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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 08.10.2008
Aktenzeichen: 5 U 83/07
Rechtsgebiete: GMV, MarkenG


Vorschriften:

GMV Art. 9 Abs. 3
GMV Art. 97
GMV Art. 98
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG § 14 Abs. 6
MarkenG § 18
MarkenG § 19
1. Das Verletzungsgericht darf einer Marke (hier: als Formmarke eingetragener Gelenksteigbügel) jedenfalls in der Verwendungsform eine markenmäßige Verwendung nicht versagen, aufgrund derer der markenrechtliche Schutz im Eintragungsverfahren gewährt und die von Haus aus bestehende mangelnde Unterscheidungskraft als überwunden angesehen worden ist.

2. Der kennzeichnende Eindruck einer Formmarke, die in ihrer Gesamtform ein auf dem Markt übliches Gestaltungsmerkmal nachvollzieht, kann sich prägend aus solchen Bestandteilen (hier: Gummihülsen) ergeben, denen (auch) eine technische Wirkung (hier: zur Verdeckung der Gelenke) zukommt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die technische Bedingtheit nur die Existenz als solche, nicht aber Material, Farbe und konkrete Formgestaltung betrifft.

3. Bei dreidimensionalen Marken, die Form einer Ware wiedergeben, ist aufgrund der vielfältigen Komponenten, die die Warenform ausmachen, ein vollständiges und verlässliches Erinnerungsbild des Durchschnittsverbrauchers - auf das für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblich abzustellen ist - häufig noch schwerer als im markenrechtlichen Normalfall herzustellen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftszeichen: 5 U 83/07

verkündet am: 8. Oktober 2008

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg,5. Zivilsenat, durch die Richter Betz, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht, Rieger, Richter am Oberlandesgericht, Lemke, Richterin am Oberlandesgericht nach der am 17. September 2008 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 20. April 2007 abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin durch Vorlage eines einheitlichen Verzeichnisses darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die nachstehend abgebildeten Gelenksteigbügel seit dem 9. Juli 2005 bis zum 14. September 2005 und seit dem 15. Oktober 2005 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu diesen Zwecken besessen hat, und zwar unter Angabe a) der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und der anderen Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und der Auftraggeber,

c) der Menge der bestellten Gelenksteigbügel,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) [...].

2. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die in ihrem Besitz und die in ihrem Eigentum befindlichen, oben unter Ziffer 1 beschriebenen Gelenksteigbügel zu vernichten.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

a) der Klägerin eine angemessene Entschädigung für die oben unter Ziffer 1. beschriebenen und in dem Zeitraum vom 09.07.05 bis zum 14.07.05 begangenen Handlungen zu zahlen, b) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer 1. beschriebenen und seit dem 15. Oktober 2005 begangenen Handlungen bereits entstanden ist oder noch entstehen wird;

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.600.- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juni 2006 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen und die weitergehende Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 28.000.- abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist ein im Jahr 1872 gegründetes Familienunternehmen, das sich unter anderem mit der Herstellung und mit dem Vertrieb von Reitgeschirren befasst (Anlage B 1 bis Anlage B 3) .

Zu dem Sortiment der Klägerin gehört ein Gelenksteigbügel. Dieser weist u.a. zwei dunkle Gummihülsen auf, die im unteren Bereich der seitlichen Arme des Steigbügels angebracht sind und die Gelenke umschließen.

Die Klägerin ist Inhaberin der am 14. Juli 2005 eingetragenen und am 15. September 2005 veröffentlichten Gemeinschaftsmarke Nr. 159 96 20 (Anlage K 1). Diese dreidimensionale Marke zeigt einen Steigbügel, mit Gummihülsen im unteren Bereich der seitlichen Arme. Der Eintragung der bereits am 7. April 2000 angemeldeten Marke war ein Verfahren vor dem Harmonisierungsamt vorangegangen. Mit Beschluss der Beschwerdekammer vom 10. Dezember 2004 wurde der klägerischen Gemeinschaftsmarke u. a. Unterscheidungskraft infolge Benutzung im Sinne von Art. 7 Abs. 3 GMV bescheinigt (Anlage K 2). Die Veröffentlichung der Anmeldung der Marke ist am 8. Juli 2005 erfolgt. Die Beklagte ist ebenfalls im Bereich des Reitsportbedarfs tätig. Sie hat als Ausstellerin auf der Messe "Hansepferd" in Hamburg vom 28. April bis zum 1. Mai 2006 einen Gelenksteigbügel angeboten, der im unteren Bereich der seitlichen Arme ebenfalls schwarze Gummihülsen aufweist (Anlage K 4).

Mit Schreiben ihrer Patentanwälte vom 4. Mai 2006 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen der Verletzung ihrer Gemeinschaftsmarke durch den von der Beklagten angebotenen Gelenksteigbügel ab (Anlage K 6). Daraufhin gab die Beklagte am 18. Mai 2006 eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab (Anlage K 7), mit der sie sich unter anderem verpflichtete, es zu unterlassen, Gelenksteigbügel im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, soweit diese einen Gelenkschutz aus schwarzen Schlauchstücken aufweisen. Der Forderung der Klägerin, zugleich Auskunft zu erteilen, ihre Verpflichtung zur Schadensersatzleistung anzuerkennen und Abmahnkosten zu zahlen, kam die Beklagte hingegen nicht nach.

Die Patentanwälte der Klägerin stellten dieser mit Schreiben vom 22. Mai 2006 für ihre Tätigkeit Kosten in Höhe von € 1.600.- netto in Rechnung (Anlage K 8).

Die Klägerin hat vorgetragen,

ihre Gelenksteigbügel genössen bei Reitsportlern europaweit eine große Bekanntheit. Die Gestaltung sei so charakteristisch, dass ihr Steigbügel von dem Verkehr als "Sprengerbügel" bezeichnet werde. Sie halte in Deutschland einen Marktanteil von 90% für Gelenksteigbügel sowie von 50% bei Steigbügeln allgemein. Sie erwirtschafte im Inland mit dem Gelenksteigbügel seit dem Jahr 2003 einen Umsatz von jährlich ca. € 750.000.-.

Sie habe Gelenksteigbügel mit Gummihülsen entwickelt bzw. entwickeln lassen (Patentanmeldung DE 33 178 59, Anlage K 15 sowie Gebrauchsmuster DE 83 14 505) und bereits im Jahr 1983 einen entsprechenden Gelenksteigbügel auf dem Markt eingeführt und diesen in den Folgejahren vertrieben (Anlage K 12 und K 13). Die Markenanmeldung im Jahr 2000 habe nur eine frühere Entwicklung nachvollzogen. Auch an dem Europäischen Patent EP 1 003 688 (des Herrn E.M., Anlage B 6) halte sie ausschließliche Nutzungsrechte.

Bei dem Gelenksteigbügel der Beklagten handele es sich um eine Verletzung ihres markenrechtlich geschützten Gelenksteigbügels. Die Produkte seien selbst bei einem unmittelbaren Vergleich kaum auseinander zu halten. Daneben liege auch eine wettbewerblich unlautere Nachahmung ihres Steigbügels vor, der über wettbewerbliche Eigenart verfüge. Er verfüge im Markt über eine besondere Ausstrahlungskraft und Einzigartigkeit. Charakteristisch für ihren Steigbügel seien die abrupt in der Mitte endenden, dunklen Gummihülsen. Hierbei handele es sich um ein willkürliches und austauschbares Merkmal, das nicht allein durch die technische Funktion zum Schutz der Gelenke der Steigbügels bedingt sei. Wegen dieser schwarzen Gummihülsen sei ihr Gelenksteigbügel im Markt bekannt. Diese Gestaltungsmerkmale seien von dem Verletzungsmuster identisch übernommen worden.

Schließlich sei die fast identische Nachahmung auch unter dem Gesichtspunkt der Preisunterbietung unlauter. Sie habe die Gelenksteigbügel in langjähriger und kostspieliger Forschungs- und Entwicklungsarbeit geschaffen, was sich in den Kaufpreis von € 136.- niederschlage. Die Beklagte, die ihr Produkt schlicht nachahme, könne unter Einsparung dieser Kosten zu einem Preis von € 35.- anbieten.

Deshalb sei die Beklagte ihr über die Unterlassungserklärung hinaus u.a. auch zur Auskunftserteilung sowie zum Schadensersatz verpflichtet.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin durch Vorlage eines einheitlichen Verzeichnisses darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die nachstehend abgebildeten Gelenksteigbügel <es folgt die Abbildung des in den Tenor eingeblendeten Steigbügels> seit dem 09.07.05 bis zum 14.09.05 und seit dem 15.10.05 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu diesen Zwecken besessen hat, und zwar unter Angabe

a. der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und der anderen Vorbesitzer,

b. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und der Auftraggeber,

c. der Menge der bestellten, erhaltenen und ausgelieferten Gelenksteigbügel,

d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e. der erzielten Umsätze;

2. die Beklagte zu verurteilen, die in ihrem Besitz und die in ihrem Eigentum befindlichen, oben unter Ziffer 1 beschriebenen Gelenksteigbügel zu vernichten.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

a. der Klägerin eine angemessene Entschädigung für die oben unter Ziffer 1. beschriebenen und in dem Zeitraum vom 09. Juli 2005 bis zum 14. Juli 2005 begangenen Handlungen zu zahlen,

b. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer 1. beschriebenen und seit dem 15. Oktober 2005 begangenen Handlungen bereits entstanden ist oder noch entstehen wird;

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.600.- nebst Zinsen in Höhe von 8% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juni 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat widerklagend beantragt,

die am 7. April 2000 angemeldete Gemeinschaftsmarke EU 599 620 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat vorgetragen,

durch die Eintragung einer dreidimensionale Marke unterlaufe die Klägerin die Rechtsinstitute des Geschmacksmusterrechts sowie des Urheberrechts, die für den Schutz der Form einer Ware gedacht seien.

Die Gelenksteigbügel der Klägerin seien zudem seit langem im Ausland durch ein Produkt der Firma Hypo Sport vorbekannt gewesen und bereits Anfang der 90er Jahre erstmalig in Deutschland vertrieben worden (Anlage B4).

Deshalb sei die Markenanmeldung der Klägerin gem. Art. 51 Abs. 1 Buchst. b) GMV nichtig, weil diese bösgläubig gewesen sei. Darüber hinaus liege ein Nichtigkeitsgrund gem. Art. 51 Abs. 1 Buchst. a) GMV vor. Denn die Klagemarke habe wegen eines absoluten Eintragungshindernisses gem. Art. 7 Abs. 1 Buchst. e) GMV nicht eingetragen werden dürfen. Die Formgebung sei ausschließlich durch die Art der Ware und die zu erzielenden technischen Wirkungen bedingt. Dies gelte - neben allen anderen Elementen - auch für die an beiden Schenkeln des Gelenksteigbügel angebrachten Schutzschläuche. Deren Zweck erschöpfen sich darin, die Gelenke gegen Schmutz und Feuchtigkeit zu schützen sowie zu verhindern, dass das zur Schmierung der Gelenke aufgetragen Fett austreten kann (Anlage B 6).

Durch den Beschluss des HABM sei lediglich das absolute Eintragungshindernis aus Art. 7 Abs. 1 Buchst. b), nicht jedoch jenes aus Art. 7 Abs. 1 Buchst. e) GMV überwunden geworden. Letzteres könne durch Benutzung auch nicht überwunden werden.

Die Beklagte hat zudem die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die in der Klagemarke abgebildete Stegplatte sei glatt und lasse - anders als das von der Klägerin vertriebene Produkt - eine Einlage nicht erkennen.

Eine Nachahmung sei nicht erfolgt. Die auf dem Markt angebotenen Steigbügel hätten sämtliche ein nahezu identisches Design (Anlage B 5). Verwechslungsgefahr liege schon im Blick auf die unterschiedliche Farbe der Einlage sowie den abweichenden Preis nicht vor. Mit ihren Produkten wendeten sich die Parteien an unterschiedliche Zielgruppen. Die von der Klägerin im oberen Preissegment angesprochene Zielgruppe verfüge über erhebliche Erfahrung und werde sich nicht an der Farbe oder Form der Schlauchstücke orientieren.

Die geltend gemachten Folgeansprüche scheiterten zudem daran, dass auf der Messe "Hansepferd 2006" keine markenrechtlich relevanten Benutzungshandlungen vorgenommen worden seien. Die geltend gemachten Abmahnkosten seien überhöht. Ein Streitwert sei in der Kostenrechnung nicht genannt, der von der Klägerin angesetzte sei deutlich übersetzt. Zinsen können die Klägerin allenfalls in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangen, da es nicht um eine Entgeltforderung gehe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Landgericht Hamburg hat mit dem angegriffenen Urteil vom 20.04.2007 sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Gegen die Abweisung der Klage richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin. Die Beklagte hat die Abweisung der Widerklage nicht mit Rechtsmitteln angegriffen.

Die Klägerin verfolgt in zweiter Instanz ihr Klagebegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20.04.07 abzuändern und nach den Klageanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage des bereits erstinstanzlich gestellten Klagabweisungsantrag.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen auch begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten in dem zuerkannten Umfang Auskunft (Art. 97 Abs. 2 GMV i. V. m. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 19 MarkenG) und Vernichtung (Art. 97 Abs. 2 GMV i. V. m. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 18 MarkenG) sowie die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung (Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GMV) sowie des Schadensersatzes (Art. 97 Abs. 2 GMV i. V. m. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 6 MarkenG) verlangen. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts teilt der Senat nicht.

1. Mit dem Vertrieb des angegriffenen und als Anlage K4 vorgelegten Gelenksteigbügels hat die Beklagte die Rechte der Klägerin aus der Gemeinschaftsmarke mit der Folge verletzt, dass dieser aus Art. 9 Abs. 1 lit. b. GMV ein (nicht streitgegenständlicher) Unterlassungsanspruch sowie aus Art. 97 Abs. 2 GMV in Verbindung mit denen nationalen Vorschriften die geltend gemachten Folgeansprüche dem Grunde nach zustehen.

a) Die auf Art. 51 Abs. 1 lit. a. i. V. m. Art. 7 Abs. 1 lit. e. i + ii sowie auf Art. 51 Abs. 1 lit. b. GMV gestützte Widerklage hat das Landgericht rechtskräftig abgewiesen. Ein Rechtsmittel hiergegen hat die Beklagte nicht eingelegt, so dass der Senat für die Entscheidung des Rechtsstreits von dem Fortbestand der Gemeinschaftsmarke sowie der markenrechtlichen Schutzfähigkeit der Formgestaltung des Gelenksteigbügels der Klägerin auszugehen hat.

b) Die Gemeinschaftsmarke der Klägerin steht in Kraft. Der Verletzungsrichter ist an die Eintragung einer Marke in dem Sinne gebunden, dass ihm versagt ist, der Marke jeglichen Schutz zu versagen (BGH WRP 07, 1090, 192 - Pralinenform; BGH GRUR 03, 436, 439 - Feldenkrais; BGH WRP 02, 987, 990 - Festspielhaus; BGH GRUR 02, 626, 627 - IMS; BGH GRUR 98, 412, 413 - Analgin). Diese Bindung bezieht sich indes nur auf die Tatsache der Eintragung und die zu Grunde liegenden Feststellung zu den Eintragungsvoraussetzungen und -hindernissen, die bei der Eintragung eines Zeichens als Marke Prüfungsgegenstand sind (BGH GRUR 05, 427, 428 - Lila-Schokolade; BGH GRUR 00, 888, 889 - MAG-LITE). Es ist ihm folglich verwehrt, der Marke in der eingetragenen Form jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen (BGH GRUR 05, 414, 416 - Russisches Schaumgebäck).

c) Vor diesem Hintergrund kommt es nicht (mehr) darauf an, ob der Gelenksteigbügel der Klägerin überhaupt i.S.v. § 3 Abs. 1 MarkenG (bzw. Art. 4 GMV) markenfähig ist. Den - in erster Linie im Hinblick auf die Widerklage erhobenen - grundsätzlichen Einwänden der Beklagten gegen die Markenfähigkeit fehlt für den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens die Relevanz. Von der Markenfähigkeit hat der Senat aufgrund der Eintragungsentscheidung auszugehen. Die am 14. Juli 2005 eingetragene Klagemarke ist auch im Übrigen rechtsbeständig. Die fünfjährige Benutzungsschonfrist aus Art. 15 Abs. 1 GMV ist noch nicht abgelaufen.

d) Die Beklagte hat die Gemeinschaftsmarke der Klägerin im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 GMV verletzt.

aa) Zwischen den Produkten der Parteien besteht Warenidentität.

bb) Eine Verletzungshandlung nach dieser Vorschrift setzt nach der zu § 14 Abs. 2 MarkenG ergangenen Rechtsprechung grundsätzlich weiter voraus, dass die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig erfolgt, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines Unternehmens von denen anderer dient (BGH WRP 07, 1090, 192 - Pralinenform; BGH GRUR 05, 414, 415 - Rus-sisches Schaumgebäck). Die Ausübung des Markenrechts ist damit auf Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, die Gewährleistung der Herkunft der Waren gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten, beeinträchtigen kann (BGH WRP 07, 1090, 192 - Pralinenform; BGH GRUR 05, 427, 428 - Lila-Schokolade). Auch bei einer dreidimensionalen Marke richtet sich der Schutz des Markenrechts vor allem gegen die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke, nicht gegen die Übernahme technischer Lösungen, von Gebrauchseigenschaften oder ästhetischer Gestaltungsgedanken durch Mitbewerber für deren Waren (BGH WRP 07, 1090, 1092 - Pralinenform; EuGH GRUR 2002, 804 - Philips; BGH GRUR 2003, 332 - Abschlussstück). Die Gerichte sind dabei selbst dann, wenn eine mit der geschützten Marke identische Bezeichnung oder Gestaltung benutzt wird, nicht aus Rechtsgründen gehindert anzunehmen, die beanstandete konkrete Verwendungsform werde vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis verstanden (BGH GRUR 2005, 1044 - Dentale Abformmasse; BGH GRUR 2005, 414, 416 - Russisches Schaumgebäck). Die Eintragung eines Zeichens als Marke hat nicht zur Voraussetzung, dass das Zeichen in jedweder Verwendungsform (Unterstreichung durch den Senat) Herkunftshinweisfunktion hat. Es ist daher im Kollisionsfall Aufgabe der Verletzungsgerichte zu prüfen, ob gerade die beanstandete Verwendungsform herkunftshinweisend ist. Dies gilt auch für eine dreidimensionale Marke, deren Gestaltung einer Warenform entspricht (BGH GRUR 2005, 414, 416 - Russisches Schaumgebäck).

cc) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze liegt in der vorliegenden Fallgestaltung eine markenmäßige Verwendung der Klagemarke vor. Die Frage einer markenmäßigen Verwendung einer dreidimensionale Marke wird dabei unter anderem durch ihre Kennzeichnungskraft mitbestimmt.

aaa) Für die erforderliche Beurteilung, ob eine Formmarke markenmäßig benutzt wird, ist dabei auf das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers abzustellen (BGH WRP 07, 1090, 192 - Pralinenform; BGH GRUR 2003, 332 - Abschlussstück; BGH GRUR 2004, 947, 948- Gazoz). Allerdings fasst der Verkehr nach der Lebenserfahrung die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auf, weil es bei der Warenform zunächst um eine funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware selbst geht (BGH GRUR 05, 158. 159 - Stabtaschenlampe "MAGLITE"; BGH GRUR 04, 329, 330 - Käse in Blütenform). Auch eine besondere Gestaltung der Ware selbst wird danach eher diesem Umstand zugeschrieben werden als der Absicht, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen (BGH WRP 03, 889, 891 - Goldbarren; BGH GRUR 2003, 332 - Abschlussstück; BGH GRUR 2004, 329, 330 - Käse in Blütenform). Soweit die Elemente eines Bildzeichens lediglich die typischen Merkmale der in Rede stehenden Waren darstellen oder sich in einfachen dekorativen Gestaltungsmitteln erschöpfen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige Verwendungen gewöhnt hat, wird einem Zeichen im allgemeinen wegen seines bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden (BGH WRP 02, 1040, 1042 - Farbige Arzneimittelkapsel; BGH GRUR 01, 734, 735 - Jeanshosentasche). Erschöpft sich das Zeichen dagegen nicht in der Darstellung von Merkmalen, die für die Ware typisch oder lediglich von dekorativer Art sind, sondern weist es darüber hinausgehende charakteristische Merkmale auf, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht, so kann die Unterscheidungskraft nicht verneint werden (BGH GRUR 02, 239, 240 - Zahnpastastrang; BGH WRP 02, 1040, 1042 - Farbige Arzneimittelkapsel), wenn der Verkehr in ihnen nicht nur bloße Gestaltungsmerkmale sieht, sondern sie als Herkunftshinweis versteht (BGH GRUR 2006, 679, 681 - Porsche Boxter).

bbb) Bei der Feststellung der Unterscheidungskraft von dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, ist dabei grundsätzlich kein strengerer Maßstab als bei anderen Markenformen anzulegen. Voraussetzung für die Bejahung der Unterscheidungskraft ist bei Warenformen allein die Vorstellung der angesprochenen Verkehrskreise, dass die konkrete Warenform aus welchen Gründen auch immer etwas über die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aussagt (BGH GRUR 05, 158. 159 - Stabtaschenlampe "MAGLITE"; BGH GRUR 04, 329, 330 - Käse in Blütenform). Bei technischen Geräten wird der Verkehr ein konkretes Gestaltungsmerkmal - selbst wenn es in Wirklichkeit nicht technisch bedingt ist - eher für funktionsbedingt halten und ihm keinen Herkunftshinweis entnehmen, weil er zunächst davon ausgeht, dass sich die Form bei solchen Waren in erster Linie an der technischen Funktion orientiert (BGH GRUR 04, 329, 330 - Käse in Blütenform; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH). Wenn bereits eine Vielfalt an Gestaltungen üblich ist, wird der Verkehr häufig dazu neigen, die jeweilige Gestaltung mit einer bestimmten betrieblichen Herkunft zu verbinden, wenn es sich erkennbar um eine willkürliche Formgebung handelt, die sich von anderen Gestaltungen durch wiederkehrende charakteristische, also identitätsstiftende Merkmale unterscheidet (BGH GRUR 04, 329, 330 - Käse in Blütenform; BGH,GRUR 1997, 527, 529 - Autofelge). Denn aus tatsächlich vorhandenen Gestaltungsformen kann geschlossen werden, ob der Verkehr einem Zeichen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft beilegt BGH WRP 02, 1040, 1041 - Farbige Arzneimittelkapsel).

ccc) Bei der Beurteilung, ob das beanstandete Produkt markenmäßig benutzt, ist auch zu berücksichtigen, welche Kennzeichnungskraft die Klagemarke erreicht hat. Denn der Grad der Kennzeichnungskraft einer dreidimensionalen Marke hat Auswirkungen darauf, ob der Verkehr dieser Form einen Herkunftshinweis entnimmt, wenn er ihr als Form einer Ware begegnet (BGH WRP 07, 1090, 1094 - Pralinenform; BGH GRUR 2004, 151 - Farbmarkenverletzung I; BGH GRUR 2005, 427, 428 f - Lila-Schokolade).

(1) Im Rahmen des Verletzungsverfahren ist in diesem Zusammenhang allein die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der zu Gunsten der Klägerin eingetragenen Formmarke von Bedeutung. Die Klagemarke ist auf Grund ihrer Verkehrsbekanntheit und Durchsetzung in den ange-sprochenen Verkehrskreisen eingetragen worden ist und hat damit das Schutzhindernis des Art. 7 Abs. 1 lit. b. GMV überwunden. Die Eintragung einer Marke als durchgesetztes Zeichen bedeutet zwar nicht, dass der Marke im Verletzungsverfahren in jedem Fall zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft beizumessen ist. Die Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung der Marke hat nur zur Folge, dass er der Marke nicht jeglichen Schutz versagen darf (BGH WRP 07, 1090, 1094 - Pralinenform; BGH GRUR 2002, 814, 815 - Festspielhaus I). Dementsprechend hat der Verletzungsrichter den Grad der Kennzeichnungskraft im Verletzungsverfahren selbstständig zu bestimmen (BGH WRP 1090, 1094 - Pralinenform). Dies gilt auch für Marken, die auf Grund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen sind. Allerdings wird bei diesen regelmäßig von einer mindestens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft ausgegangen werden können (BGH WRP 07, 1090, 1094 - Pralinenform; vgl. noch zum Warenzeichengesetz BGH GRUR 1991, 613 - SL).

(2) Auch die im vorliegenden Fall streitgegenständliche Klagemarke verfügt nach Auffassung des Senats über (zumindest) durchschnittliche Kennzeichnungskraft als Formmarke. Für die Frage der Kennzeichnungskraft (und die markenmäßige Benutzung) ist - wie bereits ausgeführt - darauf abzustellen, ob die angesprochenen Verkehrskreise in der Gestaltung nicht lediglich eine Produktform erkennen, sondern diese Warenform zugleich als Herkunftshinweis auf einen bestimmten Hersteller verstehen. Diese Voraussetzung hat das HABM im Rahmen des Eintragungsverfahrens für die Klagemarke als Ganzes kraft Benutzung bejaht, obwohl es ihr von Haus aus eine hinreichende Unterscheidungskraft abgesprochen hat (Beschluss vom 10.12.04 in Anlage K 2).

(3) Die Beschwerdekammer des HABM hatte in diesem Beschluss ausgeführt, dass auch die farbigen Gummihülsen an den Seitenteilen keine Unterscheidungskraft von Haus aus begründen und hierzu unter Nr. 23 des Beschlusses vom 10. Dezember 2004 ausgeführt: "Nach Auffassung der Kammer wird der mit den Waren konfrontierte Verbraucher die Marke von Haus aus als Beispiel eines Gelenksteigbügels mit Hülsen wahrnehmen und nicht als Hinweis auf einen Geschäftsbetrieb" (Anlage K 2). Unterscheidungskraft - und damit Markenfähigkeit - ist damit allein aufgrund der belegten Bekanntheit und starken Marktposition zuerkannt worden. Nicht die besonders individuelle Gestaltung des Steigbügels allein führt dazu, dass dieser mit der Klägerin in Verbindung gebracht und von anderen Produkten unterschieden wird, sondern allein die umfangreiche Benutzung dieser Gestaltungsform im Verkehr. Eine Verkehrsbekanntheit hat das HABM nicht ausdrücklich festgestellt, sondern allein die Tatsache, dass Steigbügel in der streitgegenständlichen Formgestaltung der Klägerin zugeordnet werden.

(4) Die Klägerin geht deshalb nach Auffassung des Senats zwar zu Unrecht davon aus, dass die Klagemarke über Verkehrsbekanntheit verfügt und sogar eine gesteigerte Kennzeichnungskraft vorliegt. Die Voraussetzungen von Art. 9 Abs. 1 lit. c. GMV liegen nicht vor. Die von dem HABM festgestellte Verkehrsdurchsetzung hat lediglich das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft überwunden und zu einer normalen Kennzeichnungskraft geführt. Dabei hat das HABM alle diejenigen Umstände berücksichtigt, auf welche die Klägerin eine gesteigerte Kennzeichnungskraft stützt, insbesondere die Marktgegebenheiten, Werbung, Marktanteil, Stellungnahmen von Vertriebspartnern und so weiter. Insbesondere ist auch die Prägung der Klagemarke durch die schwarzen Hülsen erst in diesem Zusammenhang ausschlaggebend gewesen. Ohne Berücksichtigung dieser Umstände wären noch nicht einmal eine Markeneintragung erfolgt. Für die Berechtigung des in diesem Rechtsstreit verfolgten Anspruchs ist diese geringere Kennzeichnungskraft jedoch nicht von entscheidender Bedeutung.

ddd) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass die Marke der Klägerin trotz ihrer unstreitig im Vordergrund stehender funktionalen Eigenschaften als Steigbügel grundsätzlich markenmäßig als Herkunftshinweis benutzt werden kann.

(1) Für die Klagemarke ergibt sich dies schon daraus, dass eine Eintragung als Marke nicht hätte erfolgen dürfen, wenn eine spezifisch markenmäßige Verwendung des Gesamtzeichens überhaupt nicht - und nicht einmal theoretisch - in Betracht kommt. Im Hinblick auf die Bindung des Senats an die Eintragung der Marke hat dieser deshalb auch davon auszugehen, dass die Klagemarke dazu bestimmt und geeignet ist, auch in der konkreten Benutzung eine Herkunftshinweisfunktion zu entfalten. Jedes andere Ergebnis würde den zu respektierenden Umstand der Markeneintragung missachten.

(2) Allerdings entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass der Umstand einer Markeneintragung einer Formmarke - wie dargelegt - nicht notwendigerweise bedeutet, dass das Produkt auch in jeder Verwendungsform gerade markenmäßig (als Herkunftshinweis) und nicht nur gestalterisch (als ästhetisch gelungene Form) verstanden wird. Die Klägerin verwendet und bewirbt ihr Produkt als Gelenksteigbügel und damit in erster Linie in seiner funktional-ästhetischen Zweckbestimmung. Dieser Umstand kann indes - anders als die Beklagte meint - nicht dazu führen, dass der Klägerin deshalb ein markenrechtlicher Schutz mangels markenmäßigen Benutzung der Steigbügel abzuerkennen ist. Denn eine derartige Rechtsfolge würde dem Umstand der Markeneintragung gerade zuwider laufen und zu sinnwidrigen Ergebnissen führen.

(3) Es mag sein, dass eine Eintragung des klägerischen Gelenksteigbügel als Formmarke möglicherweise nicht gerechtfertigt gewesen ist und hätte unterbleiben sollen, weil ein Schutz derartiger Gestaltungsformen z.B. als Geschmacksmuster vorzugswürdig ist. Ungeachtet dessen bleibt jedoch zu beachten, dass das HABM die Marke nicht nur einge-tragen, sondern hierbei die Unterscheidungskraft insbesondere gerade aus der Tatsache einer umfangreichen Warenpräsentation und Bewerbung des Produkts in seiner Ursprungsfunktion als Gelenksteigbügel mit schwarzen Hülsen abgeleitet hat. Insoweit wird auf die Ausführungen des HABM auf Seite 9 bis 12 der Entscheidung vom 10. Dezember 2004 (Anlage K 2) Bezug genommen. Hatte das HABM die ursprünglich bestehende mangelnde Unterscheidungskraft gerade hierdurch als überwunden angesehen, so hat auch der Senat davon auszugehen, dass jedenfalls die übliche Verwendung des Steigbügels sowie seine Präsentation in der Werbung markenmäßig erfolgt und geeignet ist, die Herkunftsfunktion zu erfüllen.

(4) Jede andere Betrachtung würde nach Auffassung des Senats zu in konsistenten Ergebnissen führen. Insbesondere kann nicht verlangt werden, dass die Klägerin im Verletzungsprozesses eine Kennzeichnungskraft ihrer Marke nachweisen muss, die über die im Eintragungsverfahren zu Grunde gelegte Unterscheidungskraft hinausgeht. Dies hätte zur Folge, dass die Klägerin zwar Inhaberin einer eingetragenen Formmarke, jedoch nicht in der Lage ist, irgendwelche Unterlassungsansprüche hieraus geltend zu machen. Ein derartiges Ergebnis widerspräche markenrechtlichen Grundsätzen. Danach muss es auch dem Inhaber einer verkehrsdurchgesetzten Marken möglich sein, in (irgend)einer Verwendungsform hieraus markenrechtliche Unterlassungsansprüche geltend zu machen, ohne sich entgegenhalten lassen zu müssen, der Verkehr verstehe die Marke nur als gelungene Produktästhetik. Ansonsten liefe der markenrechtliche Schutz vollständig leer.

(5) Die Beklagte hat nichts dazu vorgetragen - und es ist auch nichts dafür ersichtlich -, dass in Bezug auf die markenmäßige Verwendung des Klagezeichens in der Form eines Gelenksteigbügel nach unterschiedlichen Benutzungsformen bzw. -zusammenhängen differenziert werden könnte bzw. müsste. Vielmehr belegt die Eintragung als Marke, dass jedenfalls mit einer dem originären Gebrauchszweck des Steigbügels entsprechenden Verwendung auch eine markenmäßige Benutzung verbunden ist. Es mag - je nach Produktart - Situationen geben, in denen zwar zuweilen, aber nicht durchgängig ein markenmäßiger Gebrauch anzunehmen ist. Hierfür ist für den Senat im vorliegenden Fall nichts ersichtlich.

(6) Dementsprechend können auch die von der Beklagten mit ihrem Schriftsatz vom 02.10.2008 angeführten Rechtsprechungsgrundsätze keine abweichende Entscheidung des Einzelfalls rechtfertigen. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass eine markenmäßige Benutzung voraussetzt, dass gerade in der angegriffenen Form (hierzu noch später) ein Herkunftshinweis zu erblicken ist. Sie versäumt es indes, dabei über die Wiedergabe zutreffender abstrakter Rechtsgrundsätze hinaus eine für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits konkrete Anwendung vorzunehmen, die zugleich den Umstand des bestandskräftigen Markenschutzes beachtet. Dem Hinweis der Beklagten auf die BGH-Entscheidung "Dentale Abformmasse" (BGH GRUR 05, 1044, 1047 - Dentale Abformmasse), in der für die markenmäßige Benutzung eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verlangt worden war, fehlt im Übrigen schon deshalb jede Relevanz für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits, weil der Bundesgerichtshof diese Grundsätze ausdrücklich für eine abstrakte Farbmarke aufgestellt hatte, um die es hier nicht geht. Entgegen der Behauptung der Beklagten war die Warenform (und die insoweit zu fordernde Kennzeichnungskraft) gerade nicht Gegenstand jener Entscheidung.

(7) Deshalb hat es dabei zu bleiben, dass das Verletzungsgericht der Klagemarke jedenfalls in der Verwendungsform eine markenmäßige Verwendung nicht versagen kann, aufgrund derer der markenrechtliche Schutz im Eintragungsverfahren gerade gewährt und die von Haus aus bestehende mangelnde Unterscheidungskraft als überwunden angesehen worden ist. Dementsprechend ist die übliche Verwendung und Präsentationen der Klagemarke als Gelenksteigbügel jedenfalls so lange als markenmäßig anzusehen, als die Markeneintragung Bestand hat.

dd) Zwischen den sich gegenüber stehenden Zeichen besteht auch die für die markenrechtliche Verwechslungsgefahr erforderliche Zeichenähnlichkeit.

aaa) Das Verletzungszeichen tangiert grundsätzlich den Schutzbereich der Marke. Denn es handelt sich - wie bei dieser - um einen in der Grundform ähnlich gestalteten Gelenksteigbügel mit schwarzen Hülsen an beiden Seiten.

(1) Bei der Bemessung des Schutzumfangs der Marke und damit für die Frage der Verwechslungsgefahr durch Zeichenähnlichkeit ist nicht die benutzte, sondern allein die eingetragene Formgestaltung von Bedeutung. Denn der markenrechtliche Schutz hat von der eingetragenen Gestaltung der Klagemarke auszugehen und nicht von außerhalb der Registereintragung liegenden Umständen (BGH WRP 07, 1090, 1094 - Pralinenform; BGH GRUR 04, 598, 599 - Kleiner Feigling).

(2) Der für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit relevante Gesamteindruck (BGH GRUR 04, 598, 599 - Kleiner Feigling) einer aus mehreren Bestandteilen bestehenden Marke ist der Eindruck, den die Marke bei dem Durchschnittsverbraucher der jeweiligen Waren hervorruft.

Dabei entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Marke in der Regel vom Verkehr in ihrer Gesamtheit in der Gestalt wahrgenommen wird, in der sie ihm entgegentritt, ohne dass eine analysierende Betrachtungsweise Platz greift (BGH WRP 07, 187, 188 - Goldhase; BGH WRP 02, 326, 328 - ASTRA/ESTRA-PUREN; BGH WRP 00,172, 174 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Die Tatsache dass bei der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr auf den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen ist, schließt allerdings nicht aus, dass einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist und deswegen bei Übereinstimmung von Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen zu bejahen ist (BGH WRP 00,172, 174 - RAUSCH/ELFI RAUCH; BGH GRUR 98,942 - ALKA-SELTZER; BGH GRUR 99,238, 239 - Tour de culture; BGH GRUR 98,1014 - ECCO II), weil demgegenüber die weiteren Bestandteile zurücktreten (BGH GRUR 04, 598, 599 - Kleiner Feigling; BGH GRUR 96, 406, 407 - JUWEL).

bbb) Dabei resultiert der kennzeichnende Gesamteindruck der Klagemarke nicht bereits aus der Gesamtform des Steigbügels. Denn dieser vollzieht ein auf dem Markt übliches Gestaltungsmerkmal ohne schutzrelevante bzw. verwechslungsfähige Eigenart nach, wie sich etwa aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Anlagen K 9 bis K 11 bzw. aus der Anlage B 3 ergibt. Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit durch Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der sich gegenüberstehenden Zeichen ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, nur Übereinstimmungen in denjenigen Merkmalen maßgeblich sein können, die jeweils herkunftshinweisende Bedeutung haben (BGH WRP 07, 1090, 1095 - Pralinenform; BGH GRUR 03, 332 - Abschlussstück).

ccc) Eine gegenüber der verkehrsbekannten Form des Steigbügels abweichen des und prägendes Merkmal der Klagemarke sind die beiden schwarzen Gummihülsen, die an den beiden Seitenteilen die Gelenke verdecken. Diese Gummihülsen sind als Herkunftshinweis auf einen bestimmten Hersteller geeignet.

(1) Aus den von den Parteien vorgelegten Anlagen (z. B. Anlage K9, K10, K 11, K 18, K 20, B 5, B7, B 8, B 9, B10) ergibt sich, dass Steigbügel - seien sie mit oder ohne Gelenk - trotz vorgegebener Funktionen in einer unüberschaubaren Vielzahl an Variationen auf dem Markt sind (offen/geschlossen, symmetrisch/asymmetrisch usw.). Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass die angesprochenen Verkehrskreise trotz erkennbar auch durch funktionelle Vorzüge bedingter Bauformen in der äußeren Gestaltung von Steigbügeln Hinweise auf den jeweiligen Hersteller erkennen. Den von der Klägerin verwendeten Gummihülsen kommt zwar ohne Weiteres in gewisser Weise auch eine technische Wirkung zu, die als solche weder die Kennzeichnungskraft steigern bzw. eine Verwechslungsgefahr begründen kann, wenn die Gestaltung technisch vorgegeben ist. Bei dem Produkt der Klägerin liegt es indessen nicht nahe, dass die Gummihülsen überwiegend einen derartigen Schutzzweck erfüllen, selbst wenn eine entsprechende Zweckbestimmung auch in der von der Beklagten als Anlage B 6 eingereichten Patentschrift ausgeführt wird. Die Gummihülsen sind dort als "Schutzschlauch" bezeichnet und der technischen Funktion zugeordnet. Gleiches gilt auch für entsprechende andere Produkte am Markt (vgl. Anlagen B 8 und B 10).

(2) Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr bei Steigbügeln - wie die Parteien durch die eingereichten Anlagen dargelegt haben - trotz der funktionalen Grunderfordernisse an eine Vielzahl von Gestaltungen (auch mit Seitenhülsen) gewöhnt ist und schon deshalb Abweichungen von der als Marke geschützten Form, die unübersehbar sind, leicht aus dem Schutzbereich einer Marke herausführen (vgl. BGH WRP 07, 1090, 1094 - Pralinenform). Der eingetragene Steigbügel der Klägerin unterscheidet sich von dem von ihr auf dem Markt vertriebenen Gelenksteigbügel dadurch, dass dieser nicht über eine farbige Kunststoffeinlage verfügt. Aus der Markeneintragung ist nicht ersichtlich, dass der Steigbügel überhaupt mit einer Tritteinlage versehen ist. Sofern das mit einer gestrichenen Linie versehene Oval der Abbildung eine solche Einlage darstellen soll, ist deren Farbgebung bzw. der Kontrast zu den übrigen Bauteilen nicht festgelegt. Diese Fußplatte ist an der Oberfläche glatt ausgebildet, während die Produkte beider Parteien mit einer Vielzahl deutlich erkennbarer Noppen versehen sind. Da die klägerische Formmarke in schwarz-weißer Gestaltung eingetragen ist, gewährt sie Schutz gegen jede Art von Farbgestaltungen. Dem Umstand, das die eingetragene Marke im Gegensatz zu dem Verletzungsgegenstand keine genoppte Tritteinlage aufweist, misst der Senat für den Gesamteindruck nicht diejenige Bedeutung bei, von der das Landgericht ausgegangen ist.

(3) Eine technische Bedingtheit - sei es zum Schutz der darunter liegenden Gelenke, sei es zum Schutz der Reiter vor Verletzungen, sei es zur Stabilisierung des Systems - betrifft nur die Existenz der Gummihülsen als solche, nicht deren Farbe, Dicke, Länge und sonstige Formgestaltung. Zwar werden Gelenksteigbügel auch ohne Gummihülsen auf dem Markt angeboten (Anlagen K 9 bis K 11). Diesen Produkten liegen indes abweichende Konstruktionen der Gelenke zu Grunde, insbesondere solche, bei denen die Gelenke in die Formgebung der Seitenteile schlüssig integriert sind. Bereits die Beschwerdekammer des HABM hat die Gestaltung der Gummihülsen als maßgebliches Kriterium jedenfalls für die kraft Verkehrsdurchsetzung erworbene Funktion der Marke als Hinweis auf einen bestimmten Hersteller angesehen. Dieser zutreffenden Beurteilung tritt der Senat bei. Der Umstand, dass die (Gelenk-)Steigbügel von Wettbewerbern deutlich andere Gestaltungen aufweisen (durch Variationen der Gesamtform, durch andere Farben der Gelenkhülsen oder durch andere Oberflächenstrukturen), belegt aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, dass der beanstandete Gelenksteigbügel mehr ist als eine Variante der üblichen Formen dieser Warengattung und dadurch dem Durchschnittsverbraucher erlaubt, bereits in der Warenform, ohne eine Prüfung vorzunehmen und ohne besonders aufmerksam zu sein, einen Herkunftshinweis zu sehen (vgl. BGH WRP 07, 1090, 192 - Pralinenform; EuGH Slg. GRUR Int 2005, 135 - Mag Instruments; EuGH GRUR Int 2006, 226 - Deutsche SiSi-Werke). Diese Feststellungen zum Verkehrsverständnis vermag der Senat aufgrund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder zu treffen, die als Fachsenat im Bereich des Gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig mit der Beurteilung derartiger Sachverhalte befasst sind, auch wenn sie nicht selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Damit kommt den Gelenkhülsen eine den Gesamteindruck prägende Bedeutung bei.

ff) In Anwendung der zuvor ausgeführten Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass damit auch eine markenmäßige Benutzung des Verletzungszeichens vorliegt.

aaa) Entscheidend für die Frage einer rechtsverletzenden (markenmäßigen) Benutzung durch die Beklagte ist dabei, ob diese gerade diejenigen Bestandteile der Klagemarke übernommen hat, mit denen der Verkehr wegen ihrer gesteigerten Kennzeichnungskraft nicht allein Produkteigenschaften, sondern gerade einen Herstellerbezug verbindet. Bei den Bestandteilen des Klagezeichens, die über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügen, handelt es sich insbesondere und in erster Linie um die schwarzen Gummihülsen, die in ähnlicher Ausführung auch in dem Verletzungsmuster auftauchen und dementsprechend eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr zu begründen geeignet sind.

bbb) Diese Herkunftshinweisfunktion ist nicht dadurch wieder eingeschränkt oder gar aufgehoben worden, dass das Produkt der Klägerin in Bezug auf die markenrechtlich relevanten "Gummihülsen" keine Einzigartigkeit (mehr) besitzt.

(1) In diesem Zusammenhang weist die Beklagte unter Vorlage der Anlagen B 7 bis B 10 darauf hin, das auf dem Markt eine Reihe von Gelenksteigbügel verfügbar sind, die mit der Klagemarke sehr ähnlich bzw. (praktisch) identisch sind. Dies ergibt sich auch aus den von der Klägerin vorgelegten Anlagen. So ist der optische Gesamteindruck des Gelenksteigbügels der Firma Krämer (Anlage K 18) weitgehend ähnlich. Allein die abweichende Farbe der Gummihülsen (hellgrau) kann markenrechtliche Herkunftshinweisfunktion möglicherweise für sich genommen nicht auslösen. Denn die angesprochenen Verkehrskreise werden hierin im Zweifel einen rein ästhetischen Bestandteil sehen, der - ebenso wie die Farbe der Fußplatte bei den Produkten der Klägerin - Veränderungen unterworfen sein kann. Gleiches gilt für das Produkt der Firma DMS GmbH bzw. die Steigbügel-Modelle "Airsystem" und "Jacobs" der Firma Waldhausen (Anlage K 20.1 und K 20.3). Auf unterschiedliche technische Funktionalitäten, die den optischen Eindruck nicht wesentlich verändern, kommt es markenrechtlich nicht an.

(2) Dadurch ist der zu Gunsten der Klägerin bestehende Markenschutz indes nicht entfallen. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Klagemarke erst Mitte des Jahres 2005 eingetragen worden ist, während der Verletzungsfall bereits aus dem März 2006 resultiert. Von einer maßgeblichen Schwächung durch Drittmarken in diesem Zeitraum ist nicht auszugehen. Hinzukommt, dass sich das vorstehend erstgenannte Unternehmen gegenüber der Klägerin strafbewehrt zu Unterlassung verpflichtet hat (Anlage K 19). Schließlich hat die Klägerin - wenngleich von der Beklagten ohne Substanz bestritten - mit der Anlage K 13 nachvollziehbar dargelegt, dass ihre Gestaltungsform eines Gelenksteigbügels bereits seit dem Jahr 1985 auf dem Markt ist. Insgesamt kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass die Marke der Klägerin ihre Eignung, auf dieses Unternehmen hinzuweisen, verloren hat.

gg) Das Verletzungszeichen ist mit dem Klagezeichen trotz Unterschiede in der konkreten Ausgestaltung auch zeichenähnlich verwechselbar. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts teilt der Senat nicht.

aaa) Allerdings ist bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art der Schutzbereich der Klagemarke grundsätzlich eng zu bemessen, so dass ein Verletzungszeichen schon durch nicht sehr wesentliche Abweichungen den Schutzbereich verlassen kann. Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht zutreffend ausgegangen. So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei Marken oder Markenbestandteile, die an eine beschreibende Angabe angelehnt sind und nur wegen der (geringfügigen) Veränderung gegenüber der Originalangabe selbst als Marke eingetragen werden konnten, der Schutzumfang der eingetragenen Marke eng zu bemessen ist, und zwar nach Maßgabe der Eigenprägung und Unterscheidungskraft, die dem Zeichen - trotz seiner Anlehnung an die freizuhaltende Angabe - die Eintragungsfähigkeit verleiht (BGH WRP 03, 1353, 1355 - AntiVir/AntiVirus; BGH GRUR 89, 264, 265 REYNOLDS R1/EREINTZ; BGH GRUR 89, 349, 350 - ROTH-HÄNDLE-KENTUCKY/Cenduggy). Dies kann z.B. eine charakteristische Verkürzung der Sachangabe sein. Ein darüber hinausgehender Schutz kann nicht beansprucht werden, weil er dem markenrechtlichen Schutz der beschreibenden Angabe selbst gleichkommen würde (BGH WRP 03, 1353, 1355 - AntiVir/AntiVirus). Deshalb kann bei derartigen Zeichen bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht entscheidend auf die Übereinstimmung allein mit der beschreibenden Angabe selbst abgestellt werden (BGH WRP 03, 1353, 1355 - AntiVir/AntiVirus).

bbb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts verletzt der Gelenksteigbügel der Beklagten jedoch auch unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze die Klagemarke. Hierfür ist maßgeblich der Aufmerksamkeitsgrad und das Erinnerungsbild entscheidend, mit dem der relevante Betrachter die sich gegenüberstehenden Produkte zur Kenntnis nimmt.

(1) So ist zwar bei der Beurteilung der Geschmacksmusterfähigkeit eines dreidimensionalen Gegenstandes in der Gestaltung der Warenform gem. § 2 Abs. 3 GeschmMG entscheidend, ob sich der Gesamteindruck, den er beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Muster bei diesem Benutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. Bei der Beurteilung der Eigenart wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Musters berücksichtigt. Diese Beurteilung erfolgt in der Regel analytisch, wobei die zu beurteilenden Gegenstände sich unmittelbar gegenüberstehen und in ihren Einzelheiten von einer fachkundigen Personen auf Unterschiede verglichen werden können. Darum geht es hier aber gerade nicht.

(2) Bei der Beurteilung der aus der Zeichenähnlichkeit fließenden markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist hingegen - abweichend - zu beachten, dass dem insoweit maßgeblichen Durchschnittsverbraucher die in Frage stehenden Bezeichnungen regelmäßig nicht oder nur selten gleichzeitig gegenübertreten und oft nur flüchtig wahrgenommen werden, so dass er sich vielmehr auf das unvollkommene Bild verlassen muss, dass er von den Zeichen im Gedächtnis behalten hat (EuGH GRUR 03, 422, 425 - Arthur/Arthur et Félicie; BGH WRP 04, 360, 362 - Davidoff II; BGH GRUR 93, 972, 974 - Sana/Schosana; BGH GRUR 90, 367, 369 - alpi/Alba; BGH GRUR 90, 450, 452 - St. Petersquelle). Dies gilt auch für Warenformmarken, bei der ein vollständiges und verlässliches Erinnerungsbild aufgrund der vielfältigen Komponenten, die die Warenform ausmachen, häufig noch schwerer herzustellen ist. Dieser Beurteilungsmaßstab ist auch im vorliegenden Fall zu Grunde zu legen.

ccc) Vor diesem Hintergrund sind die Unterschiede in der konkreten Formgebung, insbesondere die Dicke, die Länge sowie das Auslaufen der oberen Begrenzungen in den Metallsteigbügel nicht so prägnant, dass sie angesprochenen Verkehrskreise diese Unterschiede auch dann bemerken, wenn sie die Gelenksteigbügel der Parteien nicht nebeneinander sehen und einer analysierenden Betrachtung unterziehen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Beklagte der Auffassung ist, die angesprochene Zielgruppe seien Berufsreiter und ambitionierte Sportreiter mit erhöhter Aufmerksamkeit und umfangreichen Produktkenntnissen. Auszugehen ist zunächst davon, dass sich das Warenangebot der Klägerin grundsätzlich an jedermann richtet. Auch die Preisgestaltung ist nicht so ungewöhnlich, dass ein Verkauf nur an bestimmte Abnehmerkreise in Betracht kommt. Die Auffassung der Beklagten, die angesprochenen Verkehrskreise orientierten sich stets nur an der Verpackung der Ware oder an der angebrachten Herstellerbezeichnungen, ist im Übrigen erfahrungswidrig. Der Senat teilt vielmehr die Auffassung der Klägerin, die darauf hinweist, dass die über die Seitenteile gezogenen Gummihülsen in ihrer Form, Länge und sonstigen Ausgestaltung weitgehend ähnlich sind. Auf die vorhandenen Unterschiede in Dicke, Länge und Höhe dieser und anderer Produktmerkmale ("deutlich schmaler", "formschlüssiges" Aufsitzen auf dem Fußteil, abweichende Gestaltung der Noppen) kommt es wegen der nur geringfügigen, nicht im Erinnerungsbild verankerten Abweichungen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht wesentlich an, wenn man insoweit zutreffend die im Markenrecht maßgeblichen - gegenüber dem Geschmacksmusterrecht abweichenden - Grundsätze zu den Wahrnehmungsgewohnheiten des Verkehrs zu Grunde legt. Damit besteht zwischen denen sich gegenüberstehenden Kennzeichen eine erhebliche Zeichenähnlichkeit.

hh) Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu erfolgen hat, besteht schließlich eine Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren, insbesondere der Ähnlichkeit/Identität der Marken und der Ähnlichkeit/Identität der mit ihnen gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke dergestalt, dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH WRP 05, 744, 745 - MEY/Ella May; EuGH GRUR 98, 387, 389 - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 98, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 02, 1067, 1068 - DKV/OKV; BGH WRP 02, 987, 990 - Festspielhaus; BGH WRP 01, 1320, 1323 - Bit/Bud; BGH GRUR 00, 605, 606 - comtes/ComTel; BGH WRP 00, 535 - ATTACHÉ/TISSERAND; BGH GRUR 01, 159 f - Drei-Streifen-Kennzeichnung; BGH WRP 01, 694, 695 - EVIAN/REVIAN). Im Hinblick auf eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und Warenidentität sind an das Maß der Ähnlichkeit zwischen der Klagemarke und dem Verletzungsgegenstand keine besonders hohen Anforderungen zu stellen. Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall ohne Weiteres erfüllt, da der Verletzungsgegenstand der Klagemarke in erheblichem Umfange ähnlich ist. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts teilt der Senat nicht.

2. In Bezug auf den der Klägerin danach gem. Art. 97 Abs. 2 GMV i. V. m. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 19 MarkenG zustehenden Auskunftsanspruch wendet die Beklagte zu Unrecht Erfüllung ein. Zwar hatte ihr Geschäftsführer mit dem Schreiben Anlage B 13 (dort Seite 1) - allerdings nicht gegenüber der Klägerin, sondern gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten - umfassende und ausführliche Angaben gemacht, die dieser in den vorliegenden Rechtsstreit eingeführt hat. Damit sind aber nur die Buchstaben c) (weitgehend) und e) des Auskunftsanspruchs erfüllt. Insoweit ist die Klage abzuweisen, da die Klägerin in diesem Umfang den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt hat. Weitergehende Angaben fehlen hingegen. Im Übrigen beanstandet die Klägerin auch zu Recht, dass die Menge der bestellten Streitbügel fehlt. Demgemäß liegt auch zu Buchstabe c) nur eine Teilerfüllung vor. Zu den übrigen Angaben ist die Beklagte weiterhin verpflichtet.

3. Gem. Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GMV schuldetet der Verletzer für die Zeit zwischen der Veröffentlichung der Markenanmeldung (8. Juli 2005) und der Markeneintragung (14. Juli 2005) eine angemessene - verschuldensunabhängige - Entschädigung für solche Handlungen, die nach der Veröffentlichung der Eintragung (15. September 2005) verboten wären. Auch dieser Anspruch ist begründet. Begründete Einwände hat die Beklagte hiergegen nicht erhoben.

4. Weiterhin steht der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu. Von dem für einen Schadensersatzanspruch gem. Art. 97 Abs. 2 GMV i. V. m. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 6 MarkenG erforderliche Verschulden ist die Klägerin zu Recht mindestens einen Monat nach Veröffentlichung der Eintragung ausgegangen. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, ihr falle im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch kein Verschulden zur Last, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Zwar mag es sein, dass eine ähnliche Steigbügel-Gestaltung eines anderen Herstellers bereits seit 1988 auf dem Markt ist. Die Klägerin hat hingegen mit ihren Anlagen K 12 und K 13 schlüssig dargelegt, dass sie weitgehend ähnliche Steigbügel bereits in den Jahren 1983 und 1985 nicht nur vertrieben, sondern auch beworben hat. Da es sich bei der Beklagten um ein Fachunternehmen derselben Branche handelt, kann sie sich angesichts der vorgelegten Unterlagen nicht auf ein schlichtes Bestreiten beschränken. Denn grundsätzlich obliegt es ihr, sich vor dem Vertrieb einer Ware umfassend davon zu überzeugen, dass hierdurch keine fremden Schutzrechte verletzt werden. Dies gilt selbst bei zugekauften Waren dritter Hersteller und bei einem umfassenden Warensortiment. Diese Grundsätze entsprechen ständiger Rechtsprechung des Senats (z.B. Senat ZUM-RD 06,13 - Verletzerkette). Zwar trifft es zu, dass nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine Verpflichtung zur fortlaufenden Überwachung der Zeichenlage nicht besteht (BGH GRUR 71, 251, 253 - Oldtimer). Die Beklagte geht hierbei jedoch unzutreffend davon aus, dass die insoweit maßgebliche Vorbenutzung durch das Produkt der Firma Hypo Sport GmbH im Jahre 1988 geprägt worden ist. Tatsächlich ist Gegenstand einer Vorbenutzung - wie dargelegt - das eigene Produkt der Klägerin in der Bewerbung bereits aus dem Jahr 1985. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Klägerin erst im Jahr 2005 eine zwischenzeitlich verkehrsüblich geworden Warenform nunmehr als Marke monopolisiert hat. Die Grundsätze der Entscheidung "Oldtimer" sind deshalb im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

5. Auch das Feststellungsinteresse der Klägerin im Blick auf den Schadensersatzanspruch bezweifelt die Beklagte ohne Überzeugungskraft.

a) Es ist allgemein anerkannt, dass ein Schadensersatzanspruch - für den der Klägerin eine dreifache Berechnungsmöglichkeit zur Seite steht - nach Erteilung der ebenfalls streitgegenständlichen Auskunft erfolgreich erhoben werden kann. Zwar fehlt das für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse regelmäßig dann, wenn der Kläger eine entsprechende Leistungsklage erheben kann. Dabei steht der Zulässigkeit einer Feststellungsklage grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit entgegen, eine Stufenklage i.S.v. § 254 ZPO zu erheben, es sei denn, die Schadensentwicklung ist zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen (BGH WRP 03, 1238, 1239 - Feststellungsinteresse III; BGH GRUR 01, 1177 ff - Feststellungsinteresse II).

b) Im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht erfährt dieser Grundsatz jedoch Einschränkungen. Das rechtliche Interesse für eine Feststellungsklage entfällt in der Regel nicht bereits dadurch, dass der Kläger im Wege der Stufenklage auf Leistung klagen kann, weil die Feststellungsklage trotz an sich möglicher Leistungsklage meist durch prozessökonomische Erwägungen geboten ist. Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und im Urheberrecht bereitet die Begründung des Schadensersatzanspruchs häufig auch nach erteilter Auskunft Schwierigkeiten und erfordert eine eingehende sachliche Prüfung zur Berechnungsmethode des Schadens. Die Erhebung der Stufenklage erweist sich im Wettbewerbsrecht wegen der kurzen Verjährung von sechs Monaten (§ 21 UWG), aber auch im sonstigen gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht im Hinblick auf die dreijährige Verjährungsfrist als besonders nachteilig (BGH WRP 03, 1238, 1239 - Feststellungsinteresse III; BGH GRUR 01, 1177, 1178 - Feststellungsinteresse II). Der Verletzte musste, wenn die zugesprochene Auskunft erteilt war, den Prozess fortsetzen, um zu verhindern, dass die Verjährungsfrist erneut zu laufen begann. Für den Verletzten brachte dies zusätzliche Schwierigkeiten mit sich, wenn es zum Streit darüber kam, ob die Auskunft vollständig erteilt war. Diese Erwägungen gelten nach der Neuregelung des Verjährungsrechts zum 01.01.02 in noch stärkerem Maße, nachdem die Erhebung der Klage nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nur eine Hemmung der Verjährung zur Folge hat, die binnen sechs Monaten nach einem Stillstand des Verfahrens endet (§ 204 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB). Darüber hinaus entspricht es prozessualer Erfahrung, dass die Parteien solcher Verfahren nach erfolgter Auskunft und Rechnungslegung in den meisten Fällen auf Grund des Feststellungsurteils zu einer Regulierung des Schadens finden, ohne gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es besteht deshalb kein Anlass, dem Geschädigten aus prozessualen Gründen zu gebieten, das Gericht nach erfolgter Rechnungslegung mit einem Streit über die Höhe des Schadensbetrages zu befassen (BGH WRP 03, 1238, 1239 - Feststellungsinteresse III; BGH GRUR 01, 1177, 1178 - Feststellungsinteresse II).

c) Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall. Die Beklagte hat keine Umstände dargelegt, aufgrund derer hier eine abweichende Handhabung angebracht wäre.

5. Der Vernichtungsanspruch begründet sich aus Art. 97 Abs. 2 GMV i. V. m. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 18 MarkenG. Die Durchsetzung des Vernichtungsanspruchs ist nach Sachlage auch verhältnismäßig. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass theoretisch ein Austausch der schwarzen Gummihülsen als milderes Mittel in Betracht kommen könnte, muss sich die Klägerin hierauf angesichts des nur noch sehr geringen Restbestandes, der bei der Beklagten noch lagert (19 Paar Steigbügel) nicht verweisen lassen. Auch angesichts des verhältnismäßg geringen Werts der Steigbügel entsteht der Beklagten durch die Vernichtung gegenüber einer ebenfalls mit Kosten verbundenen Umgestaltung kein unverhältnismäßiger Nachteil.

6. Die vorgerichtlichen Abmahnkosten sind ebenfalls begründet. Die Beklagte hat der Klägerin nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. aus § 12 Abs. 2 UWG analog die Kosten für die Einschaltung ihrer Rechts- bzw. Patentanwälte zur Durchsetzung ihrer Ansprüche zu ersetzen. Die Beklagte hat ein der Marke verwechslungsfähiges Zeichen auf der Messe "Hansepferd" zumindest i.S.v. § 14 Abs. 3 Nr. 5 MarkenG in der Werbung benutzt. Dieses Verhalten war geeignet, markenrechtliche Abwehransprüche der Klägerin auszulösen.

a) Die Klägerin hat die insoweit geltend gemachten Ansprüche mit € 1.600.- beziffert. Indes lässt die Kostenrechnung der Patentanwälte Bauer, Vorberg, Kayser vom 22. Mai 2006 (Anlage K 6) weder die einzelnen Gebührentatbestände noch den zu Grunde gelegten Gebührenwert erkennen. Offenbar sollen hiermit die Kosten für insgesamt 3 Schreiben geltend gemacht werden, ohne dass für den Senat insoweit die Einzelheiten nachvollziehbar sind. Insbesondere kann nicht nachvollzogen werden, ob bzw. in welcher gebührenrechtlich relevanten Weise Rechts- und Patentanwälte nebeneinander tätig geworden sind.

b) Was die Höhe der Abmahnkosten angeht, so gesteht die Beklagte zu, dass eine 1,3 Gebühr angemessen ist. Diese ist nach Nr. 2300 VV RVG entstanden. Soweit sie hiervon eine 0,65 Geschäftsgebühr abzieht, ist diese Auffassung zwar auf der Grundlage der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 07, 2049, 2050) unzutreffend. Da die Klägerin ihrerseits allerdings für die allein im Rahmen dieses Rechtsstreits streitgegenständlichen Folgeansprüche eine derartige Anrechnung vornimmt (Seite 13 der Klagschrift), ist ihr Anspruch im Sinne von § 308 ZPO insoweit beschränkt.

c) Die Streitwertangaben der Klägerin sind allerdings weder vollständig nachvollziehbar noch im Ergebnis angemessen.

aa) Der von ihr zugrunde gelegte (rechnerische) Unterlassungsstreitwert Höhe von € 150.000.- ist selbst dann unplausibel, wenn ihre - bestrittene - Behauptung zutrifft, dass sie mit den streitgegenständlichen Gelenksteigbügel einen jährlichen Umsatz in Höhe von € 750.000.- erzielt. Denn streitwertbegründend ist nur der durch den Verletzer konkret gefährdete Umsatz. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass allein durch das geschäftliche Handeln der Beklagten mit dem Verletzungsmuster Umsatzeinbußen bei der Klägerin in dieser Höhe entstehen könnten. Weitgehend unerheblich ist in diesem Zusammenhang, welche Umsätze der Verletzer tatsächlich generiert hat. Entscheidend ist vielmehr das - aus Sicht ex-ante beurteilte - Verletzungspotenzial.

bb) Angemessen erscheint nach Sachlage ein Ausgangsstreitwert in Höhe € 75.000.-. Es ist nichts dafür ersichtlich - insbesondere auch nicht von der Klägerin vorgetragen worden -, dass ihre Umsatzinteressen in Bezug auf die Klagemarke gerade durch das geschäftliche Handeln der Beklagten in einem höheren Umfang als gefährdet anzusehen sind. Für die Nebenansprüche hat das Landgericht den Streitwert in dem mit dem Urteil verbundenen Beschluss abweichend von den Angaben der Klägerin auf € 22.600.- herabgesetzt. Diese Wertfestsetzung setzt sich zusammen aus jeweils € 10.000.- für Auskunft und Schadensersatzfeststellung, € 1.000.- für die Vernichtung sowie € 1.600.- für die Abmahnkosten. Diese Wertfestsetzung hat auch für die vorgerichtliche Anspruchsdurchsetzung als angemessen zu gelten.

cc) Auf der Grundlage dieser Streitwerte steht der Klägerin ein Gebührenanspruch insgesamt in Höhe von € 2.005,90 zu, von dem diese allerdings lediglich € 1.600.- geltend macht. Hiervon entfallen € 1.560.- auf den außergerichtlich verfolgten Unterlassungsanspruch (1,3 Gebühr aus € 75.000.-) sowie € 445,90 auf die streitgegenständlichen Nebenansprüche (0,65 Gebühr aus € 22.600.-).

c) Die Klägerin ist auch befugt, von der Beklagten Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten zu verlangen. Soweit die Beklagte meint, die Klägerin könne insoweit allein auf Freistellung klagen, ist diese Auffassung unzutreffend. Ein Befreiungsanspruch kann in (entsprechender) Anwendung von § 250 Satz 2 BGB in einen Geldanspruch übergehen. Diese Vorschrift eröffnet dem Geschädigten die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Herstellung, das heißt hier Haftungsfreistellung, mit Ablehnungsandrohung setzt. Dem steht es nach ständiger Rechtsprechung des BGH gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH NJW 04, 1868, 1869; BGH NJW-RR 1987, 43 BGH NJW 1999, 1542). So verhält es sich im vorliegenden Fall. Im Übrigen hat die Klägerin mit der Anlage K 22 bereits erstinstanzlich glaubhaft gemacht, dass die patentanwaltlichen Kosten zwischenzeitlich erstattet worden sind.

7. Der der Klägerin gem. §§ 288 Abs. 1, 291 BGB zustehende Zinsanspruch ist lediglich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begründet. Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Patentanwaltskosten handelt es sich selbst dann nicht um eine Entgeltforderung, wenn eine solche im Verhältnis der Klägerin zu ihren Patentanwälten aus dem Dienstvertrag begründet wäre. Entgegen der Auffassung der Beklagten macht die Klägerin einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. auf Schadensersatzzahlung gelten. Hierbei handelt es sich unstreitig nicht um einen Entgeltanspruch (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 288 Rdn. 8). Eine Anspruchsberechtigung aus § 288 Abs. 2 BGB besteht deshalb im vorliegenden Fall nicht.

8. Der Schriftsatz der Beklagten vom 02.10.2008 hat bei der Entscheidungsfindung vorgelegen. Die Ausführungen aus diesem Schriftsatz rechtfertigen keine abweichende Entscheidung. Sie geben dem Senat auch keine Veranlassung, gem. § 156 Abs. 1 ZPO die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Die Ausführungen des Beklagten betreffen Rechtsfragen, mit denen sich der Senat bei der Entscheidung des Rechtsstreits von Amts wegen zu befassen hatte. Der Senat hat die angeführten Rechtsgrundsätze - wenngleich nicht mit dem von der Beklagten gewünschten Ergebnis - auf den konkreten Einzelfall zur Anwendung gebracht hat.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Umfang des Unterliegens der Klägerin in zweiter Instanz ist verhältnismäßig geringfügig und hat keine besonderen Kosten verursacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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