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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 09.12.2004
Aktenzeichen: 1 Ws 380/04
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 56 f
Eine Auflage nach § 56 b Abs. 2 Nr. 1 StGB ist im Bewährungsbeschluss nämlich so bestimmt zu formulieren, dass Verstöße dagegen einwandfrei festgestellt werden können und auch der Verurteilte unmissverständlich weiß, wann er einen Widerruf der Strafaussetzung nach § 56 f Abs. 1 Nr. 3 StGB zu erwarten hat. Wird dem Verurteilten aufgegeben, den angerichteten Schaden wieder gut zu machen, ist es zwar nicht unbedingt erforderlich, dass die Schadenshöhe angegeben wird. Die Schadenshöhe muss sich allerdings zumindest aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe mit dem Bewährungsbeschluss ergeben.
Beschluss

Strafsache

wegen Betruges,

(hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 23. August 2004 gegen den Beschluss der 4. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund vom 16. August 2004 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09. 12. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

Der Beschwerdeführer ist durch Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 28. Januar 2002 wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt worden. Grundlage der Verurteilung war, dass der Betroffene am 29. März 2000 dem Zeugen K. einen gebrauchten PKW Fiat Punto zum Preise von 7.500,- DM verkauft hatte, wobei er bewusst wahrheitswidrig eine Laufleistung von ca. 63.000 km angegeben hat. Die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs lag deutlich über 100.000 km. Das Fahrzeug hatte lediglich einen Verkehrswert von ca. 5.500,- DM. Weitere Angaben zum Schadensumfang lassen sich den Urteilsfeststellungen nicht entnehmen. Insbesondere ist nicht erwähnt, dass der Beschwerdeführer durch Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Dortmund vom 17. Januar 2001 verurteilt worden war, an den Zeugen K. 7.892,- DM nebst 4 % Zinsen von 7.500,- DM seit dem 30. März 2000, sowie von 392,- DM seit dem 16. Juni 2000 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fiat Punto zu zahlen. In dem Bewährungsbeschluss vom 28. Januar 2002 ist dem Beschwerdeführer aufgegeben worden, auf den Schadensersatzanspruch des Zeugen K. monatliche Raten von 125,- € zu zahlen und zwar erstmalig zum Ende des Monats, welcher der Rechtskraft des Urteils folgt.

Nachdem zuvor bereits einige Zahlungen geleistet worden waren, stand am 13. Januar 2002 noch die Hauptforderung mit 3.492,19 €, Kosten in Höhe von 482,78 € und Zinsen in Höhe von 53,43 € aus. In der Folgezeit hat der Verurteilte bis Februar 2004 ca. 2.227,- € gezahlt. Diese Zahlungen sind vom Gläubiger zunächst auf die Kosten, sodann auf die Zinsen und die Hauptforderung verrechnet worden. Nachdem mehrfach die Zahlungen nur zögerlich folgten, hat die Strafvollstreckungskammer den Verurteilten am 2. April 2004 mündlich angehört. In diesem Termin hat er angegeben, er verdiene 1.000,- € monatlich. Davon habe er alle Kosten zu bestreiten. Seine Mietbelastung belaufe sich auf 435,- €, zuzüglich 25,- € Strom. Telefonkosten entstünden ihm in Höhe von 100,- €, auch berufsbedingt. Die Strafvollstreckungskammer hat daraufhin mit Beschluss vom 26. April 2004 die monatlich zu zahlende Rate auf 75,- € reduziert. Nachdem in der Folgezeit sodann zunächst gleichwohl weitere Zahlungen nicht erfolgten, hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 16. August 2004 die bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 23. August 2004. Gleichzeitig hat er Belege über Einzahlungen für Mai/Juni/Juli vorgelegt und angekündigt, dass die Zahlungen für August, September, Oktober bis zum 4. September 2004 erfolgen würden.

Die gemäß § 453 Abs. 2 StPO, § 56 f StGB statthafte und gemäß § 311 Abs. 2 StPO fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung kann nicht gemäß § 56 f Abs. 1 Nr. 3 StGB auf einen Verstoß gegen die Auflage zur Schadenswiedergutmachung gestützt werden. Voraussetzung dafür ist nämlich, dass der Verurteilte gegen eine wirksame und zulässige Auflage gröblich und beharrlich verstoßen hat. Dies kann vorliegend nicht festgestellt werden.

Die gemäß § 56 b Abs. 2 Nr. 1 StGB erteilte Auflage, "auf den Schadensersatzanspruch des Zeugen K. monatliche Raten von 125,- € zu zahlen", ist bereits mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Eine Auflage nach § 56 b Abs. 2 Nr. 1 StGB ist im Bewährungsbeschluss nämlich so bestimmt zu formulieren, dass Verstöße dagegen einwandfrei festgestellt werden können und auch der Verurteilte unmissverständlich weiß, wann er einen Widerruf der Strafaussetzung nach § 56 f Abs. 1 Nr. 3 StGB zu erwarten hat (Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 15. März 1989 - 1 Ws 44/89 -; HansOLG Bremen, StV 1986, 253). Dabei ist nicht unbedingt erforderlich, dass die Schadenshöhe angegeben wird (Schönke/Schröder-Stree, StGB, 26. Aufl., § 56 b Rdnr. 9; OLG München, Beschluss vom 10. Dezember 1980 - 2 Ws 1335/80 -; a.A. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 56 b Rdnr. 6). Die Schadenshöhe muss sich allerdings zumindest aus dem Zusammen-hang der Urteilsgründe mit dem Bewährungsbeschluss ergeben. Dies ist vorliegend indes nicht der Fall. Nach den Urteilsfeststellungen könnte man auch von einem Schaden in Höhe von 2.000,- DM ausgehen, da der für 7.500,- DM verkaufte PKW lediglich einen tatsächlichen Verkehrswert von 5.500,- DM hatte. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, ob dem Beschwerdeführer bewusst war, dass zum Schadensum-fang auch Gerichtskosten und Zinsen gehören. Da es in dem strafgerichtlichen Urteil an jeglicher Bezugnahme auf das zivilgerichtliche Anerkenntnisurteil fehlt, kann auch insoweit nicht der Rückschluss gezogen werden, dem Beschwerdeführer sei bekannt gewesen, die ihm im Bewährungsbeschluss auferlegte Verpflichtung zur Schadenswiedergutmachung beziehe sich auf den im Anerkenntnisurteil ausgeurteilten Betrag. Darüber hinaus hat der Verurteilte in der Folgezeit einen Betrag von mehr als 2.000,- € beglichen. War ihm nicht bewusst, dass er dem Zeugen K. auch zum Ausgleich der Gerichtskosten verpflichtet ist, so wäre aus seiner Sicht der eigentliche Schaden nahezu ausgeglichen. Da die Höhe des Schadens im Bewährungsbe-schluss in keinerlei Weise konkretisiert worden ist, musste er angesichts der Höhe der bisher geleisteten Zahlungen nicht unbedingt mit einem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung rechnen. Da nach alledem dem Verurteilten der Umfang seiner Schadenswiedergutmachung nicht unmissverständlich klar war, mangelt es der Auflage an hinreichender Bestimmtheit, so dass der Bewährungsbeschluss insoweit unwirksam ist.

Darüber hinaus kann aber auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer gröblich und beharrlich gegen die ihm erteilte Auflage verstoßen hat. Nach § 56 b Abs. 2 Nr. 1 StGB hat ein Verurteilter den verursachten Schaden nach Kräften wieder gutzumachen. Ein grober und beharrlicher Verstoß i.S.d. § 56 f Abs. 1 Nr. 3 StGB gegen eine Auflage zur Schadenswiedergutmachung kann aber nicht bereits bei Nichtleistung angenommen werden; vielmehr hat das Gericht positiv festzustellen, dass der Verurteilte trotz bestehender Zahlungsfähigkeit nicht geleistet hat (OLG Hamm, StV 1993, 259; LG Münster NStZ-RR 2003, 264; LG Koblenz StraFo 2003, 208). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Hinzu kommt, dass, wie bereits oben ausgeführt worden ist, die Zahlungen des Verurteilten zunächst auf die Kosten und Zinsen verrechnet worden sind. Bei einem anderen Buchungsmodus wäre die Hauptforderung durch die Zahlungen des Verurteilten bereits nahezu getilgt. Bei dieser Sach-lage kann jedenfalls eine gröbliche und beharrliche Verletzung der Pflicht zur Schadenswiedergutmachung nicht festgestellt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473, 467 StPO.



Ende der Entscheidung

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