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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.05.2008
Aktenzeichen: 10 W 9/08
Rechtsgebiete: GrdsrtVG, HöfeO


Vorschriften:

GrdsrtVG § 9
HöfeO § 16 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Soest vom 21.12.2007 wird abgeändert.

Der Hofübergabevertrag vom 11.04.2007 (UR-Nr. #### des Notars T in M) mit den Ergänzungen und Änderungen des Vertrages vom 16.11.2007 (UR-Nr. #### des Notars T in M) wird landwirtschaftsgerichtlich genehmigt.

Gebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) ist der Vater des Beteiligten zu 2); die Beteiligte zu 3) ist die Ehefrau des Beteiligten zu 1) und Mutter des Beteiligten zu 2); der Beteiligte zu 4) ist der einzige weitere Abkömmling der Beteiligten zu 1) und 3). Die Beteiligten zu 1) und 2) begehren die landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung eines Hofübergabevertrages.

Bereits im Jahre 1993 verpachtete der Beteiligte zu 1) die in den Grundakten von X, Blatt #### des Amtsgerichts Warstein, verzeichnete Grundbesitzung, einen Hof im Sinne der Höfeordnung, als Ganzes an den Beteiligten zu 2). Nach den Erklärungen der Beteiligten zu 1) und 2) im Senatstermin beträgt die derzeitige Jahrespacht insgesamt 12.000,00 Euro, von denen ca. 10.000,00 Euro auf die Verpachtung von Land und ca. 2.000,00 Euro auf die Verpachtung einer mit einem Windkraftrad bebauten Fläche entfallen. Der Beteiligte zu 2) betreibt auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen im Nebenerwerb reinen Ackerbau, beispielsweise mit Raps, Weizen und Hafer. Eine Viehhaltung findet nicht statt. Nach den Erklärungen des Beteiligten zu 2) im Senatstermin wirft der Betrieb einen jährlichen Gewinn in der Größenordnung von 10.000,00 Euro bis 15.000,00 Euro, jeweils vor Steuern, ab. Bei diesen Beträgen ist die an den Beteiligten zu 1) zu zahlende Pacht bereits berücksichtigt.

Unter dem 11.04.2007 schlossen alle Beteiligten, also auch die Beteiligte zu 3) und der Beteiligte zu 4), einen notariell beurkundeten Hofübergabevertrag, mit dem der Beteiligte zu 1) den Hof mit Ausnahme einer Teilfläche von 2.500 qm Ackerland und des Wohnhauses auf den Beteiligten zu 2) übertrug. In § 4 des Vertrages wurde dem Beteiligten zu 1) ein umfassendes Nießbrauchsrecht an der übertragenen Fläche eingeräumt und zwar unter Ausnahme des Wohnhauses der Parteien. Nach dem Ableben des Beteiligten zu 1) sollte dieses Nießbrauchsrecht der Beteiligten zu 3) zustehen. In § 5 des Vertrages war vereinbart, dass dem Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 3) ein unentgeltliches, dinglich gesichertes Wohnungsrecht an den Räumen im Erdgeschoss des Wohnhauses eingeräumt wurde.

Nachdem die Beteiligten zu 1) und 2) beim Landwirtschaftsgericht die Genehmigung dieses Vertrages beantragt hatten und das Landwirtschaftsgericht Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit geäußert hatte, wurde mit notariellem Vertrag vom 16.11.2007 (Bl. 31 d.A.) eine Änderung zum Hofübergabevertrag vom 11.04.2007 beurkundet. Zum einen wurde die Kostentragungspflicht für das Wohnhaus modifiziert. Hinsichtlich des eingeräumten Nießbrauchs wurde vereinbart, dass es in Ausübung des Nießbrauchsrechts bei dem mit dem Beteiligten zu 2) bestehenden Pachtvertrag verbleibe und die Pachteinnahmen dem Beteiligten zu 1) zustehen sollten. Ferner wurde der Beteiligten zu 3) statt des Nießbrauchs ein Altenteilsrecht für den Fall des Vorversterbens des Beteiligten zu 1) gewährt und zwar in Höhe von 75 % der monatlichen Pachteinnahmen. Der Beteiligte zu 4) war an dem Änderungsvertrag vom 16.11.2007 nicht beteiligt, hat aber im Senatstermin vom 27.05.2008 seine Zustimmung zu den dort beurkundeten Änderungen ausdrücklich erklärt.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben die Ansicht vertreten, dass die Einräumung eines Nießbrauchsrechtes bzw. eines Altenteilsrechtes der Genehmigungsfähigkeit nicht entgegen stehe. Die Pachteinnahmen bzw. das Altenteilsrecht sicherten den Lebensunterhalt des Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 3). Der Beteiligte zu 2) benötige zum jetzigen Zeitpunkt die Eigentümerstellung, um in den Hof investieren zu können. Er beziehe neben der Bewirtschaftung des ca. 36 h großen Hofes ein gesichertes Einkommen aus dem Betrieb der Windkrafträder sowie aus einer unselbständigen Beschäftigung bei einer Computerfirma. Zudem sei seine Ehefrau berufstätig.

Das Landwirtschaftsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss nach Einholung von schriftlichen Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer vom 23.05.2007 (Bl. 5 d.A.) und 05.12.2007 (Bl. 38) den Antrag auf Genehmigung des Hofübergabevertrages zurückgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Vertrag im Hinblick auf die Nießbrauchsregelung gegen § 16 HöfeO verstoße und eine Aushöhlung der Hoferbfolge darstelle. Eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Hofes sei durch diese Regelung nicht mehr gewährleistet, weil sämtliche Einnahmen des Hofes dem Beteiligten zu 1) verblieben und dieser daher wirtschaftlicher Eigentümer bleibe. Dies sei möglicherweise noch akzeptabel. Nicht mehr tolerierbar sei jedoch, dass sich die Situation nach dem Tode des Beteiligten zu 1) für den Beteiligten zu 2) nicht spürbar verbessere, da er weiterhin zur Gewährung des Altenteils an die Beteiligte zu 3) verpflichtet sei. Die anderweitigen Einnahmen des Beteiligten zu 2) hätten außer Betracht zu bleiben.

Die Beteiligten zu 1) und 2) verfolgen mit ihrer sofortigen Beschwerde weiterhin die Genehmigung des Hofübergabevertrages. Durch diesen Vertrag ändere sich lediglich die formale Eigentümerstellung. Im Übrigen bliebe es wie seit dem Abschluss des Pachtvertrages im Jahre 1993 dabei, dass der Beteiligte zu 1) die Pachteinnahmen erhalte, nunmehr in Ausübung seines Nießbrauchrechts und nicht als Eigentümer. Es seien seitens des Beteiligten zu 2) keine übermäßigen Leistungen zu erbringen, da der Hof trotz der Pachtzahlungen immer Gewinne abgeworfen habe. Als Hilfsüberlegung sei zu berücksichtigen, dass bei Nichtgenehmigung des Vertrages der Beteiligte zu 1) die Beteiligte zu 3) als Erbin einsetzen könne und dieser die Pachteinnahmen in voller Höhe zufließen würden statt nur in Höhe von 75 %.

II.

Die gemäß § 22 Abs. 1 LwVG in Verbindung mit § 22 Abs. 1 FGG zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Nach ganz einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kann die Zulässigkeit von Nießbrauchsvorbehalten im Hinblick auf eine Aushöhlung der Hoferbfolge (§ 16 Abs. 1 HöfeO) nicht in Zweifel gezogen werden, wenn die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Hofes nicht gefährdet wird (vgl. BGHZ 118, 361; OLG Hamm, AgrarR 1982, 164; Lange/Wulff/Lüdtke-Hanjery, HöfeO, 10. Aufl., § 17, Rdnr. 66; Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, 8. Aufl., § 17, Rdnr. 55; Fassbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, § 17, Rdnr. 105; Fassbender, DNotZ 1986, 73, 74).

Auch vorliegend bestehen keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass dem Beteiligten zu 1) ein Nießbrauchsrecht vorbehalten worden ist. Ein solches ist auch nach den Vorschriften der Höfeordnung zulässig, denn diese Verordnung geht von dem freien Bestimmungsrecht des Hofeigentümers aus, der die Hoferbfolge zwar nach § 16 Abs. 1 HöfeO nicht ausschließen, sie aber beschränken kann. Eine solche Beschränkung stellt in der Regel auch der Vorbehalt des Nießbrauches bei der vorweggenommenen Hoferbfolge dar. Lediglich in seltenen Ausnahmenfällen, z.B. wenn die Lebenserwartung des Nießbrauches wesentlich höher als die des Hoferben ist, kann schon einmal ein unzulässiger Ausschluss der Hoferbfolge vorliegen (vgl. OLG Hamm, AgrarR 1982, 164).

Dafür, dass im vorliegenden Fall durch die Einräumung des Nießbrauchs die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Hofes gefährdet würde und damit durch die Genehmigung des Übergabevertrages das durch die Höfeordnung geschützte Interesse der Allgemeinheit an einer leistungsfähigen Landwirtschaft beeinträchtigt würde, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr ist durch die Regelung, dass es in Ausübung des Nießbrauchs bei dem bisherigen Pachtvertrag bleibt, sichergestellt, dass sich in tatsächlicher Hinsicht zum jetzigen Zustand der Sache nichts ändert. Wenn also eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Hofes bisher zu bejahen war, woran der Senat keine Zweifel hat, kann das auch für die Zukunft nicht verneint werden. Der Beteiligte zu 2) hat im Senatstermin insoweit glaubhaft angegeben, der Hof werfe, obwohl er nur als Nebenerwerbsbetrieb geführt werde, immer gute Gewinne in einem Bereich von 10.000,00 Euro bis 15.000,00 Euro, in manchen Jahren sogar mehr, ab. Bei diesen Gewinnen vor Steuern sei die an den Beteiligten zu 1) zu zahlende Pacht bereits berücksichtigt. Die Erzielung guter Gewinne sei darin begründet, dass aufgrund der guten Bodenverhältnisse ein kostengünstiger Ackerbau möglich sei und insbesondere auch keine personalintensive Viehhaltung betrieben werde. Auch die Landwirtschaftskammer hat in ihren Stellungnahmen vom 23.05.2007 und 05.12.2007 keine Bedenken gegen die Übertragung des Hofes auf den Beteiligten zu 2) zu den aus den Verträgen ersichtlichen Bedingungen geäußert.

Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Beteiligte zu 2) durch den Übergabevertrag trotz des Nießbrauchsvorbehalts eine gesicherte Stellung als Hofeigentümer erhält, während bei der Nichtgenehmigung des Vertrages die Hofübergabe nur weiter hinausgezögert würde. Durch die Genehmigung wird den Zielsetzungen des Höferechtes mehr gedient als durch eine Versagung der Genehmigung, die nur den alten Zustand konserviert, vgl. OLG Hamm, AgrarR 1982, 164). Der Beteiligte zu 2) hat bei einer Übergabe insbesondere die Möglichkeit, als Eigentümer weiter in den Hof zu investieren und so die Leistungsfähigkeit des Hofes zu erhalten oder sogar weiter zu steigern.

Ein Versagungsgrund nach § 9 Grundstücksverkehrsgesetz (siehe hierzu BGHZ 118, 361; OLG Hamm, AgrarR 1982, 164) liegt ebenfalls nicht vor. Ein solcher wäre lediglich dann anzunehmen, wenn der Nießbrauchsvorbehalt den Übernehmer auf unabsehbare Zeit an der selbständigen und eigenverantwortlichen Hofesbewirtschaftung hindern würde (vgl. OLG Hamm, AgrarR 1982, 164). Das ist aber bereits aufgrund des erheblichen Altersunterschiedes der Beteiligten zu 1) und 2) und der damit verbundenen deutlich längeren Lebenserwartung des Beteiligten zu 2) nicht zu befürchten.

Auch im Hinblick auf das nunmehr mit dem Änderungsvertrag vom 16.11.2007 der Beteiligten zu 3) eingeräumte Altenteilsrecht liegt ein Versagungsgrund nicht vor. Durch die Gewährung des Altenteilsrechtes an die Beteiligte zu 3) ändert sich an den oben ausgeführten Beurteilungen nichts. Das gilt insbesondere für das für die landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung maßgebliche Kriterium der weiterhin möglichen ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Hofes. Dass der Beteiligten zu 3) ein Altenteilsrecht gewährt wird, entspricht der Üblichkeit und ist zur Sicherung des Alters der Beteiligten zu 3) auch erforderlich. Wäre der Beteiligten zu 3) ein solches vertragliches Altenteilsrecht nicht eingeräumt, stände ihr ein solches, falls sie nicht zur Hoferbin bestimmt würde, jedenfalls nach den Regelungen des § 14 Abs. 2 HöfeO zu. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass das der Beteiligten zu 3) vertraglich eingeräumte Altenteilsrecht der Höhe nach den Beteiligten zu 2) bei der Bewirtschaftung des Hofes mehr einschränkt als ein ggf. gesetzlich einzuräumendes Altenteilsrecht. Ein Jahresbetrag von 9.000,00 Euro (75 % von 12.000,00 Euro) kann jedenfalls nicht als unüblich oder ungewöhnlich hoch bezeichnet werden.

Zwar ist die Formulierung in dem Ergänzungsvertrag vom 16.11.2000, dass der Beteiligten zu 3) eine Geldrente in Höhe von 75 % der Pachteinnahmen zustehen solle, nicht ganz exakt. Denn wenn der Beteiligte zu 1) verstirbt, erlischt der Nießbrauch gemäß § 1061 Satz 1 BGB, so dass auch der mit dem Beteiligten zu 2) geschlossenen Pachtvertrag gegenstandslos ist. Es werden dann also keine Pachteinnahmen erzielt, sondern der Beteiligte zu 2) erwirtschaftet die Flächen dann als Eigentümer. Diese Regelung ist aber, so wie das sämtliche Beteiligte auch im Senatstermin übereinstimmend erklärt haben, so zu verstehen, dass der Beteiligten zu 3) eine Geldrente in Höhe von 75 % der zuletzt erzielten Pachteinnahmen zustehen soll.

Da auch der Beteiligte zu 4) im Senatstermin, nachdem er an dem Änderungsvertrag vom 16.11.2007 nicht beteiligt war, seine ausdrückliche Zustimmung zu diesem Änderungsvertrag erklärt hat, konnte der Senat nach Anhörung aller Beteiligten in der Sache selbst entscheiden und die höferechtliche Genehmigung der Verträge vom 11.04.2007 und 16.11.2007 erteilen.

Gemäß § 33 LwVG in Verbindung mit § 131 KostO waren Gebühren für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben.

Ende der Entscheidung

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