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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.05.2006
Aktenzeichen: 12 U 44/05
Rechtsgebiete: BGB, HOAI, ZPO, AVA, AGBG, VOB/B


Vorschriften:

BGB § 187 Abs. 1
BGB § 208 a. F.
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 341 Abs. 3
BGB § 390 Satz 2 a.F.
BGB § 414
BGB § 631
BGB § 635
BGB § 638 Abs. 1 a.F.
HOAI § 8
HOAI § 15
HOAI § 15 Abs. 2
HOAI § 17 Abs. 2
HOAI § 16 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 3
ZPO § 139
AVA § 8
AGBG § 9
AGBG § 11 Nr. 10 f
VOB/B § 11 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten zu 1) wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 26.01.2005 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 18.496,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.01.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten tragen der Kläger zu 7/10 und der Beklagte zu 1) zu 3/10. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) insgesamt und jeweils 18 % von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) und seiner eigenen. Der Beklagte zu 1) trägt 82 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und 18 % seiner eigenen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 1/4 und der Beklagte zu 1) zu 3/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Anstelle des Tatbestandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, durch das der Beklagte zu 1) unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von Honorar in Höhe von 31.399,92 Euro nebst Zinsen für die Architektenleistungen des Klägers an dem Neubauvorhaben des Beklagten betreffend ein Altenpflegeheim in C, X-Straße, verurteilt worden ist.

Gegen dieses Urteil richtet sich unter Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens die form- und fristgerechte Berufung des Beklagten zu 1), der weiterhin die vollständige Abweisung der Klage erstrebt.

Er hält an seinem Einwand der Verwirkung etwaiger restlicher Honoraransprüche des Klägers fest. Er meint, angesichts des seit Abschluss der Bauarbeiten eingetretenen Zeitablaufes von ca. fünf Jahren sowie aufgrund des Inhaltes eines Schreibens des Klägers vom 29.12.1998 habe er davon ausgehen können und dürfen, dass der Kläger neben den zu diesem Zeitpunkt bereits abgerechneten und bezahlten Architektenleistungen keine weiteren Honoraransprüche mehr geltend mache. Dabei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass er, der Beklagte zu 1), sein eigenes Verhalten auf das "Abrechnungsverhalten" des Klägers eingerichtet habe, indem er selbst davon Abstand genommen habe, eigene Schadensersatzansprüche aus dem vorigen Architektenvertrag bezüglich des Bauvorhabens O-Ring 20 in C geltend zu machen. Dabei habe er sich von dem Gedanken leiten lassen, dass mit den bis dahin erfolgten Zahlungen die gegenseitigen Ansprüche erledigt seien. Anderenfalls hätte er seine Ersatzansprüche schon zu einem früheren Zeitpunkt gegen den Kläger aktiv weiterverfolgt. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der Kläger offensichtlich seine Abrechnung der Honoraransprüche für das Bauvorhaben X-Straße bewusst so lange hinausgezögert habe, um die im Raum stehenden Regressansprüche des Beklagten zu 1) wegen nicht ordnungsgemäßer Erfüllung des abgeschlossenen Architektenvertrages bezüglich des Bauvorhabens O-Ring ins Leere laufen zu lassen.

Der Beklagte zu 1) vertritt weiterhin die Auffassung, dass, soweit sein Einwand der Verwirkung nicht greife, der Kläger zumindest betragsmäßig an seine erste Gebührenschlussrechnung vom 17.12.1999 gebunden sei. Es erscheine grob unbillig, ihn allein deshalb schlechter zu stellen, weil er zur Wahrung seiner Rechte gegen die erste Schlussrechnung Einwände erhoben und nur rein vorsorglich auf den Gesichtspunkt der nicht gegebenen Prüffähigkeit hingewiesen habe.

Ferner meint der Beklagte zu 1), für den Fall, dass entgegen seiner Auffassung der Kläger seine Ansprüche auf die Schlussrechnung vom 17.07.2001 stützen könne, die Forderung jedenfalls nicht in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang begründet sei, weil dem zuerkannten Gesamthonorar bereits die gutachtlichen Ausführungen des Sachverständigen M entgegen stünden. Insoweit hält der Beklagte weiterhin an seinen erstinstanzlichen Einwendungen gegen die Honorarabrechnung des Klägers vom 17.07.2001 in vollem Umfang fest.

Außerdem habe das Landgericht zu Unrecht seine weiteren Zahlungen auf die 7. Gebührenabschlagsrechnung des Klägers vom 06.12.1993 in Höhe von insgesamt 11.579,35 DM unberücksichtigt gelassen und zu Unrecht den von ihm hierzu angebotenen Beweis der Parteivernehmung des Klägers nicht erhoben. Er, der Beklagte zu 1), habe dem Kläger zum Ausgleich dieser 7. Gebührenabschlagsrechnung am 08.12.1993 einen auf die O-Sparkasse bezogenen Verrechnungsscheck über 1.579,35 DM und am 07.09.1995 einen weiteren, ebenfalls auf diese Sparkasse bezogenen V-Scheck über 10.000,00 DM ausgehändigt. Auch seien beide Schecks seinem bezogenen Konto bei der genannten Sparkasse belastet worden (Beweis: Zeugnis des Steuerberaters A). Der Scheck über 10.000,00 DM sei dem Konto des Klägers bei der E Bank in I, der weitere Scheck über 1.579,35 DM dem Konto des Klägers bei dieser Bank in F gutgeschrieben worden.

Schließlich macht der Beklagte zu 1) seine bereits in erster Instanz hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche aus dem Bauvorhaben O-Ring in C geltend, die entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verjährt seien. Da der Kläger bezüglich des Bauvorhabens O-Ring mit sämtlichen Architektenleistungen in vollem Umfange, also auch mit der Objektbetreuung und Dokumentation, beauftragt worden sei, habe eine Abnahme der vom Kläger insoweit geschuldeten Leistungen erst nach Ablauf der Gewährleistungsfristen der Bauunternehmer, hier frühestens am 09.12.1997 erfolgen können. Zu einem früheren Zeitpunkt sei auch keine Abnahme der Architektenleistung erfolgt. Demnach seien zum Zeitpunkt der streitigen Schlussrechnung des Klägers vom 17.07.2001 Gewährleistungs- bzw. Schadensersatzansprüche des Beklagten zu 1) gegen den Kläger aus dem Architektenvertrag bezüglich des Bauvorhabens O-Ring noch nicht verjährt gewesen.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Bochum vom 26. Januar 2005 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger tritt dem Vorbringen des Beklagten zu 1) entgegen und verteidigt unter Vertiefung sowie Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Er hält das Vorbringen des Beklagten zu 1) zu seinen angeblichen weiteren beiden Scheckzahlungen über insgesamt 11.579,35 DM für verspätet und bestreitet diese Zahlungen nach wie vor. Es sei zwar zutreffend, dass der Kläger in den betreffenden Zeiträumen Zahlungseingänge auf seinem Konto habe verzeichnen können. Aus den ihm vorliegenden Unterlagen gehe jedoch nicht hervor, dass es sich dabei um Zahlungen des Beklagten handele, weil die Schecknummern nicht in seinen Unterlagen aufzufinden seien. Im übrigen habe er, der Kläger, zu keinem Zeitpunkt ein Konto bei der E Bank in F unterhalten, bei dem irgendein Scheck des Beklagten habe gutgeschrieben werden können.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen in den Akten verwiesen.

II.

Für das Berufungsverfahren gelten die seit dem 01.01.2002 gültigen Vorschriften der ZPO (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Auf das Schuldverhältnis der Parteien finden die Vorschriften des BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung (Artikel 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

III.

Die zulässige Berufung des Beklagten zu 1) ist teilweise begründet, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in erster Instanz und aufgrund des ergänzenden Vorbringens beider Parteien im Berufungsverfahren der Kläger von dem Beklagten zu 1) lediglich Zahlung von noch 18.496,32 Euro nebst Zinsen in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang verlangen kann.

1.

Der zuerkannte Betrag von 18.496,32 Euro betrifft allein das streitige Architektenhonorar für das Bauvorhaben X-Straße in C, da unstreitig das vorherige Bauvorhaben O-Ring in vollem Umfange abgerechnet ist.

2.

Anspruchsgrundlage für die Forderung des Klägers auf Zahlung restlichen Architektenhonorars für seine Tätigkeiten beim Bauvorhaben X-Straße Nr. 22 in C ist § 631 BGB. Unstreitig ist insoweit ein mündlicher Architektenvertrag abgeschlossen worden, wobei es dahinstehen kann, ob der Kläger entsprechend seinem Vortrag in erster Instanz diesen Vertrag von Anfang an schon mit dem Beklagten zu 1) oder zunächst allein mit der Beklagten zu 2) abgeschlossen hat. Zutreffend stellt das Landgericht im angefochtenen Urteil die Passivlegitimation des Beklagten zu 1) fest. Daran besteht nach den Unterlagen in den Akten und insbesondere aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin O, die für eine Schuldübernahme gemäß § 414 BGB spricht, kein ernsthafter Zweifel.

Bei dem Vertrag betreffend das Altenpflegeheim X-Straße handelt es sich um einen selbständigen Architektenvertrag, der von dem vorherigen schriftlichen Vertrag vom 02.01.1991 bezüglich des Bauvorhabens O-Straße in C unabhängig ist. Die Ausführungen der beiden Beklagten in erster Instanz, die Auftragserteilung für beide Bauvorhaben sei bereits im Zusammenhang mit der Auftragserteilung für die O-Straße erfolgt, es handele sich um zwei Bauabschnitte und damit nur um einen Vertrag, sind ausweislich der überreichten Unterlagen unrichtig. Der vorgelegte Architektenvertrag vom 02.01.1991 bezieht sich ausdrücklich nur auf das Objekt O-Straße. Das bestätigt auch die zugehörige Anlage, wonach "vertraglich erst das Bauvorhaben O-Ring erfasst" werden sollte. Das zeigt, dass die damaligen Vertragsschließenden zunächst allein dieses Bauvorhaben (O-Ring) vertraglich geregelt haben und alles Weitere betreffend das künftige Bauvorhaben X-Straße vorerst nur Absichtserklärungen waren. Daraus folgt des Weiteren, dass die schriftlichen vertraglichen Vereinbarungen des Architektenvertrages vom 02.01.1991 mangels konkreter Vereinbarung der Parteien und ohne jegliche Bezugnahme nicht Inhalt des mündlichen Folgevertrages betreffend das Bauvorhaben X-Straße sind. Insbesondere greift damit die unbedenklich rechtswirksame und von Amts wegen zu beachtende Aufrechnungsverbotsklausel (vgl. dazu das Senatsurteil in BauR 2004, 1643) in Ziffer 4.6 der AVA, die Inhalt des Vertrages vom 02.01.1991 ist, hinsichtlich des mündlichen Architektenvertrages betreffend das Bauvorhaben X-Straße nicht ein.

3.

Das Honorar des Klägers ist fällig (§ 8 HOAI). Der Kläger hat seine Architektenleistungen bezüglich des in Rede stehenden Bauvorhabens X-Straße insgesamt abgeschlossen und prüfbar abgerechnet. Die Erteilung einer prüffähigen Honorarschlussrechnung ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8 HOAI Fälligkeitsvoraussetzung für das Architektenhonorar, so dass es entgegen der Meinung des Beklagten zu 1) nicht darauf ankommt, ob der Kläger schon 1994 eine Gebührenschlussrechnung erstellen konnte, sondern allein darauf, wann er tatsächlich eine prüfbare Honorarschlussrechnung erteilt hat. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts im angefochtenen Urteil, dass erstmals die Honorarschlussrechnung des Klägers vom 17.07.2001 prüfbar und hier maßgeblich ist und daher trotz ihrer inhaltlichen Unrichtigkeit zur Fälligkeit des Honorars des Klägers geführt hat, da die Frage der Richtigkeit der Abrechnung bekanntlich darauf keinen Einfluss hat (vgl. BGH NJW-RR 2004, 445).

4.

Der Senat teilt ebenfalls die Auffassung des Landgerichts, dass die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung des Honorars des Klägers und sein Einwand der Verwirkung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die im Einzelnen verwiesen wird, keinen Erfolg haben. Für die von dem Beklagten zu 1) in seiner Berufungsbegründungsschrift vorgetragene bewusste Verzögerung der Abrechnung zum Zwecke der Vereitelung von Aufrechnungen mit angeblichen Gegenansprüchen des Beklagten fehlt ausreichender sachlicher Hintergrund.

5.

Der Kläger kann entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht das Honorar nach den vollen Prozentsätzen des § 15 Abs. 2 HOAI verlangen.

a)

Nach den Feststellungen des Sachverständigen M in seinen vier schriftlichen Gutachten und bei seinen beiden erstinstanzlichen Anhörungen, die nachvollziehbar sind und der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anwendung der Steinfort-Bewertungstabelle für vorzunehmende Kürzungen entsprechen, hat der Kläger nicht das Leistungsbild der ihm übertragenen Phasen 8 und 9 des § 15 HOAI vollständig erbracht.

Nach der neuen Rechtsprechung des BGH führen grundsätzlich bei einer Auftragserteilung zur Erbringung der Leistungsphasen des § 15 HOAI alle vom Architekten nicht erbrachten Teilleistungen des § 15 Abs. 2 HOAI auch bei einem fehlerfrei hergestellten Bauwerk zur Minderung des Honorars (vgl. BGH NJW 2004, 2588 und NZBau 2005, 163, 164 mit Hinweis auf die Steinfort-Tabelle für etwaige Kürzungen; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl. 2006, § 5 Rdn. 14 mit weiteren Nachweisen). Der BGH hat insoweit ersichtlich seine frühere ergebnisorientierte Rechtsprechung aufgegeben, weil der von einem Architekten geschuldete Gesamterfolg im Regelfall nicht darauf beschränkt ist, dass er diejenigen Aufgaben wahrnimmt, die für die mangelfreie Errichtung des Bauwerkes erforderlich sind.

Unstreitig haben die Parteien hier die vertragliche Vereinbarung über die von dem Kläger zu erbringenden Leistungen an den Leistungsphasen des § 15 HOAI orientiert. So war im schriftlichen Einheits-Architektenvertrag vom 02.01.1991 betreffend den Neubau des Altenpflegeheimes in C, O-Ring 20, ausdrücklich geregelt worden, dass der Kläger die in Rede stehenden Leistungsphasen des § 15 HOAI zu erbringen hatte. Es ist ferner unstreitig, dass der Kläger nach der maßgeblichen mündlichen Vereinbarung der Parteien die betreffenden Leistungsphasen auch für das Bauvorhaben X-Straße zu erbringen hatte. Nach der zitierten neuen Rechtsprechung des BGH begründet eine an den Leistungsphasen des § 15 HOAI orientierte vertragliche Vereinbarung im Regelfall, dass der Architekt sämtliche vereinbarten Arbeitsschritte als Teilerfolg des geschuldeten Gesamterfolgs schuldet und deshalb sein geschuldetes Werk mangelhaft ist, wenn er einen derartigen Teilerfolg nicht erbringt; das hat dann die Rechtsfolge, dass die Vergütung des Architekten entsprechend gemindert werden kann. Die Abrechnung kann in diesen Fällen, wie der BGH ausführt (BGH NZBau 2005, 163, 164), nach der Steinfort-Tabelle oder ähnlichen Berechnungswerken vorgenommen werden, weil die genannte Tabelle oder ähnliche Berechnungsvorschläge in der Regel auf dem Durchschnitt der Erfahrungswerte von Praktikern beruhen, so dass sie sich als Orientierungshilfe für die Bewertung nicht erbrachter Leistungen des Architekten eignen.

Dem entspricht die Berechnung des Sachverständigen M, die sich an den Berechnungsvorschlägen der Steinfort-Tabelle orientiert. Danach hat der insoweit in vollem Umfange darlegungs- und beweispflichtige Kläger nur zusammen 23 % der vorgesehenen vollständigen Leistungen bei den Phasen 8 und 9 des § 15 Abs. 2 HOAI nachgewiesen und kann daher nur eine entsprechend geminderte Vergütung verlangen, so dass der anteilige Honorarbetrag des Urteils betreffend die vorliegende Gebäudeabrechnung von brutto 158.035,31 DM entsprechend auf das von dem Sachverständigen M ermittelte Honorar von 142.798,03 DM zu ermäßigen ist.

Der Sachverständige M hat widerspruchsfrei und im Einzelnen nachvollziehbar folgendes Honorar des Klägers errechnet, von dessen Berechtigung auch der Senat ausgeht und von dem auch schon das Landgericht im angegriffenen Urteil - mit der soeben geschilderten Abweichung - ausgegangen ist:

- Freianlagen: brutto 12.364,25 DM = 6.321,74 Euro brutto = netto 5.497,17 Euro (wie LG).

- Gebäude einschließlich Tragwerksplanung, Wärme- und Schallschutz: brutto 142.798,03 DM (statt LG 158.035,31 DM) = 73.011,47 Euro brutto = netto 63.488,24 Euro

Somit ergibt sich ein Gesamtnettohonorar von 68.985,41 Euro.

b)

Sämtliche gegen diese Berechnung des Architektenhonorars gerichteten Einwendungen des Beklagten zu 1) aus erster Instanz, die in seiner Berufungsbegründung lediglich wiederholt werden und vom Sachverständigen sowie vom Landgericht bereits zutreffend gewürdigt worden sind, haben keinen Erfolg. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die betreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen, die der Senat teilt und von denen abzuweichen das ergänzende Vorbringen des Beklagten zu 1) keinen Anlass bietet.

Die Honorierung der abgerechneten Kosten der Unterfangung ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil nach den Ausführungen des Sachverständigen bei seiner Anhörung vom 26.01.2005 davon auszugehen ist, dass durch nachträgliche Auflagen des Bauamtes Mehrarbeiten für den Kläger entstanden sind, die nicht seinem Verantwortungsbereich zuzuschreiben waren.

Ebenso hat der Sachverständige M bereits in seiner Vernehmung vom 14.01.2004 überzeugend dargelegt, dass die gesonderte Honorierung für die Tragwerksplanung berechtigt ist und eine doppelte Abrechnung nicht vorliegt.

Der zuerkannte Honoraranspruch des Klägers für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit den "Freianlagen" ist entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach der eindeutigen Regelung in den §§ 17 Abs. 2, 16 Abs. 2 HOAI hat hier eine getrennte Abrechnung der Kosten für die Freianlagen zu erfolgen. In diesem Zusammenhang konnte eine genaue Zuordnung der betreffenden Arbeiten des Klägers wegen der benachbarten Lage der Projekte O-Straße nicht anhand der Grundstücksgrenzen erfolgen. Im Übrigen sind nur Leistungen abgerechnet worden, die bis dahin nicht Gegenstand einer anderen Honorarrechnung des Klägers waren.

6. Zahlungen:

a)

Das vorstehend ermittelte Nettohonorar von 68.985,41 Euro ist zunächst um die vom Kläger anerkannten Zahlungen von netto 93.771,00 DM = 47.944,35 Euro und entsprechend der Abrechnung des Landgerichts weiterhin um den Zuviel-Einbehalt des Klägers von netto 1.000,00 DM = 511,29 Euro zu kürzen. Daraus errechnet sich eine Forderung des Klägers von netto 20.529,77 Euro = (zuzüglich 15 % MWSt = 3.079,47 Euro) brutto 23.609,24 Euro.

b)

Dieses Resthonorar des Klägers von 23.609,24 Euro ist jedoch des Weiteren um den Betrag des auf die O-Sparkasse bezogenen Verrechnungsscheck des Beklagten vom 07.09.1995 von 10.000,00 DM = 5.112,92 Euro zu kürzen auf 18.496,32 Euro. Der Beklagte zu 1) hat durch Vorlage des Schreibens dieser Sparkasse vom 20.07.2005 nachgewiesen, dass sein unter dem genannten Datum ausgestellter Scheck in Höhe von 10.000,00 DM dem Konto des Klägers bei der E Bank in I gutgeschrieben worden ist. Der Kläger hat in dem ihm nachgelassenen Schriftsatz vom 18.04.2006 als zutreffend eingeräumt, dass ein entsprechender Zahlungseingang auf seinem Konto zu verzeichnen war. Soweit er weiter vorträgt, aus den ihm vorliegenden Unterlagen gehe nicht hervor, dass es sich dabei um eine Zahlung des Beklagten handele, weil die Schecknummer nicht in seinen Unterlagen aufzufinden sei und er aufgrund der angeblichen Schecknummer keine Betragszuordnung vornehmen könne, deshalb werde die Zahlung des Beklagten weiterhin bestritten, ist sein Vorbringen unerheblich und als Bestreiten mit Nichtwissen unbeachtlich, weil die Einreichung des in Rede stehenden Verrechnungsschecks eine dem Kläger gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zuzuordnende eigene Handlung darstellt. Für eine Scheckzahlung auf eine andere Forderung oder seitens eines anderen Schuldners des Klägers fehlt jeder Sachvortrag und konkrete Anhaltspunkt, da unstreitig das Honorar des Klägers für das vorherige Bauvorhaben des Beklagten betreffend O-Ring in vollem Umfange bereits zuvor bezahlt worden war und inzwischen nur noch die restliche Vergütung bezüglich des Bauvorhabens X-Straße streitig ist. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Zahlung dieses Betrages entsprechend dem Vortrag des Beklagten auf die 7. Gebührenabschlagsrechnung des Klägers erfolgt ist und somit im Rahmen der Gesamtabrechnung als zusätzliche Zahlung zugunsten des Beklagten berücksichtigt werden muss.

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt eine Zurückweisung des neuen Vortrages des Beklagten gemäß § 531 ZPO nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 3 ZPO angesichts eines erstinstanzlich gebotenen Hinweises des Landgerichts gemäß § 139 ZPO, der insoweit nicht erfolgt ist, nicht vorliegen.

c)

Dagegen scheidet die Berücksichtigung der weiteren Scheckzahlung des Beklagten von 1.579,35 DM zu seinen Gunsten aus, da sein Vortrag zu dieser angeblich ebenfalls auf die 7. Gebührenabschlagsrechnung des Klägers vom 06.12.1993 geleisteten Zahlung nach wie vor unsubstantiiert ist. Der Senat hat im Termin vom 29.03.2006 hierzu im Einzelnen ausführlich mit den Parteien erörtert, welche Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag sowie den Nachweis der streitigen Scheckzahlungen durch den Beklagten zu stellen sind. Dafür reicht das Vorbringen des Beklagten, am 08.12.1993 dem Kläger einen auf die O-Sparkasse bezogenen V-Scheck über 1.579,35 DM ausgehändigt zu haben, für sich allein ebenso wenig aus wie im Zusammenhang mit dem Schreiben dieser Sparkasse vom 25.08.2005, das weder ein Scheckdatum ausweist noch die Kontonummer des Klägers bei der E Bank in F angibt, auf dem am 19.05.1995 die streitige Gutschrift erfolgt sein soll. Der Kläger hat im nachgelassenen Schriftsatz vom 18.04.2006 diese Zahlung in Abrede gestellt und darauf hingewiesen, zu keinem Zeitpunkt ein Konto bei der E Bank in F unterhalten zu haben. Angesichts dessen wären zum streitigen Konto und auch dazu, warum die angebliche Gutschrift erst ca. 1,5 Jahre nach Scheckübergabe erfolgt sein soll, entsprechend den Erörterungen im Senatstermin vom 29.03.2006 ergänzende Ausführungen des Beklagten erforderlich gewesen. Wegen des insoweit unsubstantiierten Vortrages des Beklagten musste die von ihm beantragte Parteivernehmung des Klägers zur Scheckaushändigung und die Zeugenvernehmung des Steuerberaters A zur Scheckbelastung auf dem Konto des Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Ausforschungsbeweises unterbleiben.

IV.

Die Hilfsaufrechnungen des Beklagten zu 1) mit seinen streitigen Gegenforderungen aus dem Objekt O-Ring 20 in C haben insgesamt keinen Erfolg. Eine Aufrechnung nach § 390 Satz 2 BGB a.F. kommt nicht mehr in Betracht, weil sich die Honorarforderung des Klägers aus seiner maßgeblichen Schlussrechnung vom 17.07.2001 für seine Architektentätigkeit am Objekt X-Straße und die aufgerechneten streitigen Gewährleistungsansprüche des Beklagten aus dem Objekt O-Ring zu keinem Zeitpunkt in unverjährter Zeit fällig gegenüber standen.

1.

Zwar stellt das Landgericht zu Unrecht für den Beginn der Verjährung der Gewährleistungsansprüche gegen den Kläger offenbar auf die am 09.12.1992 erfolgte (Bau-)Abnahme des Objektes O-Ring ab und kommt so zu seiner Feststellung, dass etwaige Gewährleistungsansprüche gegen den Kläger zum 09.12.1997 verjährt waren. Grundsätzlich kommt es allerdings auf eine Bauabnahme für den Beginn der Verjährung der Ansprüche gegen den Architekten nicht an, weil die Abnahme der Architektenleistung von der Bauabnahme der Unternehmergewerke zu unterscheiden ist und nach gefestigter Rechtsprechung in der Regel voraussetzt, dass der Architekt sein Architektenwerk nicht nur abnahmefähig hergestellt, sondern auch insgesamt beendet hat. Bei der Übertragung der Leistungsphase 9 des § 15 Abs. 2 HOAI dauert die Objektbetreuung bis zum Ablauf der letzten Unternehmer-Gewährleistungsfristen fort und lässt erst dann die Fünf-Jahresfrist der Architektenhaftung beginnen (vgl. BGH NJW 1994, 1276; IBR 2006, 99), wenn keine Teilabnahme der Architektenleistungen nach Beendigung der Leistungsphase 8 vereinbart worden ist oder keine anderweitige wirksame Vereinbarung zur Architektenhaftung vorliegt. Letzteres ist der Fall. Die damaligen Vertragspartner haben in § 12 des schriftlichen Architektenvertrages vom 02.01.1991 für die Gewährleistung des Klägers von grundsätzlich fünf Jahren gemäß § 638 Abs. 1 BGB a.F. eine besondere Verjährungsfrist vereinbart, die nicht länger als die der Handwerker laufen sollte. Bei der getroffenen Abrede in § 12 des Vertrages betreffend "Verjährung" mit dem Wortlaut: "Als Verjährungsfrist für die Haftung des Architekten gemäß § 8 AVA wird Folgendes vereinbart: lt. BGB 5 Jahre (nicht länger als Gewerke der Handwerker)" handelt es sich um eine Individualvereinbarung. Solche abweichenden Vereinbarungen zur Dauer der Verjährung sind, da sie die Verjährung erleichtern (§ 225 Satz 2 BGB a.F.), als besondere Vereinbarung unbedenklich rechtswirksam möglich und allenfalls in AGB bei einem Verstoß gegen § 9 bzw. § 11 Nr. 10 f AGBG bei einer unangemessenen Verkürzung der Frist unwirksam (vgl. Palandt BGB, 60. Aufl., § 638 Rdn. 14 m.w.N.), die hier aber ebenfalls nicht vorliegt. Der Vereinbarung ist zu entnehmen, dass die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche gegen den Kläger mit der letzten Gewährleistungsfrist eines Handwerkers ablaufen sollte. Angesichts der Bauabnahme des Objekts O-Ring vom 09.12.1992 sowie dem daraus folgenden Auflauf der 5-Jahresfrist der Gewährleistung am 09.12.1997 sind deshalb die Ausführungen des Landgerichts zur Verjährung der Mängelaufrechnungen des Beklagten mit seinen streitigen Ansprüchen gemäß § 635 BGB (betreffend die angeblichen Planungsfehler des Klägers bezüglich Dachabdichtung = 13.177,65 Euro, Anschluss Terrassenboden/Wand = erstinstanzlich 5.310,83 €; im Berufungsverfahren noch 3.592,00 Euro, und Rollstuhlrampen = 3.279,20 Euro) im Ergebnis zutreffend.

Seine weitere streitige Hilfsaufrechnung in Höhe von 75.000,00 DM betreffend eine angebliche Vertragsstrafenforderung wegen eines unterlassenen Vorbehalts des Klägers gemäß §§ 341 Abs. 3 BGB, 11 Nr. 4 VOB/B hat der Beklagte zu 1) im Senatstermin vom 29.03.2006 fallen gelassen.

2.

Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt kein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis des Klägers im Sinne von § 208 BGB a. F. betreffend seine Schadensersatzverpflichtung gegenüber dem Beklagten darin, dass er seiner Haftpflichtversicherung den Dachdecker- Schadensfall im Februar 2000 meldete und er darüber die zu den Akten gereichte Notiz gefertigt hat. Wenn ein Architekt seiner Versicherung einen Schadenssachverhalt vorsorglich zur Wahrung seiner eigenen Versicherungsansprüche meldet und für seinen Bauherrn durchzusetzen versucht, liegt darin regelmäßig - so auch hier - kein eigenes Anerkenntnis gem. § 208 BGB a. F.

V.

Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 291, 288 BGB. In entsprechender Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB kann der Kläger die geltend gemachten Prozesszinsen erst seit dem 19.01.2002, dem auf die Rechtshängigkeit der Klage folgenden Tag, verlangen (vgl. BGH NJW-RR 1990, 519).

VI.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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