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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.10.2005
Aktenzeichen: 13 U 127/05
Rechtsgebiete: StVG, PflVG, BGB, StVO


Vorschriften:

StVG § 7
StVG § 7 Abs. 1
StVG § 7 Abs. 2
StVG § 9
StVG § 10
StVG § 11 n.F.
PflVG § 3 Nr. 1
BGB § 254
BGB § 1922
StVO § 3 Abs. 2a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 20.06.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Wegen des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 68 ff. GA) verwiesen. Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeuginnen X und L sowie Verwertung der beigezogenen Strafakten (namentlich des darin befindlichen Unfallrekonstruktionsgutachtens) zu Beweiszwecken mit der aus dem angefochtenen Urteil ersichtlichen Begründung die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

2. Mit ihrer gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlich ohne Erfolg gebliebenen Klageanträge weiter. Zur Begründung tragen sie ergänzend im Wesentlichen vor: Das angefochtene Urteil sei rechtsfehlerhaft. Die Beweiswürdigung des Landgerichts überzeuge nicht. Das Landgericht habe einzelne Umstände zu Unrecht (ohne gebotene weitere Sachaufklärung) als gesichert angesehen und andere wesentliche Umstände dahinstehen lassen. Zunächst sei nicht nachvollziehbar, wie das Landgericht zu der Feststellung gelange, dass das Fahrrad des Verstorbenen (jedenfalls vorn) unbeleuchtet gewesen sei. Die beiden vernommenen Zeuginnen hätten hierzu nichts sagen können. Der Sachverständige V habe in seinem im Strafverfahren 70 Js 269/03 Staatsanwaltschaft Essen eingeholten Gutachten (dort S. 7, Bl. 66 BA i.V.m. den Fotos Anlagen A 22 ff., Bl. 95 ff. BA) lediglich festgestellt, dass bei seiner Nachuntersuchung des Fahrrades eine Frontbeleuchtung nicht mehr vorhanden gewesen sei; es sei jedoch nach den Feststellungen des Sachverständigen neben der batteriegetriebenen Rückleuchte auch eine Halterung für eine batteriegetriebene Frontleuchte vorhanden gewesen. Danach könne keineswegs ausgeschlossen werden, dass zum Unfallzeitpunkt eine Frontleuchte installiert gewesen sei. Es könne weiter auch sonst nicht nachvollzogen werden, dass das Fahrrad des Verstorbenen für den Beklagten zu 1 nicht (früher) erkennbar gewesen sein solle. Immerhin hätten die beiden Zeuginnen das Fahrrad anhand der Speichenreflektoren gut erkennen können. Warum dies beim Beklagten zu 1 anders sein solle, habe das Landgericht offen gelassen, obwohl es darauf entscheidend ankomme. Die festgestellten 0,99 Promille bedeuteten allenfalls eine relative Fahruntüchtigkeit. Die landgerichtliche Feststellung alkoholbedingter Ausfälle beim Verstorbenen sei "nicht endgültig" nachvollziehbar. Das Landgericht habe ferner die erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung auf Seiten des Beklagten zu 1 nicht hinreichend berücksichtigt. Nach dem Gutachten V, das im Zweifel dem Beklagten zu 1 günstige Annahmen zugrunde lege, sei mindestens von einem Ausgangstempo des Beklagten zu 1 von 67,5 km/h (statt unstreitig nur erlaubter 50 km/h) auszugehen. Mit einer solchen Geschwindigkeit habe der Verstorbene nicht rechnen müssen. Bei Einhaltung der zulässigen 50 km/h wäre die Kollision nach den Feststellungen des Sachverständigen (vgl. S. 12 f. des Gutachtens, Bl. 71 f. BA) vermieden worden. Schon deshalb sei von einem erheblichen unfallursächlichen Verschulden des Beklagten zu 1 auszugehen. Ein völliges Zurücktreten des Verursachungsanteils des Beklagten zu 1 könne vor diesem Hintergrund nicht angenommen werden, zumal die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeuges gegenüber derjenigen eines Fahrrades generell höher sei. Insgesamt bleibe es dabei, dass wegen des erheblichen Verschuldens des Beklagten zu 1 eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach zu 80 % bestehe.

3. Die Beklagten begehren die Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil und tragen ergänzend vor: Das Landgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Verstorbene das Vorfahrtsrecht des Beklagten zu 1 grob missachtet habe, indem er das für ihn geltende Stopschild - ohne anzuhalten - überfahren und die N-Straße trotz dort gut erkennbar von beiden Seiten herannahender Fahrzeuge überquert habe. Ferner stehe fest, dass der Verstorbene erheblich alkoholisiert gewesen sei. Schon bei den jedenfalls (mindestens) anzunehmenden 0,99 Promille könne nach allgemeiner Lebenserfahrung von einer Minderung der Reaktionsfähigkeit und Kritikfähigkeit gegenüber Verkehrsverstößen ausgegangen werden. Die Feststellung des Landgerichts, das Fahrrad sei (jedenfalls vorn) unbeleuchtet gewesen, sei keineswegs nicht nachvollziehbar. Eine Frontbeleuchtung habe nach dem Inhalt der Ermittlungsakten nicht festgestellt werden können. Auch nach intensivem Absuchen der Unfallstelle durch die Polizei habe eine Frontbeleuchtung nicht gefunden werden können und sei nur eine beschädigte batteriebetriebene Rückleuchte gefunden worden (vgl. Bl. 125 BA). Es spreche deshalb einiges dafür, dass eine Frontbeleuchtung schon zur Unfallzeit nicht vorhanden gewesen sei. Jedenfalls bleibe es dabei, dass für den Beklagten zu 1 das von links kommende Fahrrad des Verstorbenen trotz der Speichenreflektoren erst erkennbar gewesen sei, als es sich bereits auf der Fahrbahn befunden habe. Dass die (dem Beklagten zu 1 entgegenkommenden) beiden Zeuginnen das Fahrrad anhand der Reflektoren schon auf dem Feldweg wahrgenommen hätten, erkläre sich aus dem nach rechts (also zum Feldweg hin) ausgerichteten Abblendlicht ihrer Fahrzeuge. Die vom Sachverständigen V festgestellte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit seitens des Beklagten zu 1 (65-70 km/h statt erlaubter 50 km/h, vgl. S. 10 und 13 des Gutachtens, Bl. 69, 72 BA) habe das Landgericht angemessen berücksichtigt. Es sei zu Recht davon ausgegangen, dass trotz dieser Geschwindigkeitsüberschreitung der Verursachungsanteil des Beklagten zu 1 hinter dem groben Eigenverschulden des Verstorbenen ganz zurücktrete.

4. Die Akten 70 Js 269/03 Staatsanwaltschaft Essen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass die geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 07.11.2003 schon dem Grunde nach nicht bestehen.

1. Die Voraussetzungen der hier in Rede stehenden Anspruchsgrundlagen - §§ 7, 10, 11 StVG n.F., 3 Nr. 1 PflVG, 1922 BGB - sind allerdings an sich erfüllt. Dass der Unfall sich i.S. des § 7 Abs. 1 StVG beim Betrieb des Fahrzeuges des Beklagten zu 1 ereignet hat, steht außer Zweifel. Höhere Gewalt i.S. des § 7 Abs. 2 StVG (vgl. dazu allgemein nur Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 7 StVG, Rdn. 32 ff., 35) liegt nicht vor. Ein Haftungsausschluss wegen Unabwendbarkeit des Unfalls (wie nach § 7 Abs. 2 StVG a.F.) kommt gegenüber Radfahrern nach neuem Recht nicht mehr in Betracht (vgl. dazu nur Hentschel, a.a.O., § 7 StVG, Rdn. 36 ff. sowie Becker/Böhme/Biela, Kraftverkehrs-Haftpflichtschäden, 22. Aufl., Rdn. A 54 ff.). Der Beklagte zu 1 ist unstreitig Halter des unfallbeteiligten BMW und die Beklagte zu 2 der KFZ-Haftpflichtversicherer. Die Kläger sind ferner unstreitig die Erben des unfallbedingt verstorbenen Radfahrers T, denen auch (i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG) die Verpflichtung oblegen hat, die Beerdigungskosten zu tragen (§ 1968 BGB). Nach alledem haften die Beklagten den Klägern gegenüber grundsätzlich dem Grunde nach gesamtschuldnerisch für den hier in Rede stehenden Schaden.

2. Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Landgerichts, dass die gem. §§ 9 StVG, 254 BGB vorzunehmende Abwägung der Verursachungsanteile des Beklagten zu 1 einerseits und des Verstorbenen andererseits zu einem völligen Ausschluss der Haftung der Beklagten führt. Es liegt ein ganz gravierendes Eigenverschulden des Verstorbenen vor, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Zu Recht (und von Klägerseite letztlich auch unbeanstandet) ist das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass der Verstorbene trotz des für ihn geltenden Stopschildes (vgl. das Foto, Anlage Blatt 6 zum Gutachten V Bl. 79 BA) und der klar erkennbar (vgl. zu den Sichtweiten für den Verstorbenen, insbesondere derjenigen nach rechts über mehrere 100 m, S. 6 des Gutachtens V, Bl. 65 BA i.V.m. den Anlagen Blatt 3-7, Bl. 76 ff. BA) von beiden Seiten herannahenden bevorrechtigten Kraftfahrzeuge, die allesamt unstreitig mit Abblendlicht fuhren (vgl. für das Beklagtenfahrzeug auch S. 8 des Gutachtens V, Bl. 67 BA), ohne anzuhalten auf die zu überquerende Fahrbahn der N-Straße aufgefahren ist. Darin liegt ein ganz gravierender schuldhafter Verkehrsverstoß, der sich auch unzweifelhaft unfallursächlich ausgewirkt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verstorbene auch mit Geschwindigkeitsüberschreitungen der herannahenden Fahrzeuge (hier namentlich des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) rechnen musste, jedenfalls mit der hier in Rede stehenden Geschwindigkeitsüberschreitung um 15 - 20 km/h = 30-40 % (vgl. dazu nur Hentschel, a.a.O., § 8 StVO, Rdn. 53). Ferner ist davon auszugehen, dass der Verstorbene erheblich alkoholisiert gewesen ist. Die gut zwei Stunden nach dem Unfall (vgl. Bl. 27 BA) im Krankenhaus entnommene Blutprobe hat - auf den Unfallzeitpunkt zurückgerechnet - unstreitig einen Wert von 0,99 Promille ergeben (vgl. Bl. 30 BA). Dabei ist noch unberücksichtigt geblieben, dass der Verstorbene vor Entnahme der Blutprobe einen erheblichen Blutverlust erlitten und mehrere Liter Blutersatz erhalten hatte (vgl. Bl. 28 BA). Es spricht deshalb sehr viel dafür, dass die Blutalkoholkonzentration zum Unfallzeitpunkt noch deutlich höher war (Genaueres könnte allerdings nur ein Sachverständiger feststellen). Jedenfalls kann mit dem Landgericht (auch ohne Sachverständigen) von einer unfallursächlichen erheblichen alkoholbedingten Einschränkung der Fahrtüchtigkeit und entsprechenden Ausfallerscheinungen ausgegangen werden. Dafür spricht schon die Fahrweise des Verstorbenen, der weder das Stopschild noch die erkennbar herannahenden Fahrzeuge beachtet hat. Schließlich ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass der Verstorbene ohne vordere Beleuchtung seines Fahrrades gefahren ist, was seine Erkennbarkeit naturgemäß jedenfalls erschwerte. Zwar haben die beiden vernommenen Zeuginnen hierzu nichts sagen können, und zwar weder positiv noch negativ (vgl. Bl. 47 f. GA und auch Bl. 2 f., 39 ff., 135 ff. BA). Jedoch war bei der Besichtigung des Fahrrades durch den Sachverständigen V keine vordere Beleuchtungseinrichtung vorhanden; an dem Fahrrad befand sich keine Scheinwerferhalterung sondern nur ein evtl. für eine batteriebetriebene Leuchte oder auch einen Tacho bestimmter Halteschuh (vgl. S. 7 des Gutachtens, Bl. 66 BA i.V.m. den Lichtbildern Anlage Blatt 22 ff., Bl. 95 ff. BA sowie auch den polizeilichen Vermerk Bl. 125 BA). Bei einer intensiven Nachsuche am Unfallort wurde keine vordere Beleuchtungseinrichtung - und überdies auch keine Batterie für das aufgefundene Batterierücklicht - gefunden (vgl. dazu den polizeilichen Vermerk Bl. 125 BA). Es spricht deshalb alles dafür, dass das Fahrrad tatsächlich (jedenfalls vorn) unbeleuchtet war, zumal auch die Zeuginnen eine eingeschaltete Beleuchtung nicht positiv bestätigen konnten und selbst die Kläger in erster Instanz nicht ausdrücklich und konkret geltend gemacht haben, dass das Fahrrad beleuchtet gewesen sei (vgl. dazu Bl. 4 GA, wo lediglich auf die "für Aufmerksamkeit sorgenden Speichenreflektoren" hingewiesen wird, und auch Bl. 49, 50 GA). Dem nach alledem in mehrfacher Hinsicht vorliegenden gravierenden Verschulden des Verstorbenen steht auf der anderen Seite zunächst die normale Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges gegenüber.

Konkrete Anhaltspunkte für einen (von den Klägern auch nicht geltend gemachten) Verstoß des Beklagten zu 1 gegen § 3 Abs. 2a StVO sind nicht zu erkennen. Dass der Verstorbene vom Beklagten zu 1 trotz der Dunkelheit rechtzeitig als "hilfsbedürftige Person" hätte erkannt werden können, ist nicht ersichtlich. Eine frühzeitige Erkennbarkeit des (jedenfalls vom) unbeleuchteten Fahrrades auf dem von links einmündenden Feldweg für den Beklagten zu 1 erscheint überhaupt - angesichts seines nach rechts ausgerichteten Abblendlichtes - von vornherein zumindest sehr zweifelhaft.

Ein Reaktionsverschulden des Beklagten zu 1 lässt sich nicht feststellen. Der Sachverständige V ist in seinem im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten (dort S. 10f., Bl. 69 f. BA) von einem - im Strafverfahren auch von der Zeugin X bestätigten (vgl. Bl. 135 BA) - normalen Radfahrertempo (10-16 km/h) ausgegangen und hat (vgl. S. 11 f., Bl. 70 f. BA i.V.m. Anlage Blatt 34, Bl. 107 BA) ausgeführt, dass dann, wenn man von einer Geschwindigkeit des Radfahrers von 16 km/h ausgehe, eine verspätete Reaktion des Beklagten zu 1 nicht in Betracht zu ziehen sei. V hat dann weiter ausgeführt, dass bei Annahme einer Geschwindigkeit des Radfahrers von 10 km/h der Beklagte zu 1 verspätet reagiert hätte und bei entsprechender Aufmerksamkeit 0,7 sec. früher (am in Anlage Blatt 34, Bl. 107 BA eingezeichneten Punkt Rm, der nach der Skizze ca.12,5 m vor dem tatsächlichen Reaktionspunkt, mithin rd. 33 m vor dem Kollisionsort liegt) hätte reagieren können. Dass dann die Kollision vermieden worden wäre, sagt der Sachverständige nicht und kann auch nicht angenommen werden (arg.: Die Blockierspur des Beklagtenfahrzeuges lief nach dem Kollisionsort noch ca. 15,5 m weiter, bevor dann das Fahrzeug noch über 17 m ausgerollt ist; vgl. S. 6 des Gutachtens, Bl. 65 BA); allerdings wäre die Kollisionsgeschwindigkeit dann deutlich geringer gewesen. Insgesamt lässt sich danach ein unfallursächliches Reaktionsverschulden des Beklagten zu 1 jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, da schon die tatsächliche Geschwindigkeit des Radfahrers nicht genau feststeht.

Fest steht hingegen, dass der Beklagte zu 1 mit einer Geschwindigkeit von 65-70 km/h, also jedenfalls (mehr ist nicht bewiesen) 65 km/h gefahren ist und damit das am Unfallort geltende Limit von 50 km/h um 30 % überschritten hat. Anhaltspunkte für eine (klägerseits in erster Instanz behauptete, jetzt aber nicht mehr ausdrücklich geltend gemachte) noch deutlich höhere Ausgangsgeschwindigkeit des Beklagten zu 1 sind weder hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich; das Gutachten V (vgl. dort insbes. S. 9 f.), auf das sich auch die Kläger bezogen haben, erscheint auch dem Senat in diesem Punkt klar und eindeutig. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass das Gutachten - da im Strafverfahren eingeholt - im Zweifel dem Beklagten zu 1 günstige Annahmen zugrunde lege, hilft ihnen dies nicht weiter; auch im vorliegenden Verfahren muss dem Beklagten zu 1 nämlich eine höhere Ausgangsgeschwindigkeit nachgewiesen werden.

Es spricht einiges dafür, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung sich hier auch ausgewirkt hat. Dabei ist einmal die festgestellte Kollisionsgeschwindigkeit von 60 km/h zu berücksichtigen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen V (vgl. S. 12 des Gutachtens, Bl. 71 BA) hätte die Geschwindigkeit am Kollisionsort bei Annahme einer Ausgangsgeschwindigkeit von 50 km/h nur 30 km/h betragen. Es spricht vieles dafür, dass sich dies (namentlich hinsichtlich der Verletzungen des unfallbeteiligten Radfahrers) schadensmindernd ausgewirkt hätte. Der Sachverständige V hat überdies weiter ausgeführt (vgl. S. 12 f. des Gutachtens, Bl. 71 f. BA), dass bei Einhaltung der vorgeschriebenen 50 km/h seitens des Beklagten zu 1 die Kollision bei Annahme einer durchgehenden Geschwindigkeit des Radfahrers von 16 km/h zeitlich (wegen rechtzeitigen Verlassens des Gefahrenbereichs durch den Radfahrer) und bei Annahme eines durchgängigen Tempos des Radfahrers von 10 km/h bei rechtzeitiger Reaktion auch örtlich vermeidbar gewesen wäre. Ob dies bereits genügt, eine Unfallursächlichkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, mag allerdings aus den vom Landgericht (S. 6 f. des angefochtenen Urteils) angeführten Gründen durchaus fraglich sein, kann aber letztlich auch dahinstehen. Auch bei Annahme einer Unfallursächlichkeit der vorgenannten Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um 30 % (65 km/h statt erlaubter 50 km/h) wiegt aus Sicht des Senats nämlich hier das - wie oben ausgeführt - in mehrfacher Hinsicht grob verkehrswidrige und in extremer Weise selbstgefährdende Verhalten des Verstorbenen so schwer, dass der Verursachungsanteil des Beklagten zu 1 ganz zurücktritt und damit eine Haftung der Beklagten ausscheidet.

3. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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