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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.07.2008
Aktenzeichen: 1 VAs 63/08
Rechtsgebiete: StPO, EGGVG


Vorschriften:

StPO § 457
EGGVG § 23
Ein Vollstreckungshaftbefehl nach § 457 StPO kann grundsätzlich nicht mehr im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden, wenn er bereits vollzogen und der Verurteilte in Strafhaft überführt ist.
Beschluss

Justizverwaltungssache

betreffend J.B.

wegen Rechtsmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden (hier: Anfechtung eines vollzogenen Vollstreckungshaftbefehls).

Auf den Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG gegen den Vollstreckungshaftbefehl der Staatsanwaltschaft Krefeld vom 05. Februar 2008 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 03. 07. 2008 durch die Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.

Der Geschäftswert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

I. Das Amtsgericht Krefeld hat den Betroffenen am 06. März 2007 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Betroffenen blieb erfolglos. Die Entscheidung ist seit dem 19. Oktober 2007 rechtskräftig.

Unter dem 27. November 2007 hat die Rechtspflegerin bei der Staatsanwaltschaft Krefeld den Betroffenen zum Strafantritt binnen eines Monats in die Justizvollzugsanstalt Alt-Moabit in Berlin unter der zuletzt bekannten Anschrift Pettenkofer Str. 36 in Berlin geladen. Ein Rücklauf dieser Ladung ist nicht erfolgt. Weil der Betroffene sich zum Strafantritt innerhalb dieser Frist nicht stellte, hat die Staatsanwaltschaft Krefeld am 17. Januar 2008 Haftbefehl gegen den Betroffenen erlassen, der am 11. März 2008 vollstreckt wurde. Seitdem befindet sich der Betroffene im Vollzug der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe.

Mit Schreiben vom 19. März 2008 legte der Betroffene "Beschwerde gegen den vollstreckbaren Haftbefehl" ein. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er eine Ladung zum Haftantritt nicht erhalten habe. In der Pettenkofer Str. 35/37 habe er seit dem 01. Oktober 2007 nicht mehr gewohnt. Seine polizeiliche Meldeadresse sei seit dem 1. Oktober 2007 in der XXXXXXXX in Berlin gewesen. Er habe den Verdacht, dass sein früherer "Vermieter oder von ihm instruierte Personen die Zustellung vorenthielten, verhinderten oder sogar vernichteten." Durch den Vollzug des Vollstreckungshaftbefehls sei es ihm nicht möglich gewesen, vor dem Haftantritt "wichtige Termine zu erledigen (Zahnarzt)". Es habe für ihn keine Möglichkeit bestanden, "sich mit ausreichend und notwendigem Bargeld und anderen wichtigen persönlichen Dingen auszustatten."

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.

Ein Vollstreckungshaftbefehl nach § 457 StPO kann zwar, da ein entsprechender Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach der Strafprozessordnung nicht vorgesehen ist, grundsätzlich im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden.

Dies gilt jedoch nicht für den bereits vollzogenen und nach Überführung des Verurteilten in Strafhaft erledigten Vollstreckungshaftbefehl. Denn dieser ist in dem Augenblick gegenstandslos geworden, in dem der Verurteilte in Strafhaft überführt ist. Deren Vollzug beruht nicht mehr auf dem Vollstreckungshaftbefehl, sondern auf dem zu vollstreckenden rechtskräftigen Erkenntnis (vgl. OLG Hamm, NStZ 1982, S. 524; Wendisch in Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 457 Rdnr. 31).

Auch im vorliegenden Fall ist deshalb hinsichtlich des Vollstreckungshaftbefehls durch die Überführung des Verurteilten in Strafhaft Erledigung eingetreten. In diesem Fall kommt aber ein Verfahren nach den § 23 ff. EGGVG nur unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG in Betracht, also bei Vorliegen eines berechtigten Interesses des Antragstellers in der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme. Ein solches Interesse kann sich etwa ergeben im Falle einer Wiederholungsgefahr oder bei dem Bedürfnis des Betroffenen nach Rehabilitierung wegen des diskriminierenden Charakters der Maßnahme (vgl. Wendisch in Löwe/Rosenberg, a.a.O. m. w. N.).

Ein solches berechtigtes Interesse des Betroffenen ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht substantiiert dargelegt.

Allein die durch keinen Tatsachenvortrag belegte Behauptung des Betroffenen, er habe beabsichtigt sich "ordnungsgemäß auf den Freiheitsentzug vorzubereiten und ihm drohe durch die Vollstreckung des Haftbefehls ein Abgleiten "von der bestehenden Mittellosigkeit in die totale Verarmung" reicht zur Begründung des erforderlichen Rechtsschutzinteresses nicht aus. Auch seine Behauptung, er habe sich durch den Vollzug des Haftbefehls vor dem Strafantritt nicht ausreichend mit Bargeld versorgen können, begründet kein Rechtsschutzinteresse des Betroffenen, denn er hat nicht dargetan, welche - noch fortdauernden - Nachteile ihm dadurch konkret entstanden sind.

Soweit sich der Betroffene schließlich ausführlich auch noch gegen die Haftbedingungen wendet unter denen er zunächst in der Vollzugsanstalt Berlin-Moabit untergebracht war, steht dies in keinem Zusammenhang mit dem Erlass und der Vollstreckung des angefochtenen Haftbefehls, sondern ist Folge des strafrechtlichen Erkenntnisses vom 6. März 2007 und einer gerichtlichen Überprüfung nur nach den Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes zugänglich.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war deshalb als unzulässig zu verwerfen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 30 Abs. 1 EGGVG, 130 KostO; die Festsetzung des Geschäftswertes auf §§ 30 Abs. 3 EGGVG, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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