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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 09.01.2007
Aktenzeichen: 5 W 147/06
Rechtsgebiete: UrhG, ZPO


Vorschriften:

UrhG § 13
UrhG § 101a Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 3
1. Der Auskunftsanspruch aus § 101a Abs. 1 UrhG erfasst auch urheberpersönlichkeitsrechtliche Ansprüche, sofern diese mit der Vervielfältigung bzw. Verbreitung des Werks in Zusammenhang stehen.

2. Eine Anspruchsdurchsetzung im Wege der einstweiligen Verfügung setzt voraus, dass neben der in § 101a Abs. 3 UrhG genannten "offensichtlichen Rechtsverletzung" ebenfalls die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO erfüllt sind, insbesondere eine Eilbedürftigkeit besteht und dargelegt ist.

3. Lehnt es das erstinstanzliche Gericht ab, die Wirkungslosigkeit einer Entscheidung i.S.v. § 269 Abs. 3 ZPO durch Beschluss ausdrücklich auszusprechen, fehlt einer hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde die erforderliche Beschwer, wenn die Wirkungslosigkeit zwischen den Parteien nicht streitig ist und auch ansonsten keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die eine ausdrückliche Feststellung erfordern könnten.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

Geschäftszeichen: 5 W 147/06

In dem Rechtsstreit

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, am 9. Januar 2007 durch die Richter Betz, Rieger, Dr. Koch: Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 26.09.06 gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 20.09.06 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Beschwerdewert entspricht der Hälfte der in erster Instanz entstandenen Kosten.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, das der Antragsgegnerin die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt hatte. Auch in Bezug auf den streitigen Auskunftsantrag wäre die Antragsgegnerin bei streitiger Fortführung des Rechtsstreits unterlegen. Soweit sich die Antragsgegnerin weiter dagegen wendet, dass das Landgericht den für erledigt erklärten Teil der einstweiligen Verfügung nicht ausdrücklich für wirkungs-/bzw. gegenstandslos erklärt hat, ist die Beschwerde der Antragsgegnerin mangels Beschwer unzulässig.

1. Das Landgericht hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 11.08.06 im Verfahren der einstweiligen Verfügung zu Recht zur Auskunftserteilung verpflichtet. Denn es lagen insoweit sowohl die Voraussetzungen des § 101a Abs. 1 + 3 UrhG als auch diejenigen der §§ 935, 940 ZPO vor.

a. Der von dem Antragsteller auf der Grundlage von § 13 UrhG geltend gemachte urheberpersönlichkeitsrechtliche Anspruch ist von dem Anwendungsbereich des § 101a Abs. 1 UrhG erfasst.

aa. Die Vorschrift ist zwar durch das "Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie" mit Wirkung vom 01.07.90 eingeführt worden. Das Gesetz sollte "die Trockenlegung der Quellen und Vertriebswege der beim Verletzer gefundenen illegalen Ware ermöglichen" (Schricker/Wild, UrhG, 3. Aufl., § 101a Rdn. 1). Gleichwohl geht der Anwendungsbereich der Vorschrift über Fälle der Pirateriebekämpfung hinaus. Dies ergibt sich unmissverständlich aus der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drucksache 11/4792 vom 15.06.89), die der Antragsteller als Anlage ASt19 vorgelegt hatte. Dort heißt es auf Seiten 17 und 18 unter Ziff. B.IV 2. + 3. zu der Überschrift "Zur Konzeption des Entwurfs":

" Die sogenannte Piraterie ist kein aliud zur "herkömmlichen" Schutzrechtsverletzung, sondern ein Fall von Schutzrechtsverletzung, der sich durch besonders großen Unrechtsgehalt oder hohen Schaden auszeichnet. Sollen diese Fälle angemessen bekämpft werden, reicht es nicht aus, allein den Fall der Produktpiraterie mit wirksamen Sanktionen zu belegen. Die Schärfe der für Piraterie angemessenen Rechtsfolge lässt sich stimmig nur begründen, wenn die sogenannte normale oder herkömmliche Schutzrechtsverletzungen nicht mehr als bloßes Kavaliersdelikt betrachtet wird. Wird hier nicht deutlich, dass es sich in jedem Fall um Verletzung des geistigen Eigentums handelt, die nicht leicht genommen werden darf, werden durchgreifende Maßnahmen bei der Produktpiraterie unverhältnismäßig und nicht begründbar wirken.

Der Entwurf geht damit, obwohl er in der Piraterie Bekämpfung seinen Ausgang hat, über diese hinaus.

[...]

Der Entwurf stellt dagegen für alle Schutzrechte des geistigen Eigentums einen einheitlichen Rechtsfolgenmechanismus zur Verfügung. Damit wird eine weitestgehende Vereinheitlichung der jeweiligen Vorschriften in den einzelnen Schutzgesetzen bewirkt, die zu einer wesentlichen Erleichterung der Rechtsanwendung führen wird; darüber hinaus wird auch deutlich, dass die jeweiligen Schutzrechte als Instrumente zum Schutz geistigen Eigentums grundsätzlich gleichwertig sind und gerade in Verletzungsfällen grundsätzlich den gleichen Regeln folgen sollen."

Dementsprechend unterscheidet die gesetzgeberische Begründung unter Ziffer III. "Zivilrechtlicher Auskunftsanspruch" nicht (mehr) zwischen Piraterie und sonstigen Rechtsverletzungen:

"Der Entwurf sieht für den in seinem Schutzrecht Verletzten einen besonderen Anspruch auf Auskunft vor, mit dessen Hilfe die Quellen und Vertriebswege der bei einem Verletzer aufgefundenen Schutz rechtsverletzenden Ware aufgedeckt werden können. Jeder Verletzer eines Schutzrechts ist danach verpflichtet, in gesetzlich genau festgelegtem Umfang Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Schutz rechtsverletzenden Ware zu geben. "

bb. Der von dem Antragsteller im vorliegenden Rechtsstreit verfolgte vertragliche bzw. gesetzliche Anspruch auf Anerkennung seiner Urheberschaft entsprechend § 13 UrhG ist tatbestandlich auch von dem Wortlaut des § 101a Abs. 1 UrhG umfasst. Voraussetzung dieser Norm ist, dass "im geschäftlichen Verkehr durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken das Urheberrecht [...] verletzt" worden ist (Unterstreichung durch den Senat).

aaa. Allerdings stellt sich nicht jede Verletzung z.B. der Rechte aus § 13 UrhG bzw. des Urheberpersönlichkeitsrechts zugleich auch als relevante Rechtsverletzung im Rahmen von § 101a Abs. 1 UrhG dar. Der Anwendungsbereich von §§ 12,13 UrhG einerseits und §§ 16,17 UrhG ist nicht notwendigerweise deckungsgleich; er kann dies im Einzelfall aber sein (vgl. Dreyer in Dreyer/Koffhoff/Meckel, Urheberrecht, § 15 Rdn. 10 + 11). Sofern der Urheber etwa vor der Vervielfältigung bzw. Verbreitung eines Werkes die von dem Verleger abgelehnte Anbringung eines Urhebervermerkes durchsetzen will, ist der Anwendungsbereich von §§ 16,17 UrhG möglicherweise noch nicht tangiert. Ist hingegen die Vervielfältigung bzw. Verbreitung des Werks ohne den erforderlichen Hinweis bereits umgesetzt worden, kann der verletzte Urheber die weitere Verbreitung, die damit zugleich gegen § 17 UrhG verstößt, untersagen lassen (Dreyer, a.a.O, § 13 Rdn. 45).

bbb. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Aufgrund der eindeutigen vertraglichen Regelung der Parteien in Ziffer II.3. (Anlage ASt1) war die Antragsgegnerin nicht befugt, das Werk ohne die ausdrückliche Benennung des Antragstellers als Herausgeber zu vertreiben. Geschah dies - wie vorliegend - gleichwohl, so stellte sich zumindest die Verbreitung eines solchen Werks als vertragswidrig und urheberrechtsverletzend im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG dar. Denn der Antragsteller hatte zu dieser Art einer Vervielfältigung und Verbreitung seine erforderliche Zustimmung ausdrücklich nicht gegeben.

ccc. Diesem Verständnis des Anwendungsbereichs von § 101a UrhG stehen auch Literaturmeinungen nicht entgegen, die darauf hinweisen, dass "andere Handlungsformen der Rechtsverletzung" keine Ansprüche aus § 101a UrhG begründen (Möhring/Nicolini-Lütje, UrhG, 2. Aufl., § 101a Rdn. 4). Diese Auffassung trifft zu, ist jedoch für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung, denn es geht - wie dargelegt - bei dem Anspruch, ein ohne die notwendige Anerkennung der Urheberschaft bereits veröffentlichtes Werk nicht weiter verbreiten zu lassen, gerade nicht um andere Handlungsformen der Rechtsverletzung, sondern um eine im Sinne von §§ 16,17 UrhG.

b. Die für Durchsetzung des konkret geltend gemachten Auskunftsanspruchs als Verfügungsgrund weiter erforderlichen Voraussetzungen der gewählten Rechtsverfolgung im Wege des Eilverfahrens nach §§ 940, 935 ZPO liegen ebenfalls vor.

aa. Gem. § 101a Abs. 3 ZPO kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft (auch) im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden. Damit statuiert diese Vorschrift eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine Anspruchsdurchsetzung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes in der Regel nur der Sicherung (§ 935 ZPO) bzw. der einstweiligen Regelung eines Rechtsverhältnisses (§ 940 ZPO), jedoch nicht der endgültigen, vollständigen und im Falle des Unterliegens im Hauptsacheverfahrens nicht mehr rückgängig zu machenden Erfüllung des Anspruchs (Leistungsverfügung) dienen soll. Für eine derartige Sondervorschrift bestand insbesondere im Regelungsbereich der Bekämpfung der Produktpiraterie ein konkretes Bedürfnis, weil die Vertriebswege zur Vermeidung nachhaltiger weiterer Rechtsverletzungen durch den Vertrieb von Fälschungen kurzfristig aufgespürt und verschlossen werden mussten. Dementsprechend lässt § 101a Abs. 3 UrhG in bestimmten Fällen eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz zu, dass eine Anspruchsdurchsetzung im Wege der einstweiligen Verfügung wegen des summarischen Charakters dieser Verfahrensart in der Regel nicht zu einer endgültigen Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs führen darf. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des § 101a Abs. 3 UrhG ist insoweit zum einen, dass es sich um einen Fall offensichtlicher Rechtsverletzung handeln muss. Diese Voraussetzung liegt in dem zur Entscheidung stehenden Fall ohne Weiteres vor, denn die Verpflichtung zur Nennung des Antragstellers als Herausgeber und Autor ergibt sich unmittelbar aus § 3 des "Herausgebervertrages" (Anlage ASt1).

bb. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Durchsetzung des Auskunftsanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO sind gegeben.

aaa. In denjenigen Fällen, die in den Anwendungsbereich der Sonderregelung des § 101a Abs. 3 UrhG fallen, müssen - wie auch sonst - die allgemeinen Voraussetzungen des Rechtsschutzbedürfnisse im Rahmen von §§ 940, 935 ZPO daneben ebenfalls vorliegen. § 101a Abs. 3 UrhG regelt keine gesonderte Verfahrensart der einstweiligen Verfügung, sondern umschreibt bzw. erleichtert lediglich die hierfür geltenden allgemeinen Voraussetzungen. Aus der Formulierung "..im Wege der einstweiligen Verfügung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung..." ergibt sich zweifelsfrei, dass daneben - sofern § 101a Abs. 3 UrhG keine Sonderregelung trifft - die allgemeinen Voraussetzungen der gewählten Verfahrensart als spezielle Ausprägungen des Rechtsschutzbedürfnisses zu erfüllen sind. Dies folgt auch aus den von dem Antragsteller selbst eingereichten Gesetzesmaterialien (Anlage ASt11):

"Der Entwurf sieht ausdrücklich vor, dass der Auskunftsanspruch in bestimmten Fällen - vorausgesetzt, die sonstigen Anforderungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung sind erfüllt - auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann" (Unterstreichung durch den Senat). [...] "Das Verfahren richtet sich auch im übrigen nach den einschlägigen Vorschriften der Zivilprozessordnung" (S. 32 unter d.).

bbb. Auch diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall aber erfüllt. Der Antragsteller ist auf die von dem Landgericht mit der einstweiligen Verfügung vom 11.08.06 tenorierte Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Auskunftserteilung über Vertriebswege, gewerbliche Abnehmer und ausgelieferte Stückzahlen im Wege der "sofortigen Erfüllung dringend angewiesen" (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 940 Rdn. 6), weil andernfalls die Verwirklichung seines Rechts "vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte" (§ 935 ZPO) bzw. die Regelung eines einstweiligen Zustandes erforderlich ist, weil dies "zur Abwendung wesentlicher Nachteile .... nötig erscheint" (§ 940 ZPO). Der Antragsteller hat vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass eine Durchsetzung des Auskunftsverlangens im Wege der einstweiligen Verfügung erforderlich ist, weil eine Anspruchsdurchsetzung im Wege des Hauptsacheverfahrens ansonsten wirkungslos wäre, insbesondere zu spät käme.

ccc. Der Antragsteller hat unter Bezugnahme auf die Anlage ASt10 dargelegt, dass sogar nach der Abmahnung der Antragsgegnerin vom 24.07.06 von deren Abnehmern weitere Verletzungsstücke vertrieben worden sind. Er hatte nicht nur in einem Einzelfall, sondern bei mehreren Anbietern (Amazon.de/FAZ.Net-Shop/Hugendubel) im Internet die Bewerbung bzw. das Angebot von Verletzungsstücken gefunden. Vor diesem Hintergrund hatte der Antragsteller jeden Anlass zu der Annahme, dass die bereits mehr als eine Woche zuvor erfolgte Abmahnung gegenüber der Antragsgegnerin nicht geeignet gewesen war, einen weiteren Vertrieb der rechtsverletzenden Ware sicher zu unterbinden. Für den Antragsteller musste sich die Situation so darstellen, dass die Antragsgegnerin es unterlassen hatte, diejenigen Vertragspartner, an die sie bereits rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücken ausgeliefert hatte mit der gebotenen Unmissverständlichkeit und dem erforderlichen Nachdruck darauf hinzuweisen, dass die weitere Bewerbung sowie der Vertrieb der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücken sofort einzustellen war.

ddd. Jedenfalls in einer derartigen Situation einer erfolglosen Abmahnung des unmittelbaren Vertragspartners durfte und musste es der Antragsteller für geboten halten, nunmehr kurzfristig konkrete Auskunft über den weiteren Vertriebsweg des Produkts zu erhalten, damit er seinerseits gezielt an die Wiederverkäufer der rechtsverletzenden Ware herantreten und diese unmittelbar zur Einstellung des rechtsverletzenden Vertriebs veranlassen konnte. Diese Umstände rechtfertigen nach Auffassung des Senats auch eine im Ergebnis endgültige Erfüllung eines Leistungsanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung, selbst wenn diese - wie hier - ergangen ist, ohne dass der Anspruchsgegnerin zuvor rechtliches Gehör gewährt worden ist.

2. Die sofortige Beschwerde ist ebenfalls unbegründet, soweit sich die Antragsgegnerin dagegen wendet, dass das Landgericht es abgelehnt hat, im Hinblick auf die übereinstimmende Erledigterklärung der Parteien die einstweilige Verfügung vom 11.08.06 ausdrücklich für "gegenstandslos" (hilfsweise: wirkungslos) zu erklären.

a. Der eingelegte Rechtsbehelf ist allerdings an sich statthaft. Gegen Beschlüsse nach § 269 Abs. 4 ZPO findet gem. § 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO die sofortige Beschwerde statt. Dieses Rechtsmittel erstreckt sich auch auf Aussprüche zu den Wirkungen nach § 269 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz ZPO.

b. Die eingelegte sofortige Beschwerde ist jedoch gleichwohl unzulässig.

aa. Gem. § 269 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz ZPO wird ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil im Falle der Klagerücknahme (und entsprechend bei übereinstimmender Erledigterklärung) wirkungslos, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Gem. § 296 Abs. 4 ZPO entscheidet das Gericht über "die" nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss.

bb. Die Frage, ob eine Partei vor dem Hintergrund dieser Regelung einen Rechtsanspruch darauf hat, dass die Wirkungen der Wirkungslosigkeit i.S.v. § 269 Abs. 3 ZPO von dem Gericht ausdrücklich ausgesprochen werden müssen, ist streitig. Eine dahingehende Verpflichtung wird - wie die Antragsgegnerin in der Beschwerdeschrift ausgeführt hat - offenbar von der überwiegenden Auffassung in der Literatur bejaht. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, das Gericht "könne" diese Wirkungen feststellen, müsse dies aber nicht, was einen dahingehenden Rechtsanspruch der begünstigten Partei ausschließt. Der Senat ist in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass ein derartiger Ausspruch im Hinblick auf die kraft Gesetzes eintretende Wirkungslosigkeit weder veranlasst ist noch von einer der Parteien durchgesetzt werden kann (Beschl. vom 07.11.06, 5 U 161/05).

cc. Auch diese Streitfrage bedarf indes hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn der Antragsgegnerin gem. § 269 Abs. 4 ZPO ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch zur Seite stehen sollte, fehlt ihr für eine sofortige Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des Landgerichts die erforderliche Beschwer, die als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung bei jeder Beschwerde vorliegen muss (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 567 Rdn. 5). Im Hinblick darauf, dass die von der Antragsgegnerin begehrten Rechtsfolgen durch die Erledigterklärungen kraft Gesetzes von selbst eintreten, ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die Antragsgegnerin durch die Entscheidung des Landgerichts, welches es abgelehnt hatte, diese prozessuale Selbstverständlichkeit noch ausdrücklich auszusprechen, beschwert sein könnte. Denn ihr Rechtskreis wird durch die landgerichtliche Entscheidung nicht in nachteiliger Weise berührt. Zumindest hat die Antragsgegnerin hierfür keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen. Die Wirkungslosigkeit der einstweiligen Verfügung auch im Hinblick auf das tenorierte Auskunftsverlangen steht zwischen den Parteien fest. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin mit dem Wortlaut dieser Verfügung bereits an dritte Personen herangetreten ist oder dies beabsichtigt, denen gegenüber ein unrichtiger Eindruck durch eine gegenteilige gerichtliche Entscheidung "neutralisiert" werden müsste, sind weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich. Im Übrigen hatte die Antragsgegnerin der Antragstellerin bereits mit Schriftsatz vom 13.09.06 (Anlage AG3) ihre Vertriebswege offen gelegt, so dass auch von daher keine Notwendigkeit bestand, unter Verwendung der einstweiligen Verfügung vom 11.08.06 noch an unbeteiligte Dritte heranzutreten. Vor diesem Hintergrund fehlt der Antragsgegnerin im Hinblick auf die verweigerte Feststellung der Wirkungslosigkeit - jedenfalls in Abwesenheit konkreten gegenteiligen Vortrags - die Beschwer durch die landgerichtliche Entscheidung. Die Beschwerde ist insoweit unzulässig und damit erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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