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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: 5 U 83/04
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 12 Abs. 1
Beinhaltet eine "Klarstellung", die mit einer auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Unterwerfungserklärung in einem einheitlichen Schreiben verbunden wird, zugleich eine Einschränkung des Kernbereichs des Unterlassungsanspruchs, so ist die Unterwerfung wegen dieses Vorbehalts insgesamt ungeeignet, eine gesetzte Wiederholungsgefahr wirksam auszuräumen.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

5 U 83/04

Verkündet am: 10. März 2005

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch den Richter Rieger als Einzelrichter nach der am 3. März 2005 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsteller wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 10.03.2004 abgeändert.

Die Antragsgegnerin wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen

mit Blick auf den Werbeträger EA zu behaupten/behaupten zu lassen,

"Bei der Verteilung spielt die hohe Qualität der Zustellung durch die Deutsche Post eine entscheidende Rolle. Immer samstags erreicht EA durch den Briefzusteller die Haushalte in Ihrem gewünschten Zielgebiet"

und/oder

"Qualitätszustellung durch den Briefzusteller bei der Deutschen Post direkt in den Briefkasten"

wie dies in dem als Anlage beigefügten Auszug aus der Eigenwerbungsbroschüre "So kommt ihre Haushaltswerbung garantiert gut an - Stand 09/03" geschieht.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für den Berufungsrechtszug auf € 85.000.- festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Wettbewerber bei dem Vertrieb von unadressierter Werbung.

Die Antragsgegnerin bietet unter der Bezeichnung EA ein Werbekonzept an, bei dem Werbesendungen mit der normalen Hauspost sonnabends in die Hausbriefkästen verteilt werden können. Zu diesem Zweck wird eine nach Bedarf unterschiedliche Anzahl von Werbeprospekten zusammen mit einem Fernsehprogramm als Trägermedium in einer verschweißten Plastikfolie an alle Haushalte eines bestimmten Bezirks verteilt. Das Verbreitungsgebiet sowie die Häufigkeit der Verteilung von EA in einem bestimmten Verbreitungsgebiet hängt wesentlich von insoweit bestehenden Verbreitungsaufträgen ab.

Für ihren Werbeträger EA wirbt die Antragsgegnerin gegenüber gewerblichen Abnehmern, die ihre Prospekte an Endverbraucher verteilen wollen, mit einer Reihe von Verkaufsförderungsmaßnahmen. Verschiedene der hierin aufgestellten Werbebehauptungen sind von den Antragstellern beanstandet worden. Sie waren in der Vergangenheit Gegenstand von Verfahren vor dem Landgericht Hamburg und dem Hanseatischen Oberlandesgericht.

Auf Antrag der Antragsteller hatte das Landgericht der Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 25.11.2003 unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel zunächst verboten,

mit Blick auf den Werbeträger EA zu behaupten/behaupten zu lassen,

"Bei der Verteilung spielt die hohe Qualität der Zustellung durch die Deutsche Post eine entscheidende Rolle. Immer samstags erreicht EA durch den Briefzusteller die Haushalte in Ihrem gewünschten Zielgebiet"

und/oder

"Qualitätszustellung durch den Briefzusteller bei der Deutschen Post direkt in den Briefkasten"

und/oder

"Die Briefzusteller der Deutschen Post stellen regelmäßig und termingenau zu"

wie dies in dem nachfolgend eingespiegelten Auszug aus der Eigenwerbungsbroschüre "So kommt ihre Haushaltswerbung garantiert gut an - Stand 09/03" geschieht.

Nachdem die Antragsteller der Antragsgegnerin die einstweilige Verfügung zugestellt hatten, gab die Antragsgegnerin mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.12.03 (Anlage AG1) u.a. folgende Erklärung ab

1. [...] Unsere Mandantin wird es bei Meidung einer durch Ihre Mandanten gemeinsam nach billigem Ermessen festzusetzenden, durch das Gericht zu überprüfenden Vertragsstrafe unterlassen, im geschäftlichen Verkehr es zu Zwecken des Wettbewerbs mit Blick auf den Werbeträger EA zu behaupten und/oder behaupten zu lassen,

"Bei der Verteilung spielt die hohe Qualität der Zustellung durch die Deutsche Post eine entscheidende Rolle. Immer samstags erreicht EA durch den Briefzusteller die Haushalte in Ihrem gewünschten Zielgebiet"

und/oder

"Qualitätszustellung durch den Briefzusteller bei der Deutschen Post direkt in den Briefkasten"

und/oder

Die Briefzusteller der Deutschen Post stellen regelmäßig und termingenau zu"

wenn dies wie in dem Beschluss des Landgerichts Hamburg, 315 O 706/03, vom 25. November 2003 eingespiegelten Auszug aus der Eigenwerbungsbroschüre "So kommt ihre Haushaltswerbung garantiert gut an - Stand 09/03" geschieht.

Die Haftung meiner Mandantin für Dritte gemäß § 278 BGB beschränkt sich auf Verstöße, die unserer Mandantin auch nach dem Maßstab des § 890 ZPO zuzurechnen wären.

2. Zur Vermeidung von Missverständnissen stellen wir klar, dass die Unterlassungserklärung insbesondere nicht die isolierte Bewerbung der Zustellung des Produktes durch Mitarbeiter unserer Mandantin mit

"Hohe Qualität der Zustellung"

und/oder

"Qualitätszustellung",

erfasst, soweit diese Werbeaussage nicht eingebettet sind in die unter Ziff. 1 aufgeführten Formulierungen.

3. [...]

Mit Schriftsatz vom 29.12.03 (Anlage AG2) nahmen die Antragsteller die Unterwerfung zu der dritten Behauptung an, lehnten dies hingegen zu den ersten beiden Behauptungen ab und beanstandeten insoweit die hierauf bezogene Erklärung unter Ziffer 2 als nicht akzeptabel. Insoweit erwiderte die Antragsgegnerin u.a. mit Schreiben vom 05.01.04 (Anlage AG3):

"[...] Dabei stellen wir ausdrücklich klar, dass sich unsere Auftraggeberin nicht berühmt, uneingeschränkt mit dem Prädikats "Qualitätszustellung" zu werben. Ob in Zukunft mit dieser Werbeaussage im Wettbewerb aufgetreten werden soll, ist noch nicht geklärt. [...]"

Nachdem die Antragsteller es auch nach weiterem Schriftwechsel ablehnten, die Unterwerfungserklärung der Antragsgegnerin vom 17.12.03 in vollem Umfang zu akzeptieren (Anlagen AG4/AG5), legte die diese mit Schriftsatz vom 15.01.04 Teil-Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vom 25.11.03 im Hinblick auf die beiden streitigen Behauptungen ein.

Die Antragsgegnerin steht auf dem Standpunkt, eine bestehende Wiederholungsgefahr sei durch ihre Erklärung vom 17.12.03 vollständig ausgeräumt worden. Der Zusatz aus Ziffer 2 des Schreibens beinhalte keinerlei Einschränkung der Unterwerfung zur konkreten Verletzungsform.

Das Landgericht hat auf den Antrag der Antragsgegnerin die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 10.03.04 zu den noch streitigen Behauptungen wieder aufgehoben und den Verfügungsantrag insoweit zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragsteller. Sie verfolgen in zweiter Instanz unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihr Begehren weiter. Sie stehen auf dem Standpunkt, die durch Ziffer 2 eingeschränkte Erklärung der Antragsgegnerin vom 17.12.03 sei ungeeignet gewesen, die gesetzte Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Die Antragsgegnerin verteidigt auf der Grundlage des bereits erstinstanzlich gestellten Abweisungsantrags das landgerichtliche Urteil.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist auch begründet. Die durch die - unstreitig - wettbewerbswidrige Werbung der Antragsgegnerin gesetzte Wiederholungsgefahr ist im Hinblick auf die beiden noch streitigen Werbebehauptungen nicht ebenfalls durch die Unterwerfungserklärung vom 17.12.03 wirksam ausgeräumt worden. Denn die Antragsgegnerin hat durch ihre Erklärung in Ziffer 2 versucht, Einschränkungen des Kernbereichs der Unterwerfung zur konkreten Verletzungsform vorzunehmen, die die Antragsteller nicht akzeptieren mussten. Zumindest stellt sich die Erklärung der Antragsgegnerin zu Ziffer 2 des Schreibens vom 17.12.03 und ihre Stellungnahme in nachfolgenden Schreiben als missverständlich dar, so dass sich die Antragsteller zur zweckentsprechenden Verteidigung ihrer Rechtsposition veranlasst sehen mussten, insoweit einen gerichtlichen Unterlassungstitel zu erwirken.

1. Die Antragsteller haben mit Schriftsatz vom 14.02.05 sowie zu Protokoll der Senatssitzung am 03.03.05 klargestellt, dass sie auch in zweiter Instanz ausschließlich den Unterlassungsanspruch nach Maßgabe des Verfügungsantrags verfolgen, der auf die konkrete Verletzungsform Bezug nimmt und diese ausdrücklich zum Gegenstand des begehrten Verbots macht. Soweit die Antragsteller mit der Berufungsbegründung zunächst einen Antrag ohne diesen Bezug zur konkreten Verletzungsform angekündigt hatten, handelt es sich hierbei um ein offensichtliches Versehen, ohne dass ein klagerweiternder Übergang auf einen verallgemeinertes Verbot beabsichtigt war. Für eine dahingehende Absicht enthält auch der übrige zweitinstanzliche Sachvortrag der Antragsteller keinerlei Anhaltspunkte. Dementsprechend enthalten die Erklärungen vom 14.02./03.03.05 als kostenneutrale Klarstellungen keine Veränderung des zweitinstanzlichen Streitgegenstandes.

2. Gegenstand des Verfügungsantrags war die Wettbewerbswidrigkeit der drei angegriffenen Behauptungen, weil die Antragsgegnerin die die Verteilung der Broschüre EINKAUF AKTUELL durch "Briefzusteller" beworben (alle 3 Behauptungen) und hiermit "Qualitätsaussagen" verbunden (die ersten beiden Behauptungen) verbunden hatte, obwohl die Beklagte das Werbemedium unstreitig zumindest auch durch eigens dafür eingestellte und nur samstags eingesetzte Aushilfskräfte verteilen lässt. Diese sind zwar auch ihre Mitarbeiter, können aber nicht den Vertrauensbonus des "Briefzustellers" in Anspruch nehmen. Mit Bezug auf diese Personengruppe ist die Qualitätswerbung unzulässig und zu unterlassen. Hierüber besteht zwischen den Parteien letztlich auch kein Streit.

3. Mit ihrer Unterwerfungserklärung vom 17.12.03 (Anlage AG1) hat sich die Antragsgegnerin nach Erlass der einstweiligen Verfügung vom 25.11.03 dementsprechend zu allen drei angegriffenen Behauptungen strafbewehrt unterworfen (Ziffer 1 des Schreibens) und damit zunächst die Wiederholungsgefahr ausgeräumt. Unmittelbar im Anschluss daran, unter Ziffer 2 desselben Schreibens, hat die Antragsgegnerin allerdings "klargestellt", dass die Unterlassungserklärung insbesondere nicht die isolierte Bewerbung mit den Formulierungen "Hohe Qualität der Zustellung" und/oder "Qualitätszustellung" erfasst, sofern diese Werbeaussage nicht eingebettet sind in die unter Ziff. 1 aufgeführten Formulierungen. Dieser Vorbehalt stellt sich - selbst wenn damit nur die Formulierung einer Selbstverständlichkeit beabsichtigt worden sein sollte - rechtlich als Einschränkung der Unterwerfung zur konkreten Verletzungsform dar, zumal er in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Unterwerfung genannt und damit unmittelbar auf diese bezogen ist. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts teilt der Senat nicht.

a. Die Antragstellerin hat grundsätzlich jedenfalls dann einen Rechtsanspruch auf uneingeschränkte Unterwerfung, wenn sie - wie geschehen - ausschließlich die konkrete Verletzungsform zum Gegenstand ihres Begehrens macht und keine Verallgemeinerungen hieraus ableitet. Die Erklärung muss so klar und eindeutig sein, dass ernsthafte Auslegungszweifel, aber auch Zweifel an ihrer Verbindlichkeit und Durchsetzbarkeit nicht aufkommen können (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl., § 8 Rdn. 14). Diesen Anforderungen wird die Unterwerfung der Antragsgegnerin zu den beiden noch streitigen Behauptungen nicht gerecht.

b. Wenn die Antragsgegnerin - wie dies ihr Ziel war - die konkrete Verletzungsform (und nur diese) streitfrei stellen wollte, dann hatte sie hierzu eine Unterwerfungserklärung ohne einschränkende Zusätze abzugeben. Zu irgendeinem Zusatz bzw. zu einer Einschränkung bestand aus Anlass der konkreten Verletzungssituation keine Veranlassung. Denn Streitgegenstand war nur diese Verletzungsform und nicht jede denkbare Form der Qualitätswerbung. Die Antragsgegnerin hätte deshalb abwarten können (und gegebenenfalls müssen), ob die Antragsteller eine spätere Werbemaßnahme, in der wiederum der Begriff "Qualität" im Zusammenhang mit der Zustellung Verwendung fand, zum Anlass für rechtliche Schritte aus der Unterwerfungserklärung vom 17.12.03 genommen hätte. In diesem Fall wäre nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu prüfen gewesen, ob die spätere Maßnahme von dem Kernbereich der Unterwerfung erfasst war und deshalb ein Verstoß vorlag. Zu diesem Zweck wäre dann - und erst dann - zu fragen gewesen, welche konkreten abweichenden Werbebehauptungen vom dem Charakteristischen des Streitgegenstands, der der Unterwerfung vom 17.12.03 zu Grunde lag, mit erfasst sind und deshalb einen Verstoß darstellen. In diesem Zusammenhang wäre insbesondere zu beurteilen gewesen, ob schon die Verwendung des Begriffs "Qualität" im Zusammenhang mit der Verteilung von EINKAUF AKTUELL zu beanstanden ist oder ob dies nur dann der Fall ist, wenn dies unter Bezugnahme auf einen "Briefzusteller" erfolgt.

c. Indem die Antragsgegnerin die "Klarstellung" zu der Verwendung der Begriffe "Hohe Qualität der Zustellung" und "Qualitätszustellung" unmittelbar in den Schriftsatz der Unterwerfungserklärung mit aufgenommen hat, hat sie hierdurch ihr Verständnis vom Kernbereich der Unterwerfung - welches richtig sein kann, aber nicht sein muss - zur Bedingung ihrer Unterwerfung erhoben. Damit hat die Antragsgegnerin aus Sicht der Antragstellerinnen den aus der konkreten Verletzungsform fließenden Kernbereich (vgl. insoweit für Unterwerfungserklärungen: Teplitzky, a.a.O., Rdn. 16) vorab eingeschränkt und somit für Folgestreitigkeiten eine "unbefangene" Bestimmung des Kernbereichs verstellt. Hierauf konnte und mussten sich die Antragstellerinnen nicht einlassen.

aa. Denn durch diesen Vorbehalt war nicht mehr gesichert, dass die Wiederholungsgefahr in dem vollen Umfang der konkreten Verletzungshandlung - der die Unterlassung kerngleicher Handlungen unausgesprochen mit umfasst - durch die Erklärung der Antragsgegnerin ausgeräumt war und ausgeräumt werden sollte. Die Wiederholungsgefahr bestand dementsprechend zu den beiden ersten Behauptungen aus dem Verfügungsantrag fort.

bb. Hieran ändert es auch nichts, dass die Antragsgegnerin anfangs ihres Vorbehalts zunächst nur von einer "isolierten" Bewerbung mit den streitigen Begriffen spricht, die - hierauf weist die Antragsgegnerin zu Recht hin - schon gar nicht Gegenstand des Streitgegenstands war. Insoweit mag der Vorbehalt als Feststellung einer Selbstverständlichkeit für den Fortfall der Wiederholungsgefahr unschädlich gewesen sein. Hierauf beschränkt sich indessen der Vorbehalt nicht. Denn die Antragsgegnerin hat darüber hinaus die Einschränkung vorgenommen, "soweit diese Aussagen nicht eingebettet sind in die unter Ziff. 1 aufgeführten Formulierungen." Diese Wendung betrifft hingegen das Verständnis des Kernbereichs unmittelbar. Denn hiervon sind nach ständiger Rechtsprechung nicht nur identische Formulierungen umfasst. Es sind ohne weiteres abweichende Formulierungen der streitigen Behauptungen denkbar, die gleichwohl in den Kernbereich des Verbots fallen, weil sie - trotz unterschiedlicher Formulierung - inhaltlich (praktisch) identisch sind (z.B. durch eine Umstellung der Worte oder das Auftrennen von Begriffen) und deshalb ebenfalls das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck bringen. Sofern die Antragsgegnerin dies nicht anders gesehen hat, handelte es sich bei dem Vorbehalt um eine unnötige, aber zu Missverständnissen Anlass gebende Selbstverständlichkeit, die spätestens auf das Schreiben der Antragsteller vom 29.12.03 ausdrücklich hätte aufgegeben werden müssen. Dies ist nicht aber gerade nicht bzw. nicht hinreichend eindeutig geschehen.

cc. Die in der Senatssitzung noch einmal betonte Auffassung der Antragsgegnerin, mit der Formulierung habe nur eine isolierte Verwendung der Begriffe vorbehalten bleiben sollen, vermag der Senat auch aus einem anderen Gesichtspunkt nicht zu teilen. Denn die Antragsgegnerin hatte eingangs von Ziffer 2 des Schreibens nicht formuliert "isoliert", sondern die Wortwahl "insbesondere isoliert" (Unterstreichung hinzugefügt) benutzt. Diese Formulierung beschränkt den Vorbehalt schon nach allgemeinem Sprachverständnis nicht ausschließlich auf den Fall der isolierten Verwendung, sondern nennt diesen nur als (wenngleich wichtigsten) Anwendungsfall, lässt aber gleichwohl anderweitige Verwendungsmöglichkeiten offen. Jedenfalls dann, wenn die Abfassung des Schreibens fachkundig von einem Rechtsanwalt vorgenommen worden ist, muss die Antragsgegnerin ein derartiges Verständnis gegen sich gelten lassen.

d. Die nachfolgenden Erklärungen der Antragsgegnerinnen, z.B. die Aussage aus dem Schreiben vom 05.01.04 (Anlage AG3), sie habe sich mit diesem Vorbehalt nicht berühmt, uneingeschränkt mit dem Prädikat "Qualitätszustellung" zu werben, sind ungeeignet gewesen, die Wiederholungsgefahr vollständig auszuräumen bzw. entstandene Missverständnisse über die Ernsthaftigkeit bzw. Tragweite ihres Willens zur Unterwerfung zu beheben.

aa. Zum einen war eine uneingeschränkte Bewerbung einer "Qualitätszustellung" nicht Gegenstand des Verfügungsverfahrens, so dass diese Erklärung zur Klärung nicht entscheidend beitragen konnte. Vor allem aber bezog sich der Vorbehalt aus dem Schriftsatz vom 17.12.03 nicht nur auf eine uneingeschränkte Verwendung, sondern auf jede Verwendung außerhalb des streitgegenständlichen Äußerungszusammenhangs ("...nicht eingebettet sind in die unter Ziff. 1 aufgeführten Formulierungen"). Zumindest konnte er missverständlich so gedeutet werden. Denn das Wort "isoliert" steht in einem Widerspruch zu der vorgenannten Formulierung. Hätte die Antragsgegnerin mit dem Wort "isoliert" tatsächlich nur ein jeder Einbettung entkleidete Begrifflichkeit gemeint, wäre der Zusatz unverständlich, weil vollkommen überflüssig. Jedenfalls bei einem hochstreitigen Rechtsverhältnis muss sich der Gegner bei einer durch einen Rechtsanwalt abgegebenen Erklärung nicht auf derartige Unsicherheiten einlassen, sondern kann Eindeutigkeit verlangen. Schon deshalb war auch die Berühmungsaufgabe aus dem Schreiben vom 05.01.04 ungeeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, denn sie betraf nur einen - noch nicht einmal überwiegenden - Ausschnitt des Vorbehalts.

bb. Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 05.01.04 nur von der (nicht streitgegenständlichen) uneingeschränkten Bewerbung Abstand genommen, die Beschränkung auf denselben Formulierungszusammenhang aber nicht mehr erwähnt. Selbst wenn die Antragsgegnerin sich selbst der Tragweite bzw. der Missverständlichkeit ihres Vorbehalts nicht bewusst gewesen sein sollte, oblag es ihr, eindeutige und klare Verhältnisse zu schaffen. Andernfalls war die Wiederholungsgefahr nicht wirksam ausgeräumt. Das Risiko einer unzureichenden Klärung der Rechtslage bestand für die Antragsteller fort, so dass diese im wohlverstandenen eigenen Interesse gehalten waren, den Rechtsstreit streitig fortzusetzen (vgl. hierzu: Teplitzky, a.a.O., Rdn. 16a). Zu der dritten Behauptung - in der die Wendung "Qualität" nicht vorkommt - hatten die Antragsteller konsequenterweise schon vorprozessual die Unterwerfung ausdrücklich angenommen, so dass diese nicht mehr Streitgegenstand ist.

cc. Auch die im Anschluss an den als "Prädikat" bezeichneten Begriff "Qualitätszustellung" wiedergegebene Äußerung in dem Schreiben vom 05.01.04 "Ob in Zukunft mit dieser Werbeaussage im Wettbewerb aufgetreten werden soll, ist noch nicht geklärt" war nicht geeignet, bestehende Zweifel auszuräumen, sondern konnte - im Gegenteil - als zusätzliches Indiz für den fehlenden umfassenden Unterwerfungswillen der Antragsgegnerin zur konkreten Verletzungsform (einschließlich kerngleicher Handlungen) verstanden werden. Denn auch dieser Satz beschränkt sich nicht auf isolierte Verwendungen dieses "Prädikats", sondern enthält aus Sicht der Antragsteller - jedenfalls vor dem Hintergrund des bereits ausgetauschten gegensätzlichen Standpunkte - auch die Möglichkeit, dass sich die Antragsgegnerin weiterhin des Rechts berühmt, diesen Begriff als Bestandteil einer komplexeren "Werbeaussage" zu verwenden. Es liegt dabei in der Natur der Sache wettbewerbsrechtlich relevanter Werbebehauptungen, dass sie in veränderten Äußerungszusammenhängen einer abweichenden rechtlichen Beurteilung unterliegen. Auch die Antragsteller konnten nicht davon ausgehen, dass sie der Antragsgegnerin mit ihrem auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Unterlassungstenor jedwede Verwendung des Begriffs "Qualitätszustellung" untersagen konnten. Vor diesem Hintergrund oblag es allein der Antragsgegnerin, insoweit unmissverständlich für Klarheit zu sorgen, wenn sie es für richtig gehalten hatte, der allein geschuldete Unterwerfung zur konkreten Verletzungsform weitergehende - durch die konkrete Wettbewerbshandlung nicht veranlasste und offenbar nur vorsorglich für künftige Streitverhältnisse als hilfreich erachtete - Erklärungen hinzuzufügen. Dies ist nicht geschehen. Die Darstellung der Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 05.01.04, es sei noch nicht geklärt, ob in Zukunft mit dieser Werbeaussage geworben werden soll, war dementsprechend ebenfalls nicht geeignet, für sich allein die Besorgnis der Wiederholung zu rechtfertigen.

e. Allerdings beurteilen die Antragsteller die Reichweite der Unterwerfung tatsächlich anders als die Antragsgegnerin. Mit Schriftsatz vom 18.02.04 (Anlage AS8) haben die Antragsteller die - isolierte - Verwendung des Begriffs "Qualitätszustellung" in einer weiteren Broschüre (Anlage AS7) als rechtsverletzend beanstandet und hierfür die Vertragsstrafe aus der Verpflichtungserklärung vom 17.12.03 als verwirkt angesehen. Dem ist die Antragsgegnerin nicht ohne Grund entgegengetreten (Anlage AS9). Denn es sind ohne weiteres Fallkonstellationen denkbar, in denen die Antragsgegnerin zulässigerweise selbst dann mit dem Begriff "Qualitätszustellung" werden darf, wenn die Zustellung nicht ausschließlich durch Briefzusteller erfolgt. Das Prädikat "Qualität" unter Bezugnahme auf den Vorgang "Zustellung" ist nicht notwendigerweise an die Ausführung durch Briefzusteller geknüpft, auch wenn dies im Zusammenhang mit der Antragsgegnerin eine nahe liegende Assoziation sein dürfte. Sofern die Antragsgegnerin z.B. auch die Verteilung durch Hilfskräfte einer besonderen, herausgehobenen und kontrollierbaren Ausführungsart unterwirft, die gegenüber gleichgerichteten Handlungen von Mitbewerbern das Prädikat "Qualität" rechtfertigt, und sie dies werblich entsprechend klarstellt, sind jedenfalls aus der Unterwerfungserklärung vom 17.12.03 Unterlassungsansprüche der Antragsteller kaum zu begründen. Genauso selbstverständlich sind aber auch Verletzungsformen der Unterwerfungserklärung denkbar, die den Begriff "Qualitätszustellung" unter Bezugnahme auf den Briefzusteller nennen, obwohl dies nicht eingebettet in die ganz konkreten Formulierungen aus der Unterwerfungserklärung geschieht. Schon diese Überlegungen zeigen, dass der Vorbehalt der Antragsgegnerin ungeeignet war, die Rechtslage unter Ausschluss der Wiederholungsgefahr abschließend zu klären.

f. Die weitere Entwicklung der streitigen Auseinandersetzungen der Parteien hat danach zwar gezeigt, dass die Parteien über den Umfang des Kernbereichs der Unterwerfungserklärung vom 17.12.03 unterschiedliche Vorstellungen hatten, so dass eine Klarstellung notwendig und geboten war. Diese durfte gleichwohl nicht - wie geschehen - einseitig von der Antragsgegnerin vorgenommen werden, sondern musste einer späteren Beurteilung aus Anlass eines neuen Verletzungsfalls vorbehalten bleiben, wenn der Antragsgegnerin daran gelegen war, mit ihrer Erklärung vom 17.12.03 die Wiederholungsgefahr zu beseitigen und das einstweilige Verfügungsverfahren gegenstandslos zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.



Ende der Entscheidung

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