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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 15.10.2004
Aktenzeichen: 11 UF 22/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 288
BGB § 291
BGB § 1573 Abs. 2
BGB § 1578
Die freiwillige Vereinbarung von Altersteilzeit stellt dann keine unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit (mit der Folge, dass das frühere Einkommen fiktiv zugerechnet wird) dar, wenn dafür triftige Gründe vorhanden sind.

Hier: Sicherung des Arbeitsplatzes für längere Zeit.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 UF 22/04 OLG Hamm

Verkündet am 15. Oktober 2004

In der Familiensache

hat der 11. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zumdick und die Richter am Oberlandesgericht Lüblinghoff und Michaelis de Vasconcellos für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Antragsgegnern wird das am 14. Januar 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ibbenbüren im Ausspruch zum Nachscheidungsunterhalt - Ziffer III. des Tenors - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin wie folgt nachehelichen Aufstockungsunterhalt zu zahlen:

a)

für die Zeit vom 29.05.2004 bis zum 31.07.2004 monatlich 899,00 €, davon 178,67 € als Altersvorsorgeunterhalt, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 87,00 € ab dem 29.05.2004, aus weiteren 899,- € seit dem 01.06.2004 und aus weiteren 899,- € seit dem 01.07.2004;

b)

für die Zeit von August bis Oktober 2004 monatlich 1.215,00 €, davon 256,22 € als Altersvorsorgeunterhalt, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.220,- € ab dem 01.08.2004, aus weiteren 1.215,- € ab dem 01.09.2004 und aus weiteren 1.215,- € ab dem 01.10.2004;

c)

ab November 2004 monatlich 1.215,00 €, davon 256,22 € als Altersvorsorgeunterhalt.

Die weitergehende Unterhaltsklage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Antragsgegner zu 3/4 und der Antragstellerin zu 1/4 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien haben am 23.12.1981 geheiratet. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen: J, geboren am 10.04.1982, und I, geboren am 23.04.1984.

Nach im April 1998 erfolgter Trennung hat die Antragstellerin im Mai 1999 die Scheidung beantragt. Das Amtsgericht hat die Ehe durch Urteil vom 14.01.2004 geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und über den Antrag der Antragstellerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts entschieden. In zweiter Instanz geht es nur noch um den ab dem 29.05.2004 (Rechtskraft der Scheidung) zu zahlenden nachehelichen Unterhalt. Insoweit liegt folgendes zu Grunde:

Die Antragstellerin ist Zahnarzthelferin, der Antragsgegner Betriebswirt. Er hat vor und während der Ehe als kaufmännischer Mitarbeiter Erdöl bzw. Erdgas fördernder Unternehmen gearbeitet, während der Ehe bis einschließlich August 1996 jeweils als Inlandsmitarbeiter für Auslandsprojekte, der nur gelegentlich Dienstreisen ins Ausland unternehmen musste. Erst nach dem Wechsel zur Fa. P GmbH (P) in Lingen (Anstellungsvertrag vom 08.12.1995) wurde er Auslandmitarbeiter; ab dem 20.08.1996 war er erstmals für 12 Monate in Kasachstan als Finanzmanager eingesetzt. Während dieser Zeit ruhte der Inlandsvertrag. Seither war er in ununterbrochener Folge im Ausland tätig und hatte demzufolge im Inland keine Steuern mehr zu zahlen. Dadurch stieg sein Einkommen erheblich.

2002/2003 führte die T AG als direkter und indirekter Gesellschafter der Fa. P Verhandlungen über deren Veräußerung, weil sie sich auf das Kerngeschäft der Touristik konzentrieren wollte. Das Inlandgeschäft wurde schließlich an die Firma G F veräußert, das Auslandsgeschäft an die O AG (Bl. 265 GA). Schon vor der Veräußerung schloss der Antragsgegner mit seiner Arbeitgeberin für die Zeit vom 01.08.2003 bis zum 31.07.2008 einen Altersteilzeitarbeitsvertrag, wonach sich seine Arbeitszeit ab dem 01.08.2003 halbieren sollte. Das diente nach seiner Darstellung der Sicherung seines Arbeitsplatzes.

Im April 2003 wurde dem Antragsgegner mitgeteilt, dass sein Arbeitsvertrag als Auslandsmitarbeiter auf die Fa. O übergehen werde, wenn er nicht widerspreche. Er hat dann aus den im anwaltlichen Schreiben vom 14.05.2003 dargelegten Gründen von diesem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht, so dass sein Arbeitsvertrag durch den Hauptübernehmer, die Fa. G F, fortgesetzt wurde, die ihn über eine Tochterfirma weiterhin im Ausland einsetzt.

Schon vor der Eheschließung hatte der Antragsgegner auf dem von seinen Eltern übertragenen Grundstück B in Ibbenbüren ein Haus mit zwei voneinander nicht abgeschlossenen Wohnungen errichtet. An der Wohnung im Erdgeschoss mit einer Größe von 185 qm hat er seinen Eltern zunächst ein unentgeltliches Wohnrecht bestellt, das durch den Vertrag vom 13.05.1985 gegen die Verpflichtung zur Zahlung von monatlich 850,- DM wieder aufgehoben wurde. Diese Verpflichtung besteht gegenüber der noch lebenden Mutter fort, die nach wie vor die Wohnung im Erdgeschoss bewohnt und dafür Miete in Höhe von monatlich 810,- DM bezahlt. Die Wohnung im Dachgeschoss, die viele Schrägen aufweist und eine Grundfläche von 161 qm hat, diente als Ehewohnung und wird heute vom Antragsgegner und dem Sohn J genutzt. J hat im Juni 2004 sein Abitur gemacht und leistet seit August 2004 Zivildienst.

Die Antragstellerin hat in erster Instanz geltend gemacht, der Antragsgegner habe einschließlich des ihm zuzurechnenden Wohnvorteils zuletzt ein Nettoeinkommen von mindestens 7.413,74 € gehabt. Ob diese Einkünfte wegen der ab August 2003 geltenden Altersteilzeit zurückgegangen seien, könne dahinstehen, denn trotz der im Zusammenhang mit der Übernahme der P drohenden Kündigungen sei er nicht berechtigt gewesen, seine Arbeitszeit und damit sein Einkommen freiwillig zu reduzieren, zumal er im Falle der keineswegs sicheren Kündigung eine Abfindung erhalten hätte, die höher gewesen wäre als der Gesamtverdienst, den er in Folge der Altersteilzeit in Zukunft noch erhalten werde. Deshalb sei ihr Bedarf wie folgt zu berechnen:

Nettoverdienst einschließlich Wohnvorteil 7.413,74 € ./. Hausbelastungen 1.135,16 € ./. Unterhalt für I (844,- DM) 431,53 € ./. Unterhalt für J 417,00 € verbleiben 5.439,05 € ./. Eigenverdienst als Zahnarzthelferin (30-Stunden-Stelle) 978,61 € Differenz 4.451,44 € davon 3/7 1.907,76 €

Auf dieser Grundlage hat die Antragstellerin ihren Altersvorsorgeunterhalt auf 565,46 € und ihren Elementarunterhalt auf 1.665,42 € beziffert, zusammen also 2.230,88 €.

Sie hat beantragt,

den Antragsgegner zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft der Scheidung eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 2.230,88 € einschließlich eines Altersvorsorgeunterhalts von 565,46 € zu zahlen, fällig im Voraus zum 01. eines jeden Monats nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit jeweiliger Fälligkeit.

Der Antragsgegner hat beantragt,

die Klage auf nachehelichen Unterhalt abzuweisen.

Er hat sich in erster Linie darauf berufen, dass er auf Grund des mit seiner Arbeitgeberin abgeschlossenen Altersteilzeitvertrages ab August 2003 nur noch erheblich geringere Einkünfte habe, die - nach Abzug der eheprägenden Lasten - nicht mehr höher seien als die der Antragstellerin. Ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt komme daher nicht mehr in Betracht.

Er hat gemeint, die Verringerung seiner Einkünfte wegen der ab September 2003 gültigen Altersteilzeitregelung sei zu akzeptieren, weil er nur so den drohenden Verlust seines Arbeitsplatzes bei der P habe abwenden können.

Für den Fall der Zurechnung seiner bisherigen Einkünfte hat er geltend gemacht, sein Einkommen sei nicht eheprägend gewesen, soweit es auf der Auslandstätigkeit beruhe, denn zu langdauernder Auslandstätigkeit habe er sich erst im Zusammenhang mit der 1996 sichtbar gewordenen unheilbaren Zerrüttung der Ehe entschlossen.

Er hat weiter geltend gemacht, der Bedarf des bei ihm lebenden Sohnes J habe sich seit August 2003 um 125,- € wegen des zu zahlenden Schulgelds erhöht. Als Vorteil für die Nutzung der Dachgeschosswohnung im Haus B könne ihm nur ein Betrag von 250,- € zugerechnet werden, denn die Wohnung, die dunkel, durch viele Schrägen in der Nutzung eingeschränkt und nicht abgeschlossen sei, könne anderweitig gar nicht vermietet werden.

Der Antragstellerin sei nicht nur der angegebene tatsächliche Verdienst von 978,- € zuzurechnen, sondern ein Betrag von netto 1.200,- €, den sie bei vollschichtiger Tätigkeit erzielen könnte.

Das Amtsgericht hat der Unterhaltsklage in vollem Umfang stattgegeben und ausgeführt, bis zum Eintritt der Altersteilzeit habe der Antragsgegner ein durchschnittliches Nettoeinkommen von wenigstens 7.436,- € netto erzielt. Dieses Einkommen sei entgegen der Auffassung des Antragsgegners in vollem Umfang fortzuschreiben, denn da die Auslandseinsätze schon vor der Trennung begonnen hätten, sei der daraus folgende Mehrverdienst eindeutig eheprägend gewesen. Auf die Verminderung der Einkünfte durch Altersteilzeit habe er sich nicht einlassen dürfen, auch wenn eine Kündigung gedroht habe, denn dagegen hätte er sich wehren können.

Der Wohnwertvorteil sei bei einer Grundfläche der zur Verfügung stehenden Wohnung mit jedenfalls 640,- € anzusetzen (161 qm * 4,- €).

Auch wenn man der Antragstellerin fiktiv ein Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit in Höhe von 1.250,- € zurechne, habe sie Anspruch auf 1.675,- € Elementarunterhalt und 573,- € Altersvorsorgeunterhalt.

Gegen diese Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt wendet sich der Antragsgegner mit der Berufung. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere dazu, ob die ehelichen Lebensverhältnisse durch den Auslandseinsatz geprägt worden sind und ob er sich auf die Vereinbarung von Alterteilzeit einlassen durfte, um eine Kündigung zu vermeiden. Er legt Unterlagen vor, nach denen er sich wegen der Einlassung auf die Altersteilzeit anwaltlich hat beraten lassen. Der Antragsgegner beziffert sein voraussichtliches Gesamteinkommen im Jahre 2004 auf 59.835,- € und macht geltend, dass jedenfalls die in seinem Gehalt enthaltene Urlaubsabgeltung als überobligatorisch erzielter Verdienst herauszurechnen sei. Er wehrt sich gegen die Berücksichtigung eines Wohnwerts von 640,- € und beruft sich zum Beweis dafür, dass der Wert nur 250,- € betrage, auf ein Sachverständigengutachten.

Er meint, die Antragstellerin müsse sich auf der Grundlage der für eine 30-Stunden-Stelle erzielten Bezüge ein fiktives Gehalt von 1.450,- € zurechnen lassen. Er kommt zum Ergebnis, dass die Differenz der beiderseitig anrechenbaren Einkünfte nur noch 620,12 € betrage. Daraus ergebe sich dann ein Anspruch auf Elementarunterhalt in Höhe von 240,- € und auf Vorsorgeunterhalt in Höhe von 60,12 €.

Der Antragsgegner beantragt,

die Unterhaltsklage abändernd abzuweisen, soweit er verurteilt worden ist, ab Rechtskraft der Scheidung monatlich mehr als 240,- € Elementarunterhalt und mehr als 60,12 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens. Sie behauptet ergänzend, dass der Antragsgegner eine so herausgehobene Position bei der Fa. P und so gute Beziehungen zu anderen Firmen gehabt habe, dass er auch im Falle einer Kündigung anderswo eine vergleichbare Stellung gefunden hätte. Er hätte sich deshalb keinesfalls auf das Angebot von Altersteilzeit einlassen dürfen.

Sie beziffert den für die obere Wohnung zuzurechnenden Wohnwert auf 850,- €. Sie meint, damit könnten allenfalls die Zinsaufwendungen verrechnet werden. Für die Berücksichtigung eines negativen Wohnwerts sein dann kein Raum. Im übrigen müsse sich der Antragsgegner nach der Ablösung des Wohnrechts für seine Eltern zusätzlich den Wert der Wohnung im Erdgeschoss zurechnen lassen, der mit, 1.150,- € anzusetzen sei.

Sie macht geltend, ihr könne kein fiktives Einkommen zugerechnet werden, weil sie ihre Tätigkeit beim jetzigen Arbeitgeber nicht ausweiten könne und ein Wechsel des Arbeitsplatzes nicht zumutbar sei.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und hat teilweise Erfolg.

Grundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 1573 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1578 BGB. Die Antragstellerin kann Aufstockungsunterhalt verlangen, soweit ihre selbst erzielten oder erzielbaren Einkünfte nicht ausreichen, den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu decken.

Da die Rechtskraft der Scheidung am 29.05.2004 eingetreten ist, geht es nur um die Ansprüche ab diesem Zeitpunkt. Es sind drei Zeitabschnitte zu unterscheiden:

1. Ansprüche für die Zeit vom 29.05.2004 bis 31.07.2004:

1.1 Erwerbseinkommen des Antragsgegners:

a)

Das Amtsgericht hat ungeachtet der Einkommensreduzierung, die beim Antragsgegner auf Grund der vereinbarten Alterteilzeit ab August 2003 eingetreten ist, durchgehend mit dem Einkommen von 7.436,- € gerechnet, das dieser in der Zeit von Januar bis Juli 2003 durchschnittlich erzielt hatte. Es hat argumentiert, der Antragsgegner hätte sich auch dann nicht auf die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses als Altersteilzeitvertrag einlassen dürfen, wenn dies die Voraussetzung für die Abwendung der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewesen wäre. Vielmehr hätte er es auf einen Kündigungsschutzprozess ankommen lassen müssen, zumal er gemäß den unwidersprochen gebliebenen Modellberechnungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 24.11.2003 (Bl. 307 ff. GA) auch bei erfolgloser Abwehr der Kündigung finanziell besser als jetzt gestanden hätte. Dem folgt der Senat nicht.

Zwar trifft es zu, dass die freiwillige Vereinbarung von Altersteilzeitarbeit als unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit gewertet werden kann, wenn es für eine derartige Verringerung der Arbeitszeit keine triftigen Gründe gegeben hat (vgl. etwa OLG Hamm, FamRZ 2001, S. 1476). In einem solchen Fall kann das frühere Einkommen weiterhin fiktiv zugerechnet werden. Hier war aber auch unter Berücksichtigung der Unterhaltsinteressen der Antragstellerin gerechtfertigt, den bisherigen Arbeitsplatz durch die Vereinbarung von Alterteilzeit für eine möglichst lange Zeit, nämlich bis zum 31.07. 2008, zu sichern. Das Verhalten des Antragsgegners ist daher nicht vorwerfbar.

aa)

Der Vorwurf, der Antragsgegner habe sich voreilig auf die Altersteilzeit eingelassen, weil die Nachfolgefirma einen so versierten und geschätzten Projektleiter sicher gerne in vollem Umfang weiter beschäftigt hätte, ist widerlegt. Die Zeugin I-W hat nämlich in ihrer einverständlich zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemachten schriftlichen Aussage ohne Wenn und Aber bestätigt, dass schon bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages klar gewesen sei, dass der Antragsgegner nicht zu den Mitarbeitern gehören würde, welche die Fa. O AG als Übernehmerin der Auslandaktivitäten weiter beschäftigen wollte. Er musste daher mit einer Kündigung rechnen, wenn er der Übernahme seines Arbeitsvertrages durch die Fa. O nicht widersprach. Zugleich stand bereits fest, dass es auch im Inlandsgeschäft seiner bisherigen Arbeitgeberin keinen freien Arbeitsplatz gab, auf den er hätte wechseln können, so dass auch hier die Kündigung seines Arbeitsvertrages unvermeidlich erwogen werden musste.

Ob er sich dagegen erfolgreich hätte wehren können, war ungewiss. In dieser Situation war es vernünftig, seine rechtliche Position und seinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung gemäß dem im Schreiben vom 14.05.2003 niedergelegten Ratschlag seines Anwalts dadurch zu stärken, dass er seine Arbeitszeit reduzierte und damit einen freiwilligen Beitrag zu den notwendigen Personalanpassungen leistete.

Das gilt umso mehr, als die durch die Reduzierung der Arbeitszeit drohende Verminderung des Gehalts gering war, weil die allein sicheren Inlandsbezüge - die Verträge über Auslandeinsätze waren stets befristet - bis auf 90 % aufgestockt wurden (Musterabrechnung Bl. 272 GA). Deshalb war durch die Halbierung der Arbeitszeit nur ein Einkommensverlust von allenfalls 10 % zu befürchten. Das war angesichts eines überdurchschnittlichen Verdienstes von der Antragstellerin hinzunehmen, zumal das Einlassen auf die Altersteilzeit auch die (inzwischen realisierte) Chance eröffnete, weiterhin mit Zuschlägen und Steuervorteilen im Ausland tätig zu sein.

cc)

Wenn die Antragstellerin vorrechnet, dass der Antragsgegner im Falle der Kündigung wegen der dann fällig werdenden Abfindung finanziell auf jeden Fall besser als jetzt gestanden hätte, und daraus folgert, dass er das Risiko einer Kündigung hätte eingehen müssen, so ist dem nicht zu folgen. Sie hat bei dem Vergleich der Bezüge im Falle der Kündigung gegenüber dem auf Grund der Altersteilzeit erzielbaren Gesamtverdienst (Bl. 183 ff. GA) in unzulässigerweise Brutto- und Nettobezüge einander gegenübergestellt. Darüber hinaus sind die Bezüge des Antragsgegners auf Grund der Fortführung seiner Auslandstätigkeiten tatsächlich erheblich höher, als die Antragstellerin das bei ihrer Vergleichsberechnung unterstellt hat.

b)

Also ist von dem tatsächlichen Verdienst auszugehen. Dabei können allerdings angesichts der seit August 2003 gültigen Altersteilzeit und des Wechsels der Arbeitgeberin die im Jahr 2003 erzielten Einkünfte, die der Antragsgegner selbst auf monatlich 6.446,47 € beziffert hat, nicht fortgeschrieben werden. Vielmehr sind die Einkünfte auf Grund der vorliegenden Daten zu prognostizieren.

Dass die Auslandszulagen bei Berücksichtigung der durch die Altersteilzeit eintretenden Einkommensreduzierung in voller Höhe einzubeziehen sind, stellt der Antragsgegner nicht in Frage. Streitig ist nur, inwieweit die vereinbarte Urlaubsabgeltung herauszurechnen ist. Der Senat kommt nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen und der ergänzenden Angaben im Senatstermin zu einem zu erwartenden Einkommen von durchschnittlich 4.923,21 €, deutlich mehr als die vom Antragsgegner prognostizierten 4.392,83 €.

aa)

Das durch die Alterteilzeit reduzierte Grundgehalt und die Zulagen gemäß dem aktuellen Vertrag zum Auslandseinsatz führen zu einem Nettogehalt von monatlich 4.402,- € + 39,88 € = 4.441,88 € (einen herauszurechnenden Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen gibt es nach den Gehaltsabrechnungen nicht). Das ist trotz der Reduzierung noch deutlich mehr, als der Antragsgegner bei vollschichtiger Tätigkeit im Inland verdient hätte (2.727,93 € gemäß der Musterabrechnung).

bb)

Wie sich aus dem schriftlichen Vertrag über den Auslandseinsatz und den Erörterungen im Senatstermin ergibt, sind in diesem Betrag 562,- € als Urlaubsabgeltung enthalten, die der Antragsgegner nur deshalb erhält, weil er darauf verzichtet hat, neben den alle vier Wochen anfallenden Freizeiten mit einer Dauer von jeweils vier Wochen auch noch den gesetzlichen/tariflichen Urlaubsanspruch von sechs Wochen wahrzunehmen. Dieser Betrag ist herauszurechnen, weil der Urlaubsverzicht überobligatorisch ist.

Es lässt sich nicht argumentieren, der Urlaubsverzicht sei deshalb zumutbar, weil die alle vier Wochen gewährten Freizeiten den Urlaub ersetzten, denn sie sind nur der Ausgleich dafür, dass der Antragsgegner 4 Wochen lang ohne jede Wochenendunterbrechung 10 Stunden täglich arbeiten muss. Auch wenn ihm die Freizeiten zur körperlichen und psychischen Erholung genügen, nimmt er mit dem Verzicht auf den ihm zustehenden Urlaub doch eine besondere Anstrengung in Kauf. Das rechtfertigt, die dafür zusätzlich gezahlte Vergütung von monatlich 562,- € unberücksichtigt zu lassen.

cc)

Hinzurechnen sind die Jahressonderzahlungen. Im März 2004 hat der Antragsgegner eine restliche Zahlung für 2003 in Höhe von 7.218,99 € erhalten. Im November 2004 wird er nach der vorgelegten Bescheinigung seiner Arbeitgeberin vom 13.09.2004 eine weitere Sonderzahlung von 2.935,- € erhalten. Beide Zahlungen sind abgabefrei. Auf den Monat umgelegt sind das 846,17 € (10.153,99 € : 12)

dd)

Schließlich erhält der Antragsgegner gemäß den Erörterungen im Senatstermin pro Einsatztag einen Verpflegungszuschuss von 23,- €, muss aber nur 15,- € als Verpflegungsgeld zahlen, so dass sich pro Tag ein Überschuss von 8,- € ergibt. Da er bei Abzug der gewährten Freizeiten genau ein halbes Jahr arbeiten wird, ist mit 182 Einsatztagen zu rechnen, so dass sich ein zusätzliches Einkommen von 1.456,-€ (182 Tage * 8,- € = 1.456,- €) ergibt.

Auch die 15,- € Verpflegungsgeld pro Tag sind insoweit als Einkommen anzurechnen, als dem eine Ersparnis an Lebenshaltungskosten gegenübersteht. Da keine konkreten Zahlen genannt werden, geht der Senat gemäß Ziffer 1.4 der Hammer Leitlinien von 1/3 Ersparnis aus. Dem Einkommen sind also weitere 910,- € (182 Tage * 5,- €) hinzurechnen.

Insgesamt erhöht sich das monatliche Einkommen also um 197,16 € ((1.456,- € + 910,- €): 12 Monate).

ee)

Insgesamt ist daher mit folgenden Einkünften zu rechnen:

Reguläre Bezüge 4.441,88 € Sonderzahlungen 846,17 € anrechenbare Spesenzahlungen 197,16 € 5.485,21 € ./. monatliche Urlaubsabgeltung 562,00 € verbleiben 4.923,21 €

c) Berufsbedingte Kosten:

Der Antragsgegner will Mehrkosten für Telefonate aus dem Ausland nach Hause in Höhe von monatlich 120,- € absetzen. Dass solche Mehrkosten angefallen und grundsätzlich als berufsbedingte Aufwendungen anzuerkennen sind, kann nicht zweifelhaft sein.

Die Telefonkosten im Jahr 2001 hat der Antragsgegner auf 1.259,42 € + 473,81 € = 1.733,23 € beziffert, die Kosten im Jahr 2002 auf 2.644,08 € + 727,93 € = 3.372,01 €. Da er auch im Senatstermin die Steigerung der Kosten von 2001 auf 2002 nicht erklären konnte, liegt offenbar nur der geringere Betrag im üblichen Rahmen. Da nach der eigenen Schätzung des Antragsgegners jeweils 40 % der Kosten auf Telefonate aus dem Ausland zurückgehen, ergeben sich notwendige Mehrkosten von jährlich rund 693,- €. Auf dieser Grundlage schätzt der Senat die Mehrkosten für Telefonate in die Heimat auf monatlich 60,- €.

1.2 Wohnwert und Belastungen:

Die Antragstellerin macht geltend, dass dem Antragsgegner für die von ihm genutzte Wohnung nicht nur der vom Amtsgericht angesetzte Wohnwert von 640,- €, sondern ein Wert von 850,- € zuzurechnen sei, unter Einbeziehung der Erdgeschosswohnung sogar ein Wert von 2.000,- €. Mit diesem Betrag seien nicht die vollen Finanzierungslasten, sondern nur die Zinsen der Darlehen zu verrechnen. Dazu ist folgendes auszuführen:

a)

Die von der Mutter benutzte Erdgeschosswohnung hat bei der Bemessung des Wohnwertvorteils außer Betracht zu bleiben. An dieser Wohnung bestand ursprünglich ein Wohnrecht. Dieses Wohnrecht ist zwar später durch einen Anspruch auf standesgemäße Versorgung abgelöst worden (§ 1 der notariellen Vereinbarung vom 13.05.1985), so dass der Antragsgegner nunmehr eine Miete von 810,- DM erhält, dem steht aber gegenüber, dass er auf Grund der Verpflichtung zur standesgemäßen Versorgung seinerseits 850,- DM an die Mutter zu zahlen hat. Per Saldo hat er daher keine Einkünfte.

Es lässt sich auch nicht einwenden, der Antragsgegner müsse von seiner Mutter eine höhere, nämlich die ortsübliche Miete verlangen, denn dann könnte die Mutter im Gegenzug die Anhebung des im Rahmen der standesgemäßen Versorgung zu zahlenden Geldbetrages von 850,- DM verlangen, dessen jederzeitige Anpassung an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse verlangt werden kann.

b)

Auch auf den (streitigen) objektiven Wohnwert der vom Antragsgegner und seinem Sohn genutzten Dachgeschosswohnung kommt es nicht an, denn wegen der besonderen Umstände ist nur von den Mietkosten auszugehen, die der Antragsgegner für eine den ehelichen Lebensverhältnissen und den verringerten Wohnbedürfnissen entsprechende kleinere Wohnung ausgeben müsste. Diesen Betrag schätzt der Senat auf 450,- €.

Dass die Dachgeschoss-Wohnung nicht abgeschlossen und daher ohne erhebliche Aufwendungen für die Herstellung der Abgeschlossenheit (37.500,- € gemäß der Baukostenschätzung vom 06.07.2004, Bl. 472)) nicht fremd vermietet werden kann, ist unstreitig. Folglich ist der objektive Mietwert nicht realisierbar. In diesen Fällen ist dem Eigentümer nach Ziffer 5.4 der Hammer Leitlinien auch nach der Scheidung nur der angemessene Wohnwert zuzurechnen.

Statt der während der Ehe genutzten Nettowohnfläche von 141 qm (5 Zimmer, Küche, Bad, Balkon), hält der Senat für die verringerten Bedürfnisses nach der Trennung eine Wohnfläche von 100 qm für eheangemessen. Den angemessenen Mietwert des 1977 errichteten Gebäudes gehobener Ausstattung in guter Wohnlage (mit gewissen Emissionen von der Hauptbundesbahnstrecke, so die Angaben im Wertgutachten Bl. 81 ff.) schätzt der Senat auf Grund der Mietwerttabelle für 1998 (Größe C, Gruppe 4, Oberwert: 8,10 DM pro qm) und den Angaben der Stadt Ibbenbüren über die aktuellen Mietpreise (zwischen 3,80 € und 4,90 € für frei finanzierten Wohnraum, abhängig von Alter und Größe) auf 4,50 € pro qm. Dann ergibt sich für die Nutzung von 100 qm Wohnfläche ein Betrag von monatlich 450,- €, ohne dass es dazu der Einholung eines Gutachtens bedürfte.

c)

Gegenzurechnen sind die aktuellen ehebedingten Belastungen. Das Amtsgericht hat insoweit einen Betrag von 1.135,16 € zu Grunde gelegt, der in erster Instanz nicht streitig war, aber offenbar zu hoch ist. Die Auswertung der Unterlagen ergibt vielmehr folgendes:

aa)

Der Kredit bei der deutschen Genossenschafts-Hypothekenbank besteht mit einem Restkapital von noch rund 100.000,- DM fort und ist vierteljährlich mit 3.504,50 DM zu bedienen (Tilgungsplan Bl. 60 GA). Monatlich sind also 1.168,17 DM = 597,27 € zu zahlen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind im Rahmen der Bedarfsberechnung nicht etwa nur die Zinsanteile, sondern auch die Tilgungsleistungen abzusetzen, weil auch während der Ehe diese Beträge für den Lebensunterhalt nicht zur Verfügung gestanden haben (Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Auflage, § 1, Rdnr. 344). Nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit müssen die Tilgungsleistungen nach der Scheidung außer Betracht bleiben.

bb)

Während bei Abschluss des Vergleichs über den Trennungsunterhalt im Jahre 1999 noch drei Bauspardarlehen zu bedienen waren, besteht jetzt nur noch ein einziges, auf das monatlich 106,35 € zu zahlen sind (Bl 549 GA).

cc)

Abzusetzen sind auch die Raten für den Kredit der Sparkasse Ibbenbüren über ursprünglich 80.000,- DM, den der Antragsgegner während der Ehe zum Erwerb einer Beteiligung an der S-GmbH aufgenommen hat. Die Antragstellerin hat im Senatstermin eingeräumt, dass sie über die Kreditaufnahme informiert war und den vom Antragsgegner verfolgten Zweck, eine Option zur Mitarbeit bei der S-GmbH zu erlangen, gebilligt hat.

Den ursprünglichen Einwand der Antragstellerin, der Kredit müsse durch den Verkauf der Beteiligung abgelöst werden, hat der Antragsgegner im Termin ausräumen können. Er hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Beteiligung durch die Insolvenz der S-GmbH verloren gegangen ist und für eine Ablösung nicht mehr zur Verfügung steht. Die Kreditrate von monatlich 603,33 DM = 308,47 € ist daher abzusetzen.

dd)

Hingegen müssen Leistungen auf den Kreditkartensaldo bei der B Bank unberücksichtigt bleiben. Es ist davon auszugehen, dass der im Zeitpunkt der Trennung auf dem Kartenkonto bestehende Saldo, den der Antragsgegner im Senatstermin auf 5.000,- bis 6.000,- DM beziffert hat, längst abgetragen wäre, wenn er die Kreditkarte nicht weiterhin fortlaufend zur Bestreitung seines Lebensunterhalts eingesetzt hätte. Nach der Trennung eingegangene Schulden sind aber nicht absetzbar, sondern aus dem Einkommensanteil zu bestreiten, der dem Pflichtigen für seinen Lebensunterhalt verbleibt.

ee)

Also sind folgende Schulden absetzbar:

Hypothekenkredit 597,27 € Kredit der Bausparkasse Wüstenrot 106,35 € Kredit Sparkasse Ibbenbüren 308,47 € zusammen 1.012,09 €

1.4 Unterhalt der Kinder:

a)

Der für I titulierte Unterhalt ist nicht nur mit dem Zahlbetrag abzusetzen, wie es das Amtsgericht gemacht hat, sondern mit dem zu Grunde liegenden Tabellenbetrag. Dazu ist zum Zahlbetrag von 844,- DM = 431,53 € der auf den Antragsgegner entfallende Kindergeldanteil von 77,- € hinzuzurechnen, so dass sich ein Betrag von 508,53 € ergibt.

b)

Den Unterhalt für J hat das Amtsgericht mit dem ab dem 01.07.2003 gültigen Tabellenbetrag der Gruppe 13, 4. Alterstufe angesetzt. Das ist nicht korrekt. Wenn der Antragsgegner den Unterhalt der Tochter trotz der mehrfachen Anpassungen der Tabellenbeträge und deren Aufrücken in Altersstufe 4 im April 2002 nicht erhöht hat, besteht kein Anlass für die Annahme, dass er für seinen Sohn mehr Geld als für die Tochter ausgibt. Also ist auch für J nur ein Betrag von 508,53 € anzusetzen. Die unstreitigen Kosten für den Besuch einer Privatschule kommen allerdings hinzu. Soweit der Beklagte geltend macht, dass J mit dem PKW zur Schule gefahren sei und daher zusätzlich Fahrtkosten von monatlich 160,- € angefallen seien, ist das unerheblich. Für den Schulbesuch anfallende Fahrtkosten der Kinder gehören zum allgemeinen Lebensbedarf und sind daher in den Tabellenbeträgen mit erfasst.

Warum J mit dem eigenen PKW gefahren ist, statt billigere öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, ist nicht vorgetragen worden. Darüber hinaus wäre er darauf verwiesen werden können, die Mehrkosten für die Benutzung seines PKW aus dem Taschengeld zu bestreiten, das er nebenbei durch Nachhilfeunterricht und die Tätigkeit in einer Klinik verdiente.

1.5 Einkünfte der Antragstellerin:

a) tatsächliche Einkünfte:

Da maßgebliche Veränderungen der Einkünfte im Jahr 2004 gegenüber den Bezügen des Jahres 2003 nicht erkennbar sind, können die im Jahr 2003 durchschnittlich erzielten Einkünfte fortgeschrieben werden. Sie haben nach der Gehaltsabrechnung für Dezember 2003 betragen:

Gesamtbrutto 20.186,58 € ./. Lohnsteuern 1.803,13 € ./. Kirchensteuern 98,27 € ./. SoliZ 23,26 € ./. RV-Beitrag 1.968,21 € ./. AV-Beitrag 656,03 € ./. KV-Beitrag 1.382,78 € ./. PV-Beitrag 171,59 € Nettoverdienst 14.083,31 € davon 1/12 1.173,60 €

b)

Der Beklagte hat demgegenüber schon in erster Instanz geltend gemacht, die Antragstellerin müsse sich ein Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit in Höhe von 1.200,- € zurechnen lassen. Mit der Berufung beziffert er das erzielbare Einkommen sogar mit 1.400,- €.

aa)

Grundsätzlich besteht kein Zweifel, dass die Antragstellerin sich um eine vollschichtige Tätigkeit zu bemühen hatte, nachdem die Tochter I im April 2000 16 Jahre alt geworden war. Da sie nicht darlegt, dass sie trotz ausreichender Bemühungen eine solche Stelle nicht hat finden können, sind die Voraussetzungen für die Zurechnung fiktiver Einkünfte aus einer vollschichtigen Tätigkeit schon im Januar 2001 eingetreten.

Der Einwand der Antragstellerin, nach ihrer Arbeitsbiographie sei es schwierig genug gewesen, die jetzige Stelle zu finden, so dass der Wechsel zu einer vollschichtigen Tätigkeit unzumutbar sei, überzeugt nicht. Der Eintritt in das jetzige Arbeitsverhältnis hat nach dem Datum auf den Gehaltsabrechnungen am 01.01.2001 stattgefunden.

Die Antragstellerin hätte also schon damals eine vollschichtige Beschäftigung suchen können und müssen. Dass das unmöglich war, trägt sie nicht substantiiert vor.

bb)

Das von der Antragstellerin aus einer 30-Stunden-Stelle tatsächlich erzielte Einkommen kann entgegen der Auffassung des Beklagten nicht einfach auf 38,5-Stunden hochgerechnet werden, um das aus vollschichtiger Tätigkeit mögliche Einkommen zu ermitteln, denn Grundlage für die Berechnung fiktiver Einkünfte sind nicht hier und dort gezahlte Spitzenverdienste, sondern nur die durchschnittlich erzielbaren Einkünfte. Da der Beklagte in erster Instanz selbst davon ausgegangen ist, dass eine Zahnarzthelferin auch bei vollschichtiger Tätigkeit nicht mehr als 1.200,- € verdienen könne, ist daran im Ausgangspunkt festzuhalten.

Es ist aber zu beachten, dass der Antragsgegner dieses fiktive Einkommen auf Grund des für 2002 gültigen Niveaus geschätzt hat. Da sich das Einkommen der Antragstellerin im Jahr 2003 gegenüber den im Jahr 2002 durchschnittlich erzielten 1.087,09 € um rund 8 % auf 1.173,- € erhöht hat, ist gerechtfertigt, auch die fiktive Einkommensschätzung von 1.200,- € anzupassen und um rund 8 % auf 1.300,- € zu erhöhen.

1.6

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ergibt sich folgende Bedarfsberechnung:

bereinigtes Einkommen des Beklagten 4.923,21 € Wohnwert 450,00 € zusammen 5.373,21 € ./. berufsbedingte Telefonkosten 60,00 € ./. ehebedingte Belastungen 1.012,09 € ./. Unterhalt I 508,53 € ./. Unterhalt J 508,53 € ./. Schulgeld für J 125,00 € anrechenbares Einkommen 3.159,06 € ./. eigene fiktive eigene Einkünfte der Klägerin 1.300,00 € Differenz 1.859,06 € davon 3/7 796,74 €

Bruttobemessungsgrundlage für den Altervorsorgeunterhalt nach der Bremer Tabelle:

796,74 €* 115% 916,25 € davon 19,5% 178,67 €

korrigierter Elementarunterhalt:

bisher anrechenbares Einkommen 3.159,06 € ./. Altersvorsorgeunterhalt 178,67 € ./. eigene fiktive eigene Einkünfte der Antragstellerin 1.300,00 € Differenz 1.680,39 € Davon 3/7 720,17 €

Der Unterhaltsanspruch beträgt dann 720,17 €+ 178,67 € = 898,84 €. Aufgerundet sind das 899,00 €.

2. Ansprüche für die Zeit von August bis Dezember 2004:

Der Bedarf ist neu zu berechnen, weil die Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber J entfällt, der ab August Zivildienst leistet und zur Deckung seiner Bedürfnisse ausreichende Bezüge hat. Dadurch steigen die Ansprüche der Antragstellerin wie folgt:

Bereinigtes Einkommen des Beklagten 4.923,21 € Wohnwert 450,00 € zusammen 5.373,21 € ./. berufsbedingte Telefonkosten 60,00 € ./. ehebedingte Belastungen 1.012,09 € ./. Unterhalt I 508,53 € anrechenbares Einkommen 3.792,59 € ./. eigene fiktive eigene Einkünfte der Klägerin 1.300,00 € Differenz 2.492,59 € davon 3/7 1.068,25 €

Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle

1.068,25 €* 123 % 1.313,95 € davon 19,5% 256,22 €

korrigierter Elementarunterhalt:

Bisher anrechenbares Einkommen 3.792,59 € ./. Altersvorsorgeunterhalt 256,22 € ./. eigene fiktive eigene Einkünfte der Antragstellerin 1.300,00 € Differenz 2.236,37 € davon 3/7 958,44 €

Der Unterhaltsanspruch beläuft sich dann 958,44 €+ 256,22 € = 1.214,66 €. Aufgerundet sind das 1.215,00 €

3. Ansprüche ab Januar 2005:

Für 2005 sind die ab August 2004 ermittelten Zahlen fortzuschreiben, auch wenn der Antragsgegner im Senatstermin vorgetragen hat, dass die Höhe der Sonderzahlungen im Jahr 2005 noch ungewiss sei. Da die Größenordnung der Veränderung nicht absehbar ist, muss der Antragsgegner eine eventuelle Verringerung seiner Einkünfte im Wege der Abänderungsklage geltend machen, ebenso wie das Wiederaufleben seiner Unterhaltspflicht gegenüber J, wenn dieser nach dem Abschluss seines Zivildienstes ein Studium aufnehmen sollte.

4.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 BGB, ist aber auf die bisher fällig gewordenen Beträge zu beschränken.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97, 93 a ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Ziffer 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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