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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 26.09.2002
Aktenzeichen: 1 VAs 62/2002
Rechtsgebiete: EGGVG, StPO


Vorschriften:

EGGVG § 23
StPO § 98
StPO § 81 b
Gegen die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG nicht eröffnet.
Beschluss Justizverwaltungssache betreffend C.K., wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden, (hier: Anfechtung erkennungsdienstlicher Maßnahmen).

Auf den Antrag des Betroffenen vom 8. Juli 2002 auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26. 09. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts in Hamm beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG unzulässig.

Das Verfahren wird an das Amtsgericht Gelsenkirchen verwiesen.

Gründe:

Im Rahmen eines eingeleiteten Ermittlungsverfahrens ist der Betroffene auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Kleve durch das Polizeipräsidium Gelsenkirchen mit Schreiben vom 2. Juli 2002 zur erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 81 b 1. Alternative StPO vorgeladen worden. Am 10. Juli 2002 ist er freiwillig auf der Dienststelle des Polizeipräsidiums Gelsenkirchen erschienen, so dass die angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist.

Mit dem vorliegenden Antrag auf gerichtliche Entscheidung wendet der Betroffene sich gegen die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung.

Dieser Antrag kann nicht im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG verfolgt werden. Die Anordnung der Justizbehörden, von dem Betroffenen für das laufende Ermittlungsverfahren Lichtbilder anzufertigen, findet ihre Rechtsgrundlage in § 81 b 1. Alternative StPO. Zwar ist gegen diese Anordnung der Rechtsweg eröffnet, da es sich um eine in Grundrechte des Betroffenen (Persönlichkeitsrecht und Recht auf persönliche Freiheit - Art. 1, 2, 104 GG) eingreifende Maßnahme und damit um eine sogenannte doppelfunktionelle Prozesshandlung handelt. Der subsidiäre Rechtsweg des § 23 EGGVG ist aber nur eröffnet, wenn die ordentlichen Gerichte nicht aufgrund anderer Vorschriften angerufen werden können (§ 23 Abs. 3 EGGVG). Die Anordnung der Staatsanwaltschaft, einen Verdächtigen zur Aufklärung einer etwaigen Täterschaft erkennungsdienstlich zu behandeln, kann jedoch mit einem Antrag bei dem zuständigen Ermittlungsrichter entsprechend § 98 Abs. 2 S. 2 StPO angegriffen werden (BGH Beschluss vom 14. August 1987 - 2 ARs 174/87 -; OLG Stuttgart StV 1988, 424; OLG Oldenburg NStZ 1990, 504; OLG Braunschweig NStZ 1991, 551; Beschluss des Senats vom 19. August 2002 - 1 VAs 46/2002 -). Zwar sieht die Strafprozessordnung die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der in § 81 b StPO normierten erkennungsdienstlichen Behandlung nicht ausdrücklich vor. Die Strafprozessordnung enthält aber für eine ganze Reihe strafprozessualer Maßnahmen der Staatsanwaltschaft oder ihrer Hilfsbeamten, die in Grundrechte eingreifen, spezifisch strafprozessuale Rechtsbehelfe (vgl. §§ 98 Abs. 2 S. 2, S. 3, 100 b Abs. 1 S. 3 StPO). Darin kommt ein allgemeiner, das gesamte Strafverfahrensrecht durchziehender Rechtsgedanke zum Ausdruck, dass nämlich Eingriffe der Ermittlungsbehörden, namentlich soweit sie Grundrechte berühren, der Überprüfung durch den Richter zugewiesen sind. Dementsprechend ist auch bei der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung der Rechtsbehelf des § 98 Abs. 2 StPO gegeben (OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Oldenburg, a.a.O.; OLG Braunschweig, a.a.O.).

Für die Entscheidung kommt es nicht darauf an, ob die erkennungsdienstliche Behandlung zwischenzeitlich erfolgt ist. Der Antrag auf richterliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 S. 2 StPO kann sich auch gegen eine bereits vollzogene strafprozessuale Zwangsmaßnahme der Staatsanwaltschaft und ihrer Hilfsbeamten richten, wenn ein nachwirkendes Bedürfnis für die Feststellung besteht (OLG Stuttgart, StV 1988, S. 424 m.w.N.).

Der Senat hat daher den Antrag in der gewählten Form gemäß § 17 a Abs. 2 GVG analog für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Gelsenkirchen verwiesen.

Ende der Entscheidung

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