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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 21.12.2005
Aktenzeichen: 11 UF 197/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, BKKG, StGB


Vorschriften:

ZPO § 138
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 620 b
BGB § 286
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 1361
BGB § 1570
BGB § 1576
BGB § 1579
BGB § 1579 Nr. 2
BGB § 1579 Ziffer 2
BKKG § 1
StGB § 224 Abs. 2
StGB § 303
1.) Pflegegeld ist unterhaltsrechtlich als Einkommen der Pflegeperson zu berücksichtigen, soweit es den für den Unterhalt des Pflegekindes erforderlichen Betrag übersteigt. Dieser Betrag kann in der Regel mit 135% des Regelbedarfs bemessen werden.

2.) Wachsen neben Pflegekinder auch eigene Kinder in der Familie auf, ist es angemessen, den Bedarf der Pflegekinder auf den Bedarf der eigenen Kinder zu erhöhen.

3.) Das an die Pflegeperson gezahlte Kindergeld ist in voller Höhe als Einkommen zu berücksichtigen, wenn es zur Deckung des Bedarfs des Pflegekindes nicht benötigt wird, d.h. wenn das Pflegegeld mindestens 135% des Regelbedarfs erreicht.

4.) Die Herbeiführung eines Verkehrsunfalls gegenüber dem Unterhaltspflichtigen mit bedingten Vorsatz hinsichtlich einer gefährlichen Körperverletzung rechtfertigt unter Berücksichtigung der Belange der Kinder eine Kürzung des Unterhaltsanspruchs um 2/3.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 UF 197/05 OLG Hamm

Verkündet am 21. Dezember 2005

In der Familiensache

hat der 11. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 02. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zumdick und die Richter am Oberlandesgericht Lüblinghoff und Michaelis de Vasconcellos

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin werden die am 29.07.2005 in den Verfahren 16 F 156/02 und 16 F 40/03 verkündeten Urteile des Amtsgerichts - Familiengericht - Ahlen teilweise abgeändert.

1.

Das Urteil in Sachen 16 F 156/02 wird hinsichtlich des Trennungsunterhalts für die Klägerin zu 1) wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) wie folgt Trennungsunterhalt zu zahlen:

- für die Zeit von August 2002 bis Dezember 2002 monatlich 551,- €;

- für die Zeit vom 01.01.03 bis zum 09.01.03 133,55 € (9/31 von 460,- €);

- für die Zeit vom 10.01.03 bis 31.03.03 monatlich 154,- €;

- für April und Mai 2003 monatlich 166,- €;

- für Juni 2003 109,- €;

- für die Zeit von Juli bis Dezember 2003 monatlich 107,- €;

- für die Zeit von Januar 2004 bis Mai 2004 monatlich 151,- €;

- für Juni 2004 153,- €;

- für die Zeit von Juli bis September 2004 monatlich 161,- €;

- für die Zeit von Oktober bis Dezember 2004 monatlich 214,- €;

- für die Zeit von Januar 2005 bis Juni 2005 monatlich 246,- €;

- für die Zeit vom 01.07.05 bis 14.08.05 monatlich 273,- €;

- für die Zeit vom 15.08.05 bis 31.08.05 124,48 € (17/31 * 227,- €);

- für die Zeit von September bis November 2005 monatlich 180,- €;

- ab Dezember 2005 monatlich 224,- €,

jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem monatlichen Unterhaltsbetrag ab dem dritten Werktag des jeweiligen Monats.

Die weitergehende Klage auf Trennungsunterhalt wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Hinsichtlich des Kindesunterhalts bleibt es beim Urteil des Amtsgerichts.

2.

Das Urteil in Sachen 16 F 40/03 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, das der Beklagte aus der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts Ahlen vom 18.12.2002 - 16>F 162/02 AG Ahlen - nur noch folgende Unterhaltsbeträge schuldet:

- für Dezember 2002 551,- €;

- für die Zeit vom 01.01.03 bis zum 09.01.03 127,45 € (9/31 von 430,- €);

- für die Zeit vom 10.01.03 bis 31.03.03 monatlich 147,- €;

- für April und Mai 2003 monatlich 166,- €;

- für Juni 2003 109,- €;

- für die Zeit von Juli bis Dezember 2003 monatlich 107,- €;

- für die Zeit von Januar 2004 bis Mai 2004 monatlich 151,- €;

- für Juni 2004 153,- €;

- für die Zeit von Juli bis September 2004 monatlich 161,- €;

- für die Zeit von Oktober bis Dezember 2004 monatlich 214,- €;

- für die Zeit von Januar 2005 bis Juni 2005 monatlich 246,- €;

- für die Zeit vom 01.07.05 bis 14.08.05 monatlich 273,- €;

- für die Zeit vom 15.08.05 bis 31.08.05 124,48 € (17/31 * 227,- €);

- für die Zeit von September bis November 2005 monatlich 180,- €;

- ab Dezember 2005 monatlich 224,- €.

Die weitergehende Feststellungsklage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3.

Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

a) Kosten 1. Instanz im Verfahren 16 F 40/03:

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1) zu 76 % und der Beklagte zu 24 %.

b) Kosten 1. Instanz im Verfahren 16 F 156/02:

Von den Gerichtskosten tragen: der Beklagte 40 %, der Kläger zu 2) 5 % und die Klägerin zu 1) 55 %.

Der Beklagte trägt 38 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) und 61 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2).

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Klägerin zu 1) 55 % und der Kläger zu 2) 5 %.

Im übrigen trägt jeder seine außergerichtlichen Kosten selbst.

c) Kosten des Berufungsverfahrens:

Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1) 56 % und der Beklagte 44 %.

Der Beklagte trägt 100 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) und 41 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1).

Die Klägerin trägt 56 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten. Im übrigen trägt jeder seine außergerichtlichen Kosten selbst.

4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1) und der Beklagte sind verheiratet, leben aber getrennt. Das Scheidungsverfahren läuft. Sie streiten im vorliegenden Verfahren 16 F 156/02 AG Ahlen um Kindes- und Trennungsunterhalt. Der seit März 2003 volljährige Adoptivsohn M A, der Kläger zu 2) ist in den Prozess eingetreten und verfolgt die ursprünglich für ihn geltend gemachten Unterhaltsansprüche selber weiter. In dem Parallelverfahren16 F 40/03 AG Ahlen hat der Beklagte Vollstreckungsgegenklage gegen eine im Scheidungsverfahren 16 F 162/02 AG Ahlen erlassene einstweilige Anordnung auf Zahlung von Trennungsunterhalt erhoben und sich dazu ebenso wie im Trennungsunterhaltsverfahren auf Verwirkung berufen. Die Verfahren sind daher in zweiter Instanz verbunden worden. Im Einzelnen liegt Folgendes zu Grunde:

Die Parteien haben die Kinder M-A, geboren am 18.03.85, und M, geboren am 30.06.1990, als eigene Kinder angenommen. Weiter haben sie am 15.10. 1993 die am 05.06.1992 geborene A und am 09.12.98 die am 19.07.98 geborene L-M als Pflegekinder in ihre Familie aufgenommen. Insoweit wird vom Jugendamt Pflegegeld gezahlt.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses, das sie 1990 von ihrem Vater 1990 im Wege vorweggenommener Erbfolge erhalten hat; eine Wohnung in diesem Haus haben die Parteien schon seit 1982 als Ehewohnung genutzt und das Haus im Übrigen nach und nach renoviert und umgebaut, so dass heute vier weitere Wohnungen vermietbar sind. Den aktuellen Stand der für den Umbau aufgenommenen Verbindlichkeiten beziffert die Klägerin zu 1) mit 268.446,- €. Im September oder November 2001 haben sich die Parteien zum ersten Mal kurzfristig getrennt, bald darauf aber einen Versöhnungsversuch unternommen. Der endgültige Auszug des Beklagten aus der Ehewohnung erfolgte im August 2002. Die vier Kinder blieben bei der Klägerin, die den Beklagten daraufhin mit Schreiben vom 27.08.2002 zur Auskunftserteilung und Zahlung von Gesamtunterhalt in Höhe von vorläufig 1.800,- € aufforderte.

In dem seit dem 08.10.2002 rechtshängigen Scheidungsverfahren (16 F 162/02 AG Ahlen) wurde der der Klägerin zustehende Trennungsunterhalt durch einstweilige Anordnung vom 18.12.02 wie folgt tituliert:

- für Dezember 2002: 700,- €

- für die Zeit von Januar 2003 bis März 2003: monatlich 770,- €

- ab April 2003: monatlich 858,- €.

Am 10.01.2003 - der vorliegende Prozess lief bereits seit dem 21.09.2002 -ereignete sich ein Verkehrsunfall, bei dem die Klägerin mit dem von ihr geführten PKW Mitsubishi seitlich in den aus einem Verbindungsweg herauskommenden Firmenwagen des Beklagten, einen Ford Focus, hineinfuhr. Die Beklagte und ihre Haftpflichtversicherung wurden nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen B durch Urteil des Landgerichts Münster vom 24.06.2004 (16 O 102/03 LG Münster) verurteilt, der Arbeitgeberin des Beklagten den vollen Schaden an deren PKW in Höhe von 5.869,53 € zu ersetzen. Das Verfahren ist in zweiter Instanz für erledigt erklärt worden, nachdem die Haftpflichtversicherung den vollen Schaden bezahlt hatte.

Die Klägerin hat von Juni 2003 bis Mai 2004 an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen und Unterhaltsgeld bezogen. Danach hat sie vom 21.06. bis 30.09.2004 als Mitarbeiterin an der Pforte in einem Altenheim gearbeitet. In der Folgezeit war sie bis zum 14.08.05 ohne Beschäftigung und dann vom 15.08.05 bis zum 30.11.05 mit 10 Wochenstunden als Sachbearbeiterin bei der Fa. P tätig. Zur Zeit ist sie wieder arbeitslos.

Die Kläger haben die Einkünfte des Beklagten im Jahr 2002 auf 3.201,- € beziffert, für 2003 unter Berücksichtigung des Steuerklassenwechsels und der zu erwartenden Steuererstattung auf monatlich 3.711,- €. Dem gemäß ist der Kindesunterhalt für M und den Kläger zu 2) für 2002 nach Einkommensgruppe 10 berechnet worden, für 2003 und die Folgezeit nach Einkommensgruppe 11. Das für A und L gezahlte Pflegegeld hat die Klägerin zu 1) zu 1/3 mit 383,- € in eine Differenzberechnung eingestellt.

Die Klägerin zu 1) hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie wie folgt Unterhalt zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit abzüglich gezahlter Beträge zu zahlen:

a) Kindesunterhalt für M: monatlich 381,- € für die Zeit von August 2002 bis Dezember 2002 und monatlich 408,- € ab Januar 2003;

b) Trennungsunterhalt: monatlich 880,- € für die Zeit von August 2002 bis Dezember 2002, monatlich 1.075,50 € für die Zeit von Januar 2003 bis März 2003 und monatlich 1.107,50 € ab April 2003.

Der Kläger zu 2) hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn wie folgt Kindesunterhalt zu zahlen: monatlich 230,- € für die Zeit von August 2002 bis Dezember 2002, monatlich 257,- € für die Zeit von Januar 2003 bis März 2003 und monatlich 182,- € ab April 2003, jeweils zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Er hat Einwände gegen die Berechnung seines Einkommens durch die Kläger erhoben und geltend gemacht, er habe in 2002 nur über ein anrechenbares Einkommen von 2.776,- € verfügt, in 2003 über monatlich 2.867,- €. Der Kindesunterhalt sei daher nur nach Einkommensgruppe 8 zu bestimmen.

Ziehe man von dem an die Klägerin gezahlten Pflege- und Kindergeld den Mindestunterhalt für A und L-M ab, blieben der Klägerin rund 1.040,- € als eigenes Einkommen. Sie habe darüber hinaus Mieteinkünfte, die sie nicht vollständig dargelegt habe. Da sie schon von dem durch einen Verkauf des Hauses erzielbaren Kapital leben könne, sei sie nicht bedürftig.

Darüber hinaus behauptet er, dass die Klägerin den Unfall am 10.01.2003 bewusst herbeigeführt habe, indem sie - vom Straßenrand startend - mit Vollgas seitlich in seinen im Wendemanöver befindlichen PKW gefahren sei. Da bei einem Seitenaufprall schwere oder gar tödliche Verletzungen häufig seien, sei davon auszugehen, dass sie solche Verletzungen beabsichtigt habe. Damit habe sie ihren Unterhaltsanspruch verwirkt.

Weiter stützt er die Verwirkung darauf, dass sie durch den Unfall und spätere Pfändungsmaßnahmen seinen Arbeitsplatz gefährdet habe.

Auf den Verwirkungseinwand hat er auch die parallel geführte Vollstreckungsgegenklage gegen die im Scheidungsverfahren ergangene einstweilige Anordnung zum Trennungsunterhalt gestützt.

Er hat insoweit beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts Ahlen vom 18.12.2002 - Aktenzeichen 16 F 162/02 - für unzulässig zu erklären.

Die Klägerin zu 1) hat beantragt,

die Vollstreckungsgegenklage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig, weil der Verwirkungseinwand gemäß § 620 b ZPO geltend zu machen sei. Im übrigen sei der Verwirkungseinwand unbegründet, denn der Beklagte sei plötzlich von rechts aus einem Feldweg in ihre Fahrspur hineingefahren. Sie habe aus einer Geschwindigkeit von 70 bis 90 km/h noch zu bremsen und wohl auch auszuweichen versucht, der Unfall sei für sie aber unabwendbar gewesen. Sie habe also weder das vom Beklagten geführte Fahrzeug beschädigen noch ihn selbst verletzen oder gar töten wollen. Vielmehr habe nur der Beklagte selbst ein Motiv gehabt, diesen Unfall zu provozieren.

Das Amtsgericht hat die Vollstreckungsgegenklage als unbegründet abgewiesen und der Unterhaltsklage zum größeren Teil stattgegeben, dem Unterhaltsanspruch des Klägers zu 2) allerdings nur bis zur Beendigung seiner Ausbildung im Juni 2005. Der Klägerin hat es vom Pflegegeld für A und L-M 383,- € als Einkommen zugerechnet und die auf Grund der Umschulung und der folgenden Arbeitstätigkeit erzielten Einkünfte zu 1/3 in die Bedarfsberechnung eingestellt. Wegen der nach Zeitabschnitten differenzierten Berechnung wird auf das Urteil Bezug genommen. Eine Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt wegen des Unfalls am 10.01.2003 hat das Amtsgericht verneint. Auch wenn die Sachverhaltsschilderung der Klägerin zu 1) auf Grund der im Haftpflichtprozess vor dem Landgericht getroffenen Feststellungen unmöglich erscheine, lasse das keinen Rückschluss darauf zu, ob sie beim Anfahren vom Straßenrand nur einen Fahrfehler gemacht oder vorsätzlich gehandelt habe. Selbst wenn man aber von einem vorsätzlichen Verhalten ausgehe, liege weder ein schwerwiegendes Vergehen noch ein Hinwegsetzen über Vermögensinteressen des Beklagten vor, denn negative Konsequenzen seitens des Arbeitgebers habe es trotz des Unfalls nicht gegeben.

Mit seinen inzwischen verbundenen Berufungen verfolgt der Beklagte die Vollstreckungsgegenklage und seine Abweisungsanträge gegenüber den Unterhaltsansprüchen der Kläger weiter. In erster Linie wiederholt er den Verwirkungseinwand wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Unfalls am 10.01.2003.

Er meint, das Amtsgericht habe die im Prozess vor dem Landgericht vom Sachverständigen B getroffenen Feststellungen nicht hinreichend gewürdigt und auch nicht in Betracht gezogen, dass sich die Klägerin zusätzlich durch ihren falschen Vortrag zum Unfallhergang eines Prozessbetruges schuldig gemacht habe. Darüber hinaus greift er teilweise auch die Unterhaltsberechnungen des Amtsgerichts an. Er moniert, dass weder die von ihm gezahlte Direktversicherung noch die ab Februar 2003 vom Arbeitgeber als Sachbezug gewährten und versteuerten berufsbedingten Fahrtkosten bei der Ermittlung seines anrechenbaren Einkommens abgesetzt worden sind.

Er meint, das Amtsgericht habe auf Seiten der Klägerin zu 1) mit zu geringen Einkünften gerechnet: es habe weder die behauptete Steuererstattung noch die behaupteten höheren Einkünfte aus Vermietung aufgeklärt. Die von der Klägerin zu 1) ab Juni 2003 erzielten Einkünfte seien mit einer zu geringen Quote angerechnet worden.

Der Beklagte beantragt unter Rücknahme der den Kindesunterhalt betreffenden Berufung, jeweils abändernd

a) die Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt abzuweisen,

b) die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts Ahlen vom 18.12.2002 - Aktenzeichen 16 F 162/02 - für unzulässig zu erklären,

hilfsweise festzustellen, dass er aus der einstweiligen Anordnung keinen Unterhalt schulde:

Die Klägerin zu 1) beantragt,

a) die Berufungen des Beklagten zurückzuweisen,

b) den Beklagten im Wege der Anschlussberufung zu verurteilen, auf den jeweils titulierten Unterhalt Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 3. Werktag des jeweiligen Monats zu zahlen.

Sie verteidigt das Urteil des Amtsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vertrags und trägt unter Beweisantritt weiter zur Frage des Unfallhergangs am 10.01.03 vor.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen des Beklagten sind zulässig und haben, soweit sie nicht zurückgenommen sind, zum größeren Teil Erfolg.

Soweit es bei einer Zahlungspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin zu 1) bleibt, hat deren Anschlussberufung mit dem Ziel der Zahlung von Verzugs- und Prozesszinsen Erfolg, während die Anschlussberufung des Klägers zu 2) durch die Berufungsrücknahme des Beklagten ihre Wirkung verloren hat.

A. Berufung des Beklagten gegen die Unterhaltsklage:

Zwischen den Parteien steht jetzt außer Streit, dass der Beklagte den titulierten Kindesunterhalt und gemäß § 1361 BGB dem Grunde nach auch Trennungsunterhalt schuldet. Streitig sind Höhe und Verwirkung der Ansprüche auf Trennungsunterhalt. Insoweit ist entsprechend der Veränderung der für die Berechnung maßgeblichen Umstände nach Zeitabschnitten zu unterscheiden:

1. Ansprüche für die Zeit von August 2002 bis Dezember 2002:

1.1 Einkommen des Beklagten:

Das Amtsgericht hat auf Grund der Abrechnung für Dezember 2002 ein Nettoeinkommen von 38.545,37 € ermittelt. Der Beklagte beanstandet das nur insoweit, als er den Abzug des an eine Direktversicherung geleisteten Beitrags von 1.742,48 € verlangt.

Die Abzugsfähigkeit einer Direktversicherung, die schon auf Grund der Bezeichnung in der Gehaltsabrechnung hinreichend als zusätzliche Altersversorgung ausgewiesen ist, erkennt der Senat in ständiger Rechtsprechung an. Das muss erst recht gelten, nachdem der BGH sowohl dem unterhaltsberechtigten als auch dem unterhaltspflichtigen Ehegatten zubilligt, einen Betrag von bis zu 4 % ihrer jeweiligen Gesamtbruttoeinkommen des Vorjahres für eine über die primäre Altersversorgung hinaus betriebene zusätzliche Altersversorgung einzusetzen (BGH, Urteil vom 11.05.2005, XII ZR 211/02 = NJW 2005, 3277).

Aus dem Vergleich der Gesamt-Brutto-Zahlen in den Abrechnungen für November und Dezember 2002 ergibt sich, dass die pauschal versteuerte "Zukunftssicherung" von 1.742,48 € in das Gesamtbruttoeinkommen eingegangen ist. Also muss diese für die allgemeine Lebenshaltung nicht verfügbare Summe von dem durch das Amtsgericht rechnerisch zutreffend ermittelten Nettoeinkommen abgesetzt werden:

 vom Amtsgericht errechnetes Jahresnettoeinkommen38.545,37 €
./. Zahlung an die Direktversicherung1.742,48 €
verbleiben36.802,89 €
davon 1/123.066,91 €
./. KV-Beitrag234,56 €
./. PV-Beitrag28,69 €
./. vwL netto17,55 €
anrechenbares Einkommen2.786,11 €

1.2 Bestimmung des Kindesunterhalts:

Mit diesem Einkommen fällt der Beklagte zwar nur in Einkommensgruppe 8 der Düsseldorfer Tabelle, nachdem er seine Berufung zum Kindesunterhalt zurückgenommen hat, bleibt es aber bei den vom Amtsgericht auf der Grundlage von Einkommensgruppe 9 ermittelten Bedarfsbeträgen: für M bei 431,- €, für den Kläger zu 2) bei 431,- €./. 150,- € Ausbildungsvergütung = 281,- €.

1.3 Bedarf der Klägerin:

a)

In die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen gem. § 1361 BGB sind auch die eigenen Einkünfte der Klägerin einzustellen.

aa)

Sie bezieht für A und L-M Pflegegeld in Höhe von 635,06 € + 513,- € = 1.148,06 €; Dieser Betrag ist als Einkommen der Pflegeperson zu berücksichtigen, soweit er den für den Unterhalt des Pflegekindes erforderlichen Betrag übersteigt und damit als Anerkennung der Betreuung und der erzieherischen Bemühungen der Pflegeperson dient. Dieser Betrag ist zu schätzen und soll, worauf das Amtsgericht zurückgegriffen hat, im Zweifel mit 1/3 des Pflegegelds bemessen werden können (Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Auflage, § 1 Rdnr. 463 a).

Dass das Pflegegeld im Zweifel zu 1/3 als Einkommen anzurechnen sei, wird auf ein Urteil des OLG Zweibrücken vom 30.08.2001 (OLGR Koblenz 2002, 75 ff.) gestützt. Darin heißt es, dass bei Anrechnung von (nur) 1/3 des Pflegegeldes und der Hälfte des Kindergeldes als Einkommen der Pflegeperson für den Unterhalt der Kinder Beträge übrig blieben, welche die höchste Gruppe der Düsseldorfer Tabelle überstiegen. Das sei angemessen, weil nach der Konzeption des Pflegegeldes nicht nur das Existenzminimum des Kindes, sondern ein Leben nach durchschnittlichen Einkommensverhältnissen gesichert sein solle.

Diese Begründung für eine pauschale Schätzung des Vergütungsanteils erscheint dem Senat nicht überzeugend. Man kann vielmehr konkreter rechnen, nachdem durch den Gesetzgeber das Existenzminimum für Kinder mit 135 % des Regelbedarfs definiert worden ist. Setzt man diesen Betrag vom Pflegegeld ab, bleibt dem Pflegekind auf jeden Fall genug.

Andererseits darf nicht unbeachtet bleiben, dass Pflegekinder nach der Intention des Gesetzgebers mehr als das Existenzminimum zur Verfügung haben sollen, so dass grundsätzlich ein gewisser Aufschlag erforderlich erscheint. Wachsen wie hier neben Pflegekindern auch eigene Kinder in der Familie auf, kann Maßstab für den Aufschlag nur sein, wie die eigenen Kinder finanziell ausgestattet sind, denn auf gute und gerechte Erziehung bedachte Eltern behandeln alle Kinder gleich. Deshalb hält es der Senat für angemessen, den Bedarf der Pflegekinder mit dem Tabellenbetrag nach Einkommensgruppe 9 zu bemessen, weil auch die beiden adoptierten Kinder Unterhalt auf dieser Grundlage erhalten.

Also ist der Bedarf von A (2. Altersstufe) mit 365,- € zu bemessen, der von L-M (1. Alterstufe) mit 301,- €. Zieht man die Beträge, die sich auf 666,- € summieren, vom Pflegegeld in Höhe von 1.148,06 ab, bleiben 482,06 € als anrechenbares Einkommen und damit deutlich mehr, als das Amtsgericht angenommen hat.

bb)

Weiter stellt sich die schon in erster Instanz aufgeworfene, aber unberücksichtigt gebliebene Frage, ob der Klägerin auch das für die beiden Pflegekinder gezahlte Kindergeld als Einkommen anzurechnen ist. Die Rechtsprechung des BGH, dass das Kindergeld entlastende staatliche Leistung für den Unterhaltspflichtigen sei und daher nicht zu dessen unterhaltsrelevantem Einkommen gezählt werden dürfe (BGH FamRZ 2000, 1494; Wendl/Staudigl, a.a.O, § 2, Rdnr. 499), steht der Berücksichtigung als Einkommen nicht entgegen, denn die Beklagte als Pflegeperson kann zwar gemäß § 1 BKKG die Auszahlung des Kindergelds beanspruchen, hat aber den Unterhalt des Kindes nicht aus eigenen Mitteln aufzubringen und bedarf insoweit keiner Entlastung. Das OLG Zweibrücken hat daher in dem bereits zitierten Urteil entschieden, das Kindergeld sei Einkommen der Pflegeperson, soweit es nicht zur Deckung des Bedarfs des Pflegekindes benötigt werde. Auch der BGH hat das Kindergeld jedenfalls dann als Einkommen der Pflegeperson angesehen, wenn die zu einer angemessenen Versorgung des Kindes erforderlichen Mittel bereits als Pflegegeld zur Verfügung stünden (BGH FamRZ 1984, S. 769 ff.).

Dem schließt sich der Senat an. Da die Pflegekinder durch den Abzug des Tabellenunterhalts nach Einkommensgruppe 9 vom Pflegegeld bereits mehr als das Existenzminimum erhalten, ist rechtlich geboten, das Kindergeld in voller Höhe als Einkommen der Klägerin zu bewerten.

cc)

Der Beklagte hat in erster Instanz behauptet, die Klägerin habe eine Wohnung in ihrem Haus geteilt und vermiete nunmehr insgesamt 5 Wohnungen. Darauf nimmt er mit der Berufung Bezug.

Darauf kommt es nicht an. Das Amtsgericht hat bei der Prüfung, ob die von der Klägerin aus ihrem Mehrfamilienhaus gezogenen Nutzungen die Belastungen übersteigen, die Einnahmen zu Grunde gelegt, bei Vermietung der gesamten, mit 251,66 qm bezifferten Wohnfläche zu erzielen wären, und ist so zu einem möglichen Mietzins von 1.174,50 € gekommen. Das ist rechnerisch zutreffend (251,66 * 4,27 € = 1.074,58 € + 100,- € für die Stellplätze) und wird auch nicht substantiiert angegriffen.

Dass bei Mieteinnahmen dieser Größenordnung auch unter Berücksichtigung des Wohnwerts der Ehewohnung kein Einnahmeüberschuss verbleibt, wie das Amtsgericht angenommen hat, zieht die Berufung nicht in Zweifel.

Ob sich ein positiver Überschuss ergeben würde, wenn man nur den Zinsanteil der Darlehen abziehen würde, kann dahin stehen, denn im Rahmen der Bedarfsberechnung ist die eheprägende Vermögensbildung durch Tilgungsleistungen auf jeden Fall zu berücksichtigen.

b)

Also ergibt sich folgender Bedarf der Klägerin:

 Anrechenbares Einkommen des Beklagten2.786,11 €
./. Tabellenunterhalt M (431,- € ./. 150,- €)281,00 €
./. Tabellenunterhalt M431,00 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld482,06 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.284,05 €
davon 3/7550,31 €
gerundet551,00 €

1.4 Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt:

Eine Verwirkung der bis Dezember 2002 fällig gewordenen Ansprüche wegen des Unfalls am 10.01.2003 scheidet aus, weil Ausschluss oder Herabsetzung von Unterhaltsansprüchen gemäß § 1579 BGB immer erst ab dem Zeitpunkt des Fehlverhaltens in Betracht kommen.

2. Ansprüche für die Zeit von Januar bis März 2003:

a) Einkommen des Beklagten:

aa)

Das Amtsgericht hat für 2003 rechnerisch zutreffend ein Nettoeinkommen des Beklagten von 32.499,19 € ermittelt. Dieser Betrag ist entsprechend den oben gemachten Ausführungen um den an die Direktversicherung abgeführten Beitrag von 1.742,48 € zu bereinigen. Unter Beibehaltung der übrigen vom Amtsgericht genannten und nicht bestrittenen Zahlen ergibt sich folgendes durchschnittliches Monatseinkommen:

 Jahresnettoeinkommen32.499,19 €
./. Zahlung an die Direktversicherung1.742,48 €
verbleiben30.756,71 €
davon 1/122.563,06 €
./. KV-Beitrag239,78 €
./. PV-Beitrag29,33 €
./. vwL netto12,50 €
verbleiben2.281,45 €

bb)

Der Beklagte macht geltend, dass auch die ab Februar 2003 als Sachbezug gewährte und versteuerte Nutzung seines Firmenwagens für die Fahrten zum Arbeitsplatz mit deren Sachwert von monatlich 222,- € von seinem Einkommen abzusetzen sei. Damit hat er Recht.

Bis einschließlich Januar 2003 hatte er keine Fahrtkosten, weil er den Firmenwagen für die Fahrten zur Arbeit einsetzen konnte, ohne dass die tatsächlich gewährte Nutzung seinem Einkommen zugerechnet und versteuert wurde. Gemäß dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 13.02.2003 hat sich das ab Februar 2003 geändert. Ab diesem Zeitpunkt wird die Nutzung des Firmenwagens für die Fahrten zur Arbeit als Sachbezug mit monatlich 222,- € angerechnet und versteuert. Da dieser Betrag berufsbedingt verbraucht wird, muss er zur Ermittlung des anrechenbaren Einkommens wieder abgezogen werden. Verteilt man die Kosten von 11 * 222,- € auf das ganze Jahr, sind das pro Monat 203,50 €. Dass sich bei Berechnung der Fahrtkosten nach der Kilometerpauschale der Hammer Leitlinien ein Betrag von monatlich 297,- € ergeben würde, spielt keine Rolle. Wie die Erörterung im Senatstermin ergeben hat, hat der Beklagte für die Fahrten zur Arbeitsstelle keine weiteren Kosten, weil er insbesondere auch auf Kosten der Arbeitgeberin tanken kann. Mit dem Abzug von monatlich 222,- € ab Februar sind also alle berufsbedingten Kosten erfasst.

cc)

Für die ab Februar 2003 gestattete Privatnutzung des Firmenwagens werden dem Beklagten monatlich 185,- € brutto zugerechnet. Das ist ausreichend, denn die private Nutzung eines Mittelklassewagens ist in der Regel schon mit Beträgen um 150,- € pro Monat angemessen berücksichtigt (Kalthoener/Büttner, a.a.O., Rdnr. 717).

dd)

Der Beklagte hat im Jahr 2003 eine Steuererstattung für 2001 in Höhe von 5.965,84 € erhalten. Diesen Betrag hat das Amtsgericht seinem Einkommen mit monatsanteilig 497,15 € zugerechnet, was mit der Berufung nicht beanstandet wird.

ee)

Also hat der Beklagte folgendes Einkommen zur Verfügung:

 Nettoeinkommen2.281,45 €
anteilige Steuererstattung497,15 €
 2.778,60 €
./. berufsbedingte Fahrtkosten203,50 €
verbleiben2.575,10 €

b)

Den Kindesunterhalt hat das Amtsgericht auch für 2003 auf der Grundlage von Einkommensgruppe 9 tituliert. An den Bedarfsbeträgen für die Kinder ändert sich daher nichts.

c)

Das der Klägerin zuzurechnende Einkommen hat sich bis einschließlich Mai 2003 nicht verändert. Ihr Anspruch auf Aufstockungsunterhalt berechnet sich daher wie folgt:

 anrechenbares Einkommen des Beklagten2.575,10 €
./. Tabellenunterhalt M281,00 €
./. Tabellenunterhalt M431,00 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld482,06 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.073,04 €
davon 3/7459,87 €
gerundet460,00 €

2.4 Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt:

Auf Grund der Angaben der Parteien und des in erster Instanz zum Gegenstand des Urkundsbeweises gemachten Gutachtens des Sachverständigen B aus dem Haftpflichtprozess vor dem Landgericht Münster ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin den Unfall am 10.01.2003 aus einem Affekt heraus vorsätzlich herbeigeführt hat. Der errechnete Unterhaltsanspruch ist deshalb ab dem Zeitpunkt des Fehlverhaltens gemäß § 1579 Nr. 2 BGB auf 1/3 herabzusetzen, weil die uneingeschränkte Inanspruchnahme des Beklagten bei Abwägung aller Umstände grob unbillig wäre.

a) Ermittlung des Sachverhalts:

Die Klägerin ist auch im Senatstermin bei ihrer Darstellung geblieben, dass sie mit 70 bis 90 km/h auf der L Straße in Richtung H unterwegs gewesen sei und der Beklagte plötzlich aus einem untergeordneten Verbindungsweg ihre Fahrbahn gequert habe. Sie habe gebremst, aber den Unfall nicht mehr vermeiden können. Das ist widerlegt.

aa)

Der Sachverständige B hat aus der Lage der Anstoßschäden an der Seitentür des vom Beklagten gefahrenen Wagens eindeutig schließen können, dass das Fahrzeug der Klägerin beim Aufprall ungebremst war.

Diese Schlussfolgerung zieht auch die Klägerin nicht in Zweifel, macht aber geltend, daraus könne nicht auf die Unrichtigkeit ihrer Darstellung geschlossen werden, denn nach der Äußerung des Sachverständigen K im Termin vor dem Amtsgericht am 13.08.03 komme es vor, dass zunächst gebremst, ganz zum Schluss aber eine Art Schutzhaltung eingenommen werde, bei der man das Lenkrad festhalte und die Bremse löse, um sich zu stabilisieren. So sei es auch hier gewesen. Zu diesem Einwand, der auch im Schadensersatzprozess vor dem Landgericht Münster vorgebracht worden ist, hat der Sachverständige B in einem Nachtrag zu seinem Gutachten bereits Stellung genommen. Er hat ausgeführt, dass natürlicher Weise die Kraft, die auf das Bremspedal ausgeübt werde, je größer werde, desto unausweichlicher die Kollision erscheine. Ein Lösen der Bremse widerspreche dem Bemühen, einer Kollision zu entgehen, und müsse daher künstlich antrainiert werden.

Die Klägerin hat weder vorgetragen, je ein solches Sicherheitstraining absolviert zu haben, noch hat sie jemals geschildert, dass in der Bremsphase eine Situation eingetreten sei, die ein Lösen der Bremse zwecks Stabilisierung habe ratsam erscheinen lassen. Vielmehr hat sie immer nur vorgetragen, das Auto ihres Ehemanns vor der Kollision erst sehr spät bzw. erst mit der Kollision wahrgenommen zu haben. Das schließt eine Vollbremsung mit anschließender Lösung der Bremse schon vom Zeitablauf her aus. Einer weiteren Klärung des Sachverhalts unter Hinzuziehung des Sachverständigen K bedarf es daher nicht.

bb)

Die Klägerin meint weiter, auch wenn ihre Darstellung widerlegt sei, könne doch nicht festgestellt werden dass sich der Unfall so abgespielt habe, wie der Beklagte behaupte. Vielmehr blieben Fragen, die eine weitere Aufklärung, insbesondere eine exakte Weg-Zeit-Berechnung erforderlich machten. Auch das hält der Senat nicht für erforderlich.

Der Sachverständige B hat bereits festgestellt, dass die objektiven Unfallspuren mit der Darstellung des Beklagten vereinbar seien. Insbesondere habe die Klägerin die von ihm ermittelte Aufprallgeschwindigkeit von 20 km/h auf der vom Beklagten geschätzten Anfahrstrecke von 15 bis 20 m schon bei einer niedrig angesetzten mittleren Beschleunigung von 1 m/s2 ohne weiteres erreichen können. Demgegenüber ist der Einwand, bei dem vom Beklagten geschilderten Start mit Vollgas hätte sich eine viel höhere Aufprallgeschwindigkeit ergeben, rein theoretisch, denn es liegt auf der Hand, dass der Beklagte aus seiner Sicht keine genaueren Angaben über das Anfahren machen kann. Er fühlte sich bedroht und ist gefährdet worden. Deshalb kann er die Anfahrgeschwindigkeit ohne weiteres überschätzt haben. Daraus kann nichts gegen seine Darstellung gefolgert werden. Ebenso wenig macht die Anstoßhöhe den vom Beklagten behaupteten Unfallablauf unmöglich. Zwar ist festgestellt worden, dass sich der Mitsubishi im Beschleunigungsvorgang um 1,5 cm anhebt, der Aufprall kann aber erfolgt sein, als der Mitsubishi nach anfänglicher Beschleunigung mit zuletzt gleichbleibender Geschwindigkeit bewegt wurde. All das könnte nur die Klägerin selbst genauer sagen, die das Fahrzeug gefahren hat. Sie kann also keine theoretischen Spekulationen über eine fortgesetzte Beschleunigung und die damit verbundene Anhebung des Fahrzeugs anstellen, sondern müsste gemäß § 138 ZPO wahrheitsgemäß zu ihrem Anfahrmanöver vortragen, Da sie das nicht tut, kann sie die Feststellung des Sachverständigen, dass die Version des Beklagten mit den objektiven Unfallspuren vereinbar sei, auch nicht erschüttern.

cc)

Also ist davon auszugehen, dass die Darstellung des Beklagten richtig ist. Dann aber ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts der Schluss auf eine vorsätzliche Herbeiführung des Unfalls zwingend.

Die Klägerin nimmt zwar hilfsweise die Überlegung des Amtsgerichts auf, dass ein Fahrfehler vorgelegen haben könne, und trägt vor, "unter Umständen" sei die Unfallsituation dadurch entstanden, dass sie mit moderater Geschwindigkeit in dem Vertrauen angefahren sei, der Beklagte werde in einem Zug wenden und ihre Fahrbahn verfassen haben, wenn sie seinen Standort erreicht haben werde. Eine solche Argumentation im Hinblick auf eigene Handlungen ist aber gemäß § 138 Abs. 1 ZPO unzulässig. Nur wenn sie einräumen würde, dass sie vom Straßenrand angefahren ist, könnte sie auch ihre Motive für dieses Fahrverhalten erklären. Da sie das aber nach wie vor nicht tut, ist der Schluss gerechtfertigt, dass sie Anlass hat, die wahren Motive für ihre Fahrweise zu verbergen.

dd)

Solange die Klägerin nicht substantiiert vorträgt, auf Grund welcher technischen Kenntnisse und Überlegungen sie sicher sein konnte, durch das Hineinfahren in die Fahrertür nur Blechschaden zu verursachen, ist davon auszugehen, dass sie auch Körperschäden billigend in Kauf genommen hat, denn es gehört zum allgemeinen Wissen, dass ein Seitenaufprall wegen der dort fehlenden Knautschzone besonders gefährlich ist.

b) Bewertung des Fehlverhaltens:

aa)

Herbeiführung eines Unfalls mit bedingtem Vorsatz hinsichtlich einer Körperverletzung ist versuchte gefährliche Körperverletzung, § 224 Abs. 2 StGB. Weiter liegt eine vorsätzliche Sachbeschädigung vor, § 303 StGB, die sich zwar nicht unmittelbar gegen den Beklagten richtete, weil dieser nicht Eigentümer des beschädigten PKW war, da er den PKW aber in seiner Obhut hatte, musste er sich wegen des Schadens gegenüber seinem Arbeitgeber entlasten. Insoweit war auch dieses Vergehen im Sinne von § 1579 Ziffer 2 BGB gegen den Beklagten gerichtet.

bb)

Die Sachbeschädigung hat einen Schaden von mehr als 5.000,- € verursacht und setzte den Beklagten der Gefahr aus, diesen Schaden als schuldhaft verursacht ersetzen zu müssen. Das ist vom Umfang her ein schweres Vergehen.

Auch wenn die Beschleunigung des Fahrzeugs der Klägerin im Ergebnis moderat war, so dass sich nicht feststellen lässt, dass sie mehr als leichte Verletzungen in Kauf genommen hat, ist auch die versuchte Körperverletzung nach Auffassung des Senats als schwerwiegendes Vergehen zu werten, denn der Beklagte konnte aus seiner Sicht die Intention des Angriffs nicht abschätzen. Es ist nachvollziehbar, dass er um sein Leben gefürchtet hat.

Verschärft worden ist das Ergebnis der Taten zusätzlich durch das hartnäckige Leugnen und den falschen Vortrag der Klägerin im Prozess: insoweit hat sie auch noch einen Prozessbetrug begangen und das Verfahren in die Länge gezogen, was den Beklagen wegen der einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Trennungsunterhalt besonders belastet hat.

c) Umfang des Ausschlusses:

Der Überlegung des Amtsgerichts, dass es sich beim Herbeiführen des Unfalls um ein einmaliges Ereignis gehandelt habe, welches im Hinblick auf die damals höchst streitigen Unterhaltsfragen nicht als schwerwiegendes Fehlverhalten gewertet werden könne, vermag der Senat nicht zu folgen. Auch nachvollziehbarer Ärger über trennungsbedingte finanzielle Probleme kann den aus der Sicht des Beklagten in höchstem Maße beängstigenden Angriff nicht in milderem Licht erscheinen lassen. Zumindest in der Zusammenschau mit dem nachfolgenden Prozessbetrug kann dieses Verhalten nicht ohne Folgen bleiben.

Allerdings hält auch der Senat bei Abwägung aller Umstände einen gänzlichen Ausschluss der Unterhaltsansprüche nicht für gerechtfertigt, insbesondere im Hinblick auf die Interessen der beiden Pflegekinder, die auf Grund eines gemeinsamen Entschlusses der Parteien fest in die Familie integriert worden sind. Ihr gesundes Aufwachsen wäre ernsthaft gefährdet, wenn die Klägerin wegen des Ausschlusses aller Ansprüche auf Trennungsunterhalt gezwungen wäre, sich eine Vollzeittätigkeit zu suchen und das Pflegeverhältnis zu lösen.

Werden die Ansprüche nur auf ein Drittel gekürzt, bleibt unter Einrechnung der Einkünfte aus dem Pflegegeld das Existenzminimum der Klägerin gesichert; sie kann die Pflegeverhältnisse fortführen, ohne in weiterem Urinfang zu arbeiten, als dies mit der Betreuung der Kinder vereinbar ist. Damit wird sowohl dem Interesse des Beklagten an einer entlastenden Sanktion als auch den Interessen der Kinder Rechnung getragen.

Also ist der oben errechnete Anspruch von 460,00 € für die Zeit ab dem 10.01.2003 auf monatlich 153,33 €, gerundet 154,- € zu beschränken.

3. Ansprüche für die Zeit von April bis Mai 2003:

Es ist neu zu rechnen, weil der Kläger zu 2) im April 2003 volljährig geworden ist. Gemäß den nicht mehr angegriffenen Berechnungen des Amtsgerichts steigt dadurch einerseits der für ihn maßgebliche Tabellenunterhalt auf 498,- €, andererseits ist nunmehr die volle, um Fahrtkosten bereinigte Ausbildungsvergütung von 300,- € anzurechnen, so dass der Beklagte nur noch für einen restlichen Bedarf von 198,- € aufzukommen hat. Dadurch ändert sich die Berechnung des Trennungsunterhalts wie folgt:

 Anrechenbares Einkommen des Beklagten2.575,10 €
./. Tabellenunterhalt M198,00 €
./. Tabellenunterhalt M431,00 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld482,06 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.156,04 €
davon 3/7495,45 €

Kürzt man den Anspruch wie erörtert auf 1/3 (165,15 €), sind aufgerundet 166,- € zu zahlen

4. Anspruch für Juni 2003:

Es ist wiederum neu zu rechnen, weil die Klägerin ab Juni im Rahmen einer Umschulung (im Umfang vollschichtiger Erwerbstätigkeit) Unterhaltsgeld in Höhe von monatlich 949,13 € bezogen hat. Die Kosten des Lehrgangs sowie Fahrt- und Kinderbetreuungskosten sind zusätzlich erstattet worden. Da diese Tätigkeit überobligatorisch war, sind die daraus erzielten Einkünfte nur teilweise in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen.

a)

Während die Betreuung von Pflegekindern keinen Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB, sondern allenfalls auf Unterhalt aus Billigkeitsgründen gemäß § 1576 BGB begründet, kann in der Trennungszeit auch die Betreuung nicht gemeinschaftlicher Kinder die Verweisung auf die nach Ablauf des Trennungsjahres grundsätzlich eintretende Erwerbsobliegenheit ausschließen (BGH NJW 81, 1782). Hier hat die Klägerin unbestritten vorgetragen, dass die Aufnahme der Pflegekinder ein gemeinsamer Entschluss gewesen sei. An dieser übernommenen Verantwortung muss sich der Beklagte nach Auffassung des Senats festhalten lassen, was die Verweisung der Klägerin auf eine Erwerbstätigkeit ausschließt, soweit die Pflegekinder noch der Betreuung bedurften.

b)

Da L-M erst im Juli 2003 5 Jahre alt geworden ist, brauchte die Klägerin noch gar nicht zu arbeiten. In welchem Umfang das Einkommen aus einer trotz der Kinderbetreuung ausgeübten überobligatorischen Tätigkeit in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen ist, hängt nach der neuesten Rechtsprechung des BGH (FamRZ 05, S. 1154) von den Umständen des Einzelfalls ab, also davon, wie die Arbeits- und Fahrzeiten mit der Kindesbetreuung und der Haushaltsführung vereinbar sind. Der Senat folgt dieser Rechtsprechung.

Zwar ist davon auszugehen, dass die Betreuung durch die insoweit vom Arbeitsamt bezahlten Hilfen sichergestellt war, doch hatte die Klägerin nach Beendigung der Umschulung, die den Umfang vollschichtiger Erwerbstätigkeit hatte, noch ihre Hausarbeit zu verrichten und musste zugleich auch den Bedürfnissen der Kinder nach Austausch und Nähe gerecht werden. Der Senat hält daher für angemessen, für die beiden vier und zehn Jahre alten Pflegekinder einen Betreuungsbonus von je 200,- € und für die 12-jährige M einen weiteren Bonus von 150,- € anzusetzen, so dass vom Unterhaltsgeld insgesamt 550,- € anrechnungsfrei bleiben. In die Bedarfsberechnung sind dann 949,13 € ./. 550,- € = 399,13 € einzubeziehen.

c)

Die Anspruchsberechnung für die Klägerin zu 1) ändert sich daher wie folgt:

 Anrechenbares Einkommen des Beklagten2.575,10 €
./. Tabellenunterhalt M198,00 €
./. Tabellenunterhalt M431,00 €
./. anrechenbares Unterhaltsgeld399,13 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld482,06 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz756,91 €
davon 3/7324,39 €
Kürzung auf 1/3108,13 €
gerundet109,00 €

1.5 Ansprüche für Juli bis Dezember 2003:

Die Berechnung ändert sich, weil ab dem 01.07.2003 eine neue Unterhaltstabelle gilt.

a)

Gemäß der Berechnung des Amtsgerichts steigt der aus Einkommensgruppe 9 entnommene Bedarf von M auf 455,- €, der von M auf 524,- € ./. 300,- € = 224,- €.

b)

Der der Klägerin als Einkommen zuzurechnende Anteil des Pflegegelds sinkt, denn sie muss das Pflegegeld in weiterem Umfang als bisher zur Deckung des ebenfalls gestiegenen Bedarfs der Pflegekinder einsetzen. Bestimmt man den Bedarf der Pflegekinder, wie oben erörtert, nach der gleichen Einkommensgruppe, aus der die Unterhaltszahlungen für die beiden Adoptivkinder (Einkommensgruppe 9) berechnet werden, so sind für A nunmehr 386,- € aufzuwenden, für L-M 319,- €. Der Vergütungsanteil des Pflegegeldes sinkt dann auf 1.148,06 € ./. 386,- € ./. 319,- € = 443,06 €.

c)

Das führt zu folgender Bedarfsberechnung:

 Anrechenbares Einkommen des Beklagten2.575,10 €
./. Tabellenunterhalt M224,00 €
./. Tabellenunterhalt M455,00 €
./. anrechenbares Unterhaltsgeld399,13 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld443,06 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz745,91 €
davon 3/7319,68 €
Kürzung auf 1/3106,56 €
gerundet107,00 €

6. Ansprüche für die Zeit von Januar bis Mai 2004:

a) Einkommen es Beklagten:

aa)

Aus der Gehaltsabrechnung für Dezember 2004 ergibt sich ein Jahresnettoeinkommen von 33.616,75 €. Zieht man den Beitrag zur Direktversicherung ab, der nach wie vor 1.742,48 € beträgt, bleiben 31.874,27 €. Das sind pro Monat 2.656,19 €. Dieses Einkommen ist wie folgt zu bereinigen:

 Nettoeinkommen2.656,19 €
./. KV-Beitrag235,41 €
./. PV-Beitrag29,64 €
./. vwL netto (62,6 % von 19,44 €)12,17 €
verbleiben2.378,97 €

bb)

Eine Steuererstattung hat das Amtsgericht dem Beklagten nicht zugerechnet, weil die für 2002 in Höhe von 7.408,08 € erst Anfang 2005 erfolgt ist. Es würde aber zu einer Verzerrung der Ansprüche führen, wenn man für 2005 zwei Steuererstattungen berücksichtigen würde, denn auch, die Erstattung für 2003 ist im Jahre 2005 erfolgt.

Also ist dem Beklagten die für 2002 erfolgte Steuererstattung mit monatsanteilig 617,34 € im Kalenderjahr 2004 zuzurechnen.

cc)

Die berufsbedingten Fahrtkosten sind aus den oben erörterten Gründen mit monatlich 222,- € abzusetzen.

dd)

Also ergibt sich als anrechenbares Einkommen:

 Einkommen aus Erwerbstätigkeit2.378,97 €
Steuererstattung617,34 €
zusammen2.996,31 €
./. Fahrtkosten222,00 €
verbleiben2.774,31 €

b)

Den Unterhalt für M und den Kläger zu 2) hat das Amtsgericht auf der Grundlage von Einkommensgruppe 7 tituliert. Die vom Einkommen des Beklagte abzusetzenden Tabellenbeträge reduzieren sich daher: für M auf 465,- € ./. 300,-€ = 165,- €, für M auf 404,- €.

c)

Die Berechnung des Unterhalts der Klägerin ändert sich daher wie folgt:

 Anrechenbares Einkommen des Beklagten2.774,31 €
./. Tabellenunterhalt M165,00 €
./. Tabellenunterhalt M404,00 €
./. anrechenbares Unterhaltsgeld399,13 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld443,06 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.055,12 €
davon 3/7452,19 €
Kürzung auf 1/3150,73 €
gerundet151,00 €

1.7 Ansprüche für Juni 2004:

a)

Die Berechnung ändert sich, weil A 12 Jahre alt geworden ist und damit in die nächste Altersgruppe aufrückt. Zugleich ist der Bedarf nur noch aus Einkommensgruppe 7 der Unterhaltstabelle zu entnehmen, weil auch die Adoptivkinder nur noch Unterhalt nach dieser Einkommensgruppe erhalten. A Bedarf beträgt dann 404,- €, der von L-M 283,- €. Also ist auch der als Einkommen anzurechnende Teil des Pflegegeldes neu zu berechnen und beträgt nunmehr 461,06 € (1.148,06 € ./. 404,- €./. 283,- €)

b)

Die Klägerin bezieht kein Unterhaltsgeld mehr, sondern hat eine Erwerbsarbeit aufgenommen. Die Stelle umfasste 20 Wochenstunden, d.h. rund 52 % der normalen Arbeitszeit. Dabei hat sie unstreitig 713,- € pro Monat verdient, wenn man das in 3 Monaten und 10 Tagen erzielte Gehalt auf ganze 4 Monate umlegt.

Eine Betreuung der Kinder war nach den Angaben der Klägerin im Senatstermin nur an jedem zweiten Wochenende erforderlich. Bei durchschnittlich 3 am Wochenende gelegenen Arbeitstagen mit 5 - 6 Stunden und einem Stundenlohn von 4,- € für die Tagesmutter ergeben sich Kosten von 66,- € (16,5 Stunden * 4,- €).

Zusätzlich ist ein Betreuungsbonus abzuziehen, der angesichts nur halbschichtiger Tätigkeit auch nur 50 % der oben errechneten 550,- € betragen kann, also 275,- €.

Dann bleiben: 713,- € ./. 66,- € ./. 275,- € = 372,- €.

c)

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin beträgt nunmehr.

 anrechenbares Einkommen des Beklagten2.774,31 €
./. Tabellenunterhalt M165,00 €
./. Tabellenunterhalt M404,00 €
./. Erwerbseinkommen372,00 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld461,06 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.064,25 €
davon 3/7456,10 €
Kürzung auf 1/3152,03 €
Gerundet153,00 €

8. Ansprüche von Juli bis September 2004:

L-M ist am 19.07.04 6 Jahre alt geworden. Ihr Bedarf nach Einkommensgruppe 7 steigt daher auf 343,- €. Der Vergütungsanteil im Pflegegeld sinkt auf 1.148,06 € J. 404,- € ./. 343,- € = 401,06 €. Das führt zu folgender neuer Anspruchsberechnung für die Klägerin:

Anrechenbares Einkommen des Beklagten|2.774,31 € ./. Tabellenunterhalt M|165,00 € ./. Tabellenunterhalt M|404,00 € ./. Erwerbseinkommen|372,00 € ./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld|401,06 € ./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld|308,00 € Differenz|1.124,25 € davon 3/7|481,82 € Kürzung auf 1/3|160,60 € gerundet 161,00 €

9. Ansprüche für Oktober bis Dezember 2004:

Die Anstellung der Klägerin als Mitarbeiterin an der Pforte ist Ende September 2004 ausgelaufen, so dass sie ab Oktober ohne Erwerbseinkommen ist. Ihr statt dessen ein fiktives Einkommen zuzurechnen, kommt mit Rücksicht auf das Alter der Pflegekinder nicht in Betracht. Also ist der Bedarf der Klägerin wiederum neu zu berechnen:

 Anrechenbares Einkommen des Beklagten2.774,31 €
./. Tabellenunterhalt M165,00 €
./. Tabellenunterhalt M404,00 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld401,06 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.496,25 €
davon 3/7641,25 €
Kürzung auf 1/3213,75 €
gerundet214,00 €

10. Ansprüche für die Zeit von Januar bis Juni 2005:

a) Einkommen des Beklagten:

aa)

Nach den Gehaltsabrechnungen für die Zeit von Januar bis September 2005 hat der Beklagte im Jahre 2005 deutlich mehr als bisher verdient. Einem Gesamtbrutto von 53.701,76 € im ganzen Jahr 2004 steht gegenüber, dass er schon bis einschließlich September 2005 brutto 62.480,46 € verdient hat. Das liegt zum einen daran, dass das Grundgehalt von 3.903,- € auf monatlich 4.200,- € gestiegen ist, aber auch an der Auszahlung aufgelaufener Überstunden in Höhe von insgesamt 15.548,- €. Das Jahresnettoeinkommen bis einschließlich September beträgt 35.442,45 €, das sind pro Monat 3.938,05 € und damit rund 48 % mehr als 2004 (2.656,19 €). Dieser Mehrverdienst kann aber nur teilweise angerechnet werden, weil die vielen Überstunden überobligatorisch sind und kaum auf Dauer weiterlaufen werden. Unter Abwägung aller Umstände hält der Senat für angemessen, für 2005 mit einem gegenüber den für 2004 ermittelten Zahlen um 20 % erhöhten Nettoeinkommen zu rechnen, also mit 2.854,76 € (bereinigtes Nettoeinkommen 2004: 2.378,97 € * 20 %).

bb)

Die Steuererstattung für 2003 hat 5.013,24 € betragen, das sind pro Monat 417,77 €.

cc)

Unter Berücksichtigung der auch bisher abgesetzten Fahrtkosten ergibt sich dann als anrechenbares Einkommen:

 Prognostiziertes Erwerbseinkommen2.854,76 €
Steuererstattung417,77 €
 3.272,53 €
./. Fahrtkosten222,00 €
verbleiben3.050,53 €

b)

Den Unterhalt für M hat das Amtsgericht auf der Grundlage eines Bedarfs von 455,- € tituliert, den für M auf der Grundlage eines Bedarfs von 524,- € ./. 300,- € Eigenverdienst = 224,- €.

c)

Das Pflegegeld hat sich auf 641,50 € + 541,- € = 1.182,50 € erhöht. Der daraus sicher zu stellende Bedarf der Pflegekinder ist um der Gleichstellung der Kinder willen wieder aus Einkommensgruppe 9 zu entnehmen und beträgt für A 455,- €, für L-M 386,- €. Dann bleibt als Vergütungsbestandteil ein Betrag von 1,182,50 € ./. 455,- € ./. 386,- € = 341,50 €.

d)

Anspruch der Klägerin:

 Anrechenbares Einkommen des Beklagten3.050,53 €
./. Tabellenunterhalt M224,00 €
./. Tabellenunterhalt M455,00 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld341,50 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.722,03 €
davon 3/7738,01 €
Kürzung auf 1/3246,00 €

11. Ansprüche vom 01.07. bis 14.08.05:

a)

Da die Unterhaltstabelle angeglichen worden ist, ist mit den neuen Zahlen zu rechnen. Für M sind das 466,- €. Ansprüche des Klägers zu 2) sind nicht mehr tituliert und daher auch nicht mehr zu berücksichtigen.

b)

Auch der Einkommensanteil des Pflegegeldes ist wieder neu zu berechnen. Dabei geht der Senat davon aus, dass das Pflegegeld für L-M, das nach den Angaben in der Prozesskostenhilfeerklärung jedenfalls im September 603,- € betrug, schon ab Juli erhöht worden ist, so dass die Pflegegeldzahlungen nunmehr 1.244,50 € betragen (641,50 € + 603,- €). Der Einkommensanteil beträgt dann: 1.244,50 € ./. 466,-€ ./. 396,- € = 382,50 €.

c)

Anspruch der Klägerin:

 anrechenbares Einkommen des Beklagten3.050,53 €
./. Tabellenunterhalt M455,00 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld382,50 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.905,03 €
davon 3/7816,44 €
Kürzung auf 1/3272,14 €
gerundet273,00 €

12. Ansprüche für die Zeit vom 15.08. bis 31.08.2005:

a)

Es ist neu zu rechnen, weil die Klägerin ab dem 15.08.05 wieder eine Erwerbstätigkeit (10 Wochenstunden) aufgenommen hat, aus der sie monatlich netto 444,52 € erzielt.

Berufsbedingte Kosten werden nicht geltend gemacht. Also ist nur ein Betreuungsbonus abzuziehen, den der Senat bei 10 Wochenstunden mit einem Viertel des bei voller Erwerbstätigkeit angemessenen Bonus von 550, - € ansetzt, also mit 137,50 €

Also beträgt das anrechenbare Einkommen: 444,52 € ./. 137,50 € = 307,02 €.

b)

Das führt zu folgender neuer Unterhaltsberechnung:

 anrechenbares Einkommen des Beklagten3.050,53 €
./. Tabellenunterhalt M466,00 €
./. eigene anrechenbare Erwerbseinkünfte307,02 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld382,50 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.587,01 €
davon 3/7680,14 €
Kürzung auf 1/3226,71 €
gerundet227,00 €

13. Ansprüche für die Zeit von September bis November 2005:

Die Berechnung ändert sich erneut, weil der Beklagte am 16.09.2005 Vater eines weiteren Kindes geworden ist. Dessen Unterhaltsanspruch ist wie der der anderen Kinder aus Einkommensgruppe 9 zu entnehmen und beträgt 327,- €. Er ist auch bei der Berechnung des Bedarfs der Klägerin vorweg abzuziehen, denn Unterhaltspflichten für vor der Scheidung geborene weitere Kinder prägen noch die ehelichen Lebensverhältnisse. Also ändert sich die Bedarfsberechnung wie folgt:

 Anrechenbares Einkommen des Beklagten3.050,53 €
./. Tabellenunterhalt M466,00 €
./. Tabellenunterhalt drittes Kind327,00 €
./. eigene anrechenbare Erwerbseinkünfte der Klägerin307,02 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld382,50 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.260,01 €
davon 3/7540,00 €
Kürzung auf 1/3180,00 €

14. Ansprüche ab Dezember 2005:

Da die Klägerin schuldlos ihre Arbeitsstelle verloren hat, entfällt die Anrechnung eigener Erwerbseinkünfte. Dadurch ändert sich die Berechnung des Anspruchs der Klägerin erneut:

 anrechenbares Einkommen des Beklagten3.050,53 €
./. Tabellenunterhalt M466,00 €
./. Tabellenunterhalt drittes Kind327,00 €
./. Einnahmen der Klägerin aus Pflegegeld382,50 €
./. von der Klägerin vereinnahmtes Kindergeld308,00 €
Differenz1.567,03 €
Davon 3/7671,58 €
Kürzung auf 1/3223,86 €
Gerundet224,00 €

Die Klägerin hat einschließlich des Unterhalts 914,50 € zur Verfügung. Damit werden die Interessen der Pflegekinder trotz der Kürzung gewahrt.

15.

Der Vortrag zu Zahlungen an die Klägerin, die vor dem Auszug des Beklagten aus der Ehewohnung erfolgt sein sollen, ist unerheblich. Diese Zahlungen sind bis auf eine mit "Unterhalt für März 2002" gekennzeichnete Zahlung ohne Zweckbestimmung erfolgt. Dann können sie nicht auf damals noch gar nicht fällige Unterhaltsansprüche ab August 2002 verrechnet, sondern allenfalls zurückgefordert werden, soweit sie ohne Rechtsgrund erfolgt sind. Das spielt aber für die laufenden Unterhaltsansprüche keine Rolle, denn eine Verrechnung mit Gegenansprüchen ist im Unterhaltsrecht nicht möglich.

B.

Die Anschlussberufung der Klägerin, mit der sie die Verzinsung ihrer Unterhaltszahlungen gemäß den §§ 286, 288, 291 BGB verlangt, ist begründet, soweit die Ansprüche nicht verwirkt sind.

C.

Die Anschließung des Klägers zu 2) hat durch die Rücknahme der Berufung des Beklagten hinsichtlich des Kindesunterhalts ihre Wirkung verloren.

D. Berufung des Beklagten hinsichtlich der Vollstreckungsgegenklage:

1.

Die Klage ist zulässig, solange aus der im Scheidungsverfahren erlassenen einstweiligen Anordnung vollstreckt werden kann. Das ist bis zur Rechtskraft des Urteils zum Trennungsunterhalt der Fall (BGH NJW 2000, S. 740).

2.

Der dogmatische Streit, ob die Vollstreckungsgegenklage die richtige Klageart zur Geltendmachung des Verwirkungseinwandes ist und inwieweit sie bei einer Teilverwirkung erfolgreich sein kann, wenn sich wie hier die Umstände für die Bemessung des Unterhalts laufend verändern (vgl. einerseits KG FamRZ 90, S. 187, andererseits BGH FamRZ 1990, S. 1095), spielt keine Rolle mehr, nachdem der Beklagte hilfsweise die Feststellung begehrt hat, keinen Trennungsunterhalt mehr zu schulden.

Gegen die Sachdienlichkeit der Klageänderung in zweiter Instanz bestehen keine Bedenken.

3.

Die Feststellungsklage ist in dem Umfang begründet, als der in der einstweiligen Anordnung titulierte Unterhalt die oben ermittelten Ansprüche auf Zahlung von Trennungsunterhalt übersteigt. Darauf wird Bezug genommen.

E.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92, 97, 100 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Ziffer 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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