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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.01.2001
Aktenzeichen: 13 U 101/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, StVG, PflVersG, EStG


Vorschriften:

BGB § 140
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847
BGB § 288 Abs. 1 S. 1
BGB § 291
ZPO § 522 a
ZPO § 287
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Ziff. 10
ZPO § 711
StVG § 7 Abs. 1
PflVersG § 3
EStG § 32 Abs. VI S. 4 a.F.
Leitsatz:

1.)

Beantragt die Klägerin unter Angabe einer Betragsvorstellung ein angemessenes Schmerzensgeld und erkennt das Gericht ein Schmerzensgeld in eben dieser Höhe an, dann ist ihre Berufung mit dem alleinigen Ziel der Erhöhung des Schmerzensgeldes unzulässig.

Eine Auslegung in eine unselbständige Anschlußberufung scheidet aus, wenn die Berufung der Beklagten erst später eingelegt wird, so daß die Berufung der Klägerin ausschließlich als selbständiges Rechtsmittel verstanden werden konnte.

Eine (zulässige) Anschlußberufung kann aber bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung eingelegt werden. Es reicht dafür eine (auch stillschweigend mögliche) Bezugnahme auf den Antrag der (selbständigen) Berufung aus.

2.)

Zur Berechnung des Verdienstausfalls, wenn die Klägerin ohne den Unfall ein höheres Netto-Einkommen erzielt hätte und demzufolge, die Steuerklasse IV und nicht - wie jetzt - die Steuerklasse V gewählt hätte.

3.)

60.000,- DM Schmerzensgeld bei folgenden Verletzungen und Dauerschaden:

Stumpfes Bauchtrauma mit Dünndarmperforation, zweiseitige ausgedehnte Milzruptur, verschiedenste Prellungen und Zerrungen, viele Operationen und Krankenhausaufenthalte.

Schwächung der Bauchdecke und Gefahr eines Narbenbruchs, schwere Verwachsungen im Bauchraum und krankhafte Veränderungen des Gangbildes durch Anschwellen des linken Fußes schon bei geringer Belastung, regelmäßige Medikamenteneinnahme.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 101/00 OLG Hamm 4 O 46/98 LG Arnsberg

verkündet am 13. Januar 2001

Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Brück und die Richter am Oberlandesgericht Zumdick und Pauge

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. April 2000 verkündete Schlußurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird als unzulässig verworfen.

Die Anschlußberufung der Klägerin gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das vom Landgericht zuerkannte weitere Schmerzensgeld von 42.100,00 DM mit 4 % seit dem 20. Februar 1998 zu verzinsen ist.

Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das vorgenannte Urteil abgeändert.

Der Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin 75.639,71 DM zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden der Klägerin zu 46 % und dem Beklagten zu 54 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 38 % und der Beklagte zu 62 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beide Parteien können die Sicherheit auch durch unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank leisten.

Das Urteil beschwert den Beklagten in Höhe von 83.621,59 DM und die Klägerin um 50.259,66 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld sowie Ersatz des Verdienstausfallschadens als Folge eines Verkehrsunfalls vom Mai 1990, den ein Versicherungsnehmer des Beklagten schuldhaft verursacht hat.

Die im Zeitpunkt des Unfalls 32jährige Klägerin ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Sie war im Anschluß an ihre Ausbildung zur Krankenschwester in den Jahren 1980 bis 1983 in diesem Beruf tätig. Nach der Geburt ihrer Tochter am 20. Juni 1983 war sie im Erziehungsurlaub. Ab Juni 1986 arbeitete sie halbtags in einem privaten Alten- und Pflegeheim in. Diese Anstellung gab sie im Juli 1987 auf, um ihren Schwiegervater zu pflegen, der im Oktober 1990 verstarb. Am 17. September 1988 wurde der Sohn der Klägerin geboren. Dieser war ein Jahr lang auf stationäre Krankenhauspflege angewiesen. Er kam im Mai 1992 in den Kindergarten. Vor dem Unfall (im Jahre 1990) hatte sich die Klägerin mehreren Operationen im Bauchraum (u.a. wegen einer Blinddarmentfernung und wegen Ovarialzysten) unterzogen.

Aufgrund des Verkehrsunfalls erlitt die Klägerin ein stumpfes Bauchtrauma mit Dünndarmperforation, eine zweiseitige ausgedehnte Milzruptur, eine Thoraxprellung, eine Prellung des rechten Oberschenkels, eine Zerrung im rechten Handgelenk und im linken oberen Sprunggelenk sowie eine Zerrung der Halswirbelsäule. Bis zum Jahre 1998 kam es zu fünf Operationen bei der Klägerin, die am 26. Mai, 27. Mai, 3. Juli, 19. November 1990 und 10. September 1998 durchgeführt wurden. Am 07. November 1990 erfolgte eine Bauchspiegelung. Am Unfalltag selbst wurden der Bauch geöffnet und der Dünndarm übernäht. In der Folgezeit wurden die Milz entfernt sowie im Anschluß an aufgetretene Entzündungsparameter im Juli 1990 nach Bauchraumöffnung Abszesse in der alten Milzloge ausgeschlossen. Im November 1990 kam es nach erneuter Bauchraumöffnung zur Entfernung von Verwachsungen. Aufgrund umfangreicher Diagnostik des linken Sprunggelenks hielt sich die Klägerin nach Abschluß des stationären Aufenthaltes am 18. Dezember 1990 und anschließender Rehabilitation mehrfach in der Klinik in auf. Die stationäre Behandlung der Klägerin erfolgte insgesamt über einen Zeitraum von 28 Wochen zuzüglich der Operation vom 10. September 1998 zur Lösung weiterer Verwachsungen. Dauerfolgen des Unfalls vom Mai 1990 sind insbesondere eine Schwächung der Bauchdecke und die Gefahr eines Narbenbruchs, schwere Verwachsungen im Bauchraum und krankhafte Veränderungen des Gangbildes durch Anschwellen des linken Fußes schon bei geringer Belastung. Die Klägerin nimmt aufgrund ihrer Beschwerden im Bauchraum regelmäßig Medikamente ein, um den Darm in Gang zu halten. Seit dem 9. April 1996 übt sie den Beruf der Bürokauffrau aus. Während der vorausgegangenen Umschulung zahlte der Beklagte in der Zeit von September 1993 bis Februar 1995 insgesamt 16.200,-- DM Haushaltshilfekosten.

Die Klägerin hat behauptet, bis heute unter ständigen Bauchbeschwerden, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sowie erheblichen Angstzuständen zu leiden, da sie aufgrund der im Rahmen der Operationen erhaltenen acht Blutkonserven befürchte, sich mit dem HIV-Virus infiziert zu haben. Auch habe die aufgrund des Unfalls notwendige Fremdbetreuung ihres kranken Sohnes große Ängste bei ihr ausgelöst. Das von ihr bis zum Unfall ausgeübte Hobby Jazzdance sowie andere Sportarten könne sie nicht mehr ausüben, da bereits nach kurzer Belastung der linke Fuß anschwelle. Aufgrund dieser Beeinträchtigungen hat sie in Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 60.000,-- DM für angemessen gehalten. Die Zahlung des Beklagten in Höhe von 4.000,-- DM sei nicht auf den anerkannten Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 30.000,-- DM erfolgt, sondern in Verrechnung auf Ansprüche ihres Ehemannes gegen den Beklagten. Sie hat weiter behauptet, ihren Beruf als Krankenschwester wegen der Schwächung der Bauchdecke nach den wiederholten Bauchoperationen und der Gefahr des Narbenbruches nicht mehr ausüben zu können. Insbesondere könne siedle mit der Pflege kranker Menschen verbundenen Hebetätigkeiten nicht mehr vornehmen. Gleiches gelte für die eingeschränkte Beanspruchbarkeit des linken Sprunggelenkes. Wegen des Milzverlustes bestehe eine erhöhte Infektionsanfälligkeit, weshalb von der Ausübung eines Pflegeberufes ohnehin abzuraten sei. Ohne den erlittenen Unfall hatte sie in der Klinik für Psychiatrie in antreten können, während ihre im Haus lebende Schwiegermutter die Kinder versorgt hätte. Aufgrund ihrer Berufserfahrung wäre sie statt in der Dienstaltersstufe 8 im Falle einer Einstellung in die Vergütungsgruppe 9 eingestuft worden. Damit hätte ihr Bruttoverdienst im Jahr 1992 50.772,36 DM, im Jahr 1993 51.659,04 DM, im Jahr 1994 53.058,96 DM, im Jahr 1995 54.756,84 DM und für die Monate Januar bis März 1996 13.689,21 DM betragen. Der Nettoverdienst des gesamten Zeitraumes hätte sich demnach auf 139.563,75 DM belaufen.

Der Beklagte hat einen Schmerzensgeldanspruch der Klägerin in Höhe von 30.000 DM anerkannt und davon 17.900 DM an die Klägerin ausgezahlt. Hinsichtlich einer weiteren Zahlung in Höhe von 4.000 DM ist deren Zweckbestimmung streitig gewesen.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld abzüglich bereits gezahlter 15.000 DM für die Folgen des Unfalls vom Mai 1990 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie den sich aus dem Bruttobetrag von 179.428,39 DM ergebenden Nettobetrag als Verdienstausfall für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 09. April 1996, zu zahlen;

3. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr den zukünftigen Verdienstausfall für die Zeit ab dem 9. April 1996 zu ersetzen.

Mit Schriftsatz vom 19. März 1998 hat der Beklagte den Feststellungsantrag anerkannt. Daraufhin ist am 27. März 1998 (berichtigt durch Beschluß vom 15. Juni 1998) ein entsprechendes Teilanerkenntnisurteil ergangen. Danach hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen und beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld abzüglich bereits gezahlter 17.909 DM für die Folgen des Unfalls vom Mai 1990 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 179.428,39 DM zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, hinsichtlich der 4.000 DM eine Zahlung auf den Schmerzensgeldanspruch der Klägerin geleistet zu haben, wozu er nach einer Vereinbarung mit der Klägerin befugt gewesen sei. Auch sei die Schmerzensgeldforderung in Höhe weiterer 8.100 DM erloschen, da insoweit die der Klägerin gewährten Haushaltshilfekosten überzahlt worden sein. Diese könne statt der erhaltenen 16.200 DM lediglich den hälftigen Betrag beanspruchen. Haushaltshilfekosten seien geleistet worden, weil die Klägerin angegeben habe, sich nachmittags mit dem Lernstoff der Umschulung befassen zu müssen und daher eine Betreuung der Kinder nicht möglich gewesen sei. Im Nachhinein habe sich jedoch herausgestellt, daß die Klägerin im Falle einer Anstellung in der Psychiatrischen Klinik mindestens jede zweite Woche hätte Schichtdienst leisten müssen und eine Beaufsichtigung der Kinder damit ohnehin nicht möglich gewesen wäre. Damit sei der Schmerzensgeldanspruch der Klägerin in Höhe von 30.000 DM erfüllt. Ein darüber hinaus gehender Anspruch bestehe nicht.

Der Beklagte hat weiter behauptet, die Beschwerden der Klägerin im Bauchraum seien auf unfallunabhängige Vorerkrankungen zurückzuführen. Dagegen seien die unfallbedingten Beeinträchtigungen weitgehend abgeklungen. Auch sei die Klägerin aufgrund des Unfalls nicht gehindert gewesen, ab 1992 eine Beschäftigung in der Westfälischen Klinik für Psychiatrie aufzunehmen. Der Verdienstausfall sei vielmehr durch eigene familienbedingte Dispositionen der Klägerin entstanden. Insbesondere sei nicht davon auszugehen, daß die Klägerin angesichts des geringen Alters ihres jüngsten Kindes wieder eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen hätte. Hinsichtlich der Berechnung des Vedienstausfallschadens sei statt von Steuerklasse III von der Steuerklasse V auszugehen, da diese Steuerklasse auch seit Aufnahme der Beschäftigung der Klägerin im Jahre 1996 zugrunde gelegt werde. Des weiteren hätte die Klägerin bei ihrer Berechnung Zahlungen des Arbeitsamtes berücksichtigen müssen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von schriftlichen Gutachten der Sachverständigen Dr. K und Dr. D sowie durch uneidliche Vernehmung der Zeugen K N und K. Im Einverständnis der Parteien hat es die Aussagen der Zeugen R und E aus dem Rechtsstreit LG Arnsberg verwertet.

Mit dem angefochtenen Schlußurteil hat das Landgericht der Klägerin einen Verdienstausfallschaden von 95.781,65 DM (139.563,75 DM abzüglich der in diesem Zeitraum erfolgten Leistungen des Arbeitsamtes in Höhe von insgesamt 43.782,10 DM) und ein weiteres Schmerzensgeld von 42.100 DM (60.000 DM abzüglich unstreitig gezahlter 17.900 DM) zuerkannt und die Klage im übrigen abgewiesen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Klägerin begehrt nunmehr - unter Einschluß des ihr vom Landgericht zugesprochenen Betrages - ein weiteres Schmerzensgeld von 72.100 DM (90.000 DM abzüglich gezählter 17.900 DM). Der Beklagte erstrebt die vollständige Klageabweisung bezüglich des Vordienstausfallschadens und die Reduzierung des Schmerzensgeldes auf 34.000 DM.

Die Klägerin hält jetzt ein Schmerzensgeld von insgesamt 90.000 DM für angemessen und füllt die Klage hilfsweise mit einem Anspruch auf Ersatz von Haushaltshilfekosten in Höhe von 4.374 DM für die Zeit von August 1991 bis Mai 1992 auf.

Die Klägerin beantragt, teilweise abändernd

den Beklagten zu verurteilen, an sie unter Einschluß des erstinstanzlich ausgeurteilten Schmerzensgeldes von 42.100 DM ein in das Ermessen des Senats gestelltes Schmerzensgeld von zumindest 72.100 DM zu zahlen nebst 4 ö Zinsen seit Rechtshängigkeit (20. Februar 1998)

Der Beklagte beantragt,

1. teilweise abändernd die auf Ersatz des Verdienstausfallschadens gerichtete Klage insgesamt und die auf ein Schmerzensgeld gerichtete Klage insoweit abzuweisen, als der Klägerin ein höheres Schmerzensgeld als 34.000 DM zugesprochen worden ist und

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzlichen Vorbringen und meint, der Vortrag der Klägerin in der Berufungserwiderung widerspreche teilweise ihren erstinstanzlichen Behauptungen. Die nachgeschobenen Haushaltshilfekosten seien, früher als Schaden des Ehemannes geltend gemacht und reguliert worden.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Für den Fall der Unzulässigkeit ihrer Berufung hat sich sie bezüglich des erweiterten Schmerzensgeldbegehrens hilfsweise der Berufung des Beklagten angeschlossen.

Der Beklagte beantragt,

die Hilfsanschlußberufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akten 4 O 98 LG Arnsberg = OLG Hamm lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Der Senat hat die Klägerin persönlich gehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen E und K. Der Sachverständige Dr. med. D hat sein im ersten Rechtszug erstattetes Gutachten im Senatstermin mündlich erläutert. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die selbständige Berufung der Klägerin ist mangels Beschwer unzulässig (§ 511 a Abs. 1 S. 1 ZPO). Die klagende Partei ist durch eine gerichtliche Entscheidung nur dann beschwert, wenn diese von dem in der unteren Instanz gestellten Antrag zu ihrem Nachteil abweicht, ihrem Begehren also nicht voll entsprochen worden ist (BGH NJW 1984, 371; NJW 1994, 2697). Das ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat in erster Instanz ein angemessenes Schmerzensgeld verlangt und vorgetragen, angemessen sei ein Betrag von insgesamt 60.000 DM. Diesem Antrag hat das Landgericht in vollem Umfang (unter Berücksichtigung der unstreitig auf das Schmerzensgeld erfolgten Zahlung von 17.900 DM) entsprochen. Damit ist der Klägerin das zugesprochen worden, was sie beantragt hat. Zwar kann eine Partei eine Klage auch noch im Berufungsrechtszug erweitern (§ 523, 264 Nr. 2 ZPO), doch darf die Klageerweiterung nicht, wie es hier der Fall ist, das alleinige Ziel des Rechtsmittels sein. Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Erweiterung der Klage in zweiter Instanz eine zulässige Berufung voraus. Diese liegt nur vor, wenn die klagende Partei mit dem Rechtsmittel zumindest auch die Beseitigung einer indem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt (BGHZ 85, 140; BGH NJW 1992, 2296; NJW 1996, 572). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Die Klägerin begehrt mit ihrem Rechtsmittel nämlich ausschließlich ein höheres Schmerzensgeld. Streitgegenstand in erster Instanz war entsprechend der Betragsvorstellung der Klägerin ein Schmerzensgeld von (insgesamt) 60.000 DM. Hat die klagende Partei - wie hier - ein angemessenes Schmerzensgeld unter Angabe einer Betragsvorstellung verlangt und hat das Gericht ihr ein Schmerzensgeld in eben dieser Höhe zuerkannt, so ist sie durch das Urteil nicht beschwert und kann es nicht mit dem alleinigen Ziel eines höheren Schmerzensgeldes anfechten (BGH NJW 1999, 1339).

Die unzulässige Berufung der Klägerin kann nicht in eine unselbständige Anschlußberufung umgedeutet werden. Diese wäre allerdings zulässig. Da sie nicht als Rechtsmittel angesehen wird, setzt sie keine Beschwer voraus. Deshalb kann sich der in erster Instanz voll durchgedrungene Kläger der Berufung des Beklagten zur Klageerweiterung anschließen (BGHZ 4, 234). Nach ständiger Rechtsprechung kann eine unzulässige Berufung grundsätzlich in eine zulässige Anschlußberufung umgedeutet werden. Auch im Verfahrensrecht gilt analog § 140 BGB der Grundsatz, daß eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige und wirksame umzudeuten ist, wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (BGH NJW 1987, 2362, 2363). Zwar wird eine Partei in aller Regel eine unzulässige Hauptberufung als Anschlußberufung retten wollen, doch darf die Auslegung in Fällen dieser Art nicht ergeben, daß die Partei ausschließlich ein selbständiges Rechtsmittel einlegen wollte (BGH NJW 1995, 3263; NJW 2000, 3215, 3216). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Das ergibt sich zum einen daraus, daß die Klägerin ihre Berufung schon am 8. Mai 2000 eingelegt hat, während die Berufung des Beklagten erst wesentlich später, nämlich erst am 25. Mai 2000 bei Gericht eingegangen ist. Zum anderen hat die Klägerin sich selbst als Berufungsklägerin bezeichnet und als solche eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erbeten. Hinzu kommt, daß von einer Anschlußberufung zunächst keine Rede gewesen ist, und zwar weder in der Berufungsbegründung der Klägerin noch in ihrer Erwiderung auf die Berufung des Beklagten.

Eine Anschlußberufung liegt aber darin, daß die Klägerin im Senatstermin erklärt hat, daß sie sich bezüglich des erweiterten Schmerzensgeldbegehrens hilfsweise der gegnerischen Berufung anschließe. Das ist zulässig, denn eine unselbständige Anschlußberufung kann bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz eingelegt werden. Zwar ist dafür gem. § 522 a ZPO grundsätzlich die Einreichung eines Schriftsatzes erforderlich. Das gilt jedoch nicht, wenn - wie hier - der Antrag der unselbständigen Anschlußberufung und der Antrag der zuvor eingelegten (selbständigen) Berufung identisch sind. In diesem Fall genügt eine (auch stillschweigend mögliche) Bezugnahme auf den Antrag der (selbständigen) Berufung.

II.

Die Berufung des Beklagten hat zum Teil Erfolg. Die Anschlußberufung der Klägerin ist (abgesehen von dem klageerweiternd geltend gemachten Zinsanspruch) unbegründet.

1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB 3 PflVersG einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt 75.639,71 DM. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 71.265,71 DM Verdienstausfall für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31 März 1996 und weiteren 4.374 DM Haushaltshilfekosten für die Zeit von August 1991 bis Mai 1992.

Die volle Haftung des Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Der zu ersetzende Schaden umfaßt den Verdienstausfall der Klägerin. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß die Klägerin einen Verdienstausfall erlitten hat, denn ohne den Unfall wäre ihr Verdienst in dem genannten Zeitraum nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit höher gewesen wäre, als er tatsächlich war (§ 252 S. 2 BGB). Die Klägerin hätte ohne den Unfall in ihrem gelernten Beruf als Krankenschwester gearbeitet und dadurch ein höheres (Netto-)Einkommen erzielt.

aa)

Die Klägerin hätte ohne den Unfall als Krankenschwester arbeiten können. Dazu wäre sie trotz der Voroperationen gesundheitlich in der Lage gewesen. Die letzte Operation im Bauchbereich war am 2. April 1990, also knapp zwei Monate vor dem Unfall. Nach den gutachterlichen Feststellungen, war die Klägerin danach beschwerdefrei. Wie der Sachverständige Dr. med. D überzeugend dargelegt hat, stand der damalige Zustand der Bauchdecke einer Wiederaufnahme der Tätigkeit als Krankenschwester nicht entgegen. Die vor dem Unfall vorgenommenen Schritte waren - im Gegensatz zu den späteren, in Medianlinie ausgeführten Schnitten - so angelegt, daß sie besser vertragen werden konnten.

bb)

Die Klägerin hätte ohne den Unfall ihre frühere Tätigkeit wieder aufgenommen. Nach ihren eigenen Angaben ist davon auszugehen, daß sie wieder berufstätig sein wollte, sobald die häusliche und familiäre Situation dies erlaubten. Das wäre ohne den Unfall im Jahr 1992 der Fall gewesen. Richtig ist, daß die Klägerin zwei Kinder zu versorgen hatte. Ihre Tochter war damals 8 1/2 Jahre alt, ihr Sohn war 3 1/4 Jahre alt. Für eine Arbeitsaufnahme spricht aber, daß die Klägerin auch nach der Geburt ihres ersten Kindes wieder berufstätig war. Sie nahm die Arbeit wieder auf, als die Tochter drei Jahre alt war. Anfang 1992 war ihr zweites Kind, der Sohn, in diesem Alter. Hinzu kommt, daß die Klägerin von ihrer Schwiegermutter unterstützt worden wäre. Wie der Ehemann der Klägerin, der Zeuge glaubhaft bekundet hat, konnte seine Mutter damals zwar keine körperlich anstrengenden Hausarbeiten mehr ausführen, wohl aber zeitweise die Kinder betreuen. Das hätte genügt, denn die Tochter ging morgens zur Schule und der Sohn besuchte vormittags den Kindergarten. Die Arbeitszeit des Ehemannes endete um 16.00 Uhr nachmittags. Wenig wahrscheinlich ist jedoch, daß die Klägerin sofort eine Vollzeittätigkeit aufgenommen hätte. Abgesehen davon, daß sie auch nach der Geburt ihres ersten Kindes zunächst eine Halbtagsarbeit aufgenommen hatte, spricht gegen eine Vollbeschäftigung auch ihre eigene Erklärung in der persönlichen Anhörung vor dem Landgericht, in der sie selbst die Möglichkeit einer Teilzeitarbeit erwähnt hat. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß sie später (ab 9. April 1996, unmittelbar nach Beendigung der Umschulung) ganztägig als Bürokauffrau tätig war. Im Hinblick darauf geht der Senat davon aus, daß sie auch als Krankenschwester alsbald wieder eine Vollbeschäftigung angenommen hätte. Der Senat hält es für hinreichend wahrscheinlich, daß die Klägerin einige Zeit nach Aufnahme ihres Sohnes in den Kindergarten wieder eine volle Stelle angetreten hätte. Das wäre zu Beginn des Jahres 1993 der Fall gewesen.

cc)

Die Klägerin hätte damals ohne den Unfall eine Stelle als Krankenschwester gefunden. Davon ist der Senat nach den Aussagen der Zeugen R und E überzeugt. Beide Zeugen haben darauf hingewiesen, daß seinerzeit Personalmangel bestand. Eine Einstellung wäre selbst dann erfolgt, wenn die Klägerin sich nicht bereitgefunden hätte, wechselnden Schichtdienst zu leisten. Beide Zeugen haben zum Ausdruck gebracht, daß man sich seinerzeit den Wünschen der Mitarbeiter nicht verschlossen hätte. Der personelle Engpaß habe eine gewisse Flexibilität notwendig gemacht.

dd)

Wegen der unfallbedingten Verletzungsfolgen konnte die Klägerin den Beruf einer Krankenschwester nicht mehr ausüben. Dafür spricht das Gutachten des Sachverständigen Dr. D der auf die erhebliche Schwächung der Bauchdecke, die Verwachsungen im Bauchbereich und die Beschwerdesymptomatik im Fuß hingewiesen hat. Im Senatstermin hat der Sachverständige klargestellt, daß er als Arzt eine Umschulung empfohlen und der Klägerin, wegen der körperlichen Beanspruchung von einer Tätigkeit im Krankenhaus abgeraten hätte.

ee)

Das tatsächliche Einkommen der Klägerin blieb hinter ihrem fiktiven Einkommen zurück.

(1)

Die Methode der Schadensberechnung war in erster Instanz unklar. Das Landgericht hat den Verdienstausfall der Klägerin durch einen Vergleich der jeweiligen Nettoeinkommen ermittelt.

Diese Schadensberechnung macht sich die Klägerin zu eigen. Sie ist grundsätzlich richtig. Zur Ermittlung des Verdienstausfallschadens eines abhängig Beschäftigten sind zwei Berechnungsmethoden entwickelt worden, die Bruttolohnmethode, bei der die ersparten Steuern als Vorteil vom Schaden abgezogen werden, und die modifizierte Nettolohnmethode, bei der der Schaden in der Weise begriffen wird, daß der Schädiger von vornherein nur Anspruch auf das fiktive Nettogehalt hat, jedoch zuzüglich der darauf zu entrichtendem Steuern (Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 7. Aufl., Rdn. 53 ff). Hier wird die Steuerlast, die sich aus der am fiktiven Nettogehalt orientierten Schadensersatzleistung ergibt, als zusätzlicher Teil des Schadens begriffen. Bei Anwendung dieser Methode wird praktischerweise so verfahren, daß zunächst eine Schadensersatzleistung erbracht wird, die sich am fiktiven Nettogehalt orientiert. Wenn diese dem Geschädigten zugeflossen ist, wird das Steuerverfahren durchgeführt, und danach hat der Verpflichtete den Geschädigten von der aus der Schadensersatzleistung resultierenden Steuerlast freizustellen (OLG Hamm, r + s 1999, 347). Dadurch wird er Geschädigte nicht benachteiligt, denn weil er auf die Entschädigung - also auf das entgangene fiktive Nettoeinkommen und die darauf entfallende Steuer - und nicht nur auf das Nettoeinkommen Steuern zu entrichten hat, ist der Steuerbetrag im Wege des "Abtastens" anhand der Steuertabelle festzustellen. Dabei ist der Steuerbetrag zu ermitteln, bei dessen Entrichtung dem Geschädigten ein Betrag in Höhe des fiktiven Nettoeinkommens verbleibt (vgl. Kullmann. VersR 1993, 385, 386).

Für die Feststellung des fiktiven Einkommens sind die fiktiven Nettobezüge zugrunde zu legen, die der Arbeitgeber des Geschädigten ohne den Unfall ausgezahlt hätte. Diese Bezüge sind auf der Grundlage der Monatssteuertabellen, die auch der Arbeitgeber bei der Ermittlung der einzubehaltenden Lohnsteuer zu berücksichtigen hat, zu errechnen (BGH NJW 1995; 389, 391). Besondere steuerrechtliche Regelungen wie Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen haben außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH VersR 1958, 528, 529), solange sie nicht vom Geschädigten nachgewiesen werden. Die Feststellung des Nettoeinkommens (bzw. Vorteilsbetrages) setzt also nicht etwa eine Art hypothetische Einkommensteuerveranlagung des Geschädigten voraus (BGH, NJW 1995, 389, 390).

Im Streitfall ist davon auszugehen, daß die Klägerin, wenn sie nicht als Bürokauffrau, sondern als Krankenschwester mit voller Stelle (ab 1993) gearbeitet und dadurch einen höheren Verdienst erzielt hätte, die Steuerklasse IV gewählt hätte. Dann hätte sie das vom Landgericht für maßgebend erachtete (höhere) Nettoeinkommen erzielt. Durch diese Berechnung wird der Beklagte nicht benachteiligt, denn er schuldet insgesamt maximal die Differenz, die sich bei einem Vergleich des tatsächlichen mit dem fiktiven Bruttoeinkommen ergibt. Wird die Schadensberechnung nach der Nettolohnmethode durchgeführt, hat er die zu entrichtende Steuer an das Finanzamt zu zahlen. Die Klägerin erhält das, was sie ohne den Unfall netto verdient hätte. Inwieweit ihr (möglicherweise) indirekt dadurch ein Vorteil erwächst, daß die monatlich zu entrichtende Lohnsteuer ihres Ehemannes seinerzeit nach der (günstigeren) Steuerklasse III berechnet wurde, während bei ihm, wenn für die Klägerin seinerzeit die Steuerklasse IV maßgebend gewesen wäre, ebenfalls die (für ihn ungünstigere) Steuerklasse IV zugrunde gelegt worden wäre, könnte nur durch einen Vergleich der sich für das gesamte Steuerjahr geschuldeten Einkommensteuer beurteilt werden. Dazu müßte nachträglich eine hypothetische Einkommensteuerveranlagung der Klägerin und ihres Ehemannes durchgeführt werden. Das ist aber nicht erforderlich, denn § 287 ZPO erlaubt dem Gericht, die Schadenshöhe nach billigem Ermessen zu schätzen. Der Billigkeit entspricht es, für die Schadensberechnung von der Steuerklasse IV auszugehen. Würde die Steuerklasse V zugrunde gelegt, ergäbe sich zum Nachteil der Klägerin ein zu geringes Nettoeinkommen. Unter Berücksichtigung der Höhe ihres Einkommens und des damaligen Einkommens ihres Ehemannes wären die jetzigen Lohnsteuerabzüge im Ergebnis zu hoch. Da für die Besteuerung der Schadensersatzleistung - im Unterschied zur Besteuerung des laufenden Einkommens - weder ein Lohnsteuerjahresausgleichs noch eine Einkommensteuerveranlagung durchgeführt wird, hätte die Klägerin keine Möglichkeit, die Steuerlast nachträglich auf die Jahressteuerschuld zu reduzieren. Das wäre unbillig.

Der Senat übersieht nicht, daß nach einer älteren Entscheidung des Bundesgerichtshofes (VersR 1970, 640) eine erwerbstätige Ehefrau, die zusammen mit ihrem ein höheres Einkommen erzielenden Ehemann die gemeinsame Steuerveranlagung gewählt hat, von dem Schädiger, der neben dem entgangenen Nettoverdienst die Steuern zu ersetzen hat, nur den Einkommen-Steuerbetrag ersetzt verlangen kann, der sich ergäbe, wenn sie allein zur Steuer veranlagt wäre. Diese Entscheidung ist hier nicht einschlägig. Sie betrifft nicht den Nettolohnschaden, sondern die vom Schädiger daneben zu ersetzende Steuer. Zudem ist fraglich, ob dieser Entscheidung zu folgen wäre, denn sie widerspricht dem Grundsatz, daß bei richtiger Anwendung von Bruttolohnmethode und Nettolohnmethode für den Geschädigten dasselbe Ergebnis erreicht werden soll (Kullmann, VersR 1993, 385, 386).

Abweichend von der landgerichtlichen Schadensschätzung ist indessen zu berücksichtigen, daß die Kinderfreibeträge für zwei Kinder der Klägerin und ihrem Ehemann insgesamt nur einmal zugute kommen können. Da der Ehemann die Freibeträge voll in Anspruch genommen hat, muß sich die Klägerin so behandeln lassen, als wären die Freibeträge mit ihrer Zustimmung entsprechend § 32 Abs. VI S. 4 EStG a.F. auf ihren Ehemann übertragen worden. Das gilt für die Berechnung der Lohnsteuer für die Jahre 1992 bis 1995. Wegen der Anfang 1996 in Kraft getretenen Neuregelung des Kindergeldrechts wirken sich von diesem Zeitpunkt an die Freibeträge auf die Berechnung Lohnsteuer nicht mehr aus.

Im übrigen bewegt sich die vom Landgericht vorgenommene Schadensschätzung insgesamt im Rahmen des gem. § 287 ZPO eingeräumten billigen Ermessens. Das gilt insbesondere auch für die Einstufung in die Vergütungsgruppe Kr V, Grundvergütungsstufe 8 (ab Januar) bzw. 9 (ab Oktober 1992). Soweit dabei einzelne schadensmindernde Faktoren wie fiktive Fahrtkosten außer Ansatz geblieben sind, werden sie im Ergebnis durch ebenfalls unberücksichtigt gebliebene entgangene Vorteile - wie z.B. Vergütungen für Nachtwachen, Bereitschafts- oder Wochenenddienstzuschläge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld - aufgewogen. Insoweit wird Bezug genommen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Schlußurteils und des (ebenfalls angefochtenen) Urteils vom 3. Dezember 19991 in dem Parallelverfahren LG Arnsberg, OLG Hamm.

(2.)

Im einzelnen ergibt sich folgender Verdienstausfall:

1992 Jan.-Sept. Okt.-Dez.

Fiktiver Bruttoverdienst (Teilzeit) 2.079,18 2.115,52 DM Lohnsteuer (Klasse V) 449,66 459,33 DM Solidaritätszuschlag (7,5 %) 33,72 34,45 DM Kirchensteuer (9 %) 40,47 41,34 DM Krankenversicherung (6,15 %) 127,87 130,04 DM Rentenversicherung (8,85 %) 184,01 187,22 DM Arbeitslosenversicherung (3,15 %) 65,49 66,64 DM monatlicher Nettoverdienst 1.177,96 1.196,50 DM insgesamt: 10.601,64 3.589,50 DM

Fiktiver Jahresnettoverdienst: 14.191,14 DM Leistungen des Arbeitsamtes: 7.422,00 DM

Verdienstausfall 1992: 6.769,14 DM

1993

Fiktiver Bruttoverdienst (Vollzeit) 4.304,92 DM Lohnsteuer (Klasse IV/0) 811,83 DM Solidaritätszuschlag (7,5 %) 60,89 DM Kirchensteuer (9 %) 73,07 DM Krankenversicherung (6,75 %) 290,58 DM Rentenversicherung (8,75 %) 376,68 DM Arbeitslosenversicherung (3,25 %) 139,91 DM monatlicher Nettoverdienst 2.551,96 DM

Fiktiver Jahresnettoverdienst: 30.623,52 DM Leistungen des Arbeitsamtes: 10.666,80 DM

Verdienstausfall 1993: 19.956,72 DM

1994

Fiktiver Bruttoverdienst (Vollzeit) 4.421,58 DM Lohnsteuer (Klasse IV/0) 849,00 DM Solidaritätszuschlag (7,5 %) 63,68 DM Kirchensteuer (9 %) 76,42 DM Krankenversicherung (6,75 %) 298,46 DM Rentenversicherung (9,6 %) 424,47 DM Arbeitslosenversicherung (3,25 %) 143,70 DM monatlicher Nettoverdienst 2.565,57 DM

Fiktiver Jahresnettoverdienst: 30.789,24 DM Leistungen des Arbeitsamtes: 11.013,60 DM

Verdienstausfall 1994: 19.775,64 DM

1995

Fiktiver Bruttoverdienst (Vollzeit) 4.563,07 DM Lohnsteuer (Klasse IV/0) 891,08 DM Solidaritätszuschlag (7,5 %) 66,83 DM Kirchensteuer (9 %) 80,20 DM Krankenversicherung (6,75 %) 308,01 DM Pflegeversicherung (0,5 %) 22,82 DM Rentenversicherung (9,3 %) 424,37 DM Arbeitslosenversicherung (3,25 %) 148,30 DM monatlicher Nettoverdienst 2.621,46 DM

Fiktiver Jahresnettoverdienst: 31.457,52 DM Leistungen des Arbeitsamtes: 13.112,00 DM

Verdienstausfall 1995: 18.345,52 DM

1996

Fiktiver Bruttoverdienst (Vollzeit) 4.563,07 DM Lohnsteuer (Klasse IV) 888,41 DM Solidaritätszuschlag (7,5 %) 66,63 DM Kirchensteuer (9 %) 79,96 DM Krankenversicherung (6,75 %) 308,01 DM Pflegeversicherung (0,5 %) 22,82 DM Rentenversicherung (9,6 %) 438,05 DM Arbeitslosenversicherung (3,25 %) 148,30 DM monatlicher Nettoverdienst 2.610,89 DM

Fiktiver Nettoverdienst bis März: 7.832,67 DM Leistungen des Arbeitsamtes: 1.567,70 DM

Verdienstausfall 1996 bis März: 6.269,97 DM

Verdienstausfall insgesamt: 71.265,71 DM

b)

Die Klägerin hat darüber hinaus einen Anspruch auf Ersatz von Haushaltshilfekosten in Höhe von 4.374,00 DM für die Zeit von August 1991 bis Mai 1992. Dieser Schaden ist nach Grund und Höhe unstreitig. Soweit der Beklagte Erfüllung einwendet, ist er beweisfällig geblieben. Daß dieser Betrag gezahlt oder Gegenstand eines mit dem Ehemann der Klägerin geschlossenen Abfindungsvergleichs ist, läßt sich nicht feststellen.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes gem. §§ 823 Abs. 1, 847 BGB, 3 PflVersG. Der ihr vom Landgericht zugesprochene Betrag von insgesamt 60.000 DM (abzüglich gezahlter 17.900 DM) ist unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen, aber auch ausreichend. Das Landgericht hat die Art und das Ausmaß der Verletzungen und Schmerzen, die Schwere der ärztlichen Eingriffe, Anzahl und Dauer der durchgeführten Behandlungen, die entstandenen und verbliebenen Verletzungsfolgen und die sich daraus bisher und in Zukunft ergebenden Beeinträchtigungen gewürdigt und dabei auch berücksichtigt, daß die Klägerin zum Unfallzeitpunkt erst 32 Jahre alt war. Der Senat schließt sich der Bewertung des Landgerichts an. Auch das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz rechtfertigt kein höheres Schmerzensgeld. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Zeitfaktors und des Regulierungsverhaltens des Beklagten. Eine Verrechnung wegen überzahlter Haushaltshilfekosten in Höhe eines Betrages von 8.100,00 DM kommt dagegen nicht in Betracht. Nachdem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht festgestellt werden, daß die Klägerin, wenn sie als Krankenschwester gearbeitet hätte im Schichtdienst tätig geworden wäre und deswegen im wöchentlichen Wechsel eine Haushaltshilfe benötigt hätte. Nach den Aussagen der Zeugen R und E ist vielmehr davon auszugehen, daß ihre Dienstzeiten flexibel gehandhabt worden wären.

III.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich gem. §§ 288 Abs. 1 S. 1, 291 BGB.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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