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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.05.2007
Aktenzeichen: 1 VAs 43/07
Rechtsgebiete: EGGVG


Vorschriften:

EGGVG § 23
EGGVG § 28
Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines vollzogenen Vollstreckungshaftbefehls ist statthaft, wenn dies der Rehabilitierung des Betroffenen von der diskriminierenden Wirkung einer zwangsweisen Einweisung in den Strafvollzug dient und der Vollstreckungshaftbefehl vollzugslockernden Maßnahmen entgegenstehen kann. Aus diesem Umstand kann sich auch das erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme ergeben. Dabei obliegt es jedoch dem Betroffenen, sein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit substantiiert darzulegen.
Beschluss

Justizverwaltungssache

betreffend E.M.

wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden, (hier: Rechtmäßigkeit eines Vollstreckungshaftbefehls).

Auf die als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG anzusehende Eingabe des Betroffenen vom 16.02.2007 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 03. 05. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht Kabuth und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.

Der Geschäftswert wird auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat den Betroffenen am 14. Juni 2006 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen und unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen unter Einbeziehung einer Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 1. Dezember 2003 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und darüber hinaus wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Das Urteil ist seit dem 22.06.2006 rechtskräftig. Das Amtsgericht Düsseldorf hat bereits in den Urteilsgründen seine Zustimmung zur Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG zum Ausdruck gebracht und den Betroffenen am Tage der Hauptverhandlung aus der bis dahin vollstreckten Untersuchungshaft entlassen.

Am 17.08.2006 übersandte die Staatsanwaltschaft an die letzte bekannte Wohnanschrift des Betroffenen B.straße , D., eine Ladung zum Strafantritt binnen zwei Wochen. Nachdem diese Ladung mit dem Vermerk "Empfänger unbekannt verzogen" in den Rücklauf geraten war, ergab eine Auskunft bei dem Einwohnermeldeamt Düsseldorf, dass der Betroffene verzogen und sein Aufenthalt unbekannt sei. Örtliche Ermittlungen der Polizei Düsseldorf ergaben hingegen, dass der Betroffene unter der bekannten Anschrift B. immer noch wohnhaft und sein Name sowohl auf der Klingelleiste, als auch auf dem Briefkasten verzeichnet sei. Aufgrund dieser Mitteilung wurde durch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf am 27. November 2007 erneut eine Ladung zum Strafantritt binnen zwei Wochen an den Betroffenen versandt. Nachdem der Betroffene auch dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, erließ die Staatsanwaltschaft Düsseldorf am 24. Januar 2007 Vollstreckungshaftbefehl gegen den Betroffenen, aufgrund dessen er am 08.02.2007 festgenommen und der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf zugeführt wurde.

Mit einem an das Oberlandesgericht Düsseldorf gerichteten Schreiben vom 16.02.2007 hat der Betroffene "Haftbeschwerde" sowie "sofortige Beschwerde" gegen den Erlass des Haftbefehls eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft bis zu seiner erneuten Inhaftierung regelmäßig Kontakt zur Drogenberatung Düsseldorf gehalten und sich um einen stationären Therapieplatz bemüht habe. Durch seine Inhaftierung würden seine Bemühungen um eine Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG gefährdet. Zudem könne seine Hepatitiserkrankung während der Inhaftierung nicht in ausreichendem Maße versorgt werden. Schließlich würde durch die Inhaftierung auch die Beziehung zu seiner Ehefrau erheblich leiden. Auf Nachfrage durch die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf ließ der Betroffene durch seine Verteidigerin mitteilen, dass er ausdrücklich eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Vollstreckungshaftbefehls wünsche.

Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hat beantragt, den Antrag als unzulässig zu verwerfen.

II.

Der Antrag des Betroffenen war zunächst als Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vollstreckungshaftbefehls gemäß § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG auszulegen. Nur in diesem Verfahren ist eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines bereits vollzogenen Vollstreckungshaftbefehls möglich. Ein solcher Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines vollzogenen Vollstreckungshaftbefehls ist statthaft, wenn dies der Rehabilitierung des Betroffenen von der diskriminierenden Wirkung einer zwangsweisen Einweisung in den Strafvollzug dient und der Vollstreckungshaftbefehl vollzugslockernden Maßnahmen entgegenstehen kann (Senatsbeschluss vom 14.06.2005, 1 VAs 17/05). Aus diesem Umstand kann sich auch das erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme ergeben. Dabei obliegt es jedoch dem Betroffenen, sein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit substantiiert darzulegen (Löwe-Rosenberg, Großkommentar zur StPO, 25. Aufl., § 28 EGGVG, Rdnr. 8). Gerade an der Darlegung eines solchen Feststellungsinteresses durch den Betroffenen fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Zur Begründung seines Begehrens beruft sich der Betroffene maßgeblich darauf, dass ihm nunmehr die Möglichkeit einer Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG genommen sei und die Beziehung zu seiner Ehefrau gefährdet werde. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um die Folge des bereits erledigten Vollstreckungshaftbefehls, sondern um eine typische Folge der erlittenen Strafhaft als solcher. Diese Umstände sind demach nicht geeignet, das erforderliche Feststellungsinteresse des Betroffenen zu begründen. Auf andere Umstände, die ihren Ursprung unmittelbar in dem Vollstreckungshaftbefehl haben, beruft sich der Betroffene erkennbar nicht.

Darüber hinaus wäre der Antrag des Betroffenen in der Sache auch ohne Erfolg geblieben. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat zu Recht gegen den Betroffenen Vollstreckungshaftbefehl gemäß § 457 Abs. 2 StPO erlassen. Der Betroffene hat auf zwei Ladungen zum Strafantritt der Staatsanwaltschaft Düsseldorf nicht reagiert. Beide Ladungen waren an die Anschrift des Betroffenen gerichtet, die er anlässlich seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft als seine Wohnanschrift angegeben hatte. Nach den Ermittlungen der Polizei war er auch tatsächlich dort noch wohnhaft, so dass davon auszugehen war, dass ihn zumindest die zweite Ladung zum Strafantritt erreicht hat. Da der Betroffene zudem weder an der bekannten, noch an einer anderen Anschrift gemeldet war, lagen nach Ablauf der Frist zum freiwilligen Antritt der Freiheitsstrafe die Voraussetzungen für den Erlass eines Vollstreckungshaftbefehls gemäß § 457 Absatz 2 StPO vor.

Der Umstand, dass der Betroffene seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft regelmäßig Kontakt zur Drogenberatung hatte, um eine stationäre Therapie gemäß § 35 BtMG vorzubereiten, entband ihn nicht von der Verpflichtung, sich der Vollstreckung der rechtskräftig gegen ihn erkannten Strafe zu stellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 30 EGGVG, 30, 130 KostO.

Ende der Entscheidung

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