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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 08.03.2006
Aktenzeichen: 11 WF 27/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 167
Werden unvollständige PKH-Erklärungen abgegeben, dann muss sich die Partei die dadurch erfolgenden gesamten Verzögerungen im Rahmen des § 167 ZPO zurechnen lassen. Der Zeitraum beginnt mit der Prüfung und Feststellung der Unvollständigkeit durch den zuständigen Richter und endet mit der Behebung des Mangels.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

11 WF 27/06 OLG Hamm

Hamm, den 08.03.2006

in der Familiensache

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Unna vom 20.10.2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Ehe der Parteien ist seit dem 03.09.2002 rechtskräftig geschieden. Nachdem vorprozessuale Aufforderungen der Antragstellerin, der Antragsgegner solle unter Vorlage von Belegen Auskunft über sein Endvermögen am 09.05.2001 erteilen, nicht hinreichend erfüllt worden sind, hat sie am 25.08.2002 eine Stufenklage auf Auskunft und Zahlung eines noch zu beziffernden Zugewinnausgleichs erhoben. Mit dieser Klage hat sie einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe verbunden, in der PKH-Erklärung aber keine Angaben über die Einkünfte ihres Ehemannes gemacht.

Nachdem der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 19.09.2005 im Rahmen des PKH-Prüfungsverfahrens die Einrede der Verjährung erhoben hat, hat das Amtsgericht die Antragstellerin mit Verfügung vom 20.09.2005 aufgefordert, zu den Einkünften ihres Ehemannes vorzutragen und diese zu belegen. Entsprechende Angaben hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13.10.2005 gemacht und zur Erklärung vorgetragen, die Anfrage sei ihrem Anwalt und Ehemann erst am 28.09.2005 zugegangen.

Das Amtsgericht hat den PKH-Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Klage auf Zugewinnausgleich biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Forderung verjährt sei. Die Zustellung der vor Ablauf der Verjährung eingereichten Klage könne nicht mehr zur rechtzeitigen Unterbrechung der Verjährung gemäß § 167 ZPO führen, weil die Antragstellerin die Zustellung durch die mehr als zwei Wochen nach der Aufforderung erfolgte Vervollständigung der PKH-Unterlagen schuldhaft so verzögert habe, dass eine Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt der Einreichung nicht mehr in Betracht komme.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde und macht geltend, eine ihr zuzurechnende Verzögerung bei der Vervollständigung der PKH-Unterlagen liege nicht vor, denn die Antwort auf die ihrem Anwalt am 28.09.2005 zugegangene Auflage des Gerichts habe nicht früher erfolgen können. Ihr Ehemann habe die dafür notwendigen Unterlagen aus seiner Wohnung in Winterberg holen müssen, was wegen des Zeitaufwands erst am Wochenende des 08./09. Oktober möglich gewesen sei.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die beabsichtigte Stufenklage auf Auskunft und Zugewinnausgleich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, weil die Forderung mangels rechtzeitiger Unterbrechung der Verjährungsfrist nicht mehr durchgesetzt werden kann.

Gemäß § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB verjährt der Anspruch auf Zugewinnausgleich in drei Jahren ab dem Zeitpunkt, zu dem der Berechtigte erfährt, dass der Güterstand beendet ist. Hier hat der Güterstand mit der Rechtskraft der Scheidung geendet, die im Scheidungstermin am 03.09.2002 durch Rechtsmittelverzicht eingetreten ist. Zumindest der schon damals mit der Geltendmachung des Zugewinns beauftragte Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin kannte auch die Folgen des Rechtsmittelverzichts, so dass sie sich dessen Kenntnis zurechnen lassen muss. Folglich endete die Verjährungsfrist am 03.09.2005.

2.

Die Verjährungsfrist könnte nur dann noch rechtzeitig unterbrochen werden, wenn die beabsichtigte Unterbrechungswirkung gemäß § 167 ZPO bereits mit dem Eingang der Klage am 25.08.2005 eintreten würde, wenn die Klage noch zugestellt werden sollte. Das ist aber nicht der Fall, weil die Zustellung nicht mehr demnächst im Sinne dieser Vorschrift erfolgen kann.

Ob eine Zustellung demnächst erfolgt, beurteilt sich nach dem Sinn und Zweck der Regelung in § 167 ZPO. Sie ist nicht rein zeitlich zu verstehen, sondern soll die Partei nach der Rechtsprechung des BGH bei der von Amts wegen bewirkten Zustellung vor Nachteilen durch Zustellungsverzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs bewahren, die sie nicht beeinflussen kann. Hingegen sind der Partei Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können. Eine Zustellung erfolgt daher nicht mehr innerhalb einer den Umständen nach angemessenen Frist und damit demnächst, wenn die Nachlässigkeiten der Partei zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen haben (BGH NJW 1983, S. 2811, 2812). Dabei werden Verzögerungen von weniger als zwei Wochen in der Regel als geringfügig und damit unschädlich angesehen, Verzögerungen von mehr als drei Wochen in der Regel als schädlich (BGH VersR 83, S. 663; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 64. Auflage, § 167 ZPO, Rdnr, 23 mit zahlreichen Beispielen).

a)

Wer eine Verjährungsfrist unterbrechen will, aber Prozesskostenhilfe beantragen muss, was notwendig zu Verzögerungen der Zustellung führt, muss neben der Klage auch den ordnungsgemäß ausgefüllten, mit allen Unterlagen gemäß § 117 Abs. 2 ZPO versehenen PKH-Antrag mit einreichen (Zöller, ZPO, 24. Auflage, § 167 ZPO, Rdnr. 15). Das haben die Antragstellerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter schuldhaft versäumt, denn es steht außer Frage, dass die in der PKH-Erklärung vorgesehenen Angaben zu den Einkünften des Ehemannes hier mit auszufüllen waren, weil es um eine persönliche Angelegenheit der Antragstellerin im Sinne von § 1360 a BGB ging und daher eine Pflicht des Ehemannes zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses gemäß § 1360 a BGB in Betracht kam.

b)

Also muss sich die Antragstellerin die gesamte Verzögerung zurechnen lassen, die durch die Unvollständigkeit der PKH-Erklärung entstanden ist: das ist nicht nur die Zeit vom Zugang der gerichtlichen Auflage bis zu deren Erfüllung, sondern der gesamte Zeitraum von der Prüfung und Feststellung der Unvollständigkeit durch den zuständigen Amtsrichter bis zur Behebung dieses Mangels. Das umfasst hier den Zeitraum von der Anforderung der fehlenden Angaben am 20.09.2005 bis zu deren Eingang am 13.10.2005. Das waren 23 Tage und damit mehr als drei Wochen. Angesichts der Umstände, insbesondere der Offensichtlichkeit des Mangels und der Tatsache, dass erste Auskünfte schon im Jahr 2001 angefordert und erteilt worden waren, erscheint es nicht gerechtfertigt, hier entgegen der Regel eine Frist von mehr als 3 Wochen noch als unschädlich anzusehen.

Auch der Umstand, dass der Ehemann der Antragstellerin die Unterlagen für die Angaben zu seinen Einkünften aus seiner Wohnung in Winterberg holen musste und dies nur am Wochenende bewerkstelligen konnte, führt nicht zu einer anderen Abwägung, denn das erste Wochenende nach dem Zugang der gerichtlichen Aufforderung am 28.09.2005 war der 1./2. Oktober, so dass die Verzögerung durch die unvollständige Ausfüllung sogar unter der 2-Wochen-Grenze zu halten gewesen wäre.

Die der Antragstellerin anzulastende Verzögerung ist daher mehr als geringfügig, so dass die Rückwirkung einer künftigen Zustellung gemäß § 167 ZPO nicht mehr in Betracht kommt. Also ist voraussehbar, dass die beabsichtigte Klage an der bereits erhobenen Verjährungseinrede scheitern wird.

Ende der Entscheidung

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