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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 11.01.2007
Aktenzeichen: 10 UF 112/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1618
Die Einbenennung muss für das Kindeswohl unabdingbar notwendig sein. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn sich aufgrund der Namensungleichheit eine Erkankung des Kindes (hier: Asthma) entscheidend verschlechtert hat.
Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Recklinghausen vom 5.4.2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Zustimmung des Antragsgegners zur Einbenennung des Kindes D in den Nachnamen U ersetzt wird.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.000,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die seit 2001 von dem Antragsgegner geschiedene Antragstellerin begehrt die Einbenennung des derzeit 9 Jahre alten, gemeinsamen Kindes D. Sie soll zukünftig nicht mehr den Nachnamen ihres Vaters (Antragsgegners) 'W' tragen, sondern statt dessen, wie ihre Mutter seit erneuter Heirat am 11.8.2006, mit Nachnamen 'U' heißen. Der Antragsgegner hat etwa seit 2001 keinen Kontakt mehr zu der Tochter, wofür er und die sorgeberechtigte Antragstellerin unterschiedliche Gründe angeben.

Nachdem der Antragsgegner die verlangte Zustimmung zur Einbenennung verweigerte, beantragt die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren, seine Zustimmung zu ersetzen. Zur Begründung hat sie den ausdrücklichen Wunsch des Kindes und in Verbindung damit angeführt, dass sich das Krankheitsbild Ds, die seit dem zweiten Lebensjahr an Asthma leidet, aufgrund der Namensungleichheit, die ihr Leiden bereite, deutlich verschlechtert habe. Die Einbenennung sei deshalb aus gesundheitlichen Gründen notwendig. Das bestreitet der Antragsgegner, der auf seine Interesse verweist, den selben Nachnamen als einzige verbliebene Verbindung zu seiner Tochter beibehalten zu wissen.

Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Parteien, des betroffenen Kindes sowie Einholung einer, die Einbenennung befürwortenden, Stellungnahme des zuständigen Jugendamtes antragsgemäß die Zustimmung des Antragsgegners ersetzt. Nach der sich darstellenden Sachlage, so das Amtsgericht, sei es von der Notwendigkeit der Einbenennung des Kindes aufgrund dessen ausdrücklich geäußerten Wunsches in Verbindung mit den angeführten gesundheitlichen Gründen überzeugt.

Dagegen erhebt der Antragsgegner aus den wiederholten und vertieften Gründen seines erstinstanzlichen Vortrags Beschwerde.

Die Antragsstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluß. Zur Untermauerung der gesundheitsbedingten Notwendigkeit der Einbenennung zur Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohls hat sie, nach Hinweis des Senats, ein bestätigendes ärztliches Attest vom 20.7.2007 (Bl. 103 d.A.) vorgelegt.

Dies hat der Senat zum Anlaß für die Einholung eines schriftlichen fachärztlichen Sachverständigengutachtens des Pneumologen Dr. I von der Vestischen Kinder- und Jugendklinik E vom 21.11.2007 (Bl. 118 ff. d.A.) genommen, das den Beteiligten zur Stellungnahme überlassen und unwidersprochen geblieben ist.

II.

Danach ist die nach den §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 a Abs. 1, 621 e ZPO zulässige Beschwerde des Antragsgegners unbegründet.

Die hohen Anforderungen an die Ersetzung der Zustimmung zur Einbenennung nach § 1618 Abs. 1 S. 4 BGB sind hier erfüllt.

Die Neufassung des § 1618 BGB durch Art. 1 Nr. 7 KindRG, mit der die bisherige Formulierung "dem Kindeswohl dienlich" durch "für das Kindeswohl erforderlich" ersetzt wurde, hat die Voraussetzungen verschärft, was ausdrücklich dem Zweck dient, die durch die Namensgleichheit aufrechterhaltene Bindung des Kindes an den betreffenden Elternteil zu unterstreichen (BT-Drucksache 13/8511, S. 73, 74).

Danach ist gemäß ständiger Rechtsprechung, auch des erkennenden Senats, nach umfassender Interessenabwägung eine Ersetzung der Zustimmung nur noch in Ausnahmefällen vorzunehmen (Palandt-Diederichsen, § 1618 Rdz. 17; BGH NJW 2002, 300; OLG München NJW-RR 2000, 667). Angesichts der vom geltenden Namensrecht eröffneten Vielfalt reichen lediglich Gründe der Zweckmäßigkeit oder Förderlichkeit für das Kindeswohl nicht aus (BGH NJW 2002, 300, 301; OLG Saarbrücken ZfJ 2000, 437, 438). Die Einbenennung muß vielmehr für das Kindeswohl unabdingbar notwendig, also unerlässlich sein, um konkret drohende Schäden vom Kindeswohl abzuwenden (BGH FamRZ 2005, 889; 2002, 1330, 1331).

Auch nach diesen strengen Kriterien ist die Namensänderung aus den von der Antragstellerin angeführten und vom Amtsgericht zugrunde gelegten gesundheitlichen Gründen für das Wohl des Kindes unerläßlich.

Die Beweisaufnahme durch den Senat mittels Sachverständigengutachtens hat bestätigt, dass die asthmatische Erkrankung des Kindes sich seit und aufgrund der Namensungleichheit zwischen der Stieffamilie und dem Kind nachweislich entscheidend verschlechtert hat. Die Atemnotanfälle treten erheblich häufiger und intensiver auf, so dass eine zuvor nicht erforderliche Dauermedikation erfolgen muß. Der Sachverständige geht -in Übereinstimmung mit dem von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Attest- aufgrund seiner Untersuchungen unwidersprochen davon aus, dass bei Namensgleichheit mit der Antragstellerin sich eine Besserung des Krankheitsbildes ergebe und möglicherweise auf Medikamente verzichtet werden könne, die jetzt unumgänglich seien.

Der Senat verfügt über keine anderen Erkenntnisse. Zum Schutz des überwiegenden Rechtsguts der körperlichen Integrität des betroffenen Kindes muß ausnahmsweise das grundsätzlich beachtliche Interesse des Antragsgegners an der Aufrechterhaltung des gemeinsamen Nachnamens zurücktreten.

Von der Anordnung einer Kostenentscheidung wird gemäß § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG abgesehen.

Ende der Entscheidung

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