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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.06.2004
Aktenzeichen: 11 UF 184/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, InsO


Vorschriften:

ZPO § 240
ZPO § 301 I
ZPO § 850c
BGB §§ 1601 ff
BGB § 1602
BGB § 1603 Abs. 2
BGB § 1610 Abs. 1
BGB § 1612 Abs. 3
InsO § 35
InsO § 36
InsO § 38
InsO § 40
InsO § 89 Abs. 1
1.)

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt gem. § 240 ZPO zur Unterbrechung des Unterhaltsprozesses wegen der bis einschließlich des Eröffnungsmonats fällig gewordenen Ansprüche.

Über die weiteren Unterhaltsansprüche kann durch Teilurteil entschieden werden.

2.)

Zu den Anforderungen an die Bemühungen um eine Arbeitsplatzsuche bei gesteigerter Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB.


Oberlandesgericht Hamm Im Namen des Volkes Teilurteil

11 UF 184/03 OLG Hamm

verkündet am 30.06.2004

In der Familiensache

hat der 11. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zumdick, den Richter am Oberlandesgericht Michaelis de Vasconcellos und den Richter am Oberlandesgericht Jellentrup auf die mündliche Verhandlung vom 09.06.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 09. Oktober 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Beekum wird zurückgewiesen, soweit er sich hiermit für die Zeit ab November 2003 gegen seine ausgeurteilte Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 184,00 Euro für die Klägerin zu 1. und monatlich 152,00 Euro für die Klägerin zu 2. wendet.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die am 09.01.1997 geborene Klägerin zu 1. und die am 23.10.2000 geborene Klägerin zu 2. sind die Töchter des Beklagten aus seiner seit dem 09.01.2003 rechtskräftig geschiedenen Ehe mit der - inzwischen wiederverheirateten - Kindesmutter und gesetzlichen Vertreterin der Klägerinnen, in deren Haushalt die Klägerinnen leben. Beide Klägerinnen haben bis einschließlich April 2003 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) erhalten, eine Rückabtretung übergegangener Ansprüche ist nicht erfolgt.

Der am 24.09.1964 geborene Beklagte ist gelernter Betriebsschlosser mit abgeschlossener Weiterbildung zum Maschinenbautechniker, seit Januar 2001 aber (im wesentlichen) durchgängig arbeitslos. Das zuletzt erzielte Erwerbseinkommen des Beklagten trug monatlich rund 2.300,00 DM = 1.175,97 Euro, ab dem 19.02.2001 bezog der Beklagte anschließend bis zum 12.08.2001 Kranken- und Übergangsgeld, danach zunächst Sozialhilfe, später dann Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 24,07 Euro; seit dem 23.05.2003 erhält er inzwischen Arbeitslosenhilfe in Höhe von kalendertäglich 22,38 Euro. Ein Rentenantrag des Beklagten ist abschlägig beschieden worden. Seit dem 22.09.2003 hat der Beklagte vorübergehend im Rahmen einer Nebentätigkeit mit einem Einkommen von monatlich 160,00 Euro als Aushilfsfahrer gearbeitete, diese Tätigkeit nach eigenen Angaben aber inzwischen wegen aufgelaufener Zahlungsrückstände des Arbeitgebers wieder eingestellt.

Mit Beschluss vom 29.10.2003 ist über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Nach vorangegangenem vorprozessualem Auskunftsverlangen mit Schriftsatz ihres damaligen Bevollmächtigten vom 05.06.2001 nehmen die Klägerinnen den Beklagten für die Zeit ab 01.06.2001 auf Kindesunterhalt - bis April 2003 allerdings nur in Höhe des Differenzbetrages zwischen Regelbetrag und gewährten Leistungen nach dem UVG - in Anspruch.

Die Klägerinnen haben behauptet, der Beklagte sei entgegen eigener Darstellung vollschichtig erwerbsfähig und aufgrund seiner Ausbildung in der Lage, ein Bruttoeinkommen von monatlich mindestens 2.500,00 Euro zu erzielen.

Der Beklagte hat hinsichtlich des rückständigen Unterhalts fehlenden Verzug gerügt, die Aktivlegitimation der Klägerin wegen angeblichen Sozialhilfebezugs bestritten und sich im übrigen wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen in Form von Hüft- und Rückenbeschwerden auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen. Er hat insoweit eingewandt, aus gesundheitlichen Gründen nur noch eingeschränkt erwerbsfähig zu sein. Bewerbungen um eine neue Anstellung habe er seit Anfang Juni 2003 - bislang erfolglos - unternommen.

Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten durch das angefochtene Urteil unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, für die Klägerin zu 1. als rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit vom 01.06.2001 bis 30.04.2003 insgesamt 818,57 Euro und ab Mai 2003 monatlich 184,00 Euro zu zahlen, für die Klägerin zu 2. dagegen als rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 01.06.2001 bis 30.04.2003 insgesamt 850,57 Euro und ab Mai 2003 monatlich 152,00 Euro. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, für die Zeit bis Februar 2002 sei auf das tatsächliche Einkommen des Beklagten abzustellen, während er sich ab März 2002 ein fiktives Erwerbseinkommen in früher erzielter Höhe von monatlich 1.175,97 Euro zurechnen lassen müsse, da er sich mangels ausreichender Darlegung geltend gemachter gesundheitlicher Beeinträchtigungen als erwerbsfähig behandeln lassen müsse. Auch danach sei allerdings die Leistungsfähigkeit des Beklagten eingeschränkt und daher eine Mangelberechnung erforderlich, die zu den titulierten Beträgen führe.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihrer jeweiligen Berufung.

Die Klägerinnen begehren mit ihrer Berufung weitergehende Unterhaltszahlung für den Zeitraum 13.08.2001 - 28.02.2002.

Der Beklagte verfolgt dagegen mit seiner Berufung seinen Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Unter Vorlage erstellter Gutachten trägt er ergänzend zu seiner - nach seiner Darstellung stark eingeschränkten - Erwerbsfähigkeit vor.

Der Beklagte beantragt insoweit,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerinnen verteidigen das angefochtene Urteil im Umfang der Verurteilung des Beklagten unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Feststellung des Amtsgerichts in seinem angefochtenen Urteil sowie den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 09.06.2004 Bezug genommen.

Die Akte S 15 RJ 126/02 Sozialgericht Dortmund lag zur Information des Senats vor.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg, soweit der Beklagte sich gegen seine durch das angefochtene Urteil erfolgte Verurteilung zu Unterhaltszahlungen für die Zeit ab November 2003 wendet. Über diesen entscheidungsreifen, abgrenzbaren Teil des Rechtsstreits, der nicht von der Verfahrensunterbrechung erfasst wird, die gemäß § 240 ZPO als Folge der mit Beschluss vom 29.10.2003 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten eingetreten ist, war daher nach § 301 I ZPO durch Teilurteil (sogenanntes vertikales Teilurteil; vgl. hierzu auch Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Aufl. § 301 Rz. 7) zu entscheiden.

Im einzelnen gilt hierzu folgendes:

1.

Die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen (rückständigen) Unterhaltsansprüche sind normale Insolvenzforderungen, die gemäß §§ 38, 40 InsO vom Insolvenzverfahren erfasst werden und daher - wie alle anderen Forderungen der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben - dem Insolvenzverwalter zur Eintragung in die Tabelle anzumelden sind (Kalthoener/Büttner-Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Auf. Rz. 113b; Wendl/Staudigl-Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. § 5 Rz. 122 b ff; OLG Koblenz, OLGReport Koblenz 2002, 386 f; 2001, 219; OLG Frankfurt/M, OLGR 2003, 96; OLG Schleswig, OLGR 2001, 422). Rückständig in diesem Sinne ist dabei auch der gesamte Unterhalt für den im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Monat, da dieser nach § 1612 Abs. 3 BGB zum Monatsbeginn im Voraus fällig geworden ist (vgl. nur OLG Koblenz, aaO. unter Hinweis auf Jäger/Henckel, Konkursordnung, 9. Aufl., § 3 Rz. 110 m.w.N.).

Dagegen hindert die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht die gerichtliche Durchsetzung des künftigen Unterhalts. Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Verfahrens gehören gemäß § 40 InsO nicht zu den Insolvenzforderungen. Sie können daher unabhängig vom Insolvenzverfahren eingeklagt und auch während dieses Verfahrens in das nicht zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Schuldners vollstreckt werden. Durch die Bestimmung des § 89 Abs. 1 InsO wird der Vollstreckungszugriff nur für Insolvenzgläubiger für unzulässig erklärt, während nach Abs. 2 S. 2 der Bestimmung die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs in den unpfändbaren Teil der Bezüge ausdrücklich für zulässig erklärt ist. Das auf den künftigen Unterhalt bezogene Verfahren betrifft somit nicht die Insolvenzmasse, weshalb ein zur Zeit der Insolvenzeröffnung bereits anhängiger Rechtsstreit auf Zahlung künftigen Unterhalts nach verbreiteter und vom Senat geteilter Auffassung nicht nach § 240 ZPO unterbrochen wird (ebenso OLG Koblenz aaO. unter Hinweis auf OLG Naumburg, OLGR 1998, 292, OLG Schleswig OLGR 2001, 422).

Dass im vorliegenden Rechtsstreit - wie im Regelfall - neben dem laufenden zugleich rückständiger Unterhalt geltend gemacht wird, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Es besteht keine Rechtfertigung dafür, einem Unterhaltsgläubiger die (weitere) Durchsetzung seiner laufenden Ansprüche zu verwehren, nur weil sie mit Rückständen verbunden in einem Prozess geltend gemacht worden sind (ebenso OLG Koblenz OLGR 2002, 386, 387). Vielmehr muss der laufende Unterhalt auch in solchen Fällen realisierbar sein; die Entscheidung erfolgt insoweit durch (vertikales, d.h. zeitabschnittsweises und damit zulässiges) Teilurteil (OLG Koblenz, OLGR 2002, 386; OLG Schleswig, OLGR 2001, 422; a.A. zur Frage des Umfangs der Unterbrechungswirkung wohl Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 240 Rz. 8; Feiber in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 240 Rz. 18)).

2. materiellrechtliche Lage:

a)

Die grundsätzliche Unterhaltsverpflichtung des Beklagten nach §§ 1601 ff BGB steht zwischen den Parteien außer Streit, ebenso wie auch das Fehlen eigener Einkünfte der Klägerinnen, aus denen sie ihren Unterhaltsbedarfdecken könnten, § 1602 BGB.

b)

Der Unterhaltsbedarf der Klägerinnen bestimmt sich dagegen im Ausgangspunkt nach § 1610 Abs. 1 BGB und hat sich danach mangels eigener gesicherter Lebensstellung der Klägerinnen an der des Beklagten zu orientieren (BGH FamRZ 1996, 160). Im Rahmen der Unterhaltsbemessung sind dabei grds. auch solche Änderungen in den Einkommensverhältnissen des Beklagten zu berücksichtigen, die sich durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeben haben.

Gleichwohl sind die Klägerinnen hier jedoch der Notwendigkeit enthoben, ihren Bedarf im einzelnen näher zu begründen, da sie sich mit ihrer Klage auf die Geltendmachung des Mindestunterhalts beschränkt haben, den das Amtsgericht im Rahmen seines angefochtenen Urteils für den hier zur Zeit allein maßgeblichen Zeitraum ab November 2003 durch den nach Maßgabe einer Mangelverteilung zuerkannten Unterhalt noch deutlich unterschritten hat. Bei der dargelegten Ausgangslage wäre es Sache des Beklagten, den Nachweis seiner - von den Klägerinnen bestrittenen - Leistungsunfähigkeit zu führen (Kalthoener/Büttner-Niepmann, aaO. Rz. 149; Wendl/ Staudigl-Scholz, aaO. Rz. 259a).

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass das Insolvenzverfahren gem. §§ 35, 36 InsO das laufende Einkommen des Schuldners nur insoweit erfasst, als es den Pfändungsfreibetrag des § 850c ZPO übersteigt. Dieser liegt bei einer Unterhaltsverpflichtung für 2 Personen bei mindestens 1.479,99 Euro und damit deutlich über dem vom Amtsgericht als fiktiv erzielbar zugrunde gelegten Einkommen von monatlich rund 1.176,00 Euro netto.

c)

Dass der Beklagte tatsächlich - wie von ihm geltend gemacht - aus gesundheitlichen Gründen in seiner Erwerbsfähigkeit in einem Maße beeinträchtigt ist, das ihn letztlich auf die Wahrnehmung von teilschichtigen Tätigkeiten im Geringverdienerbereich beschränkt, lässt sich - zumal für den hier interessierenden Zeitraum ab November 2003 - nach Einschätzung des Senats nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.

aa)

Das von dem Beklagten vorgelegte, im Auftrag des Sozialgerichts Dortmund (Verfahren S 15 RJ 126/02) erstellte neurologisch-psychiatrische Gutachten der Dres. A und G vom 29.07.2003 (Bl. 102 ff GA) rechtfertigt ebenso wenig wie das im selben Verfahren eingeholte neurochirurgische Zusatzgutachten des Dr. E vom 30.06.2003 (Bl. 135 ff GA) den Schluss auf eine bestehende vollständige Erwerbsunfähigkeit des Beklagten.

Die erstgenannten Sachverständigen Dres. A und G attestieren dem Beklagten in ihrem Gutachten zwar eine somatoforme Schmerzstörung mit depressiver Entwicklung vor dem Hintergrund einer selbstunsicheren Persönlichkeit, die eine nicht unerhebliche Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit zur Folge hat, bejahen gleichwohl aber eine vollschichtige Erwerbsfähigkeit des Beklagten in Bezug auf die Ausübung leichter Arbeiten im Gehen, Sitzen oder Stehen unter näher beschriebenen Rahmenbedingungen.

Diese Beurteilung deckt sich weitgehend mit der des Sachvertsändigen Dr. E, der im Anschluss an ein ihm vorliegendes Gutachten eines Dr. R vom 04.02.2002 ein bei dem Beklagten vorliegendes Schmerzsyndrom des Stütz- und Bewegungsappartes bei Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert hat, dessen ungeachtet aber aus neurochirurgischer Sicht von einer fortbestehenden vollschichtigen Erwerbsfähigkeit des Beklagten in Bezug auf leichte bis mittelschwere Arbeiten ausgeht, soweit bestimmte Rahmenbedingungen gewährleistet werden.

bb)

Weitere Befundberichte mit der Untersuchung des Beklagten befasster Ärzte werden in dem genannten Gutachten des Dres. A und G inhaltlich kurz wiedergegeben, es handelt sich hierbei im einzelnen um - einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. med. L vom 04.10.2002, der hierin ein bei dem Beklagten vorliegendes HWS-BWS-LWS-Syndrom mit rezidivierenden Blockierungen bei Hypermobilität der Wirbelsäulenabschnitte beschreibt, begleitet von einer beidseitigen Coxarthrose, einer Tendovaginitis radial des rechten Handgelenks, eine Osteochondrose L5/S1 mit intermittierender radikulärer Symptomatik, ein Sulcus-ulnaris-Syndrom des rechten Ellenbogens, Cox-algien, einer linksseitigen Beinverkürzung mit skoliotischer Auslenkung der Wirbelsäule, einer Facettenarthrose C2/3 sowie statisch degenerativen Veränderungen in allen Wirbelsäulenabschnitten; die vorbeschriebene Schädigung der Wirbelsäule wird in dieser Form allerdings nach Aussage des Gutachters Dr. E (Bl. 144 GA) durch die ihm zur Verfügung stehenden Röntgenbefunden nur in vergleichsweise geringem Umfang bestätigt.

- einen Befundbericht der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Frau B B vom 06.07.2001, die hierin zu der Feststellung gelangt, dass die Beschwerden des Beklagten unter orthopädischen Gesichtspunkten nur bedingt erklärbar sind, er allerdings einen deutlich depressiv verstimmten Eindruck gemacht habe, weshalb sie eine psychopharmakologische Behandlung eingeleitet habe und längerfristig eine ambulante Psychotherapie für unumgänglich halte;

- ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Westfalen Lippe vom 10.08.2001, das im Rahmen des psychischen Untersuchungsbefundes lediglich Auffälligkeiten in Form einer depressiven Grundstimmung bestätigt, dem Beklagten aber gleichwohl eine vollschichtige Erwerbsfähigkeit in Bezug auf leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zuspricht;

- ein Gutachten im Auftrag der LVA Westfalen erstattetes Gutachten des Dr. Roggenbach, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie/Sozialmedizin vom 04.02.2002, der gleichfalls von einem Schmerzsyndrom des Stütz- und Bewegungsapparates bei Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung im Zusammenwirken mit einer Anpassungsstörung und einer Dysthymie spricht, eine vollschichtige Erwerbsfähigkeit des Beklagten in Bezug auf leichte Tätigkeiten in witterungsgeschützten und temperierten Räumen aber dessen ungeachtet bejaht.

Die medizinisch Beurteilung der körperlichen Beeinträchtigungen des Beklagten durch die v.g. Sachverständigen und behandelnden Ärzte ist damit in Teilen zwar uneinheitlich, bietet insgesamt aber keine taugliche Grundlage für die Annahme einer Erwerbsunfähigkeit des Beklagten. Damit in Einklang steht im übrigen die vor dem Senat bekundete Selbsteinschätzung des Beklagte, der sich nach eigenen Angaben weiterhin in der Lage sieht, zumindest leichte Tätigkeiten auszuüben und vor diesem Hintergrund auch nachhaltige Erwerbsbemühungen unter Einschaltung von insgesamt 3 professionellen Arbeitsvermittlern unternommen haben will, was mit seiner fortbestehenden Meldung beim Arbeitsamt als arbeitssuchend korrespondiert.

d)

Der aus den dargelegten Gründen für die behauptete gesundheitsbedingte Beeinträchtigung seiner Erwerbstätigkeit und deren Reduzierung auf teilschichtige Tätigkeiten leichtester Art beweisfällig gebliebene Beklagte muss sich danach ein fiktives Erwerbseinkommen zurechnen lassen, da die von ihm vorgetragenen und auch belegten Bemühungen um eine zumutbare Erwerbstätigkeit bei gebotener Annahme einer fortbestehenden vollschichtigen Erwerbsfähigkeit im oben (Gutachten Dres. A und G sowie Gutachten Dr. med E) beschriebenen Umfang weit hinter den zu stellenden Anforderungen zurückbleiben. Der Einsatzzeitpunkt für die gebotene Zurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte liegt dabei selbst unter Zubilligung einer angemessenen Orientierungs- und Bewerbungsfrist von 5-6 Monaten weit vor dem hier (zur Zeit allein) interessierenden Unterhaltszeitraum ab November 2003.

aa)

Um im Falle der Arbeitslosigkeit der Darlegungslast für seine fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit zu genügen, muss ein Unterhaltspflichtiger nach herrschender und vom Senat in ständiger Rechtsprechung geteilter Auffassung in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte er im einzelnen zu dem Zweck unternommen hat, einen zumutbaren Arbeitsplatz zu finden und sich bietende Erwerbsmöglichkeiten zu nutzen (BGH FamRZ 1996, 345, 346 unter Hinweis auf BGH FamRZ 1986, 244, 246). Die bloße Meldung beim Arbeitsamt als arbeitssuchend reicht hierbei nicht aus (Wendl/Staudigl-Haußleiter, aaO. § 1 Rz. 427; BGH FamRZ 1986, 244, 246; 1085). Vielmehr ist der Pflichtige gehalten, daneben Stellenangebote in Zeitungen und Anzeigenblättern sorgfältig zu überprüfen und sich ggfs. auch in Privatinitiative etwa durch Erkundigungen im Bekanntenkreis um eine geeignete Stelle zu bemühen (Wendl/Staudigl-Haußleiter, aaO.; vgl. auch OLG Brandenburg, MDR 2000, 1438 f; OLG Jena, NJW-RR 2004, 76f m.w.N.).

bb)

Die vorgetragenen Bemühungen des Beklagten um eine seinen Fähigkeiten, Möglichkeiten und Neigungen entsprechende Erwerbstätigkeit werden den dargelegten Anforderungen, die nach der Rechtsprechung vor allem bei bestehender gesteigerter Unterhaltspflicht nach § 1603 II BGB zu stellen sind, in keiner Weise gerecht.

Der Beklagte beschränkt sich im wesentlichen auf die in weiten Teilen weder in überprüfbarer Form belegte noch näher substantiierte Behauptung, sich auf eine Vielzahl von Stellen beworben zu haben, ohne dabei im einzelnen darzulegen, welcher Art die Stellen waren, ob entsprechende Stellenausschreibungen vorlagen oder nur "Blindbewerbungen" abgegeben wurden, wie seine Bewerbungen im Einzelfall konkret aussahen, ob er überhaupt dem Anforderungsprofil des jeweils angesprochenen Arbeitgebers entsprach und aus welchen Gründen jeweils Absagen erfolgten. Zudem bleibt letztlich offen, inwieweit sich der Beklagte in zumutbarem Umfang auch überregional um eine Anstellung bemüht hat, was von ihm mangels bestehender familiärer Bindungen zu fordern ist. Allein etwaige Besuchskontakte zu den Klägerinnen stehen insoweit nicht entgegen, da deren existenzielle Sicherung zunächst einmal Vorrang haben muss vor etwaigen Besuchskontakten mit dem Beklagten, die zudem auch an arbeitsfreien Wochenenden stattfinden könnten.

cc)

Vor dem Hintergrund unzureichender Erwerbsbemühungen kann sich der Beklagte auch nicht mit Erfolg auf das Fehlen einer realen Beschäftigungschance auf dem Arbeitsmarktberufen berufen.

Ob ein arbeitsloser Unterhaltspflichtiger einen neuen Arbeitsplatz gefunden hätte, wenn er sich in der gebotenen Weise darum bemüht hätte, hängt neben den Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt auch von den persönlichen Eigenschaften des Bewerbers wie Alter, Ausbildung, Berufserfahrung und Gesundheitszustand (BGH FamRZ 1996, 345, 346; FamRZ 1987, 912, 913) sowie nicht zuletzt auch davon ab, wie er sich in seinen Bewerbungen und bei etwaigen Vorstellungsgesprächen präsentiert. Jeder ernsthafte Zweifel daran, ob bei sachgerechten Bemühungen eine nicht ganz von der Hand zu weisende Beschäftigungschance besteht oder bestanden hätte, geht dabei zu Lasten des Arbeitssuchenden, der auch insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist (Wendl/Staudigl-Haußleiter, aaO. Rz. 429; 431 m.w.N.).

Da hier ausreichende Bewerbungen des Beklagten um eine geeignete Anstellung nicht dargetan sind, lässt sich auch keine hinreichend gesicherte Feststellung zu seinen Gunsten dahin treffen, dass er selbst bei ausreichendem, ihm zumutbarem Bemühen keine entsprechend dotierte Anstellung gefunden hätte. Allein der Umstand, dass der Beklagte bereits seit längerer Zeit arbeitslos ist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

dd)

Nicht zu beanstanden ist schließlich auch die Höhe des vom Amtsgericht als erzielbar angesehenen und dem Beklagten daher fiktiv zugerechneten Nettoeinkommens von monatlich (mindestens) 1.176,00 Euro, das erforderlich ist, um den Beklagten in die Lage zu versetzen, neben dem ihm gebührenden Selbstbehalt von (bei unterstellter Erwerbstätigkeit) monatlich 840,00 Euro auch den zuerkannten Kindesunterhalt von monatlich 184,00 Euro für die Klägerin zu 1. und 152,00 Euro für die Klägerin zu 2. aufzubringen. Erforderlich wäre hierfür bei einer Besteuerung nach Steuerklasse 1/0,5 im Jahr 2003 ein Bruttoeinkommen von monatsdurchschnittlich rund 1.811,00 Euro ohne Sonderzuwendungen, im Jahr 2004 dagegen ein solches von monatsdurchschnittliches 1.748,00 Euro, das bei Ansatz von üblichen rund 168 Arbeitsstunden pro Monat einen Stundenlohn von brutto 10,78 Euro (2003) bzw. 10,40 Euro (2004) voraussetzen würde, den der Senat mit dem Amtsgericht auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten in der Person des Beklagten für erzielbar hält. Im einzelnen liegt den vorgenannten Brutto-/Nettobeträgen folgende Berechnung (nach Gutdeutsch, WinFam, Stand 01.01.2004) zugrunde:

 20032004 Bruttoeinkommen mtl.1.811,19 Euro1.748,22 Euro
./. Lohnsteuer- 237,83 Euro- 196,66 Euro
./. Kirchensteuer- 9,74 Euro- 6,68 Euro
./. SolZ.- 5,46 Euro- 0,00 Euro
./. Krankenversicherung- 131,31 Euro-126,75 Euro
./. Pflegeversicherung- 15,40 Euro- 14,86 Euro
./. Rentenversicherung- 176,59 Euro- 170,45 Euro
./. Arbeitslosenversicherung- 58.86 Euro- 56.82 Euro
Nettoeinkommen1.176,00 Euro1.176,00 Euro

3.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 8, 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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