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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 30.09.2004
Aktenzeichen: 5 W 120/04
Rechtsgebiete: ZPO, UrhG


Vorschriften:

ZPO § 707
ZPO § 719
ZPO § 888
UrhG § 101a Abs. 2
1. Der Schuldner hat eine mit einer einstweiligen Verfügung verhängte Auskunftsverpflichtung unbeschadet einer bestehenden rechtlichen Zwangslage sowie tatsächlicher und rechtlicher Bedenken gegenüber einer Anspruchsdurchsetzung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes als verbindliches Gebot unbedingt zu erfüllen.

2. Auch die Gefahr, dass sich die Schuldnerin der Gefahr aussetzt, durch die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung gegen straf-, ordnungswirdrigkeits- bzw. datenschutzrechtliche Vorschriften zu verstoßen, berechtigt sie nicht, die Erfüllung der auferlegten Verpflichtung zu verweigern, so fern bzw. so lange die Vollstreckung aus der einstweiligen Verfügung nicht (einstweilen) eingestellt worden ist.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

5 W 120/04

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, am 30. September 2004 durch die Richter Betz, Rieger, Dr. Koch beschlossen:

Tenor:

Die (sofortige) Beschwerde der Schuldnerin vom 13.09.04 gegen den Zwangsmittelbeschluss des Landgerichts, Zivilkammer 8, vom 23.08.04 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Schuldnerin.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt € 25.000.-.

Gründe:

Die gem. §§ 793 Abs. 1, 577 ZPO zulässige sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes ist unbegründet. Das Landgericht hat gegen die Schuldnerin zur Erzwingung des gerichtlichen Gebots zu Recht ein Zwangsgeld festgesetzt, das auch in der Höhe von € 25.000.- angemessen ist. Zur Begründung nimmt der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf den angefochtenen Beschluss sowie den Nichtabhilfebeschluss vom 14.09.04 Bezug. In diesen Entscheidungen hat das Landgericht die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Aspekte zutreffend gewürdigt. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen.

1. Die Schuldnerin hat das verbindliche Gebot aus der einstweiligen Verfügung vom 03.06.04 unbeschadet ihrer tatsächlichen bzw. rechtlichen Bedenken und/oder einer bestehenden rechtlichen Zwangslage unbedingt zu befolgen. Die Verurteilung zur Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung stellt sich als gesetzlicher Ausnahmefall dar, weil hiermit im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht nur eine vorläufige Sicherung bewirkt, sondern de facto die vollständige Erfüllung des streitigen Anspruchs - gegen den sich die Schuldnerin nunmehr auch im Berufungsrechtszug zum Aktenzeichen 5 U 136/04 wendet - vorweg genommen wird. Das Landgericht hat im vorliegenden Fall gleichwohl die Voraussetzungen des § 101a Abs. 2 UrhG - insbesondere eine "offensichtliche Rechtsverletzung" - für gegeben erachtet und die beantragte Gebots-Verfügung erlassen. Der Senat hat nicht darüber zu entscheiden, ob bereits diese - auf einseitigen Vortrag ergangene - Verfügung in jedem denkbaren Fall bei einem Verstoß die Verhängung eines Zwangsgeldes zwingend erfordert bzw. gerechtfertigt hätte. Denn das Landgericht hat darüber hinaus die einstweilige Verfügung auf den Widerspruch der Antragsgegnerin/Schuldnerin mit Urteil vom 07.07.04 ausdrücklich bestätigt und sich auf insgesamt 28 Seiten der ausführlich begründeten Entscheidung eingehend mit deren Gegenargumenten auseinander gesetzt. Jedenfalls bei einer derartigen Sachlage kann die Schuldnerin mit ihren inhaltlichen Einwendung gegen die Richtigkeit der ihr auferlegten Auskunftsverpflichtung im Zwangsmittelverfahren nicht mehr gehört werden.

2. Auch eine rechtliche Zwangslage der Schuldnerin vermag es nicht zu rechtfertigen, von der Verhängung eines Zwangsgeldes abzusehen.

a. Selbst wenn sich die Schuldnerin durch die Erfüllung der ihr abverlangten Auskunftsverpflichtung strafbar machen bzw. ordnungswidrig verhalten oder gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen würde, entbindet sie dies nicht von ihrer Verpflichtung zur Beachtung eines verbindlichen gerichtlichen Gebots, so weit und so lange dieses nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung uneingeschränkt vollstreckbar ist. Etwas anderes mag dann gelten, wenn die Zwangsvollstreckung aus der gerichtlichen Anordnung gem. §§ 719 Abs. 1, 707 ZPO einstweilen eingestellt worden ist. Eine solche Situation liegt jedoch nicht vor und ist auch nicht absehbar, denn die Schuldnerin hat ihre Berufung vom 27.09.04 in dem Rechtsstreit 5 U 156/04 gegen das landgerichtliche Urteil nicht mit einem entsprechenden Antrag verbunden.

b. Bei einer derartigen Situation ist die Schuldnerin verpflichtet, entweder der Auskunftspflicht nachzukommen oder das verhängte Zwangsgeld zu zahlen. Im konkreten Fall sind Umstände, auf Grund derer sich die Zwangsmittelvollstreckung für die Schuldnerin als unzumutbare Härte erweisen könnte, weder ersichtlich noch vorgetragen. Bei der Schuldnerin handelt es sich um eine juristische Person in Form einer Aktiengesellschaft mit erheblicher Kapitalausstattung, welche die Zahlung eines Zwangsgeldes ohne weiteres ermöglicht. Die konkreten Gefahr einer - sich u.U. rückblickend als ungerechtfertigt erweisenden - Vollstreckung von Ersatzzwangshaft besteht nicht. Sofern der Vollstreckungstitel zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben werden sollte, stehen der Schuldnerin nach allgemeinen Grundsätzen Ansprüche auf Rückforderung des bereits geleisteten Zwangsgeldes zur Seite. Auch vor diesem Hintergrund sind dauerhafte, nicht anderweitig auszugleichende Nachteile nicht zu erwarten.

3. Auch die weiteren Einwendungen der Schuldnerin rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

a. Es mag sein, dass - entgegen § 888 Abs. 2 ZPO - die vorherige Androhung eines Zwangsgeldes möglich ist. Sie ist aber nicht erforderlich, so dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung auch ohne diese Maßnahme vorgelegen haben. Im übrigen belegt das eigene Verhalten der Schuldnerin im Zwangsmittelverfahren, dass eine solche - überobligationsmäßige - Androhung im vorliegenden Fall auch nicht zielführend gewesen wäre.

b. Auch die Höhe des verhängten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat mit € 25.000.- das Höchstmaß der in § 888 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgesehenen Zwangsmaßnahmen festgesetzt. Der Senat teilt die Auffassung der Schuldnerin nicht, die auf dem Standpunkt steht, die Höhe des Zwangsgeldes habe sich an dem Erfüllungsinteresse der Gläubigerin zu orientieren und ihre rechtliche Zwangslage angemessen zu berücksichtigen. Vielmehr ist das Zwangsgeld ein gesetzliches Beugemittel, das geeignet sein soll, den der Pflichterfüllung entgegen stehenden Willen des Schuldners zu überwinden und die Schuldnerin zur Beachtung der auferlegten Verpflichtung anzuhalten. Bei dieser Zweckbestimmung kann für die Bemessung des Zwangsgeldes nur eine Maßnahme geeignet sein, die so "empfindlich" ist, dass der Schuldner sich hierdurch - zwangsweise - veranlasst sieht, der an sich nicht beabsichtigten Erfüllung näher zu treten. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung und gerichtsbekannt umfangreichen geschäftlichen Betätigung der Schuldnerin, die zudem den Namenbestandteil "International" in ihrer Firma führt, stellt sich allenfalls das Höchstmaß des gesetzlichen Zwangsgeldes als geeignetes Mittel dar, in Relation zu der ungleich stärkeren Kapitalausstattung der Schuldnerin den gesetzlichen Zweck der Willensbeeinflussung zu erfüllen. Angesichts der Tatsache, dass selbst eine - vorübergehend möglicherweise unberechtigte - finanzielle - Belastung der Schuldnerin mit einem Zwangsgeld von € 25.000.- deren Finanzlage kaum spürbar beeinträchtigt, ist entgegen der Auffassung der Schuldnerin nichts dafür ersichtlich, dass die Zwangsmittelfestsetzung im Widerspruch zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stehen könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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