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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 29.05.2001
Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 123/01
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 115
Zu den Anforderungen an die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer in Strafvollzugssachen
Beschluss Strafvollzugssache betreffen D.A.,

wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Vollzugsbehörden.

Auf den Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde sowie auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen vom 19. Dezember 2000 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 29.05.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Präsidenten des Justizvollzugsamts Westfalen-Lippe beschlossen:

Tenor:

Dem Betroffenen wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gewährt.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Gründe:

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen hat mit Beschluss vom 19. Dezember 2000 einen Antrag des Betroffenen auf Aushändigung von Kurzhanteln als unbegründet zurückgewiesen. Sie hat dazu ausgeführt, der Boden des Haftraumes könne durch fallende Hanteln beschädigt werden und außerdem sei im Haftraum nicht die erforderliche fachliche Anleitung durch besonders geschulte Bedienstete gewährleistet. Hinzu komme, dass die Hanteln auch als Ausbruchswerkzeug oder Waffe mißbraucht werden können. Auch wenn dem Betroffenen zuvor in der Justizvollzugsanstalt Duisburg-Hamborn zuvor die Benutzung solcher Hanteln gestattet worden sei, ergebe sich unter diesen Umständen kein Recht auf den Fortbestand einer einmal eingeräumten Rechtsposition.

Der Betroffene hat daraufhin nach Zustellung dieser Entscheidung am 21.12.00 bereits am 25. Dezember 2000 die Vorführung zum Urkundsbeamten beantragt, um Rechtsbeschwerde gegen den von ihm hier angefochtenen Beschluss einzulegen.

Nachdem diesem Begehren zunächst nicht entsprochen wurde beantragte der Betroffene mit Schreiben vom 24. Januar 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde. Erst am 29. März 2001 wurde dem Betroffenen dann Gelegenheit gegeben, die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen vom 19. Dezember 2000 zu Protokoll des Rechtspflegers gem. § 118 StVollzG einzulegen und zu begründen. Der Betroffene rügt dabei die Verletzung formellen und materiellen Rechts und erklärte ergänzend, im übrigen beziehe er sich zur weiteren Begründung seines Antrages "auf das diesem Protokoll beiliegende Schriftstück".

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war zu entsprechen. Der Betroffene hat ersichtlich rechtzeitig die Vorführung vor dem Rechtspfleger beantragt ohne dass dieser dem Ersuchen innerhalb der Frist des § 118 Abs. 1 StVollzG entsprochen hat.

Dieses Versäumnis kann dem Betroffenen, der bereits vier Tage nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses die Vorführung vor dem Rechtspfleger beantragt hat, nicht als Verschulden zugerechnet werden. Dem Betroffenen war deshalb auf seinen Antrag Wiedereinsetzung zu gewähren.

Auch die Rechtsbeschwerde hat einen zumindest vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie zur Zurückverweisung an die Strafvollstreckungskammer.

Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur sind an den Beschluss der Strafvollstreckungskammer in Strafvollzugssachen die gleichen Anforderungen zu stellen wie nach § 267 StPO an die Begründung eines strafgerichtlichen Urteils. Neben den wesentlichen rechtlichen Erwägungen müssen von der Strafvollstreckungskammer die entscheidungserheblichen Tatsachen so vollständig wiedergegeben werden, dass anhand dieser Feststellungen eine rechtliche Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht möglich ist. Dies muss in einer eigenen, in sich geschlossenen Darstellung geschehen, die eindeutig erkennen lässt, welche tatsächlichen Feststellungen die Strafvollstreckungskammer getroffen und in ihrer rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt hat. Der Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gemäß § 115 StVollzG ist die angefochtene Entscheidung des Anstaltsleiters, und zwar in der Gestalt, die diese in einem Widerspruchsverfahren angenommen hat. Deshalb müssen in dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer in der Regel diese angefochtenen Entscheidungen mit der von den Behörden gegebenen Begründungen in ihrem wesentlichen Umfang dargestellt werden (vgl. OLG Nürnberg ZFSTRVO 88, 191; OLG Stuttgart ZFSTRVO 1987, 253; Senatsbeschluss vom 28. Januar 1992 - 1 Vollz (Ws) 3/92; Senatsbeschluss vom 28. März 96, 1 Vollz (Ws) 26/96). Diesen Anforderungen genügt die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer nicht. So wird bereits nicht mitgeteilt, aufgrund welcher Erwägungen die Vollzugsbehörde die Aushändigung von Kurzhanteln verweigert hat, obwohl deren Besitz dem Gefangenen von der Voranstalt gestattet worden war, und ob nicht durch andere Maßnahmen die Gefahr einer Beschädigung des Bodens vermieden werden kann bzw. woraus sich überhaupt eine solche Gefahr wie auch die Gefahr eines Missbrauches ergibt. Demgegenüber hat die Strafvollstreckungskammer ersichtlich das Begehren des Betroffenen aufgrund eigener Ermessensausübung in unzulässiger Weise als unbegründet erachtet. Eine solche eigene Ermessensausübung ist der Strafvollstreckungskammer hingegen verwehrt, da sich ihre Befugnis auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung durch die Vollzugsbehörde beschränkt.

Die angefochtene Entscheidung war deshalb aufzuheben und zur erneuten Behandlung an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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