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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.06.2008
Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 356/08
Rechtsgebiete: StPO, StVollzG


Vorschriften:

StPO § 299
StPo § 44
StVollzG § 120
Ein Betroffener wird von seiner Verantwortung für die Versäumung einer Frist im Rechtsmittelverfahren dann nicht freigestellt, wenn er untätig bleibt, obwohl er erkennt, dass einem gem. § 299 Abs. 1 StPO i.V.m. § 120 Abs. 1 StVollzG gestellten Vorführungsverlangen nicht entsprochen wird, es ihm jedoch ohne weiteres möglich wäre, sein Rechtsmittel durch eine von ihm selbst verfasste Rechtsmittelschrift innerhalb der einzuhaltenden Frist formgültig und rechtzeitig einzulegen.
Beschluss

Strafvollzugssache

betreffend den Strafgefangenen E.A,.

wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Vollzugsbehörde (hier: Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung)

Auf den Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung in dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer II des Landgerichts Essen vom 20. Februar 2008 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17. 06. 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.

Der Betroffene verbüßt gegenwärtig Haftstrafen von insgesamt vier Jahren wegen Beruges in zahlreichen Fällen u. a. in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen. Mit Beschluss vom 20. Februar 2008 hat die Strafvollstreckungskammer II des Landgerichts Essen mehrere Anträge des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 109 ff. StVollzG zurückgewiesen und dem Betroffenen die Kosten des Verfahrens nach einem Gegenstandswert von 2.000,00 € auferlegt.

Dem Betroffenen wurde diese Entscheidung mit Rechtsmittelbelehrung (Rechtsbeschwerde und sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung) am 04. März 2008 zugestellt. Mit Schreiben vom 06. März 2008 beantragte er, seine Vorführung beim Amtsgericht Gelsenkirchen, weil er gegen die Kostenentscheidung der Strafvollstreckungskammer "binnen Wochenfrist" sofortige Beschwerde einlegen wolle. Die Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer wies den Betroffenen mit Schreiben vom 11. März 2008 darauf hin, "dass es für die Einlegung der Kostenbeschwerde keiner Vorführung vor Gericht bedarf.... ggfs. mag Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt werden". Diesen Hinweis nahm der Betroffene zum Anlass, mit weiterem Schreiben vom 17. März 2008 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Er ist der Auffassung, an der Versäumung der inzwischen abgelaufenen Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde treffe ihn kein Verschulden. Die Justizvollzugsanstalt sei - weil er sich in Haft befinde - verpflichtet gewesen, ihn auf seinen Antrag bei der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Gelsenkirchen vorzuführen, damit er dort "die erforderlichen Anträge und Begründungen zu Protokoll geben" könne.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wäre dem Betroffenen gem. § 44 S. 1 StPO nur dann zu gewähren, wenn er eine gesetzliche Frist ohne eigenes Verschulden versäumt hätte. Das ist hier aber nicht der Fall.

Zwar gewährt § 299 StPO i. V. m. § 120 Abs. 1 StVollzG dem nicht auf freiem Fuß befindlichen Betroffenen das Recht, auf Rechtsmittel bezogene Erklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts abzugeben, in dessen Bezirk die Anstalt liegt, wo er auf behördliche Anordnung verwahrt wird. Dieses Recht kann der Betroffene auch dann für sich in Anspruch nehmen, wenn er - wie hier - eine nicht dem Formzwang des § 118 Abs.3 StVollzG unterliegende sofortige Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung zu Protokoll der Geschäftsstelle abgeben will.

Obwohl die von ihm zu diesem Zweck ausdrücklich beantragte Vorführung hier nicht gewährt wurde, trifft den Betroffenen gleichwohl ein die Wiedereinsetzung ausschließendes (Mit-) verschulden an der Versäumung der Frist des § 311 Abs. 2 StPO. Ein Betroffener wird nämlich von seiner Verantwortung für die Versäumung einer Frist im Rechtsmittelverfahren dann nicht freigestellt, wenn er untätig bleibt, obwohl er erkennt, dass seinem Vorführungsverlangen nicht entsprochen wird, es ihm jedoch ohne weiteres möglich wäre, die sofortige Beschwerde durch eine von ihm selbst verfasste Rechtsmittelschrift innerhalb der Wochenfrist formgültig und rechtzeitig einzulegen (vgl. dazu BGH NStZ 1997, S. 560).

So liegt der Fall hier. Den Betroffenen traf die Pflicht, vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, d. h. bis zum 11. März 2008, vorsorglich durch ein von ihm selbst gefertigtes Schreiben sofortige Beschwerde einzulegen, nachdem er erkannt hatte, dass seinem Antrag auf Vorführung nicht entsprochen wurde. Sein Recht, die Beschwerde später zu Protokoll der Geschäftsstelle noch näher zu begründen, wäre hiervon unberührt geblieben. Die Nichtbeachtung dieser Pflicht ist dem Betroffenen vorzuwerfen. Seinem Wiedereinsetzungsantrag kann deshalb nicht entsprochen werden.

Nur ergänzend verweist der Senat darauf, dass die sofortige Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg gehabt hätte, weil der Beschwerdewert von 200,00 € ersichtlich nicht erreicht wird.



Ende der Entscheidung

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