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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 03.12.2003
Aktenzeichen: 5 U 58/02
Rechtsgebiete: GesO


Vorschriften:

GesO § 8 Abs. 1 S. 2
GesO § 9
GesO § 10
Wenn ein Gesamtvollstreckungsverwalter die Vorschriften der §§ 9,10 GesO unrichtig anwendet, kann eine Verletzung konkursspezifischer Pflichten im Sinne der BGH-Rechtsprechung vorliegen und der Gesamtvollstreckungsverwalter nach § 8 Abs.1 S.2 GesO schadensersatzpflichtig sein.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

5 U 58/02

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 3. Dezember 2003

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Rieger, Dr. Koch nach der am ... geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 15 - vom 28.3.2002 wie folgt abgeändert :

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 420.974,13 zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf € 383.326,39 seit dem 15.1.2001, auf € 419.262,62 seit dem 8.6.2001 und auf € 420.974,13 seit dem 9.1.2002 zu zahlen. Wegen der weitergehenden Zinsen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Klägerin wird gestattet, eine etwaige Sicherheitsleistung durch Bürgschaft der Deutschen Bank, HypoVereinsbank, der Commerzbank oder der Postbank zu erbringen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine in Österreich ansässige Gesellschaft, nimmt den Beklagten als Gesamtvollstreckungsverwalter auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin stellt her und verkauft Spritzgießmaschinen. Hierfür besitzt sie diverse in- und ausländische Patente und Gebrauchsmuster. Konkurrentin der Klägerin war eine Firma H. GmbH & Co KG ( im Folgenden: Firma H. ) in Schwerin. Mit der Firma H. führte die Klägerin Mitte der 90er Jahre verschiedene Rechtsstreitigkeiten. Zur Erledigung dieser Verfahren schlossen die Parteien am 15./16.2.96 einen Vergleich, in dem u.a. der Firma H. gegen Zahlung von Gebühren eine Lizenz an Schutzrechten der Klägerin eingeräumt wurde und der Klägerin die Option auf eine kostenlose Lizenz an einem Patent der Firma H. , einschließlich paralleler ausländischer Schutzrechtsanmeldungen.

Kurz darauf wurde die Firma H. insolvent; der Beklagte wurde zum Gesamtvollstreckungsverwalter bestellt. Im Verlauf des Insolvenzverfahrens lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 19.1.97 die Erfüllung des Vergleichsvertrages nach § 9 GesO ab. Die Klägerin nahm ihn daraufhin vor dem Landgericht München wegen der ausstehenden Lizenzgebühren aus dem Vergleichsvertrag in Anspruch; ein Teil dieses Verfahrens wurde abgetrennt und an das Landgericht Hamburg verwiesen (Vorprozess 312 O 815/07). Am 23.5.97 - das Datum wird von der Klägerin bestritten - erteilte der Beklagte als Gesamtvollstreckungsverwalter der Firma H. einer amerikanischen Investorin, der Firma HPM. , die den Betrieb der Gemeinschuldnerin übernehmen sollte, eine weltweite ausschließliche Lizenz u.a. an dem Patent, das Gegenstand der Lizenzoption zugunsten der Klägerin war. Aufgrund dieser ausschließlichen Lizenz verklagte die HPM im Oktober 1998 die Klägerin in den USA wegen Patentverletzung. Mit Schreiben an den Beklagten vom 19.11.98 machte diese ihre Lizenzoption aus dem Vergleich vom 15./16.2.96 geltend. Hierauf und auch auf nachfolgende Schreiben vom 11.12. (dieses gerichtet an die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin) und 18.12.98 erfolgte keine Reaktion seitens des Beklagten. Mit Schriftsatz vom 3.3.99 im Vorprozess berief sich die Klägerin erneut auf ihre Lizenzoption. Unter dem 26.3.99 reichte sie einen auf ihre Lizenzoption gegründeten Antrag auf Klagabweisung im amerikanischen Patentverletzungsverfahren ein ("motion to dissmiss" Anlage K 6). Am 28.7.99 gab Beklagte im Patentverletzungsverfahren in den USA ein Affidavit ab, in dem er erklärte, der Vergleichsvertrag sei nach § 9 GesO beendet worden. Als daraufhin das Verfahren in den USA gegen die Klägerin fortgesetzt wurde, stellte sie mit Schriftsatz vom 13.10.1999 im Vorprozess des Landgerichts Hamburg einen Feststellungsantrag, dass sie aufgrund des Vergleichsvertrages vom 15./16.2.96 Inhaberin einer Lizenz an dem US-Patent sei, aus dem sie in den USA in Anspruch genommen wurde. Diesem Antrag gab das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 18.8.2000 statt. Nach dessen Rechtskraft wurde die Patentverletzungsklage gegen die Klägerin in den USA zurückgenommen.

Im vorliegenden Verfahren, das am 22.12.2000 eingeleitet wurde, nimmt die Klägerin den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt € 420.974, 13 nebst Zinsen in Anspruch. Dabei handelt es sich um die Kosten der amerikanischen Anwälte, die die Klägerin in dem Verfahren in den USA vertreten haben, um die Kosten der österreichischen Patentanwälte, die das Verfahren von Österreich aus für die Klägerin betreut haben, und um Kosten der hiesigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die ebenfalls mit dem Verfahren in den USA befasst waren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Wortlauts des Klagantrags wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Klagantrag weiterverfolgt. Sie meint, dass der Beklagte planmäßig vorgegangen sei, um sie zu schädigen und wiederholt und vertieft ihren Vortrag hierzu. Die Klage sei aus sämtlichen vom Landgericht erörterten Anspruchsgrundlagen begründet.

Der Beklagte verteidigt im Wesentlichen das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akte des Vorprozesses des Landgerichts Hamburg (315 O 815/97) ist beigezogen und bereits vom Landgericht zum Gegenstand der Verhandlung gemacht worden.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Beklagte haftet der Klägerin auf Schadensersatz für die ihr durch das Patentverletzungsverfahren in den USA entstandenen Kosten aus § 8 Abs.1 S.2 der Gesamtvollstreckungsordnung (GesO).

1. Nach § 8 Abs.1 S.2 GesO haftet der Verwalter den Beteiligten auf Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten. Die Vorschrift entspricht § 82 KO. Verletzt der Verwalter schuldhaft seine Pflichten, macht er sich schadensersatzpflichtig.

Zu den Beteiligten gehören die Konkurs- und Massegläubiger, mithin auch die Klägerin (BGH NJW 87, 3133, 3134). Nach gefestigter Rechtsprechung haftet der Verwalter aber nur dann nach § 8 Abs.1 S.2 GesO bzw. § 82 KO, wenn er eine konkursspezifische Pflicht verletzt hat (BGH NJW 87,844; NJW 87, 3133; NJW 2001, 3187,3188). Dies alles hat das Landgericht grundsätzlich richtig ausgeführt, aber eine Haftung des Beklagten wegen der Unterstützung der Firma HPM. durch Abgabe des affidavit im US-Prozess verneint, indem es sich maßgeblich auf die zuletzt genannte Entscheidung des BGH gestützt hat.

Entscheidender Anknüpfungspunkt für eine Haftung des Beklagten ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht die Abgabe des affidavit unter dem 28.7.99, sondern die Ablehnung der Erfüllung des zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin, der Firma H. , abgeschlossenen Vergleichsvertrages vom 15./16.2.96 mit Schreiben des Beklagten vom 19.1.97 und die anschließende Übertragung einer ausschließlichen Lizenz an HPM , nach Behauptung des Beklagten am 23.5.97. Damit wurde gegen Ziff. V des Vergleichs verstoßen und die entscheidende Ursache für die Patentverletzungsklage in den USA gesetzt (s. gleich unter Ziff.2).

Was hingegen das affidavit anbelangt, ist schon nicht hinreichend vorgetragen, dass ein zurückhaltender formuliertes affidavit des Beklagten zu einer früheren Beendigung des US-Prozesses geführt hätte und somit für dort entstandene Kosten ursächlich war. Ohnehin kämen dann nur Kosten in Betracht, die nach dem affidavit durch Fortführung des Verfahrens entstanden wären. Denn dass die Patentverletzungsklage auf Initiative des Beklagten erhoben worden ist, behauptet die Klägerin nicht, wenn sie dies wohl auch annimmt. Der Beklagte bestreitet jedenfalls eine Beteiligung und Beweis hat die Klägerin insoweit nicht angeboten.

Selbst eine Ursächlichkeit des affidavit für später entstandene Kosten ist jedoch durchaus zweifelhaft, denn die Klägerin trägt selbst vor, dass der Prozess in den USA - dies räumt auch der Beklagte ein - vor allem als "taktischer" Prozess eingeleitet worden sei , nämlich als Gegenmaßnahme zu einer zuvor von der Klägerin u.a. gegen die amerikanische Firma HPM in München eingereichten Klage wegen Verletzung des Gebrauchsmusters 29516398.4. Die Klägerin behauptet nicht einmal, dass ein inhaltlich anders formuliertes affidavit zu einer sofortigen Beendigung des Verfahrens in den USA geführt hätte.

2. Wie ausgeführt, kommt es für die Haftung des Beklagten somit maßgebend auf seine Handlungsweise als Gesamtvollstreckungsverwalter im Jahr 1997 an. Diesen Anknüpfungspunkt hat das Landgericht bei der Prüfung einer Haftung nach § 8 Abs.1 S.2 GesO nicht erörtert, auf ihn kommt es jedoch gerade an. Daher ist auch im vorliegenden Fall nicht die Entscheidung des BGH vom 26.6.2001 (NJW 2001, 3187) anwendbar, die die Haftung des Konkursverwalters für Kosten aus einem von ihm für die Masse eingeleiteten Prozess zum Gegenstand hat. Hier geht es hingegen darum, dass der Verwalter sich unter Anwendung spezifisch konkursrechtlicher Vorschriften ohne hinreichende Prüfung über die Bindungen der Gemeinschuldnerin aus einen komplexen und untypischen Vertrag hinweggesetzt hat, ohne sich vorher mit der Vertragspartnerin der Gemeinschuldnerin - notfalls gerichtlich - über diese Bindungswirkungen auseinander zu setzen. Im Einzelnen:

a) Der Senat ist in diesem Verfahren an die rechtskräftige Feststellung des Landgerichts Hamburg im Vorverfahren gebunden, dass der Klägerin eine einfache Lizenz an dem US-Patent Nr.5.783.231 nach Ziff.V des Vergleichsvertrages zusteht. Er folgt jedoch auch der überzeugenden rechtlichen Begründung des Landgerichts Hamburg im dort ergangenen Urteil, dass der Beklagte den Vergleichsvertrag weder nach § 10 GesO anfechten noch seine Erfüllung insgesamt nach § 9 GesO ablehnen konnte. Die Gemeinschuldnerin hatte durch Ziff.V des Vergleichs der Klägerin eine nicht mehr von ihr - der Gemeinschuldnerin - einseitig widerrufliche Option auf eine kostenlose Lizenz an ihrem Patent eingeräumt bzw. auf etwaige Verbietungsrechte aus dem Patent verzichtet, wenn die Klägerin von der Option Gebrauch machte. Zwar ist Ziff. V des Vergleichs so formuliert, dass die Firma H. sich zu der Einräumung einer kostenlosen Lizenz verpflichtet hatte, so dass zweifelhaft sein mag, ob die Klägerin nach Ausübung ihrer Option direkt auf Feststellung hätte klagen können, wie das Landgericht im Urteil des Vorprozesses ausgeführt hat, oder eine Klage auf Abgabe einer Willenserklärung hätte erhoben werden müssen. Auf alles dieses kommt es indessen nicht an. Entscheidend ist, dass nach ebenfalls zutreffender Auffassung des Landgerichts Hamburg im Vorprozess der Gemeinschuldnerin keinerlei Ermessen zustand, ob sie nach Ausübung der Option der Klägerin die Lizenz erteilen wollte oder nicht. Die Klägerin hatte also im Verhältnis zur Gemeinschuldnerin durch den Vergleichsvertrag eine nicht mehr einseitig entziehbare Anwartschaft an der Benutzung des Patents erworben, die der Beklagte als Gesamtvollstreckungsverwalter hätte beachten müssen, da jederzeit mit einer Ausübung der Option gerechnet werden musste. Der Beklagte hätte daher keine vorbehaltlose ausschließliche Lizenz an eine amerikanische Firma vergeben dürfen, ohne zuvor mit der Klägerin abzuklären und notfalls gerichtlich auszustreiten, ob trotz der Insolvenz der Gemeinschuldnerin an dem Vergleichsvertrag festgehalten werden müsste und auch von der Option noch Gebrauch gemacht werden könnte. Hierfür bestand umso mehr jeder Anlass, als die Klägerin noch vor der Erteilung der ausschließlichen Lizenz gegen den Beklagten Klage auf Zahlung der Lizenzgebühren aus dem Vergleichsvertrag erhoben hatte, so dass für den Beklagten auch erkennbar war, dass sie an dem Vergleichsvertrag festhalten wollte. Im Rahmen dieses bereits eingeleiteten Verfahrens wäre es - etwa durch Erhebung einer Feststellungswiderklage durch den Beklagten - unschwer möglich gewesen, eine Klärung herbeizuführen, weil der Fortbestand des Vergleichsvertrages eine rechtliche Vorfrage auch für den Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Lizenzgebühren bildete.

b) In der fehlerhaften Anwendung der Vorschriften von §§ 9,10 GesO und der hieraus resultierenden weiteren Verhaltensweise des Beklagten liegt auch eine Verletzung von konkursspezifischen Pflichten im Sinne der Rechtsprechung des BGH. Beide Bestimmungen geben nur dem Konkursverwalter Rechte, die einem normalen Vertragspartner nicht zustehen. Denn die konkursspezifischen Pflichten werden von den Pflichten abgegrenzt, die den Konkursverwalter wie jeden Vertreter fremder Interessen gegenüber Dritten treffen (BGH NJW 2001, 3187,3188). Darum geht es hier - wie ausgeführt - gerade nicht, sondern um die richtige Anwendung gesamtvollstreckungsrechtlicher Vorschriften gegenüber den Gläubigern des Gemeinschuldners, deren Adressat nur ein Insolvenzverwalter und nicht jeder Vertreter fremder Interessen sein kann.

c) Der Beklagte hat auch jedenfalls leicht fahrlässig gehandelt. Es war bei näherer Betrachtung des Vergleichsvertrages für ihn als Rechtsanwalt unschwer erkennbar, dass es sich um ein komplexes Regelungsgefüge mit wechselseitigem Geben und Nehmen handelte und nicht um einen typischen gegenseitigen Vertrag mit zwei sich im Synallagma gegenüberstehenden Hauptleistungspflichten im Sinne des § 9 GesO. Dass die Anwendbarkeit des § 10 Abs.1 Nr.3 GesO - für die anderen Alternativen des § 10 GesO gab es ohnehin keine Anhaltspunkte - ebenfalls höchst zweifelhaft war, ließ sich bei sorgfältiger Betrachtung des Gesamtvergleichs gleichfalls feststellen. Mindestens aber hätte der Beklagte erkennen müssen, dass seine Rechtsauffassung von einer Anwendbarkeit der Vorschriften der §§ 9,10 GesO auf den Vergleichsvertrag rechtlich mit erheblichen Risiken behaftet war, und hätte daher - wie ausgeführt - spätestens nach Erhebung der Lizenzklage durch die Klägerin die Frage notfalls gerichtlich klären lassen müssen, ob er sich für die Gemeinschuldnerin einseitig von dem Vertrag loslösen konnte, insbesondere nicht mehr an die Lizenzoption in Ziff.V gebunden war, sondern eine ausschließliche Lizenz an dem Patent einem Dritten erteilen durfte. Dass er auch dies unterlassen und stattdessen mit der Erteilung einer ausschließlichen Lizenz ohne Vorbehalt einer Optionsausübung durch die Klägerin vollendete Tatsachen geschaffen hat, rechtfertigt den Vorwurf leichter Fahrlässigkeit.

Soweit der Beklagte sich darauf beruft, er habe die Vergleichsvereinbarung patentrechtlich prüfen lassen (Anlage B 2 und K 11), hilft ihm das nicht. Selbst wenn die von dem Beklagten eingeschalteten Patentrechtler der Meinung waren, dass das Gebrauchsmuster 29516398 der Klägerin löschungsreif war, war dies nur ein Element der umfassenden Einigung mit der Klägerin, die von dem Beklagten zusätzlich in eigener Verantwortung als Insolvenzverwalter unter gesamtvollstreckungsrechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen war.

d) Dem Beklagten sind auch die durch das Verfahren in den USA verursachten Kosten der Klägerin zurechenbar. Wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil auf S.11-allerdings im Zusammenhang mit dem im Ergebnis verneinten Anspruch aus § 826 BGB - zutreffend ausgeführt hat, war die Erhebung einer Patentverletzungsklage durch die ausschließliche Lizenzinhaberin in den USA nicht nur durch den von dem Beklagten abgeschlossenen Vertrag adäquat kausal verursacht, sondern auch durchaus absehbar, da sich die Lizenzoption der Klägerin auch auf parallele ausländische Patente erstreckte, die Firma HPM. nach dem Vertrag vom 23.5.97 zu einem gerichtlichen Vorgehen gegen Patentverletzer ermächtigt war (K 5, Art.12), ein amerikanisches Patent für das deutsche Patent der Gemeinschuldnerin bereits angemeldet war (20.12.95, K 3), und sich schließlich der Lizenzvertrag mit der HPM. auch hierauf erstreckte (Präambel zum Annex von K 5 "include their foreign counterparts")

e) Schließlich greift gegenüber dem Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 8 Abs.1 S.2 GesO nicht die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede durch. Die Haftung des Insolvenzverwalters ist eine deliktische Haftung, für die hier § 852 BGB a.F. gilt (Hess/ Binz/Wienberg, GesamtvollstreckungsO, 3.Aufl., § 8 Rn.189 m.w.N.). Die Forderung der Klägerin verjährt also in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, zu dem sie von dem Schaden und der Person des Verletzers Kenntnis erlangt hat. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin vor Erhebung der Patentverletzungsklage in den USA im Oktober 1998 Kenntnis davon hatte, dass der HPM von dem Beklagten eine ausschließliche Patentlizenz erteilt worden war. Am 15.1.2001, somit vor Ablauf der Verjährung, wurde die vorliegende Klage dem Beklagten zugestellt und unterbrach damit den Ablauf der Verjährungsfrist (§ 209 Abs.1 BGB a.F.).

3. Die Klage ist auch der Höhe nach begründet. Die Forderung besteht aus drei Positionen:

- € 333.571, 80 für die Kosten der amerikanischen Anwälte der Klägerin in dem Patentverletzungsverfahren (Anlagen L 1 - L 28) und eine weitere, mit Schriftsatz vom 9.7.2001 nachgereichte Rechnung vom 22.6.2001 über US-$ 1455,64 (Anlage K 34a)

- € 53.364,39 für die Kosten der österreichischen Korrespondenzanwaltanwälte der Klägerin (Anlagen H 1 - H 14)

- € 32.326,43 für die Kosten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin (Anlage H 15 )

Der Umfang der Schadensersatzpflicht bestimmt sich nach § 249 S.1 BGB. Der Geschädigte darf diejenigen Aufwendungen verlangen, die er nach den Umständen des Falles für notwendig ansehen durfte (Palandt-Heinrichs, BGB, 60.Aufl., Vorbem. vor § 249 Rn.83). Dass die Klägerin zur Abwehr der Patentverletzungsklage amerikanische Anwälte einschalten durfte und auch die Mitwirkung ihrer österreichischen und deutschen Anwälte notwendig war, bestreitet der Beklagte dem Grunde nach nicht. Nachdem der Beklagte in der Klagerwiderung zunächst die Entstehung eines Schadens pauschal bestritten hatte, hat die Klägerin die Klagforderung durch Vorlage aller Rechnungen spezifiziert und die einzelnen Zahlungen der Klägerin ebenfalls mit Daten angegeben, insbesondere in diesem Zusammenhang einen Kontoauszug der österreichischen Anwälte der Klägerin vorgelegt, die zunächst die Kosten der amerikanischen Anwälte ausgelegt und sodann der Klägerin in Rechnung gestellt hatten (Anlagen H 12 -H 14). Diese Zahlungen hat die Klägerin im Schriftsatz vom 31.5.2001 insgesamt in € umgerechnet, nach dem Verständnis des Senats offenbar zu den im Mai 2001 geltenden Umrechnungskursen. Mit der Abrechnung in € bereits im Jahr 2001 hat sich der Beklagte zu Protokoll des Landgerichts vom 25.4.2001 einverstanden erklärt und die Währungsumrechnung im Schriftsatz vom 31.5.2001 hat der Beklagte ebenfalls nicht beanstandet. Im übrigen hat der Beklagte gegen das Rechenwerk noch eingewandt, dass die verschiedenen amerikanischen Anwälte unterschiedliche Stundensätze berechneten, es nicht verständlich sei, weshalb in den USA Fotokopierkosten für US-$ 73.000.- Fotokopien angefallen seien und dass der Streitwert der Rechnung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit DM 20 Mio zu hoch angesetzt sei.

Hierzu hat die Klägerin noch in erster Instanz im einzelnen Stellung genommen, die verschiedene Höhe der Stundensätze der amerikanischen Anwälte mit deren unterschiedlicher Position in dem mit der Sache befassten Büro erläutert und die Kosten im übrigen mit dem hohen Aufwand begründet, der in den USA bei Patentverletzungsverfahren getrieben würde. Zu dem Streitwert von DM 20 Mio als Grundlage der Anwaltskosten der hiesigen Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin ebenfalls plausibel vorgetragen, dass von dem Patentverletzungsprozess das gesamte US-Geschäft der Klägern betroffen gewesen sei. Dem ist der Beklagte auch in zweiter Instanz nicht mehr entgegengetreten, so dass der Senat keine Veranlassung sieht, zur Höhe des Schadens weitere Darlegungen der Klägerin zu verlangen.

Hinsichtlich der verlangten Zinsen war die Klage allerdings teilweise abzuweisen. Die Klägerin hat in der Klage, die zunächst nur teilweise beziffert und teilweise auf Feststellung gerichtet war, vorgetragen, dass ihr bis zum Klagzeitpunkt ein Schaden von DM 778.490,35 entstanden sei und weitere Schäden wahrscheinlich seien. Der Beklagte sei mit Anwaltsschreiben vom 16.11.2000 aufgefordert worden, bis spätestens 4.12.2000 die Ansprüche der Klägerin anzuerkennen.

Diesem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, ob das Schreiben vom 16.11.2000 bereits eine bezifferte Zahlungsaufforderung enthielt oder ob der Beklagte nur aufgefordert wurde, dem Grunde nach Schadensersatzansprüche anzuerkennen. Nur im ersten Fall läge eine verzugsbegründende Mahnung vor. Das Schreiben selbst hat die Klägerin nicht vorgelegt. Daher konnten ihr erst ab dem 15.1.2001, dem Zeitpunkt der Zustellung der Klage, Zinsen zugesprochen werden (§ 291 BGB). Zu diesem Zeitpunkt war der Schaden der Klägerin, den die Klägerin erst mit Schriftsatz vom 31.5.2001 endgültig beziffert hat, aber noch nicht vollständig entstanden und damit die Ersatzforderung auch noch nicht fällig, so dass sie nicht auf die komplette Klagforderung bereits ab dem 15.1.2001 Zinsen verlangen kann. Nach den eingereichten Rechnungen waren zu diesem Zeitpunkt bezahlt die Rechnungen Anlagen L 1 - L 25 in Höhe von insgesamt US-$ 314.025,27, umgerechnet auf den Umrechnungskurs per 15.1.2001 sind dies € 329.962.-. Hinzu kommen die zu diesem Zeitpunkt bereits von der Klägerin ausgeglichenen Kosten ihrer österreichischen Rechtsanwälte in Höhe von € 53.364,39, so dass also Rechtshängigkeitszinsen ab dem 15.1.2001 auf € 383.326,39.- zuzusprechen waren.

Mit Schriftsatz vom 31.5.2001 hat die Klägerin sodann die mittlerweile bezahlten weiteren Rechnungen der amerikanischen Rechtsanwälte (Anlagen L 26 und L 27) sowie die Kosten ihrer hiesigen Prozessbevollmächtigten geltendgemacht, die ihr erst mit Rechnung vom 28.5.2001 berechnet worden waren (Anlage H 15). Der Schriftsatz vom 31.5.2001 wurde dem Beklagten am 8.6.2001 förmlich zugestellt. Damit kann die Klägerin ab diesem Datum Rechtshängigkeitszinsen auf den im Schriftsatz vom 31.5.2001 bezifferten Betrag verlangen.

Soweit sie schließlich mit Schriftsatz vom 9.7.2001 noch eine weitere Rechnung der amerikanischen Rechtsanwälte vom 22.6.2001 über US-$ 1455, 64 nachgereicht hat - umgerechnet € 1711, 51 - ist dieser Teil der Klagforderung erst durch die Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 9.1.2002 rechtshängig geworden, so dass also erst ab dem 9.1.2002 auf die volle Klagsumme Zinsen beansprucht werden können.

4. Nach nochmaliger Überprüfung der unstreitigen Zeitläufe hält der Senat an der vorläufigen Einschätzung nicht mehr fest, dass der Klägerin möglicherweise ein Teil des Schadens wegen mitwirkenden Verschuldens aufzuerlegen wäre (§ 254 BGB). Insoweit hatte der Senat erwogen, ob ein Teil der Kosten hätte vermieden werden können, wenn die Klägerin den Feststellungsantrag, dass ihr nach dem Vergleichsvertrag eine Lizenz an dem Patent zustände, eher gestellt hätte. Dann hätte das Urteil im Vorprozess früher ergehen können und es wäre entsprechend früher zu einer Beendigung des kostenträchtigen Verfahrens in den USA gekommen. Indessen ist die Klägerin kurze Zeit nach Erhebung der Patentverletzungsklage gegen sie tätig geworden und hat mehrfach in schriftlichen Erklärungen gegenüber dem Beklagten von ihrer Option Gebrauch gemacht. Als dies ohne Reaktion blieb, hat sie sich mit der ihr zustehenden Lizenz in dem amerikanischen Verfahren zur Wehr gesetzt und - nachdem auch dies nicht zum Erfolg führte - zeitnah den Feststellungsantrag im Vorprozess gestellt. Bei der Frage, ob die Klägerin auch schneller hätte handeln können, ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass es sich um einen komplizierten Sachverhalt handelte und das Vorgehen mit den amerikanischen Anwälten abzustimmen war. Außerdem konnte die Klägerin nicht vorher wissen, ob ein rechtskräftiges Urteil, das im Verhältnis zu dem Beklagten das Bestehen einer Lizenz an dem Patent der Gemeinschuldnerin feststellte, im amerikanischen Verfahren von der dortigen Klägerin anerkannt werden würde. Auch insoweit scheint es nicht angemessen, der Klägerin im Rückblick ein mitwirkendes Verschulden anzulasten. Mindestens aber liegt hier ein so deutlich überwiegendes Verschulden des Beklagten vor, dass eine Kürzung der Klagforderung im Ergebnis nicht gerechtfertigt ist.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs.2 Nr.1, 708 Nr.10 und 711 ZPO. Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, § 543 ZPO. Insbesondere hat der Fall keine grundsätzliche Bedeutung, da der Senat lediglich die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Haftung des Insolvenzverwalters bei der Verletzung konkursspezifischer Pflichten auf einen Einzelfall angewandt hat.



Ende der Entscheidung

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