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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 07.01.2005
Aktenzeichen: 11 WF 289/04
Rechtsgebiete: ZPO, BSHG


Vorschriften:

ZPO § 114
BSHG § 91 Abs. 4 S. 1
BSHG § 91 Abs. 1
1. Die Rechtsverfolgung ist nicht mutwillig i.S.d. § 114 ZPO, wenn der Unterhaltsberechtigte neben gemäß § 91 IV 1 BSHG rückabgetretenen Unterhaltsansprüchen aus der Zeit vor Anhängigkeit der Klage weitere, nicht vom Anspruchsübergang nach § 91 I BSHG erfasste Unterhaltsansprüche einklagt. In diesem Fall entspricht die einheitliche Anspruchsverfolgung dem Gebot der Prozess wirtschaftlichkeit.

2. Eine auf Zahlung von Unterhalt gerichtete Leistungsklage kann bei Übersehen eines bereits bestehenden Unterhaltstitels in eine Abänderungsklage umgedeutet werden, wenn die weiteren Voraussetzungen einer Abänderungsklage gegeben sind.

3. Im Rahmen einer den Kindesunterhalt betreffenden Abänderungsklage ist eine wesentliche Änderung der Verhältnisse bereits dann schlüssig dargetan, wenn sich der Unterhaltsberechtigte zur Begründung seines Abänderungsverlangens auf die in regelmäßigen Abständen erfolgende Anpassung der Düsseldorfer Tabelle bezieht (im einzelnen dazu Senat FamRZ 2004, 1885 = OLGReport 2004, 272).


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

11 WF 289/04 OLG Hamm

In der Familiensache

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers zu 1. und der Klägerin zu 2. vom 21.10.2004 wird der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Beckum vom 04.10.2004 unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert.

Dem Antragsteller zu 1. wird zu den Bedingungen des angefochtenen Beschlusses Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er beantragt, den Beklagten - unter Abänderung der Urkunde des Jugendamtes der Stadt Beckum vom 12.03.1998 -Urkunden-Reg.-Nr. 21/98- zu verurteilen, an ihn Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 185,00 Euro für die Zeit vom 01.11. - 31.12.2003 und von monatlich 220,00 Euro ab dem 01.01.2004 zu zahlen.

Der Klägerin zu 2. wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie beantragt, den Beklagten zur Zahlung rückständigen Trennungsunterhalts für den Zeitraum 01.03. -18.07.2003 in Höhe von insgesamt 2.253,00 Euro zu verurteilen.

Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden auf die Hälfte ermäßigt, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Klägerin zu 2. und der Beklagte sind seit dem 18.07.2003 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der Ehe ist der am 05.01.1998 geborene, im Haushalt der nicht erwerbstätigen Klägerin zu 2. lebende Antragsteller zu 1. hervorgegangen. Der Beklagte hat daneben aus früheren Verbindungen noch 3 weitere, am 25.02.1981, 28.08.1984 und 02.11.1986 geborene Kinder.

Die Klägerin zu 2. hat im Unterhaltszeitraum zeitweise für sich und den Antragsteller zu 1. Sozialhilfe in wechselnder Höhe bezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Aufstellung Bl. 95 GA Bezug genommen. Nach eigenem Vortrag lebt sie seit dem 01.02.2003 mit dem Zeugen Andreas XX in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen, den geldwerten Vorteil ihrer für diesen erbrachten Versorgungsleistungen beziffert die Klägerin zu 2. selbst mit monatlich 250,00 Euro.

Der Beklagte, der nach Vortrag der Klägerin zu 2. gleichfalls in einer neuen Partnerschaft mit einer erwerbstätigen Lebensgefährtin zusammen lebt, war bis Mitte 2002 bei der Fa. P AG in Neubeckum als Dreher beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete nach Darstellung des Beklagten aufgrund eines Aufhebungsvertrages vom 18.02.2002 zum 30.06.2002, die Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind zwischen den Parteien im einzelnen streitig. Ab dem 25.07.2002 hat der Beklagte zunächst Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 35,28 Euro bezogen, seit dem 20.07.2003 erhält er -mit kurzer Unterbrechung im August 2003 aufgrund einer am 05.08.2003 aufgenommenen, bereits am 28.08.2003 aber durch verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers wieder beendeten Anstellung bei der Fa. P GmbH in Beckum- Arbeitslosenhilfe in Höhe von kalendertäglich 28,48 Euro.

Durch Urkunde des Jugendamtes der Stadt Beckum vom 12.03.1998 -Urkunden-Reg.-Nr. 21/98- hat sich der Beklagte u.a. verpflichtet, an den Antragsteller zu 1. bis zum vollendeten 6. Lebensjahr Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 325,00 DM und ab dem 7. Lebensjahr 415,00 DM zu zahlen. Eine am 18.08.2003 gegebene Zusage, mit Wirkung ab dem 01.08.2003 an den Antragsteller zu 1. Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 192,00 Euro sowie ab dem 01.01.2004 Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 241,00 Euro zu zahlen und über die genannten Beträge eine Jugendamtsurkunde mit dynamischer Anpassung errichten zu lassen, hat der Beklagte in der Folge nicht eingehalten.

Mit ihrer Klage, für deren Erhebung sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragen, will die Klägerin zu 2. den Beklagten auf Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 540,55 Euro für die Zeit vom 01.10.2002 - 31.01.2003 und monatlich 443,52 Euro für die Zeit vom 01.02. - 18.07.2003 in Anspruch nehmen, während der Antragsteller zu 1. Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 168,15 Euro für die Zeit vom 01.10.2002 - 31.01.2003, monatlich 169,92 Euro ab dem 01.02.2003, sowie ab dem 01.08.2003 als Kindesunterhalt 100 % des Regelbetrages für die jeweilige Altersstufe nach § 1 der Regelbetragsverordnung begehrt.

Das Amtsgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Anträge allein der Klägerin zu 2. und auch ihr nur insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt, als sie den Beklagten für die Zeit vom 01.03. - 18.07.2003 auf Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 723,95 Euro in Anspruch nehmen will.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, verfolgen die Klägerin zu 2. und der Antragsteller zu 1. ihre Anträge in vollem Umfang weiter.

II.

Die nach § 127 II ZPO zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin zu 2. und des Antragstellers zu 1. bietet über die vom Amtsgericht vorgenommene Bewilligung hinaus in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

1.

Das Amtsgericht hat der Klägerin zu 2. hinsichtlich ihrer streitbefangenen Unterhaltsansprüche für die Zeit vom 01.10.2002 - 28.02.2003 zu Unrecht Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, ihre Rechtsverfolgung stelle sich insoweit als mutwillig i.S.d. § 114 ZPO dar. Bestehende Unterhaltsansprüche der Klägerin zu 2. in noch darzulegender Höhe sind zwar als Folge ihres Sozialhilfebezugs nach § 91 I BSHG auf die Stadt Beckum als Träger der Sozialhilfe übergegangen, von dieser aber mit Vereinbarung vom 12.03.2003 (Bl. 50 GA) gemäß § 91 IV 1 BSHG rückabgetreten worden. Die gerichtliche Geltendmachung der rückabgetretenen Ansprüche durch die Klägerin zu 2. stellt sich dabei, auch wenn es sich hier um sogenannte echte Unterhaltsrückstände aus der Zeit vor Anhängigkeit der Unterhaltsklage handelt, entgegen der Einschätzung des Amtsgerichts nicht als mutwillig dar, da Gegenstand der Klage daneben auch weitergehende, nicht vom Anspruchsübergang nach § 91 I BSHG erfasste Unterhaltsansprüche der Klägerin zu 2. für den Zeitraum ab dem 01.03.2003 sind, weshalb die einheitliche Anspruchsverfolgung durch die Klägerin zu 2. hier dem Gebot der Prozesswirtschaftlichkeit entspricht (vgl. hierzu auch OLG Köln, FamRZ 2003, 100 ff = OLGR 2002, 295 f m.w.N.; Luthin, FamRZ 1997, 275; Wendl/Staudigl-Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. § 6 Rz. 558 m.w.N.).

2.

Hinsichtlich des Klagebegehrens des Antragstellers zu 1. ist dagegen unschädlich, dass dieses ungeachtet des bereits bestehenden Unterhaltstitels in Gestalt der Urkunde des Jugendamtes der Stadt Beckum vom 12.03.1998 -Urkunden-Reg.-Nr. 21/98- nach bisheriger Antragsfassung als Leistungs- und nicht als Abänderungsklage verfolgt wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, kann eine auf Zahlung von Unterhalt gerichtete Leistungsklage in eine Abänderungsklage umgedeutet werden, wenn der verfahrensrechtlich fehlerhafte Antrag auf einem Irrtum beruht und der Kläger Tatsachen behauptet hat, die eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse ergeben, welche für den vorausgegangenen Titel maßgebend waren (BGH, Urteil v. 02.04.1998 - IX ZR 107/97, FamRZ 1998, 896 ff, 899 unter Hinweis auf BGH, Urteil v. 6.11.1991 - XII ZR 240/90 -, FamRZ 1992, 298 = NJW 1992, 438, 439; v. 29.4.1992 - XII ZR 40/91 -, FamRZ 1992, 1060 = NJW-RR 1993, 51). Entsprechendes hat im hier zu beurteilenden Fall zu gelten, wobei es bei Bedarf Sache des Amtsgerichts sein wird, im Rahmen seiner Prozessleitungspflicht nach § 139 I ZPO auf eine sachgerecht Antragstellung hinzuwirken.

Auch im übrigen begegnet die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers zu 1. keinen Zulässigkeitsbedenken, zumal im Rahmen einer den Kindesunterhalt betreffenden Abänderungsklage eine wesentliche Änderung der Verhältnisse bereits dann schlüssig dargetan ist, wenn sich der Unterhaltsberechtigte zur Begründung seines Abänderungsverlangens -wie hier der Antragsteller zu 1. zumindest inzidenter- auf die in regelmäßigen Abständen erfolgende Anpassung der Düsseldorfer Tabelle bezieht. In einem solchen Fall kann bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen der Unterhaltsberechtigte eine Abänderung auch bei Veränderungen unterhalb der grundsätzlich zu beachtenden Wesentlichkeitsgrenze von 10 % verlangen (Senat, Beschluss vom 30.04.2004 - 11 WF 76/04 = OLGReport 2004, 272).

3.

In der Sache geht der Senat nach derzeitigem Sach- und Streitstand von folgenden Erwägungen aus:

a)

Das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten beschränkte sich im Unterhaltszeitraum vom 01.10. - 31.12.2002 auf den Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von monatsdurchschnittlich 1.073,10 Euro (kalendertäglich 35,28 Euro x 365 : 12; vgl. Bewilligungsbescheid vom 01.10.2002, Bl. 22 GA), während für das Jahr 2003 vorläufig mit einem fiktiven Erwerbseinkommen von monatsdurchschnittlich rund 1.242,00 Euro netto zu rechnen ist, das infolge gesunkener Abgabenbelastung ab dem 01.01.2004 auf monatsdurchschnittlich rund 1.270,00 Euro netto steigt.

aa)

Dass der Mitte 2002 eingetretene Verlust der früheren Anstellung des Beklagten bei der Fa. P AG Folge eines unterhaltsbezogen leichtfertigen Verhaltens des Beklagten war, das allein die sofortige Zurechnung eines fiktiven Erwerbseinkommens in zuvor erzielter Höhe rechtfertigen würde, lässt sich nach bisherigem Sachvortrag der Parteien nicht feststellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, von der abzuweichen der Streitfall keine Veranlassung gibt, ist dem Beklagten danach für die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle eine angemessene Orientierungs- und Bewerbungsfrist zuzubilligen, die der Senat im Regelfall mit 5 - 6 Monaten und danach hier bis zum 31.12.2002 bemisst. In dieser Zeit kann dem Beklagten allein sein tatsächlich erzieltes Einkommen durch den Bezug von Arbeitslosengeld in vorgenannter Höhe zugerechnet werden.

bb)

Ab dem 01.01.2003 muss sich der Beklagten dagegen ein fiktives Erwerbseinkommen zurechnen lassen, da er -wie bereits das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat- bislang nicht dargelegt hat, dass und auf welche Weise er sich in der gebotenen Form um eine zumutbare Erwerbstätigkeit bemüht hat. Die bloße Meldung des Beklagten beim Arbeitsamt als arbeitssuchend entband ihn von derartigen Bemühungen ebenso wenig wie seine spätere Teilnahme an einer Maßnahme des Arbeitsamtes zur beruflichen Wiedereingliederung in der Zeit vom 10.06. - 04.08.2003 (vgl. Schreiben des Arbeitsamtes Beckum vom 29.07.2003, Bl. 57 GA).

Als bei realistischer Betrachtung erzielbar sieht der Senat unter Würdigung der persönlichen Verhältnisse des Beklagten sowie seiner von Seiten der Klägerin zu 2. vorgetragenen Alkoholprobleme ein monatliches Nettoeinkommen von rund 1.242,00 Euro im Jahr 2003 und rund 1.270,00 Euro ab dem Jahr 2004 an. Zugrunde liegt dem ein Stundenlohn von brutto 11,50 Euro, wie ihn der Beklagten in seiner letzten Anstellung bei der Fa. PRK in Beckum nach eigenen Angaben im Rahmen der Vereinbarung vom 18.08.2003 (Bl. 79 GA) erzielt hat, sowie eine monatsdurchschnittliche Arbeitszeit von 168,00 Stunden, was zu einem Bruttoeinkommen von monatlich 1.932,00 Euro sowie folgender Einkommensberechnung führt (Grundlage: PRESTO-Office Gehaltsrechner Stand 2004):

 20032004
Monatseinkommen brutto1.932,00 Euro1.932,00 Euro
./. Lohnsteuer (Steuerklasse 1/0,5)- 273,08 Euro- 247,08 Euro
./. Kirchensteuer- 0,00 Euro- 0,00 Euro
./. SolZ.-11,24 Euro- 9,96 Euro
./. Krankenversicherung-138,14 Euro-138,14 Euro
./. Rentenversicherung-188,37 Euro-188,37 Euro
./. Pflegeversicherung-16,42 Euro-16,42 Euro
./. Arbeitslosenversicherung- 62,79 Euro- 62,79 Euro
Jahreseinkommen netto1.241,96 Euro1.269,24 Euro

Die einkommenserhöhende Zurechnung von Sonderzuwendungen in Gestalt von Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld hält der Senat dagegen nicht für gerechtfertigt, da deren Gewährung angesichts der veränderten Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt und der bekannt angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Betriebe nicht mehr ohne weiteres als selbstverständlich unterstellt werden kann.

Soweit die Klägerin zu 2. dagegen auf das höhere Einkommen des Beklagten bei der Fa. P AG verweist, steht dessen Festschreibung entgegen, dass dort in erheblichem Umfang übertarifliche Zulagen gezahlt wurden, die in einer anderen Anstellung ebenfalls nicht als normaler Einkommensbestandteil zugrunde gelegt werden können.

b)

Bei einem Einkommen in dargelegter Höhe war und ist der Beklagte erkennbar nicht in der Lage, bestehenden Unterhaltsansprüchen des Antragstellers zu 1., der Klägerin zu 2. sowie seiner diesen bis zur vollendeten Volljährigkeit nach bisherigem Vortrag gleichzustellenden Tochter S B (geb. am 02.11.1986) in vollem Umfang nachzukommen. Dies gilt auch dann, wenn als dem Beklagten zu belassender Selbstbehalt entsprechend der -nach bisheriger Sachlage berechtigten Forderung der Klägerin zu 2.- im Hinblick auf das Zusammenleben des Beklagten mit einer neuen Partnerin, die sich infolge eigener Einkünfte an den Lebenshaltungskosten beteiligen kann, in Anlehnung an Nr. 21.4.2 / 22.1 der Hammer Leitlinien nur ein um 13,5 % verringerter Selbstbehalt von gerundet 727,00 Euro im Falle der Erwerbstätigkeit und gerundet 632,00 Euro bei Erwerbslosigkeit in Ansatz gebracht wird (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 24.3.2004 - 11 UF 48/04, veröffentlich in OLGR2004, 264).

Es ergibt sich daher folgende -nach Zeitabschnitten getrennt vorzunehmende-Mangelberechnung:

aa) Zeitraum 01.10. - 31.12.2002:

Ausgehend von einem Einkommen des Beklagten in Höhe von 1.073,10 Euro durch den Bezug von Arbeitslosengeld sowie einem auf 632,00 Euro verringerten Selbstbehalt beschränkt sich die Leistungsfähigkeit des Beklagten auf einen Betrag von 441,10 Euro, während sich die im Rahmen der Mangelberechnung in Ansatz zu bringenden Unterhaltsansprüche der vorrangig Unterhaltsberechtigten -ohne Berücksichtigung etwaiger Ansprüche der volljährigen Kindes des Beklagten, zu deren Bestehen und Höhe bislang hinreichender Vortrag fehlt- nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2003, 363 ff) auf insgesamt 1.348,00 Euro summieren (Antragsteller zu 1.: 135 % des Regelbetrages der Altersstufe 1 = 254,00 Euro; Tochter S B : 135 % des Regelbetrages der Altersstufe 3 = 364,00 Euro, Klägerin zu 2. = 730,00 Euro). Dies führt zu einer Mangelquote von 32,72 % und gemangelten Ansprüchen

- des Antragstellers zu 1. von 254,00 Euro x 32,72 % = 83,11 Euro und

- der Kläger zu 2. von 730,00 Euro x 32,72 % = rund 239,00 Euro,

Zu beachten ist dabei allerdings, dass der Unterhaltsanspruch des Antragstellers zu 1. durch die Jugendamtsurkunde vom 12.03.1998 bereits in überschießender Höhe von 325,00 DM = 166,17 Euro tituliert ist, so dass sich sein Abänderungsbegehren hier als unbegründet erweist.

bb) Zeitraum 01.01. - 31.01.2003:

Das dem Beklagten aus fiktiver Erwerbstätigkeit zuzurechnende Einkommen steigt auf monatlich 1.242,00 Euro, bei einem nun mit 727,00 Euro anzusetzenden (verringerten) Selbstbehalt ergibt sich eine Leistungsfähigkeit des Beklagten von 515,00 Euro, während im Rahmen der Mangelberechnung weiterhin mit Unterhaltsansprüchen der (vorrangig) Unterhaltsberechtigten von insgesamt 1.348,00 Euro zu rechnen ist. Die Mangelquote steigt hierdurch auf 38,20 %, es errechnen sich so gemangelte Ansprüche

- des Antragstellers zu 1. von 254,00 Euro x 38,20 % = 97,03 Euro und

- der Kläger zu 2. von 730,00 Euro x 38,20 % = rund 279,00 Euro,

wobei der Unterhaltsanspruch des Antragstellers zu 1. weiterhin durch die Jugendamtsurkunde vom 12.03.1998 in überschießender Höhe von 325,00 DM = 166,17 Euro tituliert ist, so dass sich sein Abänderungsbegehren nach wie vor als unbegründet erweist.

cc) Zeitraum 01.02. - 30.06.2003:

Die Leistungsfähigkeit des Beklagten ist aus den dargelegten Gründen weiterhin auf eine Betrag von 515,00 Euro beschränkt, während im Rahmen der Mangelberechnung nunmehr im Hinblick auf die der Klägerin zu 2. bedarfsmindernd zuzurechenden Versorgungsleistungen für ihren Lebensgefährten mit um (jedenfalls) 250,00 Euro geringeren Unterhaltsansprüchen der (vorrangig) Unterhaltsberechtigten, mithin einem Betrag von insgesamt 1.098,00 Euro, zu rechnen ist. Die Mangelquote steigt hierdurch auf 46,90 %, es errechnen sich nun gemangelte Ansprüche

- des Antragstellers zu 1. von 254,00 Euro x 46,90 % = 119,13 Euro und

- der Kläger zu 2. von 480,00 Euro x 46,90 % = rund 226,00 Euro

Nach wie vor ist Unterhaltsanspruch des Antragstellers zu 1. allerdings bereits in überschießender Höhe tituliert.

dd) Zeitraum 01.07. - 31.10.2003:

Eine Veränderung ergibt sich durch die Neufassung der Düsseldorfer Tabelle mit der Folge erhöhter Unterhaltsbeträge für die Kinder des Beklagten. Bei einer Die Leistungsfähigkeit des Beklagten von weiterhin 515,00 Euro, summieren sich die im Rahmen der Mangelberechnung zu berücksichtigenden Unterhaltsansprüche nun auf insgesamt 1.133,00 Euro (Antragsteller zu 1.: 135 % des Regelbetrages der Altersstufe 1 = 269,00 Euro; Tochter S B : 135 % des Regelbetrages der Altersstufe 3 = 384,00 Euro, Klägerin zu 2. = 480,00 Euro). Die Mangelquote beträgt jetzt 45,45 %, die gemangelten Ansprüche belaufen sich auf

- Antragstellers zu 1.: 269,00 Euro x 45,45 % = 122,26 Euro und

- Kläger zu 2.: 480,00 Euro x 45,45 % = rund 219,00 Euro

Nach wie vor ist Unterhaltsanspruch des Antragstellers zu 1. bereits in überschießender Höhe tituliert.

Der Senat hält es im übrigen für angezeigt, den Unterhalt der Klägerin zu 2. ungeachtet der am 18.07.2003 eingetretenen Rechtskraft der Scheidung und ihres damit endenden Anspruchs auf Trennungsunterhalt, der allein Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, vorläufig über diesen Zeitpunkt hinaus im Rahmen der vorzunehmenden Mangelberechnung weiterhin zu berücksichtigen, da die Bedürftigkeit der Klägerin zu 2. angesichts ihrer Erwerbslosigkeit sowie der Betreuung des minderjährigen Antragstellers zu 1. erkennbar fortbestehen dürfte und nur so eine an der Realität vorbei gehenden, weil zu hohe Prozesskostenhilfebewilligung für den Antragsteller zu 1. vermieden wird.

ee) Zeitraum 01.11. - 31.12.2003:

Eine neuerliche Veränderung ergibt sich dadurch, dass die Tochter des Beklagten S B am 02.11.2003 das 18. Lebensjahr vollendet und danach mangels jeglicher Darlegungen des Beklagten zu Fortbestehen, Grundlage und Höhe eines etwaigen Unterhaltsanspruchs im Folgenden unberücksichtigt zu bleiben hat. Aus Gründen der Vereinfachung legt der Senat diesen Umstand für das Prozesskostenhilfeverfahren bereits ab dem 01.11.2003 zugrunde, so dass bei gleichbleibender Leistungsfähigkeit des Beklagten von weiterhin 515,00 Euro im Rahmen der Mangelberechnung nunmehr allein noch mit berücksichtigungsfähigen Unterhaltsansprüchen von insgesamt 749,00 Euro (Antragsteller zu 1.: 135 % des Regelbetrages der Altersstufe 1 = 269,00 Euro; Klägerin zu 2. = 480,00 Euro) zu rechnen ist. Die Mangelquote steigt hierdurch auf 68,76 %, die gemangelten Ansprüche auf

- für den Antragstellers zu 1.: 269,00 Euro x 68,76 % = rund 185 Euro und

- für die Kläger zu 2.: 480,00 Euro x 68,76 % = rund 330,00 Euro

Der danach berechtigte Unterhaltsanspruch des Antragstellers zu 1. übersteigt damit nun den bereits titulierten.

ff) Zeitraum ab 01.01.2004:

Die Leistungsfähigkeit des Beklagten erhöht sich infolge des leichten Anstiegs des ihm aus den dargelegten Gründen zuzurechnenden fiktiven Erwerbseinkommens auf 543,00 Euro (1.270,00 Euro ./. 727,00 Euro), während sich die im Rahmen der Mangelberechnung zu berücksichtigenden Unterhaltsansprüche nun auf 806,00 Euro (326,00 Euro + 480,00 Euro) summieren, da für den am 05.01.1998 geborenen Antragsteller zu 1. nunmehr Unterhalt nach der Altersstufe 2. in die Berechnung einzustellen ist. Die Mangelquote verändert sich hierdurch nur leicht auf 67,37 %, die gemangelten Ansprüche auf

- für den Antragstellers zu 1.: 326,00 Euro x 67,37 % = rund 220,00 Euro und

- für die Kläger zu 2.: 480,00 Euro x 67,37 % = rund 324,00 Euro

Der danach berechtigte Unterhaltsanspruch des Antragstellers zu 1. übersteigt damit weiterhin den durch die Jugendamtsurkunde vom 12.03.1998 bereits tituliertem Anspruch von 415,00 DM = 212,19 Euro ab dem 7. Lebensjahr.

4.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 127 IV ZPO, 131b S. 2 KostO.

Hamm, den 07.01.2005



Ende der Entscheidung

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