. Die Beklagte habe alle wesentlichen Gestaltungsmerkmale nachgeahmt. Das Geschmacksmuster sei beständig. Es sei sowohl die erforderliche Neuheit wie auch die Eigentümlichkeit des Musters gegeben. Soweit die Beklagte sich zur Widerlegung der Neuheit auf von ihr vertriebene Kittelmuster berufe, unterschieden sich diese Muster erheblich von dem Klagemuster. Dies führt die Klägerin im Einzelnen aus. Bei den Kitteln gemäß den Anlagen B1 und B2 handele es sich - unstreitig - um die Muster der Klägerin, die diese 1997 an die Firma P. übergeben habe. Sie seien als bloße Muster nicht neuheitsschädlich. Entgegen der Darstellung der Beklagten, sei das Klagemuster allein von ihren Mitarbeitern geschaffen worden. So seien Skizzen und Zeichnungen stets ausschließlich von der Klägerin angefertigt und vorgelegt worden. Die Firma P. habe daher keinen eigenen schöpferischen Beitrag bei der Entwicklung geleistet und entgegen der Darstellung der Beklagten auch keine konkreten Vorgaben gemacht. Ihre Mitwirkung beschränke sich letztlich auf die Entscheidung zugunsten des Entwurfs pl_2410_2. Ohnehin streite zu ihren Gunsten die Vermutung der (Allein-)Urheberschaft. Im übrigen könne sie daneben die geltend gemachten Ansprüche auch auf ihre Rechte aus dem Klagemuster II stützen.

Eine Verwirkung ihrer Ansprüche sei schon deshalb ausgeschlossen, weil sie von der Lieferung der Beklagten an die Firma P. sowie von der genauen Ausgestaltung der gelieferten Kittel erst seit Mitte 1999 sichere Kenntnis gehabt habe. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt. Mit Schreiben vom 24.09.1999 sei sie von der Klägerin auf das Bestehen des Geschmacksmusters hingewiesen worden. Der Firma P. sei zudem aus langjähriger Zusammenarbeit bekannt, dass die Klägerin die von ihr entwickelten Muster schützen lasse. In jedes Muster, das einem Kunden zur Verfügung gestellt werde, werde zudem vor der Schutzrechtsanmeldung ein Hinweis gemäß der Anlage K4 eingebügelt. Das sei auch im Falle des streitgegenständlichen Musters erfolgt.

Schließlich seien auch zu keinem Zeitpunkt der Fa. P. oder einem Dritten Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Geschmacksmuster eingeräumt worden. Sie habe Nutzungsrechte nur in dem Umfang übertragen, als es für die Nutzung der von der Klägerin gelieferten Kittel erforderlich gewesen sei. Selbst wenn der für die klägerische Lieferung gezahlte Preis aber die Entwicklungskosten abgedeckt hätte, sei damit noch keine Nutzungsrechtsübertragung erfolgt. Eine solche ergebe sich auch nicht aus dem mit dem Vertrag verfolgten Zweck.

Die Klägerin hat beantragt,

I. die Beklagte zu 1. zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt 2 Jahren,

zu unterlassen,

Damenkittel entsprechend der nachfolgend wiedergegebenen Abbildung herzustellen, anzubieten oder zu verbreiten - hier folgt im Antrag die auf S. 3 eingeblendete Abbildung -

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angaben

a. der Herstellungsmengen und -zeiten,

b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e. der nach den Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

II. festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziff. I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

hilfsweise

festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, an die Klägerin für die im Antrag zu Ziff. 1.1. bezeichneten und seit dem 11. November 1998 begangenen Handlungen einen angemessenen Wertersatz nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zu zahlen.

Die Beklagte zu 1. hat beantragt

die Klage abzuweisen hilfsweise,

ihr zu gestatten, eine von ihr zu erbringende Sicherheitsleistung durch die Gestellung von Bürgschaften einer Deutschen Großbank oder Sparkasse zu leisten.

Die Beklagte ist der Ansicht, das in Rede stehende Geschmacksmuster sei nicht beständig. Es sei weder die erforderliche Neuheit noch die Eigentümlichkeit des Musters gegeben. Sie trägt vor, die Kittel seien schon im Frühjahr 1997 mit sämtlichen Merkmalen hergestellt gewesen (Anlagen B1 und B2). Auch Entwürfe der Beklagten enthielten sämtliche Gestaltungsmerkmale des Kittels. So habe die Beklagte Kittel gemäß den Anlagen B3 und B4 bereits seit einigen Jahren vertrieben. Kittel gemäß der Anlage B8 (dort Seite 3) würden seit 1995 hergestellt, Kittel gemäß den Entgegenhaltungen B9 bis B12 seit 1997. Die festzustellenden Unterschiede in der Kittelgestaltung, so z.B. das Fehlen von Flügelärmeln und der Biesen, seien unerheblich, da es sich bei diesen Elementen um althergebrachte Gestaltungselemente handele. Im übrigen könne die Klägerin allenfalls Miturheberin des streitigen Musters, wenn nicht nur Gehilfin bei dessen Gestaltung sein. Die Firma P. müsse zumindest als Miturheberin des Musters betrachtet werden, da sie die Kittel zusammen mit der Klägerin entwickelt habe. Dabei habe P. konkrete Vorgaben zu maßgeblichen Gestaltungselementen gemacht, die über bloße Anregungen und Ideen hinausgingen. Dies habe die Fa. P. in einem Schreiben vom 05.10.1999 (Anlage B5) ausdrücklich bestätigt. Der Klägerin sei eine Kittelgestaltung mit folgenden Vorgaben aufgetragen worden:

- Modernität

- uniformeller Charakter

- Schulterklappen/Streifen

- taillierter Schnitt

- Farbzusammensetzung blau & orange.

Nach einer Mitarbeiterbefragung (Anlage B15) sei der Klägerin bezogen auf ihr erstes Muster aufgegeben worden, die langen Ärmel abzuschaffen und den Kittel an Material und Passform des alten Kittels (Anlage B10) anzupassen. Die daraufhin von der Klägerin angefertigte Zeichnung gemäß der Anlage B 16 habe den Vorstellungen der Fa. P. immer noch nicht entsprochen, worauf diese der Klägerin folgende weitere Vorgaben gemacht habe:

- Flügelärmel wie Modell gemäß Anlage B16, jedoch uni blau

- Schnitt wie Testmodell ohne Riegel im Rücken (gerader Schnitt)

- Farbe uni blau mit farbig (apricot) abgesetzten Nähten

- schräge Taschen mit farbigen Paspeln

- Handytasche in der linken Seitentasche mit Verschluss-Riegel

- gesticktes Umweltlogo mit blauem Hintergrund auf dem Riegel

- Blindtasche mit P.-Logo in der Breite des Namenschildes.

Das habe dann die Klägerin im Klagmuster umgesetzt. Aufgrund dieser Vorgaben habe auch jedes andere Unternehmen einen gleichartigen Kittel herstellen können.

Zudem habe die Klägerin per Vertrag mit der Firma P. dieser die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Kittelmuster übertragen. Dies folge aus einer Anwendung der Zweckübertragungstheorie. Die Klägerin habe aufgrund ihres Vertrages mit der Firma P. auf jeden Fall einen Erstauftrag in Höhe von 30.000 Exemplaren bekommen sollen. In diesem Zusammenhang habe die Fa. P. gegenüber der Klägerin in einem Gespräch vom 09.10.1998 erklärt, die Klägerin könne den Preis für die zu liefernden Kittel frei bestimmen, der Preis müsse aber fair sein. Anschließend habe der Preis durch den Wettbewerb überprüft werden sollen. Danach sei es zur Auftragsvergabe gekommen wie aus den Anlagen B17 und B18 ersichtlich. Die Klägerin habe dabei gegenüber den später im Rahmen der Ausschreibung abgegebenen Angeboten (Anlage B19) einen Mehrpreis von ca. DM 240.000,- bis ca. DM 295.00,- vereinnahmt, womit die Entwicklungskosten mehr als abgegolten seien. Mit der tatsächlichen Vergabe des Erstauftrages seien also die Entwicklungskosten des Klägerin abgegolten. Als Auftragnehmerin der Firma P. sei die Beklagte zur Herstellung der Kittel nach dem streitgegenständlichen Muster berechtigt gewesen. Das sei für die Klägerin auch ohne weiteres aus der Interessenlage erkennbar gewesen, denn sie habe gewusst, dass der Ersatzbedarf der Fa. P. weit höher gelegen habe und ständig neu entstehe. Andernfalls sei nach Lage der Dinge ein ausdrücklicher Rechtevorbehalt der Klägerin zu erwarten gewesen. Spätestens nachdem sie Kenntnis von dem zu ihren Lasten verlaufenen Ergebnis der Ausschreibung erlangt hatte, wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin ihre Schutzrechte geltend gemacht hätte, wenn sie sich auf solche hätte berufen wollen.

Deshalb seien die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auch verwirkt. Weder die Firma P. noch sie hätten davon gewusst, dass für die Entwicklung der Kittel ein Geschmacksmuster angemeldet werden sollte. Dagegen habe die Firma P. die Klägerin im Dezember 1998 über erste Ausschreibungsergebnisse informiert. Am 22.01.1999 habe ein Gespräch zwischen der Fa. P. und der Klägerin stattgefunden in welchem die Angebotspreise der Wettbewerber präsentiert worden seien. Die Klägerin habe somit spätestens seit dem 25.01.1999 Kenntnis von der Absicht der Firma P. gehabt, den Auftrag an andere Wettbewerber zu vergeben. Eine entsprechende Kenntnis ergebe sich auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 30.04.1999 (Anlage B14). Angesichts des Schweigens der Klägerin habe die Fa. P. davon ausgehen können, dass die Nutzung der Kittel keine Rechte Dritter verletze. Einen eingebügelten Rechtevorbehalt gemäß Anlage K4, wie von der Klägerin behauptet, hätten die an die Firma P. gelieferten Musterkittel ebenso wenig enthalten wie die als Anlage K21 und K22 vorgelegten und von der Klägerin gelieferten Musterkittel.

Das angegriffene Geschmacksmuster sei im übrigen weder neu noch eigentümlich und deswegen im Zeitpunkt der Anmeldung nicht schutzfähig gewesen.

Widerklagend hat die Beklagte zu 1. beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, in die Löschung des bei dem Deutschen Patent- und Markenamt am 21. 4. 1999 unter Nr. 493 11. 304.3 eingetragenen Geschmacksmusters einzuwilligen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 1. mit Urteil vom 14.04.2000 mit Ausnahme des Auskunftsanspruchs zu 2.d. antragsgemäß verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel dieser Beklagten. Die Kläger hat ihre Klage nach Maßgabe der in erster Instanz gestellten Anträge im Berufungsrechtszug auf die Beklagten zu 2. bis 4. erstreckt. Sie verfolgt ihre Ansprüche gegen die Beklagte zu 1. unverändert weiter.

Die Beklagten zu 1. bis 4. tragen vor,

die Schaffung des streitgegenständliches Kittel übersteige zumindest im Hinblick auf den vorbekannten Formenschatz nicht das Können eines Durchschnittsgestalters und könne deshalb nicht als eigentümlich angesehen werden, und zwar auch nicht hinsichtlich der Merkmale, auf die das Landgericht insoweit abgestellt habe, zumal die Eigentümlichkeit nicht vermutet werde. Zudem seien gerade diese, von dem Landgericht in den Vordergrund gestellten Merkmale von der Fa. P. vorgegeben worden. Deshalb habe es der Klägerin an dem für die Schutzfähigkeit erforderlichen eigenen Gestaltungsspielraum gefehlt.

Zumindest seien der Fa. P. aber von der Klägerin die für eine Fremdfertigung erforderlichen Nutzungsrechte konkludent übertragen worden. Denn für die Klägerin sei ohne weiteres erkennbar gewesen, dass die Fa. P. angesichts der ständig benötigten hohen Stückzahlen nicht in eine vollständige Abhängigkeit von der Klägerin habe geraten wollen. Zudem wäre der Klägerin eine anderweitige Verwendung des Kittelmusters wegen des mitgeschützten "P."-Logos auch aus markenrechtlichen Gründen gar nicht möglich gewesen.

Das Verhalten der Klägerin sei im übrigen schon deshalb als treuwidrig anzusehen, weil sie ihren Kittelentwurf erst zu dem Zeitpunkt habe als Geschmacksmuster schützen lassen, als sie von der anderweitigen Ausschreibung der Fa. P. bereits Kenntnis erlangt habe.

Die Beklagten zu 1. bis 4. beantragen,

a. hinsichtlich der Beklagten zu 1. das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen sowie

b. hinsichtlich der Beklagten zu 2. bis 4. die Klage abzuweisen,

c. den Beklagten zu gestatten, eine von ihnen zu erbringende Sicherheitsleistung durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse erbringen zu können.

Die Klägerin hat den Rechtsstreit in zweiter Instanz mit Schriftsatz vom 20.11.2001 auf die Beklagten zu 2. bis 4. erstreckt und beantragt,

a. hinsichtlich der Beklagten zu 1. die Berufung zurückzuweisen und

b. die Beklagten zu 2. und 4. ebenfalls nach Maßgabe der erstinstanzlich gegenüber der Beklagten zu 1. gestellten Anträge zu verurteilen, wobei sie den Feststellungsantrag nunmehr wie folgt stellt:

"II. Festzustellen, dass die Beklagten zu 1., zu 2., zu 3. und zu 4. gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer 1.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, jedoch mit der Maßgabe, dass der Beklagte zu 4. nur zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der der Klägerin durch Handlungen seit dem 20.10.1999 entstanden ist",

c. der Klägerin nachzulassen, eine zu stellende Sicherheitsleistung durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbringen zu können.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und trägt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor.

Die wesentlichen Gestaltungsmerkmale, die die Fa. P. ihr, der Klägerin, nach dem Vorbringen der Beklagten vorgegeben haben wolle, seien bereits Gegenstand des von ihr gestalteten Modells gemäß Entwurf-Nr. pl_2410_1 gewesen. Gegenüber dem streitgegenständlichen Geschmacksmuster unterscheide sich dieser Entwurf nur dadurch, dass jene Gestaltung Flügelärmel aufweise. Diese seien jedoch in den Entwürfen-Nr. pl_700_1 bis 3 verwirklicht gewesen. Der "gestalterische" Beitrag der Fa. P. habe sich auf die Anregung beschränkt, den Entwurf-Nr. pl_700 mit dem Entwurf-Nr. pl_2410_1 zu verknüpfen. Die weitere Vorgabe, dass das Umweltlogo nicht auf der rechten Seitentasche, sondern auf dem Riegel des Verschlusses der Handytasche anzubringen sei, sei nicht Gegenstand des Geschmacksmusters.

Der Fa. P. sei bekannt gewesen, dass sie auch den streitgegenständlichen Entwurf - ebenso wie bei früheren Gelegenheiten - als Geschmacksmuster schützen lassen wolle. Dies sei auch naheliegend gewesen, denn sie sei ein Bekleidungshersteller, aber keine Entwurfsschneiderei.

Die Beklagte zu 1. sei ihr trotz ihrer registerlichen Löschung in diesem Rechtsstreit weiterhin anspruchsverpflichtet, denn dieses Unternehmen verfüge noch über Aktivvermögen, so dass eine Vollbeendigung nicht habe eintreten können. Als Rechtsnachfolgerin habe auch die Beklagte zu 2. für die geltend gemachten Ansprüche einzustehen, zumal auch ihr Geschäftsgegenstand praktisch identisch sei (Anlage K11).

Der Senat hat mit Beschluss vom 26.02.2002 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Ws. und Dr. WL Auf die schriftlichen Zeugenaussagen beider Zeugen vom 27.03.02 wird Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1. ist unbegründet. Das Landgericht hat diese Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung nach Maßgabe der gestellten Klageanträge verurteilt sowie deren Widerklage abgewiesen. Auch das zweitinstanzliche Vorbringen der Beklagten in Verbindung mit dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Demgemäß sind auch die Beklagten zu 2. bis 4. nach Maßgabe der in zweiter Instanz klagerweiternd gestellten Anträge zu verurteilen.

Die Klägerin hat ihre Ansprüche in zweiter Instanz zutreffend auch gegen die Beklagten zu 2. und 4. gerichtet. Die vorgenommene Klageerweiterung ist zulässig, die Beklagten zu 2. bis 4. sind für die geltend gemachten Ansprüche neben der Beklagten zu 1. passivlegitimiert.

1. Die subjektive Klageerweiterung im Wege der Parteierweiterung ist gem. § 263 ZPO zulässig. Allerdings bedarf es für eine Parteierweiterung im Berufungsrechtszug grundsätzlich der Zustimmung der einzubeziehenden Partei, weil diese auf den bisherigen Verlauf des Rechtsstreits keinen Einfluss nehmen konnte und ihr hieraus möglicherweise prozessuale Nachteile entstehen können (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., § 263 Rdn. 21; Zöller-Gummer, a.a.O., § 528 Rdn. 11; BGH NJW-RR 86, 356).

Eine solche Zustimmung der Beklagten zu 2. und 4. ist vorliegend gegeben. Denn diese Beklagten haben sich mit Schriftsatz vom 04.01.02 vorbehaltlos gegen die gegen sie erhobene Klage verteidigt. Sie haben damit zum Ausdruck gebracht, dass sie sich in der konkret gegebenen prozessualen Situation mit den gegen sie erhobenen Vorwürfen inhaltlich auseinandersetzen wollen und damit zumindest konkludent ihre Zustimmung zur Erstreckung erteilt. Gleiches gilt für den Beklagten zu 3.. Zwar konnte diesem die Klage zunächst nicht zugestellt werden, weil sich die Beklagten-Vertreter nicht auch für ihn gemeldet hatten. Sie haben jedoch sodann in der Senatssitzung am 08.05.2002 ausdrücklich auch die Rechtsvertretung dieses Beklagten übernommen und damit zum Ausdruck gebracht, dass das zustimmende Verhalten der Beklagten zu 2. und 4. in gleicher Weise auch für den Beklagten zu 3. gelten soll.

2. Die Beklagten zu 2. bis 4. sind neben der Beklagten zu 1. für die Erfüllung der geltend gemachten Ansprüche passivlegitimiert. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 20.11.01 im Einzelnen dargelegt, dass zwar der Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. übergegangen ist, die Beklagte zu 1. dadurch aber weder als Rechtssubjekt noch eine von ihr ausgehende Wiederholungsgefahr entfallen ist. Diesen nachvollziehbaren Ausführungen sind die Beklagten nicht entgegengetreten, so dass der Senat davon ausgeht, dass sie auch aus Sicht der Beklagten die Sach- und Rechtslage zutreffend beschreiben. Die Beklagten zu 3. und 4. sind als (ehemalige) Geschäftsführer unmittelbar verpflichtet.

Die Klage ist auch in der Sache selbst begründet.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin nach § 14 a Abs. 1 Satz 1 GeschmMG ungeschmälert zu. Das Klagemuster Nr. 498 11 304.3 ist beständig. Alleinige Urheberin des Geschmacksmusters ist die Klägerin. Durch die Herstellung und den Vertrieb des Verletzungsmusters haben die Beklagten zu 1. bis 4. widerrechtlich die Rechte der Klägerin verletzt. Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt.

Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (dort S. 13 bis 20), in der die auch nach dem zweitinstanzlichen Sachvortrag maßgebliche Rechtslage zutreffend dargestellt ist. Der Senat nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf diese Darstellung Bezug und macht sich diese zu eigen, soweit sich aus den nachfolgenden ergänzenden Anmerkungen nichts Abweichendes ergibt.

1. Das Klagemuster verfügt über die für die Schutzfähigkeit gem. § 1 Abs. 2 GeschmMG vorausgesetzte Neuheit und Eigentümlichkeit. Die maßgeblichen Gestaltungsmerkmale gehen ausschließlich auf die Klägerin als Musterschöpferin zurück. Die Fa. P. ist weder alleinige Urheberin noch Miturheberin des Musters i.S.v. § 8 Abs. 2 UrhG. Dies ergibt sich letztlich bei verständiger Würdigung aus den schriftlichen Aussagen der Zeugen Ws. und Dr. Wl. vom 27.03.2002 in Verbindung mit den Darlegungen der Klägerin aus ihrem Schriftsatz vom 25.04.2002.

a. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung vom 14.04.2000 unter Würdigung der von der Beklagten vorgetragenen Entgegenhaltungen zum vorbekannten Formenschatz im Einzelnen dargelegt, dass das Klagemuster sowohl neu ist als auch die erforderliche Eigentümlichkeit besitzt. Dieser überzeugenden und zutreffenden Darstellung schließt sich der Senat an. Auch nach Auffassung des Senats übersteigt zumindest die Kombination der in dem Klagemuster konkret zum Ausdruck kommenden Gestaltungselemente das Können eines durchschnittlichen Mustergestalters. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es vorliegend nicht um die hohen Anforderungen eines Urheberrechtsschutzes als Werk der angewandten Kunst, sondern im Bereich des Schutzes eines gewerblichen Designs um die "kleine Münze" des Geschmacksmusterschutzes geht. Die insoweit anzulegenden Maßstäbe hat das Landgericht zutreffend bemessen. Die Beklagten haben in zweiter Instanz keine neuen Tatsachen vorgetragen, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Dies vermag der Senat aufgrund seiner Spezialzuständigkeit in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes aus eigener Sachkunde zu beurteilen, ohne dass es der von der Beklagten angeregten Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf.

b. Die Klägerin ist auch alleinige Urheberin des Klagemusters. Als Anmelderin des Geschmacksmusters streitet zu ihren Gunsten gem. § 13 GeschmMG eine tatsächliche Vermutung der Urheberschaft. Diese Vermutung haben die Beklagten nicht zu widerlegen vermocht. Nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die Fa. P. als Auftraggeberin - entgegen der Behauptung der Beklagten - keinen schöpferischen Beitrag zu der Mustergestaltung geleistet hat, der zumindest eine Miturheberschaft i.S.v. § 8 Abs. 2 UrhG rechtfertigen könnte. Ihre Beteilung hat sich vielmehr auf eine für den Auftraggeber typische Auswahlentscheidung beschränkt.

aa. Die Beklagte hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die den Schluss rechtfertigten, die Fa. P. habe in der Schöpfungsphase bis zum 09.09.1998 (Vorstellung der Mitarbeiterbefragung) als Miturheberin einen schöpferischen Beitrag zur Gestaltung des Musters geleistet. Hierfür wäre erforderlich gewesen - dies hat das Landgericht zutreffend unter Hinweis auf die Kommentierung bei Eichmann/v. Falckenstein ausgeführt -, dass die Auftraggeberin an der Ausprägung derjenigen Elemente konkret gestalterisch mitgewirkt hätte, die insbesondere die Eigentümlichkeit des Musters ausmachen. Ihre ursprünglichen Vorgaben haben sich auch nach der Darstellung der Beklagten (S. 4 des Schriftsatzes vom 27.01.00) auf die allgemeine Kriterien

- Modernität

- uniformeller Charakter

- Schulterklappen/Streifen

- taillierter Schnitt

- Farbzusammensetzung blau & orange

beschränkt. Derart allgemein gehaltene Anweisungen rechtfertigen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen schöpferischen Beitrag an dem daraus gestalteten Muster. Sie halten sich vielmehr im Rahmen des üblichen Direktionsrechts des Auftraggebers, der den Mustergestalter überhaupt erst in die Lage versetzt, seinen schöpferischen Auftrag zu erfüllen.

bb. Auch für die Schöpfungsphase nach dem 09.09.1998 im Anschluss an die Vorstellung der Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung (Anlage B15) gilt angesichts des unstreitigen Sachvortrags der Klägerin aus ihrem letzten Schriftsatz vom 25.04.02 selbst in Ansehnung der Aussagen der Zeugen Ws. und Dr. Wl. nichts anderes. Diese Aussagen fügen sich bei verständiger Würdigung widerspruchsfrei in den Sachvortrag der Klägerin ein. Der Geschehensablauf nach dem 09.09.1998 stellt sich danach für den Senat wie folgt dar:

Der Geschäftsführer der Beklagten, Herr Thomas H., dem die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung am 09.09.1998 in Bottrop präsentiert worden waren, hatte an diesem Tag erfahren, dass die Auftraggeberin (bzw. deren Mitarbeiter) mit dem bisher entworfenen Modell nicht zufrieden war. Ihm wurden bei dieser Gelegenheit weitere "Anregungen" mit auf den Weg gegeben, nämlich diejenigen, den "alten" P.-Kittel in den neuen Farben umzusetzen (Aussage Zeugen Ws. und Dr. Wl.) und den Damenkittel ohne lange Ärmel zu gestalten (Aussage Zeugin Ws.). Auf der Basis dieser - allgemeinen - Anregungen erstellte die Klägerin neue Zeichnungen mit alternativen Gestaltungsvorschlägen. Auch dies haben beide Zeugen ausdrücklich bestätigt. Hierbei handelt es sich nach Sachlage um das Schreiben vom Folgetag (10.09.1998), das die Beklagte in Anlage B13 vorgelegt hat. In diesem Schreiben nimmt die Klägerin ausdrücklich auf die Erörterungen vom Vortag Bezug und erläutert die neuen Zeichnungen. Der Entwurf-Nr. pl_700 ist dabei die - wie von den Zeugen Ws. und Dr. Wl. dargestellt - gewünschte Umsetzung des "alten" Kittel-Modells in neuen Farben mit 3 Ausstattungsvarianten. Eine dieser Zeichnungen hat die Beklagte als Anlage B16 vorgelegt. Der Entwurf-Nr. pl_2410 ist die - wie von der Zeugin Ws. dargestellt - Ausgestaltung des "neuen" Testmodells (wie es offenbar Gegenstand der Mitarbeiterbefragung war), jedoch vollständig ohne Ärmel. Diese Entwurfszeichnungen hat die Klägerin nunmehr - von der Beklagten unbeanstandet - in Anlagen K12 bis K14 vorgelegt. In beiden Entwürfen ist den Bedenken der Mitarbeiter hinsichtlich des verwendeten Materials dadurch Rechnung getragen worden, dass nur noch "das bisher verwendete Gewebe" zum Einsatz gekommen ist. Die Entwürfe in Anlagen K12 bis K14 sind mit den prägenden Elementen der späteren Musteranmeldung bereits nahezu identisch. Diese unterscheiden sich von dem Entwurf in Anlage K12 - in ihren wesentlichen Zügen - lediglich darin, dass das Klagemuster zusätzlich über Flügelärmel verfügt, dafür die apricotfarbenen Biesen auf der Patte der Handy-Tasche fehlen.

Diese beiden Modelle hat der Zeuge Dr. Wl. sodann der Geschäftsleitung bzw. dem Lenkungsausschuss zur Entscheidung vorgelegt. Diese Entscheidung ist - wie sich aus der Aussage des Zeugen ergibt - "für den alten Kittel in neuen Farben", mithin den aus der Anlage B16 ersichtliche Entwurf-Nr. pl_700 aus dem klägerischen Schreiben vom 10.09.1998 getroffen worden. Diese Managemententscheidung ist sodann einige Zeit später von der Marketing-Leiterin Frau F. revidiert worden, die wegen der Ausrichtung auf die neue "coporate identity" mit dieser Auswahl "absolut nicht einverstanden war". Nach Aussagen beider Zeugen sollen der Klägerin sodann über die Zeugin Ws. als zuständige Marketing-Mitarbeiterin die "sehr konkreten Vorstellungen" von Frau F. mit der Aufforderung zur Abgabe eines weiteren Alternativvorschlags wie folgt aufgegeben worden sein:

- Flügelärmel wie Modell gemäß Anlage B16, jedoch uni blau

- Schnitt wie Testmodell ohne Riegel im Rücken (gerader Schnitt)

- Farbe uni blau mit farbig (apricot) abgesetzten Nähten

- schräge Taschen mit farbigen Paspeln

- Handytasche in der linken Seitentasche mit Verschluss-Riegel

- gesticktes Umweltlogo mit blauem Hintergrund auf dem Riegel

- Blindtasche mit P.-Logo in der Breite des Namenschildes.

Hieraus leiten die Beklagten (und offenbar auch die Fa. P.) maßgeblich ihre Auffassung ab, die Auftraggeberin sei mindestens Miturheberin des Klagemusters geworden. Diese Auffassung erweist sich hingegen schon auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts in Verbindung mit den Zeugenaussagen als unzutreffend. Denn mit diesen Vorgaben hat die Fa. P. im Ergebnis nicht mehr gemacht, als bereits von der Klägerin in ihren Entwürfen pl_2410 und pl_700 verwirklichte Gestaltungselemente aufzugreifen und lediglich neu zu kombinieren. Die angeführten Gestaltungswünsche finden sich praktisch ausnahmslos als Elemente in den Entwürfen pl_2410 und pl_700 der Klägerin wieder. Deshalb beschränken sich die "Vorgaben" der Fa. P. im wesentlichen auf eine wiederholende Beschreibung von der Klägerin bereits verwirklichter Elemente und den Wunsch nach einer gegenüber den vorgelegten Modellen abweichenden Kombination. Letztlich sollten nach dem Wunsch der Fa. P. die jeweils "besten" Elemente der Einzelentwürfe optimal zu dem endgültigen Modell zusammengefügt werden. Derartige "Vorgaben" ohne nachhaltigen eigenen schöpferischen Gehalt sind weit von dem gestalterischen Anteil eines (Mit-)urhebers entfernt. Sie beschränken sich als Vorgang der Auswahl auf die in einem Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnis üblichen "Managemententscheidungen" bei der Abwicklung des Auftrags. Sie fassen die Einschätzung des Auftraggebers lediglich insoweit zusammen, welche vorgeschlagenen Gestaltungselemente als gelungen betrachtet werden und deshalb in dem endgültigen Modell ihren Niederschlag finden sollen. Einen eigenen Schöpfungsakt von einiger Gestaltungshöhe (bzw. eine Teilnahme hieran) vermögen sie hingegen nicht zu begründen. Auch soweit die Flügelärmel in dem endgültigen Modell gegenüber den bisherigen Entwürfen erstmals einfarbig ausgestaltet sein sollten, handelt es sich um keine wesentliche gestalterische Tätigkeit, da sich hiermit die Grundfarbe des auf dem Testmodell basierenden Entwurfs pl_2410_1 letztlich nur in den Ärmeln fortsetzt. Da schon das Modell pl_2410_1 bis 3 z.B. weder über Gehschlitze noch über einen Riegel im Rücken verfügte, waren diese erst im Anschluss an das Schreiben der Klägerin vom 10.09.1998 gemachten Vorgaben weder "neu" noch "eigentümlich", sondern schon überholt und deshalb ungeeignet, einen schöpferischen Beitrag der Fa. P. zu begründen. Soweit die Klägerin der Fa. P. mit Schreiben vom 13.10.1998 (Anlage zur Aussage der Zeugin Ws.) die gewünschten Änderungen bestätigt hat, wird auch hieraus deutlich, dass es sich letztlich nur um eine Modifikation des Entwurfs-Nr. pl_2410 mit Gestaltungselementen des Entwurfs-Nr. pl_700 handelt. Der Hinweis "Kragen einfarbig" war bei einer Verwendung des Modells pl_2410 überflüssig. Auch die Anordnung der Handytasche auf der linken Seite entsprach dem Entwurf pl_21410. Die Möglichkeit des Entfallens der Biese auf der Patte der Handytasche betraf einen offensichtlich so untergeordneten Nebenpunkt, das hieraus in gestalterischen Hinsicht keine Rechte hergeleitet werden können.

cc. Das Vorbringen der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 25.04.2002 hat - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nicht deshalb bei der Entscheidung außer Betracht zu bleiben, weil es wegen Verspätung der Zurückweisung unterliegt. Zwar hatten die Beklagten mit Schriftsatz vom 03.05.2002 eine solche Verspätungsrüge erhoben, aber zugleich den Sachvortrag inhaltlich unbestritten gelassen, ihn vielmehr als für die Entscheidung irrelevant bezeichnet. Stellt eine Partei verspäteten Sachvortrag in der Sache letztlich unstreitig, besteht aber keine Veranlassung für dessen Zurückweisung als verspätet, weil er die Entscheidung des Rechtsstreits nicht im Sinne von §§ 527, 528 ZPO verzögern kann. Dies im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 25.04.2002 auch keine neuen Behauptungen in den Rechtsstreit eingeführt, sondern lediglich ihren bisherigen Sachvortrag weiter konkretisiert und hierzu die entsprechenden Anlagen vorgelegt hatte.

dd. Im Ergebnis steht damit auch nach den glaubhaften Bekundungen der Zeugen Ws. und Dr. Wl. fest, dass die Fa. P. als Auftraggeberin keinen schöpferischen Anteil zu der Gestaltung des Kittels beigetragen hat. Die Klägerin ist damit Alleinurheberin des Klagemusters und als solche zur Verfolgung der hier in Frage stehenden Ansprüche ausschließlich aktivlegitimiert.

c. Die Klägerin hat ihre aus der Mustergestaltung resultierende Sachbefugnis auch nicht dadurch verloren, dass sie der Fa. P. im Rahmen der Auftragsvergabe bzw. -abwicklung zumindest konkludent ausschließliche Nutzungsrechte an ihrem Modell übertragen hat, kraft derer die Fa. P. ihrerseits zulässigerweise die Beklagte mit der Herstellung von Vervielfältigungsstücken beauftragen durfte. Auch zu dieser Rechtsfrage teilt der Senat uneingeschränkt die von dem Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zur Frage der Zweckübertragungslehre vertretene Auffassung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Der Senat hat lediglich Veranlassung zu folgenden ergänzenden Hinweisen:

Die Klägerin und das Landgericht haben zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Vertragsverhältnis zur Fa. P. nicht (nur) als Mustergestalter bzw. Designer, sondern als Bekleidungshersteller tätig geworden ist. Damit war Vertragsgegenstand in erster Linie nicht die Erstellung eines Musterentwurfs für künftige weitere Verwendungen (und ggfls. der Übertragung der Rechte hieran), sondern die konkrete Lieferung einer großen Zahl von Kitteln in verschiedenen Ausführungen und Größen. Selbst wenn in der Preisgestaltung der Erstbemusterung der Entwicklungsaufwand der Klägerin ganz oder zum Teil mit abgegolten sein sollte, bedeutet dies bei der gegebenen Sachlage nicht, dass die Klägerin damit irgendeine Veranlassung hatte, stillschweigend ihre sämtlichen Rechte an dem der Lieferung zugrunde liegenden Muster an ihre Auftraggeberin zu übertragen. Auch wenn die Klägerin möglicherweise erkennen konnte, dass die Fa. P. die Kittel als Bestandteil ihres "corporate design" mit einem erheblichen Ersatzbedarf über Jahre verwenden wollte, bedurfte es insoweit nicht notwendigerweise einer (stillschweigenden) Übertragung exklusiver Nutzungsrechte zur Erreichung des Vertragszwecks. Denn die Klägerin wusste, dass die Fa. P. den Folgebedarf im Wege einer Ausschreibung zu "Marktpreisen" decken wollte. An dieser Ausschreibung hat sich auch die Klägerin beteiligt. Sollte eine Situation wie vorliegend eintreten, in der die Auftraggeberin der Klägerin den Folgeauftrag wegen günstigerer Preisgestaltungen eines Mitbewerbers nicht übergeben wollte, oblag es den Parteien nunmehr zu diesem Zeitpunkt eine angemessene - finanzielle und vertragliche - Regelung zur Abgeltung der Rechte der Klägerin zu finden. Zwar ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass sich die Fa. P. zu diesem Zeitpunkt dann in einer schwächeren Verhandlungsposition und möglicherweise "in der Hand" der Klägerin befand, wollte sie ihren einheitlichen Marktauftritt in dem neuen "corporate design" nicht gefährden. Eine solche Situation zu vermeiden lag aber ohne weiteres in der Macht der Fa. P.. Denn diese hätte im Rahmen der Auftragsvergabe ohne weiteres klar zum Ausdruck bringen können, dass sie neben der Kittellieferung auch die Übertragung exklusiver Nutzungsrechte zum Zwecke der Erteilung späterer Drittaufträge erwartete, wenn dies für sie eine unverzichtbare Voraussetzung der Auftragserteilung gewesen ist. Eine explizite Verhandlung eines solchen Zentralpunktes wäre bei der Art des Auftrags von einem verständigen Vertragspartner auch ohne weiteres zu erwarten gewesen. Mit einem solchen Ansinnen wäre sie aber u.U. auf Widerstand bei der Klägerin gestoßen, den sie möglicherweise nur durch erhöhte finanzielle Aufwendungen hätte überwinden können. Unterließ die Fa. P. eine derart naheliegende vertragliche Absicherung ihrer Rechtsposition und hoffte sie letztlich darauf, dass die Klägerin - um Folgeaufträge nicht zu gefährden oder aus welchen Gründen auch immer - keine Einwendung gegen die Weiterverwendung ihres Musters erheben würde, so begab sie sich sehenden Auges "in die Hände" der Klägerin. Es war auch nicht Sache der Klägerin, ihrerseits klarzustellen, dass sie sich etwaiger Rechte an dem Muster selbst nicht begeben wollte. Da die Fa. P. auf diesen Punkt zu keinem Zeitpunkt zu sprechen gekommen war, hatte die Klägerin ihrerseits hierzu auch keine Veranlassung.

d. Der in der Anlage K3 vorgelegte Kittel der Beklagten stellt sich ohne weiteres als Verletzung des Geschmacksmusters der Klägerin dar. Die vorhandenen Abweichungen - in erster Linie das Umweltlogo auf der Patte der Handytasche - sind marginal. Dies verwundert auch nicht, denn erklärter Zweck der Ausschreibung durch die Fa. P. war gerade die Fertigung eines Kittels nach dem Musterentwurf der Klägerin. Deshalb streiten die Parteien verständlicherweise über diesen Punkt auch zumindest nicht nachhaltig.

e. Die Klägerin ist unter dem Gesichtspunkt treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB) ebenfalls nicht gehindert, ihren Anspruch gegen die Beklagte durchzusetzen.

aa. Der klägerische Anspruch ist nicht verwirkt.

aaa. Für die Voraussetzungen der Verwirkung im Geschmacksmuster- bzw. Urheberrecht gelten zunächst die allgemeinen Grundsätze. Erforderlich ist, dass das fragliche Recht über eine längere Zeitspanne hinweg nicht verwirklicht worden ist - sog. Zeitmoment (Münchener Kommentar-Roth, BGB, 2. Aufl., § 242 Rdn. 365; Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rdn. 93). Darüber hinaus muss sich der Verletzer aufgrund des Verhaltens des Rechtsinhabers darauf eingerichtet haben dürfen, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht werden - sog. Umstandsmoment (Münchener Kommentar-Roth, § 242 Rdn. 365; Palandt-Heinrichs, § 242 Rdn. 93), wobei Zeit- und Umstandsmoment nicht voneinander unabhängig zu betrachten sind, sondern zueinander in einer Wechselwirkung stehen (vgl. für die Verwirkung im Patentrecht: BGH GRUR 01, 323 ff - Temperaturwächter). Notwendig ist, dass der Verpflichtete infolge der Untätigkeit des Berechtigten während des genannten Zeitraums tatsächlich darauf vertraut hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und hierauf bei objektiver Beurteilung des Verhaltens des anderen auch vertrauen durfte. Er muss im Vertrauen auf die Nichtausübung des Rechts Vermögensdispositionen getroffen haben (Münchener Kommentar-Roth, § 242 Rdn. 392; Palandt-Heinrichs, § 242 Rdn. 95), wobei speziell im Markenrecht als weitere Voraussetzung der Verwirkung die Schaffung eines wertvollen Besitzstandes durch den Verletzer entwickelt worden ist. Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen ist die Wertigkeit des Schutzrechts im Falle einer Urheberrechtsverletzung hoch anzusetzen (BGH GRUR 81, 652 - Stühle und Tische). Aufgrund des besonderen Schutzes der schöpferischen und geistigen Leistung kann eine Verwirkung im Urheberrecht deshalb nur ausnahmsweise in besonders gelagerten Fällen durchgreifen (BGH a.a.O. - Stühle und Tische; Fromm/Nordemann, UhrG, § 102 Rdn.4; Schricker-Wild, UrhG, § 97 Rdn. 96). Für das Geschmacksmusterrecht gilt - allenfalls mit gewissen Einschränkungen - nichts anderes (Eichmann/v. FalckenS., GeschmMG, 2. Aufl., § 14a Rdn. 43).

bbb. Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall nicht von einer Verwirkung des Unterlassungsanspruchs ausgegangen werden. Die Geltendmachung dieses Anspruchs stellt sich deshalb unter Berücksichtigung aller Umstände nicht als treuwidrig dar.

(1) Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass schon der Zeitraum, in dem die Beklagten Vertrauen entwickelt haben wollen, so kurz ist, dass eine Verwirkung von vornherein ausscheiden muss. Die Beklagten können frühestens zu dem Zeitpunkt Vertrauen entwickelt haben, zu dem sie den Zuschlag für den Folgeauftrag an den Kitteln erhalten hat. Dies war am 28.01.99 (Anlage B7). Die Klägerin hat die Beklagte zu 1. unstreitig bereits knapp 8 Monate später, nämlich am 24.09.1999 auf das Bestehen ihres Geschmackmusters hingewiesen.

Schon dieser Zeitraum ist für die Anwendung von Verwirkungsgrundsätzen bei weitem zu kurz, um im Bereich des Urheber- und Geschmacksmusterrechts ein schutzwürdiges Vertrauen aufbauen zu können.

(2) Im übrigen ist aber auch das sog. "Umstandsmoment" nicht gegeben. Denn zwischen der Klägerin und der Beklagten bestanden keinerlei rechtliche Verbindungen, aufgrund derer die Klägerin davon hätte ausgehen können, die Beklagte oder ein anderer Konkurrent könne ihrem Verhalten bzw. ihrer Untätigkeit eine rechtliche Relevanz beimessen. Beide Parteien standen nicht in direkten Rechtsbeziehungen zueinander, sondern nur zu ihrem jeweiligen Auftraggeber, der Fa. P.. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, sie habe erst seit "Mitte 1999" Kenntnis davon erlangt, dass die Beklagte ihr Geschmacksmuster verletze. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt hiervon hätte Kenntnis erlangen müssen. Selbst wenn die Klägerin wusste, dass die Fa. P. der Ausschreibung ihr Muster zugrunde gelegt hatte, war damit noch keineswegs zu erwarten, dass auch ein Drittauftrag auf dieser Grundlage erteilt werden würde. Denn die Ausschreibung sollte auch nach Darstellung der Beklagten dazu dienen, dass der Preis der Klägerin durch den Wettbewerb habe überprüft werden sollen. Die Beklagte ihrerseits konnte Vertrauen allenfalls im Hinblick auf das Verhalten ihres Auftraggebers, der Fa. P., entwickeln, indem sie z.B. davon ausging, die Fa. P. habe die erforderlichen Rechte von der Klägerin erworben, um eine Abwicklung des Auftragsverhältnisses zu der Beklagten ohne Verletzung fremder Schutzrechte zu gewährleisten. Dieses Vertrauen muss sich wiederum die Klägerin nicht notwendigerweise entgegenhalten lassen, die im Verhältnis zu der Beklagten keinen hinreichenden Vertrauenstatbestand gesetzt hat.

bb. Das Verhalten der Klägerin stellt sich aber auch nicht aus sonstigen Gründen gegenüber der Fa. P. als treuwidrig i.S.v. § 242 BGB dar.

Es kann der Klägerin schon nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie ihren Kittelentwurf erst zu einem Zeitpunkt Anfang November 1998 als Geschmacksmuster zur Anmeldung gebracht hat, zu dem sie möglicherweise davon ausgehen musste, die Fa. P. wolle ihren Entwurf an Dritte zur Vorlage für die Kittelfertigung weitergeben. Denn die Klägerin hatte der Fa. P. derartige Rechte nicht mit übertragen und durfte deshalb berechtigterweise Vorkehrungen gegenüber einer sich abzeichnenden Rechtsverletzung ergreifen, zumal der Schutzbereich ihres Musters wegen des schutzgegenständlichen P.-Logos ohnehin nur sehr eng eingeschränkt war. Hiervon musste sie die Fa. P. auch nicht in Kenntnis setzen. Selbst wenn dies im Rahmen eines vertrauensvollen Auftragsverhältnisses zu erwarten gewesen wäre, bestand im Rahmen der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung, in der die Fa. P. möglicherweise die Wettbewerber über den Preis "gegeneinander ausspielen" und dabei die Klägerin "ausbooten" wollte, jedenfalls keine dahingehende Obliegenheit, deren Verletzung ein treuwidriges Verhalten begründen könnte. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die von den Beklagten insoweit zitierte Rechtsprechung (BGH GRUR 88, 300 - Fremdenverkehrsbroschüre) eine andere Fallgestaltung betrifft und deshalb auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden kann. Dies sieht auch der Senat nicht anders.

Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, die Fa. P. habe auch Kenntnis davon gehabt, dass sie alle ihre Entwürfe - wie das Klagemuster II im Jahr 1996 - als Geschmacksmuster schützen lasse. Bei dieser Sachlage hätte die Fa. P. auch ohne einen ausdrücklichen Hinweis der Klägern erwarten können, dass die Klägerin hier in derselben Weise verfahren werde. Gegebenenfalls hätte es der Auftraggeberin oblegen, sich insoweit rückzuversichern. Gerade angesichts der streitgegenständlichen Rahmenumstände hätte die Fa. P. im wohlverstandenen Eigeninteresse alle Veranlassung gehabt, rechtliche Klarheit zu schaffen, wenn sie den Kittelentwurf der Klägerin in Kooperation mit anderen Bekleidungsherstellern weiter verwenden wollte.

f. Die Beklagten zu 3. und 4. haften der Klägerin persönlich als Mitstörer, denn sie sind und waren als Geschäftsführer in der Lage, ein rechtsverletzendes Verhalten der Beklagten zu 1. und 2. zu unterbinden. Soweit der Beklagte zu 3. zwischenzeitlich als Geschäftsführer ausgeschieden ist, hat dies die von ihm ausgehende Wiederholungsgefahr nicht beseitigt, denn er ist mangels einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht gehindert, in anderer Funktion und ggfls. über ein anderes Unternehmen sein rechtsverletzendes Verhalten fortzusetzen.

2. Abzuweisen ist die Klage gegen die Beklagten zu 2. bis 4. hinsichtlich des Auskunftsanspruchs in demselben Umfang wie erstinstanzlich bereits gegen die Beklagte zu 1. Die insoweit verlangten Auskünfte benötigen auch die Beklagten zu 2. bis 4. nicht zur Berechnung eines etwaigen Schadensersatzanspruchs. Zur Begründung wird auch insoweit auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.

3. Für die Erfüllung der klägerischen Schadensersatzansprüche haften alle vier Beklagten als Gesamtschuldner, so dass die Beklagten zu 2. bis 4. entsprechend zu verurteilen und die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten zu 1. entsprechend klarzustellen war.

4. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt ohne weiteres, dass der gem. § 10c Abs. 2 Nr. 1 GeschmMG im Wege der Widerklage erhobene Löschungsanspruch der Beklagten zu 1. ebenfalls erfolglos bleiben muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2, 100 Abs. 4 (analog) ZPO. Die Klagabweisung hinsichtlich der Beklagten zu 2. bis 4. zu Ziff. 2. d. des Auskunftsanspruchs war verhältnismäßig geringfügig und hat keine gesonderten Kosten verursacht, so dass es angemessen erscheint, den Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der vorliegende Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.



Ende der Entscheidung

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