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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.03.2007
Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 191/07
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 41
StVollzG § 46
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Der Betroffene befindet sich seit dem 24.03.2004 wegen Betrugstaten im Strafvollzug.

Ende des Jahres 2005 befand er sich im offenen Vollzug in der Justizanstalt C-C2 II, wo er aufgrund eines am 02.11.2005 geschlossen Arbeitsvertrags für die Fa. B mbH arbeitete. Der Arbeitsvertrag wurde am 25.11.2005 aus betriebsbedingten Gründen - Auftragsmangel - in beiderseitigem Einverständnis aufgelöst.

Am 05.12.2005 wurde der Betroffene aus dem offenen Vollzug in den geschlossenen Vollzug der JVA T verlegt, nachdem er für einen Verbleib in der JVA C-C2 II als Anstalt des offenen Vollzugs nicht mehr geeignet erschien. Der Rückverlegungsentscheidung des Leiters der JVA C-C2 II lag der Tatvorwurf von betrügerischen Handlungen des Betroffenen zum Nachteil von Mitgefangenen zugrunde. Zwischenzeitlich ist der Betroffene wegen dieser Tatvorwürfe rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden.

In der JVA T, wo dem Betroffenen keine Arbeit zugewiesen werden konnte, wurde der Betroffene als schuldhaft ohne Arbeit eingestuft. Er erhielt daher in der Zeit vom 05.12.2005 bis zum 03.03.2006 kein Taschengeld und für den Monat März 2006 lediglich ein Taschengeld, das um das auf die ersten drei Märztage entfallende fiktive Arbeitseinkommen/Hausgeld gekürzt worden war.

Den gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruch hat der Präsident des Landesjustizvollzugsamts mit Bescheid vom 03.11.2006 als unbegründet zurückgewiesen, da der Betroffene die seit seiner Herausnahme aus dem offenen Vollzug bestehende Beschäftigungslosigkeit durch sein eigenes Fehlverhalten verursacht habe. Der Betroffene habe daher in letzter Konsequenz auch die Folgen des Fehlverhaltens, nämlich die Einstufung als "schuldhaft ohne Arbeit" und den damit einhergehenden Verlust seines Taschengeldanspruchs zu vertreten. Die nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist praktizierte Anrechnung des fiktiven Arbeitseinkommens bzw. des theoretisch verfügbaren Hausgelds auf die Taschengeldzahlung sei gängige Praxis.

Den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung wies die Strafvollstreckungskammer Hagen mit Beschluss vom 31.01.2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung hat die Strafvollstreckungskammer ausgeführt, die JVA T habe den Betroffenen zu Recht als schuldhaft ohne Arbeit eingestuft. Der Umstand, dass der Betroffene in der JVA C-C2 II bereits seit dem 25.11.2005 wegen Auftragsmangels seines Arbeitgebers ohne Beschäftigung war, vermöge hieran nichts zu ändern. Zwar sei der Betroffene nach Aufhebung des Arbeitsvertrages zunächst tatsächlich schuldlos ohne Arbeit gewesen und hätte in der JVA C-C2 II bis zur Aufnahme einer Beschäftigung den entsprechenden Status innegehabt. Um diesen Status habe sich der Betroffene jedoch selbst gebracht, indem er aufgrund seiner erneuten Straffälligkeit im offenen Vollzug in den geschlossenen Vollzug habe verlegt werden müssen. Durch die Verlegung habe sich der Status des Betroffenen von schuldlos ohne Arbeit in schuldhaft ohne Arbeit verändert, da er sich aufgrund eigenen Verschuldens in der JVA T befunden habe und dort für ihn keine Arbeit vorhanden gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die in zulässiger Weise eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 23.02.2007.

II.

Das Rechtsmittel des Betroffenen, das der Senat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung zugelassen hat, hat - zumindest vorläufigen - Erfolg.

§ 46 StVollzG knüpft die Gewährung von Taschengeld daran, dass der bedürftige Gefangene ohne sein Verschulden kein Arbeitsentgelt und keine Ausbildungsbeihilfe erhält. Verschuldete Arbeitslosigkeit im Sinne der Vorschrift liegt grds. dann vor, wenn der Gefangene seiner Arbeitspflicht aus § 41 StVollzG nicht nachkommt, aber auch, wenn er z.B. die Arbeit wegen eines von ihm verschuldeten Sicherheitsrisikos verliert. Dem gleichzustellen ist der vorliegend in Betracht kommende Fall, dass ein Gefangener seine Arbeit durch eine von ihm verschuldete Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt bzw. durch die Verlegung vom offenen in den geschlossenen Vollzug verliert.

Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer kann vorliegend nicht ohne weiteres von einer verschuldeten Arbeitslosigkeit des Betroffenen ausgegangen werden.

Der Betroffene ist - was auch die Strafvollstreckungskammer im Ansatz nicht verkennt - durch die einverständliche Auflösung seines Arbeitsvertrages am 25.11.2005 infolge Auftragsmangels des Arbeitgebers unverschuldet arbeitslos geworden. Unbestritten steht der Betroffene seither dem (der Anstalt zugänglichen) Arbeitsmarkt zur Verfügung und ist arbeitswillig- und fähig. Die JVA T war allein aufgrund von Arbeitsmangel nicht in der Lage, dem Betroffenen eine neue Arbeitsstelle zu vermitteln oder zuzuweisen. Entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer wandelt sich der Status des Betroffenen nicht gleichsam automatisch durch die Verlegung vom offenen in den geschlossenen Vollzug von unverschuldet ohne Arbeit in verschuldet ohne Arbeit, weil dem Betroffenen in der Aufnahmeanstalt T keine Arbeit zugewiesen werden konnte und der Betroffene die Verlegung zu vertreten hatte. Die Ablehnung des Taschengeldanspruchs setzt nämlich weiter voraus, dass die von dem Betroffenen verschuldete Maßnahme der Verlegung vom offenen in den geschlossenen Vollzug kausal dafür ist, dass er kein Arbeitsentgelt erhalten hat (vergl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 03.09.1993 - 1 Ws 375/93 (Vollz) -). Diese Kausalität ist bei der vorliegenden Fallkonstellation aber nur dann zu bejahen, wenn feststeht, dass dem Betroffenen nach Aufhebung seines Arbeitsvertrages am 25.11.2005 im offenen Vollzug während des fraglichen Zeitraums eine neue Arbeitsstelle hätte zugewiesen werden können, die er dann jedoch allein aufgrund der von ihm verschuldeten Verlegung nicht hätte antreten können. Hätte dem Betroffenen nämlich auch in der Justizvollzugsanstalt C-C2 II keine neue Arbeit zugeteilt werden können, dann beruht seine Arbeitslosigkeit auch nach der Verlegung in die Justizvollzugsanstalt T nicht auf dieser Verlegung, sondern allein auf Arbeitsmangel. Erst wenn feststeht, dass dem Betroffenen im offenen Vollzug eine neue Arbeit hätte zugewiesen werden können, war er von diesem Zeitpunkt an verschuldet ohne Arbeit. Erst in diesem Fall sind die Voraussetzungen dafür gegeben, ihm das Taschengeld vorzuenthalten.

Entsprechende Feststellungen hat die Strafvollstreckungskammer, die nach dem Grundsatz der Amtsermittlung den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären hat, bislang nicht getroffen. Ohne dies lässt sich ein Kausalzusammenhang zwischen dem Fehlverhalten des Betroffenen und seiner Arbeitslosigkeit jedoch nicht begründen. Nur wenn nach weiterer Aufklärung des Sachverhalts festgestellt werden kann, dass die Arbeitslosigkeit des Betroffenen im Sinne obiger Ausführungen auf seinem Fehlverhalten beruht, war die Vorenthaltung des Taschengeldes für den geltend gemachten Zeitraum rechtmäßig.

Die angefochtene Entscheidung war deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzugeben.

Ende der Entscheidung

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