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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 04.03.2004
Aktenzeichen: 1 Ss 654/03
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 354
Entspricht das angefochtene Urteil nicht den Mindestanforderungen an die Darstellung des Sachverhalts, erstreckt sich die Aufhebung aus sachlich-rechtlichen Gründen auch auf den Nichtrevidenten.
Beschluss

Strafsache

gegen

1. K.G. und

2. M.K.

wegen gefährlicher Körperverletzung.

Auf die (Sprung-) Revision des Angeklagten Kai G. gegen das Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Unna vom 14. Juli 2003 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 04. 03. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird bezüglich beider Angeklagten mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision des Angeklagten G., an ein anderes Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Unna zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Unna hat mit dem angefochtenen Urteil die Angeklagten G. und K. der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen. Gegen den Angeklagten G. hat es eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten und gegen den Angeklagten K. eine Jugendstrafe von sechs Monaten - jeweils mit Strafaussetzung zur Bewährung - verhängt. Die Urteilsgründe -"(bezüglich K. abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO)" - lauten wie folgt:

"Am 11.10.2002 befand sich der Geschädigte P.A. mit weiteren Jugendlichen auf dem Schulhof der Jahnstraße in Bergkamen-Oberaden. Ohne jeden rechtfertigenden Grund und aus nichtigem Anlass schlug zunächst der Angeklagte K. mit den Fäusten auf den Geschädigten ein, wobei er ihn am Kopf traf. Der Geschädigte versuchte, sich zur Wehr zu setzen, wobei sowohl er als auch der Angeklagte K. zu Boden gingen. Daraufhin kam der Angeklagte G. hinzu und schlug und trat nunmehr gemeinsam mit K. auf den Geschädigten ein, wobei sich insbesondere G., der Springerstiefel trug, hervortat. Der Geschädigte erlitt durch die Misshandlung eine Schädelprellung und musste im Krankenhaus behandelt werden.

Nach dem Sachverhalt haben sich die Angeklagten wie im Tenor angegeben schuldig gemacht.

Der Angeklagte K. war zur Tatzeit Jugendlicher. Hinsichtlich seiner Verantwortungsreife bestehen jedoch keine Bedenken.

Die Tat des Angeklagten K., der bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, ist Ausdruck schädlicher Neigungen, denen nur durch die Verhängung von Jugendstrafe begegnet werden kann. Das Gericht hielt jedoch die Mindeststrafe von 6 Monaten für ausreichend, deren Vollstreckung gemäß § 21 JGG zur Bewährung ausgesetzt werden konnte.

Bei dem Angeklagten G. war von einer Mindeststrafe von 6 Monaten auszugehen, die das Gericht aber auch für ausreichend gehalten hat. Es wurde daher auf diese Mindeststrafe erkannt, die gemäß § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden konnte."

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte (Sprung-)Revision des Angeklagten G., mit der er mit näheren Ausführungen die Verletzung des materiellen Rechts rügt.

Der Angeklagte K. hat das Urteil des Jugendschöffengerichts nicht angefochten. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 2. Dezember 2003 beantragt, das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und zur Begründung Folgendes ausgeführt:

"Die Sprungrevision hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Dieses entspricht nicht den Mindestanforderungen, die gem. § 267 StPO in objektiver und subjektiver Hinsicht an die tatrichterliche Darlegungspflicht zu stellen sind. So fehlen Angaben zur (sukzessiven) Mittäterschaft des Angeklagten und des anderweitig Verurteilten. Es ist nicht ersichtlich, wann und in welcher Form ein gemeinsamer Tatplan getroffen worden sein soll. Auch ist nicht festgestellt, in welcher Form die Angeklagten auf das Opfer eingetreten haben sollen, insbesondere auf welche Körperregion. Der Hinweis auf nicht näher spezifizierte Schädelprellungen reicht nicht.

Angaben zur Beweiswürdigung enthält das Urteil nicht.

Dies gilt im Wesentlichen auch für den Rechtsfolgenausspruch. Insoweit wird lediglich festgehalten, dass bei dem Angeklagten von einer Mindeststrafe von sechs Monaten auszugehen sei. Gründe für die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts bei dem zur Tatzeit heranwachsenden Angeklagten fehlen. Auch im Übrigen wird der Strafausspruch nicht begründet.

Wegen dieser Mängel ist dem Revisionsgericht eine Überprüfung des angefochtenen Urteils nicht möglich. Das Urteil ist deshalb mit den bisher getroffenen Feststellungen aufzuheben."

Dem tritt der Senat bei. Das angefochtene Urteil war daher mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Nach § 357 StPO erstreckt sich die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache auch auf den Angeklagten K., der kein Rechtsmittel eingelegt hat. Denn der Rechtsfehler der unzureichenden Feststellungen bezüglich der von beiden Angeklagten gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung entzieht auch der dahingehenden Verurteilung des Angeklagten K. die Grundlage.

Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt, d.h. auch hinsichtlich des Angeklagten Wolfgang K.

Ende der Entscheidung

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