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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 01.08.2003
Aktenzeichen: 11 UF 64/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1361
BGB § 1581
ZPO § 265
1.

Waren die ehelichen Lebensverhältnisse durch die Beschränkung auf den Bezug von Übergangsgebührnissen der Bundeswehr geprägt, richtet sich die Bedarfsberechnung für den Trennungsunterhalt nur nach diesen, auch wenn eine Ausweitung der Einkünfte durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit möglich gewesen wäre. Die Verdienstmöglichkeiten aus Erwerbstätigkeit spielen aber im Rahmen der Leistungsfähigkeit eine Rolle.

2.

Eine reale Beschäftigungschance ist nur dann zu verneinen, wenn der Unterhaltspflichtige nachweist, dass über einen angemessenen Zeitraum durchgehaltene Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz - mindestens 20 gezielte und ernsthafte Bewerbungen pro Monat - erfolglos geblieben sind.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 UF 64/2003 OLG Hamm

Verkündet am 01. August 2003

hat der 11. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2003 durch die Richter am Oberlandesgericht Dr. Köhler, Michaelis de Vasconcellos und Jellentrup für

Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21.02.2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hamm teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin wie folgt Trennungsunterhalt zu zahlen:

a)

für die Zeit vom 13.05.2002 bis zum 31.12.2002 monatlich 32,- €;

b)

für die Zeit von Januar bis Mai 2003 monatlich 494,- €;

c)

ab August 2003 wiederum monatlich 494,- €.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen,

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien sind seit dem 09.11.2001 verheiratet, haben sich aber bereits im Mai oder Juni 2002 wieder getrennt. Sie streiten um Trennungsunterhalt ab Mai 2002. Dem liegt folgendes zu Grunde:

Der Beklagte ist gelernter Straßenbauer. Während seines Dienstes als Zeitsoldat bei der Bundeswehr hat er zusätzlich einen Abschluss als Industriekaufmann gemacht. Seit dem Ausscheiden bei der Bundeswehr am 16.05.2001 erhält der Beklagte Übergangsgebührnisse, die nach und nach abgeschmolzen werden und am 16.05.2004 auslaufen.

Die Klägerin war in den letzten Jahren nicht erwerbstätig, sondern hat ihre am 02.01.1995 geborene, aus einer anderen Beziehung stammende Tochter Samantha betreut, die geistig behindert ist. Im Mai 2000 ist sie mit dem Beklagten zusammen gezogen, der aus diesem Anlass einen Kredit von 20.000,- DM aufgenommen hat, der bis Oktober 2005 mit monatlich 400,- DM abzutragen ist. Die beim Ausscheiden aus der Bundeswehr im Mai 2001 gezahlte Abfindung von 10.078,- DM wurde verbraucht, um einen bis zu diesem Zeitpunkt auf dem Girokonto des Beklagten aufgelaufenen Saldo abzulösen.

Am 09.11.2001 haben die Parteien geheiratet. Im März 2002 war das Girokonto des Beklagten bei der Sparkasse erneut mit 5.572,- € überzogen. Daneben hat er am 06.03.2002 zur Anschaffung eines Computers einen weiteren Nettokredit der CC-Bank von 1.585,- € aufgenommen. Im November 2002 musste er den Saldo seines Girokontos mit einem Kredit der Sparkasse von 8.000,- € glattstellen.

Im April 2002 ist der Beklagte nach dem Gewaltschutzgesetz aus der Ehewohnung gewiesen worden und hat eine eigene Wohnung angemietet, für die er bis Ende Juli 2002 Miete bezahlen musste. Am 13.04.2002 konnte er im Einverständnis der Klägerin in die Wohnung zurückkehren. Am 13.05.2002 flüchtete die Klägerin dann ins Frauenhaus.

Nach der Trennung hat sich der Beklagte um eine abhängige Arbeit bemüht, aber keine neue Anstellung gefunden. Inzwischen hat er sich selbständig gemacht und betreibt zusammen mit einem Partner einen Kiosk.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 560,- € für die Zeit von Mai bis Dezember 2002 und monatlich 600,- € ab Januar 2003 verlangt. Sie hat sich darauf berufen, dass sie wegen der Betreuung ihrer geistig behinderten Tochter nicht arbeiten könne und hierzu wegen der in der Ehe gewählten Rollenverteilung zumindest in der Trennungszeit auch nicht verpflichtet sei, während sich der Beklagte so behandeln lassen müsse, als sei er hinreichend leistungsfähig und beziehe neben den Übergangsgebührnissen auch Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten wie folgt zur Zahlung von Trennungsunterhalt zu verurteilen:

a) für die Zeit von Mai bis Dezember 2002 monatlich 560,- €;

b) ab Januar 2003 monatlich 600,- €.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, die Klägerin sei bereits eine Woche nach der Flucht ins Frauenhaus in die Ehewohnung zurückgekehrt und erst im Juni 2002 endgültig ausgezogen. Im übrigen hat er sich darauf berufen, leistungsunfähig zu sein. Da ihm trotz intensivster Suche bisher nicht gelungen sei, eine neue Arbeitsstelle zu finden, und die 2002 erfolgte Steuererstattung zur Rückführung von Schulden auf dem Girokonto verbraucht worden sei, habe er nur die Übergangsgebührnisse in Höhe von monatlich 1.244,16 € zur Verfügung gehabt. Daraus habe er monatliche Kreditverbindlichkeiten von 450,- € und die überhöhten Mietkosten für die Ehewohnung in Höhe von 601,- € zu bezahlen.

Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von Mai bis Dezember 2002 monatlich 225,- € und ab Januar 2003 monatlich 600,- € Trennungsunterhalt zu zahlen. Für 2002 ist es von einem durchschnittlichen Einkommen von monatlich 1.546,- € (Übergangsgebührnisse und anteilige Steuererstattung) ausgegangen und hat davon nur die Rate für den im Jahr 2000 aufgenommenen Kredit abgesetzt, weil nicht ersichtlich sei, dass die unmittelbar vor und nach der Trennung aufgenommenen Kredite ehebedingt seien.

Den Selbstbehalt hat es wegen der ehebedingt überdurchschnittlich hohen Mietkosten mit 920,- € + 201,- € angesetzt und das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen mit monatlich 225,- € ermittelt.

Ab Januar 2003 hat es dem Beklagten fiktive Einkünfte aus einer seiner Ausbildung entsprechenden Erwerbstätigkeit zugerechnet, denn er habe nicht substantiiert vorgetragen, sich hinreichend um eine neue Arbeitsstelle bemüht zu haben. Da er dann in der Lage wäre, das Existenzminimum der Klägerin von 600,- € aufzubringen, sei er zu Zahlungen in dieser Höhe zu verurteilen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er macht geltend, die im Jahr 2002 erhaltene Steuererstattung dürfe bei der Einkommensberechnung nicht berücksichtigt werden, weil sie zur Ablösung eines Saldos auf seinem Girokonto verbraucht worden sei, der durch Anschaffungen für die Ehe in Höhe von 10.000,- DM entstanden sei. Für 2003 sei keine Steuererstattung zu erwarten, so dass nur die Übergangsgebührnisse zu Grunde zu legen seien. Ziehe man davon die Ratenzahlungen für Schulden ab, sei er absolut leistungsunfähig.

Der Beklagte beantragt, nach Zurücknahme er zunächst eingelegten weitergehenden Berufung

abändernd die Klage abzuweisen, soweit er für die Zeit ab Januar 2003 verurteilt worden ist, mehr als monatlich 230,00 € Unterhalt zu zahlen und soweit er verurteilt worden ist, für die Monate Juni und Juli 2003 und für das Jahr 2002 überhaupt Unterhalt zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Amtsgerichts. Sie bestreitet insbesondere, dass Anschaffungen in Höhe von 10.000,- DM für das eheliche Zusammenleben erfolgt seien. Sie meint, der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die gerade begonnene selbständige Tätigkeit noch keine Erträge abwerfe, denn er hätte dafür sorgen müssen, durch die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel leistungsfähig zu sein.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und hat teilweise Erfolg.

1.

Anspruchsgrundlage ist § 1361 BGB. Der Beklagte zieht nicht in Zweifel, dass die Klägerin, die während der Ehe nicht erwerbstätig war, sondern den Haushalt geführt und ihre aus einer anderen Beziehung stammende Tochter versorgt hat, während der Trennungszeit noch nicht darauf verwiesen werden kann, ihren Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu verdienen.

Das gilt nicht nur für die Zeit bis zum Ablauf des Trennungsjahres, sondern auch darüber hinaus, obwohl die Betreuungsbedürftigkeit der Tochter Samantha im Rahmen eines künftigen Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt keine Rolle mehr spielen wird. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht nämlich bis zur Scheidung noch eine stärkere Verantwortung der Ehegatten füreinander. Deshalb gehört während des Getrenntlebens auch die Betreuung von Kindern aus einer anderen Verbindung zu den persönlichen Verhältnissen, die für die Frage maßgeblich sind, ob dem Unterhaltsberechtigten die Aufnahme einer eigenen [Erwerbstätigkeit zuzumuten ist (BGH FamRZ 1979, S. 571).

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt beginnt aber nicht schon Anfang Mai, wie das Amtsgericht angenommen hat, sondern erst mit der Trennung, die nach dem in zweiter Instanz nicht mehr bestrittenen Vortrag der Klägerin am 13.05.2002 erfolgt ist.

2.

Der Höhe nach ist wie folgt zu differenzieren:

2.1 Ansprüche für die Zeit vom 13.05. bis 31.12.2002:

2.1.1 Einkommen des Beklagten:

a) Übergangsgebührnisse:

Da sich diese Bezüge ab dem 01.06.2002 wegen des Wegfalls des Kinderzuschlags verringert haben, ist der Durchschnitt im Anspruchszeitraum von Mai bis Dezember 2002 zu berechnen. Netto sind nach den Gehaltsabrechnungen folgende Beträge gezahlt worden:

Mai 1.330,37 € Juni bis Dezember (7 * 1.244,16 €) 8.709.12 € zusammen 10.039,49 € davon 1/8 1.254,94 € 1/12 des Weihnachtsgeld von 1.227,91 € 102.33 € zusammen 1.357.27 €

b)

Die Zurechnung fiktiver Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit kommt im Rahmen der Bedarfsberechnung nicht in Betracht, weil Grundlage der Bedarfsbemessung gemäß § 1361 BGB allein die ehelichen Lebensverhältnisse sind, die nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien nicht durch Erwerbseinkünfte, sondern nur durch die von der Bundeswehr gezahlten Übergangsgebührnisse geprägt worden sind (Vortrag Blatt 3, 23 GA).

c)

Das Amtsgericht hat die Steuererstattung von 3.195,87 € nach Abzug der doppelten Mietbelastung für die Zeit von Mai bis Juli 2002 in Höhe von 2.397,17 € einkommenserhöhend berücksichtigt. Das beanstandet der Beklagte zu Recht.

Er belegt, dass auf seinem Girokonto Mitte März 2002, also in gemeinsamer Zeit, ein Saldo von 5.572,45 € aufgelaufen war, und macht geltend, die Steuererstattung habe lediglich diesen Saldo ausgeglichen. Zwar ist nicht nachvollziehbar dargelegt, dass der Saldo durch Anschaffungen für die Ehe entstanden ist, denn solche Anschaffungen werden nicht konkret benannt, dennoch ist der Saldo zu berücksichtigen, denn aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass die Parteien ständig über ihre Verhältnisse gelebt haben.

Obwohl der Beklagte bereits anlässlich der Begründung der Lebensgemeinschaft im Mai 2000 einen Kredit von 20.000,- DM aufgenommen hatte, war bis Mai 2001 auf seinem Girokonto schon wieder ein Negativsaldo von 10.000,- DM aufgelaufen, der dann mit der anlässlich des Ausscheidens bei der Bundeswehr gezahlten Abfindung abgelöst wurde. Dass bis März 2002 erneut ein Saldo von mehr als 10.000,- DM entstanden war, entspricht also dem bisherigen Ausgabeverhalten. Den Nachteil daraus hat die Klägerin mit zu tragen.

c) Schulden:

aa)

Unstreitig sind die Raten von monatlich 400,- DM = 204,52 € für den im Mai 2000 aufgenommenen Kredit abzuziehen, dessen Rückzahlung die Ehe geprägt hat.

bb)

Nicht zu berücksichtigen ist der Kredit von 1.585,- €, den der Beklagte am 06.03. 2002 bei der CC-Bank aufgenommen hat, um die Anschaffung eines Computers zu finanzieren. Die Anschaffung war nicht notwendig, sondern diente allein den Interessen des Beklagten. Da das Girokonto bereits weit überzogen und die Ehe in der Krise war, erscheint die weitere Verschuldung leichtfertig. Solche Schulden können dem Unterhaltberechtigten nicht entgegengehalten werden.

cc)

Der weit nach der Trennung im November 2002 aufgenommene Kredit ist nicht ehebedingt und daher ebenfalls nicht zu berücksichtigen.

d)

Also ergibt sich als anrechenbares Einkommen:

Übergangsgebührnisse 1.357,27 € ./. Raten für den Kredit aus 2000 204,52 € verbleiben 1.152,75 €

2.1.2

Davon kann die Klägerin eine Quote von 3/7 beanspruchen, das sind 494,03 €.

2.1.3 Leistungsfähigkeit:

a)

Dem Beklagten steht unter Beachtung von § 1581 BGB ein Betrag von 920,- € als billiger Selbstbehalt zu, der sich um 201,- € auf 1.121,- € erhöht, weil die Kosten der bisherigem Ehewohnung die im Selbstbehalt enthaltenen Mietkosten von 400,- € unstreitig um diesen Betrag überstiegen haben. Da die Parteien im September 2002 noch einmal einen Versöhnungsversuch unternommen haben, ist auch nicht vorwerfbar, dass er die überteuerte Mietwohnung bis zum 01.02.2003 beibehalten hat. Unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von 1.121,- € kann er daher für Unterhaltszwecke nur 31,75 € aufbringen (1.152,75 €./. 1.121,00 €). Gerundet sind das 32,- €.

b)

Fiktive, die Leistungsfähigkeit verbessernde Einkünfte sind ihm bis einschließlich Dezember 2002 nicht zuzurechnen. Zwar musste er sich angesichts der trennungsbedingten Mehrkosten zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit ab Juni 2002 in dem von der Rechtsprechung geforderten Umfang um die Aufnahme einer neuen Erwerbstätigkeit bemühen, doch ist ihm für die Suche angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt und seiner persönlichen Lebensumstände eine Karenzfrist von 7 Monaten bis Ende Dezember 2000 zuzubilligen. Diese Frist ist zwar etwas länger als üblich, erscheint aber deshalb angemessen, weil die Klägerin auch während der Ehe hingenommen hat, dass sich der Beklagte nur unzureichend um eine neue Anstellung bemüht hat, nachdem seine Beschäftigung bei der Bundeswehr ausgelaufen war.

2.2 Anspruch für Januar 2003:

2.2.1 Einkommen des Beklagten

a)

Die Übergangsgebührnisse sind auf monatlich 1.159,06 € gesunken (Bl. 111). Geht man davon aus, dass das Weihnachtsgeld wie im Jahr 2002 etwa die Höhe der monatlichen Nettozahlung erreichen wird, sind 96,59 € hinzuzurechnen, so dass sich ein Monatseinkommen von 1.254,65 € ergibt.

b)

Mit einer Steuererstattung ist nicht zu rechnen, weil der Beklagte im Jahr 2002 keine Steuern gezahlt hat.

c)

Das Amtsgericht hat dem Beklagten zusätzlich fiktive Einkünfte aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zugerechnet. Dem ist für die Bedarfsberechnung nur begrenzt zu folgen, weil die ehelichen Lebensverhältnisse wie erörtert durch die Beschränkung auf die Übergangsgebührnisse geprägt waren. Also ist der Bedarf der Klägerin nur auf Grund der Einkünfte zu bestimmen, die im Jahr 2002 durchschnittlich zur Verfügung gestanden haben. Das waren nach der oben dargestellten Berechnung monatlich 1.357,27 €.

Dass die Übergangsgebührnisse gegenüber dem Jahr 2002 zurückgegangen sind, ist allerdings unbeachtlich, weil der Beklagte das durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit hätte ausgleichen müssen. Die Voraussetzungen für die Zurechnung fiktiver Einkünfte liegen vor, denn er hat nicht dargelegt, dass er trotz der gebotenen intensiven Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz keine neue Stelle hat finden können. Er hat zwar pauschal einige Bewerbungen behauptet, die wegen seiner langen Arbeitslosigkeit und Untätigkeit im erlernten Beruf ohne Erfolg geblieben seien, hat aber keine konkreten Angaben zu Art und Umfang seiner Bewerbungen gemacht und keinerlei Unterlagen vorgelegt. Das genügt den strengen Anforderungen der Rechtsprechung an die erforderlichen Bemühungen (mindestens 20 gezielte und ernsthafte Bewerbungen pro Monat) bei weitem nicht.

b)

Die Abzüge sind dieselben wie bisher. Es bleibt dann bei einem anrechenbaren Einkommen von 1.152,75 €.

2.2.2

Unter Zugrundelegung dieses Einkommens ergibt sich weiterhin ein Bedarf der Klägerin in Höhe von 494,- €.

2.2.3

Diesen Bedarf kann der Beklagte nunmehr auch unter Berücksichtigung des ihm zustehenden billigen Selbstbehalts aufbringen, weil ihm ab Januar 2003 ausreichende fiktive Einkünfte zugerechnet werden können. Er ist also leistungsfähig.

Wie bereits erörtert, war der Beklagte nach der Trennung verpflichtet, sich um eine neue Erwerbstätigkeit zu bemühen, um den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen - sowohl seinen wie den seiner Ehefrau - decken zu können. Da er sich nicht im gebotenen Umfang um eine Tätigkeit in den erlernten Berufsfeldern bemüht hat, ist ihm nach Ablauf der Karenzzeit ab Januar 2003 zusätzlich zu den Übergangsgebührnissen das Einkommen zuzurechnen, dass er nach seiner beruflichen Qualifikation erzielen könnte. Dieses Einkommen schätzt der Senat auf der Grundlage eines Stundenlohns von jedenfalls 10,- € auf mindestens 1.700,- € pro Monat. Davon wären nach den für 2003 gültigen Tarifen für Steuern und Abgaben (geschätzter Beitragssatz der Krankenversicherung: 14,8 %) monatlich rund 1.120,- € verblieben.

Zusammen mit den in 2003 noch gezahlten Übergangsgebührnissen von monatlich 1.254,- € hätte der Beklagte dann 2.374,- € zur Verfügung gehabt. Er muss sich daher so behandeln lassen, als könne er den Bedarf von 494,- € aufbringen.

2.3 Ansprüche für Juni und Juli 2003:

Nach den Angaben im Senatstermin ist die Klägerin Anfang Juni nach Hechingen umgezogen und hat dort wiederum Sozialhilfe beantragt. Da die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin den Stand des Bewilligungsverfahrens im Senatstermin nicht belegen konnte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass ihre Unterhaltsansprüche für Juni und Juli 2003 bereits auf das für Hechingen zuständige Sozialamt übergegangen sind. Das hat zwar auf den Prozess grundsätzlich keinen Einfluss, § 265 ZPO, doch durfte die Klägerin dann nicht mehr Zahlung an sich selbst verlangen, sondern hätte dem Übergang der Ansprüche durch Umstellung des Zahlungsantrags Rechnung tragen müssen. Das sie das nicht getan hat, war die Klage für diese beiden Monate abzuweisen.

2.4 Ansprüche ab August 2003:

Die zukünftigen Ansprüche, die noch nicht übergegangen sind, kann die Klägerin hingegen wieder geltend machen. Gemäß den Ausführungen unter Abschnitt 2.2 waren insoweit monatlich weiterhin 494,- € zuzusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Ziffer 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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