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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 10 UF 153/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 3
Nach der zum 1.1.2006 veränderten Versorgungsordnung der Adam Opel GmbH ist deren Zusage nicht als Leistung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 3 BGB einzustufen, der Ausgleich ist über den Zugewinnausgleich vorzunehmen.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 29.06.2006 wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Recklinghausen vom 11.05.2006 in dem Ausspruch zum Versorgungsausgleich abgeändert:

Von dem Versicherungskonto Nr. ##### des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung X in N werden auf das Versicherungskonto Nr. ##### der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in T Rentenanwartschaften in Höhe von 225,43 € monatlich, bezogen auf den 30.11.2005, übertragen. Der Monatsbetrag der zu übertragenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Ferner werden zum Ausgleich der Anwartschaften des Antragstellers bei der B-Lebensversicherung von dem Versicherungskonto Nr. ##### des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung X in N auf das Versicherungskonto Nr. ##### der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in T Rentenanwartschaften in Höhe von 6,58 € monatlich, bezogen auf den 30.11.2005, übertragen. Der Monatsbetrag der zu übertragenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 23.07.1993 in I geheiratet. Bereits vor ihrer Ehe war die heute 19-jährige gemeinsame Tochter K geboren worden. Der Scheidungsantrag des Antragstellers ist den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 29.12.2005 zugestellt worden (Bl. 7 GA).

Der heute 37-jährige Antragsteller arbeitet bei der P AG in C. Die jetzt 40-jährige Antragsgegnerin ist Verkäuferin von Beruf, derzeit aber nicht erwerbstätig.

Durch Urteil vom 11.05.2006 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Recklinghausen die Ehe des Antragstellers mit der Antragsgegnerin geschieden. Insoweit ist die Entscheidung seit dem 12.09.2006 rechtskräftig. Darüber hinaus hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung X in N auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in T Rentenanwartschaften in Höhe von 225,43 € monatlich, bezogen auf den 30.11.2005, übertragen werden. Ferner werden zum Ausgleich einer Anwartschaft des Antragstellers bei der B AG und auf eine betriebliche Altersversorgung bei der P AG von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen in N auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in T weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 24,68 € monatlich, bezogen auf den 30.11.2005, übertragen. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 11.05.2006 (Bl. 18-27 GA) Bezug genommen.

Gegen die amtsgerichtliche Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde. Zur Begründung führt er aus, die P AG habe zwischenzeitlich mitgeteilt, dass aufgrund der Ablösung der alten Versorgungsordnung durch eine Neuordnung zum 01.01.2006 die Rentenzusage für ihn auf eine Kapitalzusage umgestellt worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung der Rechtsanwälte E pp. in S vom 29.06.2006 (Bl. 39-42 GA) verwiesen.

Der Senat hat eine ergänzende Anfrage an die P GmbH in C gerichtet, die am 25.09.2006 beantwortet worden ist (Bl. 73/74 GA). Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

B.

Die Beschwerde des Antragstellers vom 29.06.2006 hat Erfolg.

I.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht i.S.d. §§ 621 e I (i.V.m. § 621 Nr. 6), III 1 und 2, 517, 520 ZPO eingelegt.

II.

Die Beschwerde ist auch begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung in dem vorstehend tenorierten Umfang.

1.

Nach § 1587 I BGB sind die in der Ehezeit erworbenen Versorgungen des Antragstellers und der Antragsgegnerin auszugleichen. Die danach für den Versorgungsausgleich maßgebliche Ehezeit betrifft in dem gegebenen Fall den Zeitraum vom 01.07.1993 bis zum 30.11.2005. Dies folgt aus § 1587 II BGB. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Monats der Eheschließung und endet mit dem letzten Tag desjenigen Monats, der dem Monat vorausgeht, in dem der Scheidungsantrag zugestellt wurde. Vorliegend haben der Antragsteller und die Antragsgegnerin am 23.07.1993 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Antragstellers ist der Antragsgegnerin am 29.12.2005 zugestellt worden (Bl. 7 GA).

2.

Im Hinblick auf die während der Ehezeit erworbenen und nunmehr auszugleichenden Anwartschaften von Antragsteller und Antragsgegnerin gilt Folgendes:

a)

In der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen:

- monatliche Anwartschaften des Antragstellers in Höhe von 455,39 € monatlich (Auskunft der Deutschen Rentenversicherung X in N vom 10.03.2006; Bl. 14 ff. im Sonderheft Versorgungsausgleich),

- monatliche Anwartschaften der Antragsgegnerin in Höhe von 4,53 € monatlich (Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund in T vom 23.03.2006; Bl. 27 ff. im Sonderheft Versorgungsausgleich).

Insofern kann vollumfänglich auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen werden.

b)

Auch die Umrechnung der B-Lebensversicherung des Antragstellers ist in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Insofern ist gemäß der Berechnung des Amtsgerichts ein Wert in Höhe von 13,16 € in die Gesamtbilanz des Versorgungsausgleichs einzustellen.

c)

Zudem besteht für den Antragsteller eine Zusage der P GmbH auf eine betriebliche Altersversorgung. Die hierzu von dem Amtsgericht vorgenommene rechtliche wie tatsächliche Bewertung war auf der Grundlage der erstinstanzlich zunächst erteilten Auskunft vom 29.03.2006 (Bl. 36 ff. im Sonderheft Versorgungsausgleich) an sich zutreffend.

Eine Veränderung ergibt sich allerdings daraus, dass die P GmbH nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens mit Schreiben vom 12.06.2006 auf eine Änderung ihrer Versorgungsordnung zum 01.01.2006 hinwies. Danach ist die Rentenzusage für den Antragsteller auf eine Kapitalzusage umgestellt worden (Bl. 39-52 GA).

aa)

Auf der Grundlage der veränderten Versorgungsordnung vom 01.01.2006 ist die Zusage der P GmbH nicht als eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung i.S.d. § 1587a II Nr. 3 BGB einzustufen. Das neue "OpelVersicherungsKonto" ist eine arbeitgeberfinanzierte Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung. Darin werden jährlich Versorgungsbeiträge bereitgestellt. Diese werden in Abhängigkeit vom Lebensalter bis zum Renteneintritt verzinst und zu einem Versorgungskapital umgerechnet. Im Versorgungsfall haben also der Mitarbeiter bzw. seine Hinterbliebenen Anspruch auf Alters-, Invaliden- oder Hinterbliebenenversorgung in voller Höhe des zum jeweiligen Zeitpunkt angesammelten Versorgungskapitals.

bb)

Betriebliche Versorgungsleistungen im Form einmaliger Kapitalleistungen werden nicht vom Versorgungsausgleich erfasst. Sie sind - unabhängig von ihrer Zwecksetzung - nur güterrechtlich auszugleichen (Borth, Versorgungsausgleich, 3. Auflage, Rdz. 47, 296 mwN). Der Versorgungsausgleich erfasst lediglich Anrechte auf wiederkehrende Rentenleistungen, wie sich aus § 1587 I BGB sowie den Bewertungsbestimmungen des § 1587a II Nr. 1-5 BGB ergibt. Ein solches Anrecht aber fällt grundsätzlich nicht in den Versorgungsausgleich, da dessen System auf den Ausgleich wiederkehrender Leistungen zugeschnitten ist und für den Ausgleich von Kapitalleistungen nicht passt (BGHZ 88, 386, 395 f.).

Die §§ 1587, 1587a BGB sehen - auch nach der teilweisen Neuregelung durch das Altersvermögensgesetz (vom 26.06.2001; BGBl. I S. 3610) - unverändert nur Rentenleistungen als versorgungsausgleichspflichtig an. Für Kapitalleistungen hingegen stellen sie keine Ausgleichsform zur Verfügung (BGH FamRZ 2005, 1463/1464; vgl. auch Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Auflage, § 1587 Rdz. 26). Dies gilt auch dann, wenn das Anrecht als betriebliche Altersversorgung begründet worden ist (BGH FamRZ 2005, 1463/1464; BGH FamRZ 2003, 153).

cc)

Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass gemäß Option 2 des "OpelVersorgungsKontos" (siehe die dortige Seite 12) die Möglichkeit besteht, dass der Versorgungsberechtigte eine Auszahlung als lebenslange Rente beantragen kann. Dieses Recht ist von dem Antragsteller bislang nicht ausgeübt worden. Eine spätere Ausübung aber ändert an dem Charakter des Anrechts nichts. Sie führt insbesondere nicht dazu, es noch nachträglich dem System des Versorgungsausgleichs zu unterwerfen.

3.

Damit ergibt sich folgende Übersicht

Antragsteller

 Deutsche Rentenversicherung X in N 455,39 €
B AG 13,16 €
Insgesamt 468,55 €

Antragsgegnerin

 Deutsche Rentenversicherung Bund in T 4,53 €
Differenz 468, 55 € ./. 4,53 € = 464,02 €, hiervon 1/2 = 232,01 €

4.

Hieraus ergibt sich folgende Umrechnung:

a)

Im Hinblick auf die Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung steht der Antragsgegnerin ein Anspruch gegen den Antragsteller auf Übertragung gem. § 1587b I BGB zu in Höhe von:

455,39 € ./. 4,53 € = 450,86 €; hiervon 1/2 = 225,43 €.

b)

Der danach noch verbleibende Betrag von 6,58 € ist durch erweitertes Splitting gem. § 3b I Nr. 1 VAHRG auszugleichen.

c)

Der Höchstbetrag nach § 1587b V BGB beläuft sich auf 644,36 € (Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund in T vom 23.03.2006 (Bl. 27 im Sonderheft Versorgungsausgleich). Er ist nicht überschritten.

d)

Die Umrechnung in Entgeltpunkte ist gem. § 1587b VI BGB anzuordnen.

III.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden, da der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt ist und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93a I 1 a.E. ZPO.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts ergibt sich aus § 49 Nr. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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