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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 31.01.2007
Aktenzeichen: 5 U 47/06
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 5 Abs. 2 Nr. 3
UWG § 5 Abs. 3
UWG § 6 Abs. 1
1. Weist ein Unternehmen in einem (vergleichenden) werblichen Zusammenhang auf seine Größe/Marktstellung/Bedeutung unter Hinweis auf die - objektiv mehrdeutige - Bezugsgröße "Umsatz" hin, so hat es den relevanten Begriff zur Vermeidung irrtumsbedingter Fehlvorstellungen klarzustellen, wenn die Werbebehauptung allein in Bezug auf die Netto-Umsätze zutreffend, in Bezug auf die Brutto-Umsätze hingegen falsch ist.

2. Diese Verpflichtung gilt in besonderer Weise dann, wenn der Werbende in seiner Selbstdarstellung auf der eigenen Internetseite sowohl den Netto-Umsatz als auch den Brutto-Umsatz als Vergleichsgröße verwendet.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 47/06

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 31. Januar 2007

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Betz, Rieger, Dr. Löffler nach der am 24. Januar 2007 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 08.02.06 (315 O 776/05) wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Außenwerbung.

Der Vorstandsvorsitzende der Antragsgegnerin äußerte sich im Rahmen eines Artikels der Online-Zeitschrift "HORIZONT", einem "Fachmedium für Marketing, Werbung und Medien", über die mit sog. City -Light-Postern (CLP) im Vergleich zu der Antragstellerin erwirtschafteten Umsätze wörtlich wie folgt:

"Ich mache mit 17600 CLPs den gleichen Umsatz wie S. mit seinen etwa 30000 Stück" (Anlage ASt7).

<Einblendung des Zeitschriftenartikels>

Dieses Verhalten beanstandet die Antragstellerin als irreführend und damit wettbewerbswidrig. Die Parteien streiten in diesem Rechtsstreit in erster Linie um die Frage, wie die angesprochenen Verkehrskreise in diesem Zusammenhang den Begriff "Umsatz" verstehen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass jedenfalls der Bruttoumsatz (Brutto-Werbeerlöse) der S.-Gruppe in Deutschland im Jahr 2004 im Segment CLP deutlich über demjenigen der Antragsgegnerin gelegen hat.

Die Antragstellerin hat in erster Instanz beantragt,

die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit der Behauptung zu werben und/oder werben zu lassen,

dass die W. AG mit der Vermarktung ihrer City-Light-Poster (CLP's) den gleichen Umsatz wie die S.-Gruppe mache;

insbesondere wie nachstehend wiedergegeben:

[es folgt die Einblendung des vorstehenden Artikels aus der Zeitschrift "HORIZONT"]

Das Landgericht hat die Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 31.10.05 entsprechend zur Unterlassung verpflichtet und diese Verfügung auf den mit einem Abweisungsantrag verbundenen Widerspruch der Antragsgegnerin mit Urteil vom 08.02.06 aufrechterhalten.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin verfolgt in zweiter Instanz unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihr Abweisungsbegehren weiter. Die Antragstellerin verteidigt auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge das landgerichtliche Urteil.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Antragsgegnerin zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Unterlassung gem. §§ 3, 5 UWG verurteilt. Der Senat kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen. Das Berufungsvorbringen der Antragsgegnerin rechtfertigt selbst dann keine abweichende Entscheidung, wenn sie tatsächlich in Bezug auf Netto-Werbeerlöse gleichauf mit der Antragstellerin liegt bzw. zum Zeitpunkt der Werbemaßnahme lag. Die nicht näher erläuterte Verwendung des Begriffs "Umsatz" durch den Vorstandsvorsitzenden der Antragsgegnerin war gleichwohl wettbewerbsrechtlich unzulässig, denn hierdurch konnten wettbewerblich relevante Fehlvorstellungen i. S. v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG hervorgerufen werden. Im Hinblick darauf, dass sich die Antragsgegnerin mit der angegriffenen Werbebehauptung in einen Vergleich mit der Antragstellerin setzt, ergibt sich dieselbe Bewertung nach den Grundsätzen über die vergleichende Werbung gem. nach § 6 Abs. 1 UWG. Denn auch insoweit gelten über § 5 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 UWG die soeben ausgeführten Grundsätze der Irreführung. Das Berufungsvorbringen der Antragsgegnerin rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Der Bedeutungsgehalt des Begriffs "Umsatz" ist in dem konkreten Äußerungszusammenhang unklar. Deshalb darf mit diesem Begriff in irrtumsvermeidender Weise jedenfalls dann nicht geworben werden, wenn die Werbebehauptung nur unter ganz bestimmten Umständen, nicht jedoch bei jedem nahe liegenden Begriffsverständnis dieses Wortes wahr ist. So verhält es sich im vorliegenden Fall.

a. Den Umstand, dass der von der Antragsgegnerin in der angegriffenen Werbung verwendete Begriff "Umsatz" objektiv mehrdeutig und auch in dem konkreten Verwendungszusammenhang selbst für die angesprochene Zielgruppe mit keinem konkreten Begriffsverständnis verbunden ist, hat die Antragsgegnerin mit ihrem eigenen Sachvortrag selbst belegt. Nicht allein wird in der Werbebranche wechselnd - je nach Anlass - auf Brutto-Umsätze bzw. Netto-Umsätze Bezug genommen. Auch innerhalb dieser Begriffe finden sich feinsinnige Abstufungen, die zu vollkommen unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Die Antragsgegnerin hat dies plastisch und zutreffend am Beispiel der Begriffe "Brutto-Media-Umsätze" und "Brutto-Umsatz" der Partnerbörse "Neu.de" erläutert. Angesichts des auch der Antragsgegnerin bekannten Bemühens von Unternehmen, ihre Marktposition durch Verwendung geeigneter Kenndaten in einem besonders günstigen Licht erscheinen zulassen, ist es bei der (vergleichenden) Werbung mit Umsatzzahlen in der hier streitgegenständlichen Art unerlässlich, dass entweder die Bezugsgrößen konkret benannt werden oder zumindest aus dem Äußerungszusammenhang eindeutig erkennbar sind. Ist dies nicht der Fall, stellt sich eine Werbung mit Umsatz-Zahlen häufig - wie auch hier - als mehrdeutig und damit missverständlich dar. Dies führt zwar nicht dazu, dass die Werbung per se unzulässig ist. Allerdings muss der Werbende bei Missverständlichkeit oder Mehrdeutigkeit die ihm ungünstigste Verständnisalternative gegen sich gelten lassen (BGH GRUR 82, 563, 564 - Betonklinker). Nur dann, wenn sich die Werbeaussage auch in diesem Fall als zutreffend darstellt, scheidet ein wettbewerbswidriges Verhalten aus. Auf diese Grundsätze hat bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen.

b. Diesen Anforderungen wird das Äußerungsverhalten des Vorstandsvorsitzenden der Antragsgegnerin indes nicht gerecht.

aa. Die Antragsgegnerin stellt im Rahmen ihres Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung entscheidend darauf ab, dass es für eine sachgerechte Beurteilung des Begriffs "Umsatz" allein auf den "Netto-Umsatzerlöse" als realistische Vergleichsgröße für die tatsächlich generierten und dem Unternehmen als Zufluss zu Gute kommenden Umsätze ankommen könne. Diese Auffassung mag zutreffend sein. Sie ist jedoch bereits mit der eigenen Selbstdarstellung der Antragsgegnerin unvereinbar, wie diese aus der Anlage ASt6 für das Jahr 2004 ersichtlich ist. In diesem Zusammenhang leitet die Antragsgegnerin ihre Wettbewerbsposition auf dem deutschen Markt maßgeblich aus einer Steigerung ihrer Brutto-Umsatz-Erlöse ab. Soweit sie im Folgenden bezogen auf das Werbemedium CLP die Begriffe "Umsätze" bzw. "Werbererlös" und in der Gesamtdarstellung den Begriff "Gesamtumsatz" verwendet, bezieht sich dieser Begriff nach dem Äußerungszusammenhang nahe liegend auf die in dem Text sowohl zuvor als danach genannten Brutto-Umsatz-Erlöse, in die Angaben zu den CLPs in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise auch nach dem Sinnverständnis der Darstellung eingebettet sind. Gerade diese Brutto-Umsatzerlöse sollen indes nach der eigenen Darstellung der Antragsgegnerin im vorliegenden Rechtstreit dann ohne hinreichenden Aussagewert sein.

bb. Da die Antragsgegnerin selbst prominent mit ihrem Brutto-Zahlen wirbt, stellt sich ihre Aussage in dem angegriffenen Artikel keineswegs so dar, dass hiermit allein und ausschließlich Netto-Zahlen gemeint sein können, selbst wenn sie am Ende der Darstellung im Vergleich der CLP-Vermarktung Netto-Werbeerlöse anspricht. Ein derartiges Verständnis ergibt sich nicht aus dem Äußerungszusammenhang und widerspricht der Selbstdarstellung der Antragsgegnerin. Auch für das Jahr 2005 bemisst die Antragsgegnerin ihren "Umsatz 2005" allein auf der Grundlage ihrer Brutto-Umsatz-Erlöse. Dementsprechend ist auch die angegriffene Werbeaussage aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise objektiv mehrdeutig, weil nicht sicher zu beurteilen ist, welche Umsätze gemeint sind. Auf der Grundlage der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine derartige Werbebehauptung nur dann wahr und nicht irreführend, wenn sie sich in Bezug auf alle in Betracht kommenden Verständnisalternativen als zutreffend darstellt. Dies ist vorliegend aber auch nach Darstellung der Antragsgegnerin nicht der Fall. Deshalb spielt es keine Rolle, wenn die Behauptung in Bezug auf eine mögliche Messgröße - den Netto-Umsatz-Erlös - richtig ist. Im Hinblick auf die Brutto-Werbe-Erlöse bei CLP ist sie unstreitig unzutreffend. Zumindest hat die Antragsgegnerin das Gegenteil nicht glaubhaft gemacht.

c. Vor diesem Hintergrund ist es auch unerheblich, dass das beanstandete Interview in einem Fachmedium für Marketing, Werbung und Medien abgedruckt worden ist.

aa. Die Antragsgegnerin weist selbst darauf hin, dass auch - und wie dem Senat aus anderem Zusammenhang bekannt ist: gerade - gegenüber diesem Adressatenkreis mit unterschiedlichen Begriffen geworben wird, ohne dass die Bezugs- bzw. Berechnungsgrundlage stets hinreichend klar nachvollziehbar ist. Insbesondere der Begriff "Umsatz" wird heute in werblichen Zusammenhängen keineswegs durchgängig bzw. überwiegend in seiner streng rechtlichen Bedeutung (z. B. i. S. v. § 277 Abs. 1 HGB) verwendet. Im Übrigen spricht diese Vorschrift nicht von "Umsatz", sondern von "Umsatzerlös" (Unterstreichung durch den Senat). Dieser Begriff lässt wesentlich deutlicher als das Wort "Umsatz" erkennen, dass es um dem Unternehmen tatsächlich zugeflossene Werte geht.

bb. Der Senat hat aus Anlass dieses Rechtsstreits nicht darüber zu entscheiden, was zu gelten hätte, wenn die Antragsgegnerin sich dieses Begriffs bedient hätte. Dementsprechend sind auch die von der Antragsgegnerin vorgelegten Entscheidungen des Landgerichts Köln vom 14.06.05 (Anlage AG4 und AG5) für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung. Dort ging es um unzutreffende Allein- bzw. Spitzenstellungsbehauptungen, nicht jedoch um die Werbung mit bestimmten Begrifflichkeiten in Bezug auf die Messgröße "Umsatz". Soweit die Antragsgegnerin in zweiter Instanz darauf abhebt, die gesetzliche Regelung in § 277 Abs. 1 HGB unterscheide nicht zwischen Brutto- und Netto-Umsatz, gemeint - und von den Verkehrskreisen so verstanden - sei stets der Netto-Umsatz, stellt sich diese Verteidigung schon im Ansatz als untauglich dar. Die Antragsgegnerin wirbt - wie dargelegt - ihrerseits mit Brutto-Umsatz-Zahlen und widerlegt damit selbst ihren eigenen Rechtsstandpunkt. Der Senat hat in diesem Zusammenhang zur Kenntnis genommen, dass die Antragsgegnerin in der Berufungsbegründung die von ihr werbend verwendete Kennzahl der "Brutto-Umsätze" als eine der "Beliebigkeit unterworfene fiktive Größe" bezeichnet.

d. Die Darstellung der Antragsgegnerin in der Widerspruchsschrift, "Kein Unternehmen in der Wirtschaft berechnet aber seine Umsatzerlöse - und zwar auch nicht seine Brutto Umsätze - nach Listenpreisen, sondern weist natürlich immer nur die tatsächlich vereinnahmte Entgelte aus", ist bereits durch das eigene Verhalten der Antragsgegnerin widerlegt. Zumindest gilt dies nicht bei Anpreisungen im Bereich der Werbebranche. Dies vermag der Senat auf Grund der vorgelegten Nachweise und seiner jahrelangen Befassung mit Rechtsstreitigkeiten aus diesem Bereich aus eigener Sachkunde zu beurteilen, obwohl seine Mitglieder nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Die Antragstellerin hat mit der Anlage ASt12 dargelegt, dass insbesondere die Vergleichszahlen der Firma "Nielsen Media Research", an denen die Wirksamkeit bzw. Reichweite von Werbemaßnahmen in der Praxis häufig beurteilt wird, ausdrücklich "Bruttokosten" zu Grunde legt. In die gleiche Richtung gehen die Darstellung in der "Branchen-Analyse - Medien" der Stadtsparkasse Köln (Anlage ASt18, dort Seite 8) sowie weitere Bracheninformationen. Dementsprechend kann keine Rede davon sein, das bei einem Vergleich von Unternehmen der Werbebranche stets nur Netto-Umsatzzahlen gemeint sein können. Ebenso unerheblich ist es, ob für derartige Vergleiche zutreffender Weise nicht auf die gesamten Unternehmensumsätze, sondern auf die Brutto-Werbererlöses bzw. Netto-Werbererlöses als zutreffende Kenngrößen abzustellen ist. Denn dies hat der Vorstandsvorsitzende der Antragsgegnerin in der ihm zugerechneten Äußerung gerade nicht getan. Er hat sich vielmehr des Begriffs "Umsatz" bedient, obwohl dieser nach Auffassung der Antragsgegnerin nicht hinreichend aussagekräftig ist. Gleichwohl muss sich die Antragsgegnerinnen an der von ihr selbst gewählten Begrifflichkeit wettbewerbsrechtlich festhalten lassen. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Überlegung, dass die Antragsgegnerin ihre Umsätze nicht ausschließlich durch die Vermietung von Werbeflächen, sondern auch aus anderen geschäftlichen Aktivitäten generiert. Die angesprochenen Verkehrskreise, die den streitgegenständlichen Werbevergleich zur Kenntnis nehmen, haben keine Veranlassung, sich Gedanken über die konkrete Zusammensetzung der für die Umsatzzahlen relevanten Geschäftsfelder der Konkurrenten zu machen.

2. Im Zusammenhang mit den Grundsätzen, die der BGH unter anderem in der Entscheidung "Betonklinker" (BGH a.a.O.) aufgestellt hat, kann es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch der Grundlage des aktuellen Verbraucherleitbildes bei der Beurteilung des Verständnisses einer Werbeaussage nicht entscheidend darauf ankommen, ob eine bestimmte Irreführungsquote erreicht ist.

a. Denn diese Rechtsprechung stellt nicht darauf ab, ob ein bestimmter Prozentsatz von Verbrauchern einen bestimmten Begriff falsch verstanden hat. Darum geht es nicht, sondern darum, das ein Werbender einen Begriff verwendet, der nach dem Verkehrsverständnis mit zwei unterschiedlichen Bedeutungsgehalten richtig ist. In diesen Fällen soll der Verkehr davor geschützt werden, dass eine Werbeaussage allein dadurch eine unrichtige Zielrichtung erhält, dass der angesprochene Verkehr - zulässigerweise - eine Begriffsbedeutung zugrunde legt, während der Werbende - ebenfalls grundsätzlich zulässigerweise - sich auf eine andere Begriffsbedeutung bezogen hat.

b. Lässt der konkrete Äußerungszusammenhang - wie hier - das Wortverständnis in beide Richtungen zu, während der Inhalt der Werbeaussage nur bei einem bestimmten Verständnis wahr, ansonsten falsch ist, kommt es nicht darauf an, welcher Prozentsatz der angesprochenen Verkehrskreise welche der Bedeutungsvarianten konkret für zutreffend hält. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Kommentierung bei Hefermehl/Bornkamm/Köhler (UWG, 25. Aufl., § 5 Rdnr. 2.108), auf die sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang beruft. Die dortigen Ausführungen betreffen nur "objektiv zutreffende" (vom Verkehr aber zum Teil falsch verstandene), nicht aber mehrdeutige Angaben, die zum Teil objektiv eindeutig falsch sind. Die Kommentierung hierzu (a.a.O., Rdn. 2.111) enthält Ausführungen zu der zu erreichenden Irreführungsquote gerade nicht.

c. Selbst wenn man jedoch - wie die Antragsgegnerin unter dem unzutreffenden Hinweis auf die Kommentierung bei Hefermehl/Bornkamm/Köhler - entgegen der Auffassung des Senats der Meinung sein sollte, in diesen Fällen sei sogar eine gesteigerte Irreführungsquote erforderlich, wären diese Voraussetzungen vorliegend ohne Weiteres erfüllt. Denn der streitgegenständliche Artikel in der Zeitschrift "Horizont" befasst sich nicht nur konkret mit dem Segment der Außenwerbung, sondern auch gerade mit dem Konkurrenzverhältnis der Parteien. Hiervon angesprochene Verkehrskreise werden nahe liegend auch die Homepages der Parteien aufsuchen, um sich weitere entscheidungsrelevante Informationen zu erschließen. Hierbei werden sie auf der Homepage der Antragsgegnerin damit konfrontiert werden, dass diese selbst die Marktbedeutung ihres Unternehmens ausdrücklich an ihren Brutto-Umsätzen misst. Schon deshalb ist eine ganz erhebliche Irreführungsgefahr dadurch verwirklicht, wenn der Vorstandsvorsitzende derselben Antragsgegnerin in anderem Zusammenhang unter dem Begriff "Umsätze" die Netto-Umsätze verstanden wissen will, ohne dies in nachvollziehbarer Weise zum Ausdruck zu bringen. Hierin unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch maßgeblich von der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG Hamburg GRUR-RR 04, 36, 37 - Spreewälder Gurken).

3. Soweit die Antragsgegnerin in Zweifel zieht, dass der angegriffene Wettbewerbsverstoß den Wettbewerb "nicht nur unerheblich" i. S. v. § 3 UWG beeinträchtigt hat bzw. ihn für wettbewerblich nicht relevant hält, erweist sich ihre Auffassung ebenfalls als unzutreffend.

a. Der Vorstandsvorsitzende der Antragsgegnerin hatte mit der streitgegenständlichen Äußerung und dem gewählten Äußerungszusammenhang aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die Behauptung der Antragstellerin widerlegen wollen, sie sei "CLP-Marktführer". Er hat damit für sein Unternehmen eine gleichrangige Spitzenstellung in diesem Segment in Anspruch genommen, und zwar in einer Publikation, die Entscheidungsträger im Bereich Werbung anspricht. Denn die Zeitschrift "Horizont" ist - worauf die Antragsgegnerin selbst hingewiesen hat - ein "Fachmedium für Marketing, Werbung und Medien." Ein derartiges Presseorgan ist von seiner Anlage bereits darauf ausgelegt, meinungsbildend zu wirken. Dies gilt insbesondere in Bezug auf Wirtschaftsunternehmen, deren Tätigkeit und Marktbedeutung in diesem Zusammenhang (positiv) dargestellt wird. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass hiermit nur eine unwesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs verbunden sein könnte.

b. Auch eine wettbewerbliche Relevanz der Irreführung ist ohne Weiteres gegeben. Dies folgt schon daraus, dass der Antragstellerin durch den Vergleich des Vorstandsvorsitzen der Antragsgegnerin der offensichtliche Makel einer fehlenden Effizienz bzw. der Eindruck einer geschäftlichen Erfolglosigkeit beigelegt wird, wenn die Antragsgegnerin mit einer Anzahl von Werbeträgern, die um 40 % unter denjenigen der Antragstellerin liegen, dieselben Umsätze erzielt. Ein derartiges Kriterium muss für die zu gewinnenden Entscheidungsträger von erheblicher Bedeutung sein, wenn sie ihren Werbeetat zweckentsprechend einsetzen wollen.

c. Die streitgegenständliche Äußerung stellt sich auch nicht als - u.U. missverständliche - eigene Wiedergabe eines Journalisten dar, sondern wird dem Vorstandsvorsitzenden der Antragsgegnerin unangegriffen in direkter Rede als wörtliches Zitat zugeordnet. Auf die Frage, ob sich der Vorstandsvorsitzende der Antragsgegnerin bei der Äußerung der fehlenden Eindeutigkeit des von ihm verwendeten Begriffs bewusst war oder eine Irreführung in Kauf genommen hat, kommt es im Rahmen des Unterlassungsantrags, der kein Verschulden voraussetzt, nicht an.

4. Schließlich hat die Antragstellerin durch eidesstattliche Versicherung von S.H. vom 23.01.07 auch glaubhaft gemacht, dass selbst ihre Netto-Werbeerlöse im Jahr 2005 allein durch die Eigenvermarktung von CLP mit € 58,3 Mio diejenigen der Antragsgegnerin (Netto-Werbeerlöse mit CLP: € 52, 6 Mio, eidesstattliche Versicherung R.M. vom 07.02.06, Anlage AG9) nicht unerheblich übertroffen haben. Dementsprechend wäre die Antragsgegnerin auch dann für die Zukunft zur Unterlassung zu verurteilen, wenn die angegriffene Aussage in der Vergangenheit zutreffend gewesen wäre. Denn die Antragsgegnerin hat nachhaltig für sich in Anspruch genommen, in der beanstandeten Weise werben zu dürfen. Sie hat damit für ein wettbewerbswidriges Verhalten Begehungsgefahr gesetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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