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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 05.06.2000
Aktenzeichen: 13 U 222/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
BGB § 398
BGB § 680
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 831
BGB § 278
BGB § 840 Abs. 1
BGB § 426
BGB § 254
ZPO § 91 Abs. 1, 92 Abs. 1
ZPO § 319
ZPO § 708 Ziff. 10
Leitsatz:

Zum Haftungsverzicht und zum gestörten Gesamtschuldnerausgleich, wenn ein angestellter Fahrer Freunde und Verwandte seines Arbeitgebers fährt, er unterwegs einen Gast fahren läßt, der dann einen Unfall verursacht.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 222/99 OLG Hamm 4 O 299/99 LG Münster

Verkündet am 05. Juni 2000

Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Brück und die Richter am Oberlandesgericht Zumdick und Pauge

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers wird unter Zurückweisung beider Rechtsmittel im übrigen das am 29. Oktober 1999 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Münster teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die und Bank AG, 49.934,38 DM nebst 4 %. Zinsen seit dem 19. Juni 1999 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 5.034,51 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. Juni 1999 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen der Beklagte 58 % und der Kläger 42 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert den Beklagten in Höhe von 54.968,89 DM und den Kläger um 39.224,11 DM.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Schadensersatz aus Anlaß eines Verkehrsunfalls, der sich am 1997 gegen 1.05 Uhr auf der Bundesautobahn in S ereignete. Bei diesem Unfall wurde sein Pkw Mercedes-Benz S 500, für den keine Vollkaskoversicherung bestand, total beschädigt. Etwaige Ansprüche aus einem Fahrzeugschaden sind an die Bank abgetreten. Der Beklagte, ein Stiefbruder des Klägers, war zum Zeitpunkt des Unfalls Fahrer des Pkw.

Der Kläger hielt sich seit Herbst 1996 beruflich in Kenia auf. Der Pkw wurde seitdem von Herrn B gefahren, der bei dem Kläger als Chauffeur angestellt war. Der Beklagte war bis zum 1996 ebenfalls bei dem Kläger angestellt gewesen. Er hatte den Pkw, als der Kläger noch in Deutschland weilte, hin und wieder in dessen Auftrag auf kurzen Strecken (von wenigen Kilometern) fahren dürfen.

In der Zeit vom Dezember 1996 bis Januar 1997 hatte die damalige Firma des Klägers Betriebsferien. Der Beklagte, seine Ehefrau und die Mutter des Klägers verbrachten auf Einladung des Klägers einen 14-tägigen Urlaub in dessen Haus in M.

Die Reise hatte der Kläger dem Beklagten geschenkt. Am 1997 kämen der Beklagte, seine Ehefrau und die Mutter des Klägers zurück. Dieser hatte Herrn B beauftragt, seine Mutter am Flughafen in D mit dem Pkw abzuholen und zu ihrem Wohnort nach B zu bringen. Alle vier fuhren zunächst gemeinsam nach B wobei Herr B den Pkw steuerte. Anschließend fuhren der Herr B der Beklagte und dessen Ehefrau in Richtung M. Unterwegs kam es - unter streitigen Umständen - zum Fahrerwechsel. Der Beklagte übernahm des Steuer des Fahrzeugs. In Höhe des Autobahnkilometers 62,880 kam es zu einer Kollision mit einem vorausfahrenden Lkw mit Anhänger. Die Autobahn verfügt hier über drei Richtungsfahrbahnen in Fahrtrichtung M und weist eine Steigung von 2 bis 3 % auf.

Der Beklagte gab gegenüber dem Kläger an, er habe den auf der mittleren Spur fahrenden Lastzug links überholen worden, als der Anhänger plötzlich nach links ausgebrochen und gegen die Beifahrerseite des Pkw geprallt sei; dadurch sei der Pkw ins Schleudern geraten, gegen die Leitplanke geprallt und anschließend mit dem Lkw kollidiert.

Die Firma K nahm den Fahrer des Lkw und dessen Haftpflichtversicherer auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht Hagen holte in dem Vorprozeß (6 O 228/97) ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. H ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, die Unfalldarstellung des Beklagten sei auszuschließen; der Anhänger könne nicht nach links ausgebrochen sein; die Kollision sei darauf zurückzuführen, daß der Pkw ins Schleudern geraten und zunächst gegen das linke Vorderrad des Anhängers und später gegen die hintere linke Ecke des Zugfahrzeugs geprallt sei. Daraufhin wurde die Klage (rechtskräftig) abgewiesen.

Der Kläger hat sich das Beweisergebnis des Vorprozesses zu eigen gemacht und vorgetragen, der Beklagte habe in B verlangt, den Pkw bis M fahren zu dürfen, weil Herr B ihm zu langsam fahre. Der Kläger hat von dem Beklagten Ersatz des Fahrzeugschadens (72.263,87 DM), der Gutachterkosten (2.637,70 DM) und der vergeblich aufgewandten Kosten des Vorprozesses (insgesamt 19.291,43 DM) verlangt.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 94.193,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. Juni 1999 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seine Unfalldarstellung verteidigt und geltend gemacht, es habe im Interesse des Klägers gelegen, daß er das Steuer übernommen habe; Herr B sei in seiner Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt gewesen, weil er an einem grippalen Infekt gelitten habe; der Fahrerwechsel sei nicht schon in B, sondern erst auf der Autobahn bei H erfolgt. Der Kläger könne auch deswegen von ihm keinen Ersatz verlangen, weil er ihm das Fehlen einer Vollkaskoversicherung für den (teuren) Pkw verschwiegen habe. Hinzu komme, daß er bis Mitte Dezember Arbeitnehmer des Klägers gewesen sei; dieser habe ihm die Reise als Belohnung für seine gute und zuverlässige Arbeit anstelle der Zahlung eines Weihnachtsgeldes geschenkt und ihm und seiner Ehefrau bereits vor Antritt des Urlaubs die Rückfahrt durch seinen Chauffeur zugesichert.

Das Landgericht hat die Parteien persönlich gehört und der Klage mit dem angefochtenen Urteil stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Der Beklagte wiederholt seine Unfalldarstellung und behauptet, schon vor Beginn der Reise sei mit dem Kläger vereinbart gewesen, daß Herr B den Beklagten und seine Ehefrau auf dem Hinweg zum Flughafen mitnehmen und bei der Rückkehr dort wieder abholen sollte. Einige Tage vor der Rückreise habe sich Herr B telefonisch bei dem Kläger gemeldet und erklärt, er leide an einer schweren Grippe und habe fast 400° Fieber. Als er sich am Flughafen eingefunden habe, sei er sicht- und hörbar noch deutlich "angeschlagen" gewesen. Als man auf der Rückfahrt von Bonn in Richtung Münster an einer Autobahntankstelle angehalten habe, habe er, der Beklagte, Herrn der noch erschöpfter und elender als bei der Begrüßung am Flughafen ausgesehen habe, gefragt, ob er, der Beklagte, nicht doch besser weiterfahren solle. Herr B habe sofort eingewilligt, ihm die Fahrzeugschlüssel ausgehändigt und auf der Beifahrerseite Platz genommen.

Der Beklagte beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat sich dem Rechtsmittel angeschlossen und beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Beklagte verurteilt wird, an die Bank AG, zu der 75.897,86 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. Juni 1999 und an den Kläger weitere 18.295,14 DM nebst 4 %, Zinsen seit dem 19. Juni zu zahlen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, die Bank habe ihn ermächtigt, die an sie abgetretenen Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Er behauptet, Herr B sei zum Unfallzeitpunkt nicht mehr bei ihm angestellt gewesen.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlußberufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien persönlich gehört und über die Zahlung der Kosten des Vorprozesses Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen B. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks Bezug genommen.

Die Akten 30. des Kreises und 6 O 228/97 LG lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Rechtsmittel sind zulässig. Die Berufung des Beklagten hat (nur) zum Teil Erfolg. Die Anschlußberufung des Klägers führt hinsichtlich der Person des Zahlungsempfängers - teilweise - zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils.

I.

Die Klage ist zulässig. Soweit der Klageanspruch zur Sicherung eines Darlehns an die Bank abgetreten ist, liegen die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozeßstandschaft vor. Die Bank hat den Kläger zur Prozeßführung ermächtigt. Den Inhalt der dazu vorgelegten Bankbescheinigung vom 29. Mai 2000 hat der Beklagte nicht substantiiert bestritten. Als Zedent hat der Kläger ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran, die Forderung der Bank im eigenen Namen geltend zu machen (vgl. BGH NJW 1995, 31f36).

II.

Die Klage ist in Höhe von insgesamt 54.968,89 DM (nebst Zinsen) begründet.

1.

Die Bank hat gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht des Klägers gem. §§ 823 Abs. 1, 398 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 49.934,38 DM.

a)

Der Kläger war zum Zeitpunkt des Unfalls - unstreitig - Eigentümer des beschädigten Pkw. Etwaige Ansprüche aus einem Fahrzeugschaden sind an die Bank abgetreten.

b)

Nach dem im Vorprozeß eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. H das dem Beklagten in allen Einzelheiten bekannt ist und welches von ihm in diesem Rechtsstreit nicht substantiiert bestritten wird, hat er den Unfall verursacht, weil er die Kontrolle über den Pkw verloren hat. Für den Lkw-Fahrer war die Kollision unvermeidbar. Damit ist der Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB (fahrlässige Eigentumsbeschädigung durch den Beklagten) erfüllt. Die Schadenshöhe ist nicht bestritten.

b)

Ein gesetzlicher oder (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbarter Haftungsverzicht steht der Inanspruchnahme des Beklagten nicht entgegen.

aa)

Nach der Rechtsprechung kann bei sog. Gefälligkeitsfahrten unter bestimmten Voraussetzungen ein konkludenter Haftungsverzicht, u.U. beschränkt auf mit einfacher Fahrlässigkeit herbeigeführte, nicht haftpflichtversicherte Sachschäden anzunehmen sein (vgl. Geigel/Schlegelmilch, Der Haftpflichtprozeß, 22. Aufl., Kap. 12, Rdn. 33 f.). Die Voraussetzungen dafür können insbesondere dann gegeben sein, wenn der gefällige Fahrer den - nicht mehr fahrtüchtigen - Halter in dessen Pkw fährt und dabei verunglückt (vgl. BGH VersR 1978, 625; VersR 1980, 385; OLG Bamberg, NJW-RR 1986, 252; OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 1986, 1350; Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 254 Rdnrn. 70 - 73 und 79 - 81 m.w.N.).

Im Streitfall ist ein solcher Haftungsverzicht nicht zustande gekommen. Dieser setzt einen Vertrag zwischen dem (späteren) Verletzten und dem (späteren) Schädiger voraus und kann nur bejaht werden, wenn die Abgabe entsprechender Willenserklärungen beider Teile - gegebenenfalls in stillschweigender Form - festgestellt werden kann (Vgl. Geigel/Schlegelmilch, a.a.O., Rdn. 29.). Der Kläger selbst hat keine Erklärung abgegeben. Daß Herr B in seinem Namen gehandelt hat und bevollmächtigt war, einen Haftungsverzicht zu vereinbaren, gibt der Parteivortrag nicht her.

bb)

Die Voraussetzungen einer die Haftung gem. § 680 BGB (vgl. BGH NJW 1972, 475) privilegierenden Geschäftsführung ohne Auftrag lagen nicht vor. Dafür wäre erforderlich, daß Herr B nicht (mehr) fahrtüchtig war oder der Beklagte ihn zumindest für fahruntüchtig halten durfte. In diesem Fall könnte der Beklagte ein sog. "auch-fremdes" Geschäft geführt haben, sofern der Fahrerwechsel nicht nur in seinem eigenen Interesse, sondern zumindest auch im Interesse des Fahrzeugeigentümers geschah, weil die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr bezweckte. Daß das Eingreifen des Geschäftsführers Erfolg gehabt hat, ist nicht erforderlich (BGHZ 43, 188, 192). Daß Herr B nicht mehr fahrtüchtig war, als der Beklagte das Steuer übernahm, läßt sich jedoch nicht feststellen. Der Beklagte hat bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat vielmehr eingeräumt, daß Herr B noch fahrtüchtig gewesen sei. Der Fahrerwechsel sei kollegialiter erfolgt.

cc)

Der Umstand, daß der Beklagte der Stiefbruder des Klägers ist, hat haftungsrechtlich keine Bedeutung. Das Bestehen naher familiärer Beziehungen begründet für sich allein keinen stillschweigenden Haftungsverzicht (BGHZ 30, 46; 43, 76).

c)

Der Beklagte kann sich für seine Person auch nicht mit Erfolg auf die Grundsätze der Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung (vgl. Geigel/Schlegelmilch, a.a.O., Kap. 12, Rdn. 61 ff.) berufen. Die Voraussetzungen dafür sind nicht erfüllt. Unstreitig war er zum Zeitpunkt des Unfalls nicht mehr Arbeitnehmer des Klägers. Denkbar ist zwar, daß das zuvor gegebene Arbeitsverhältnis noch Nachwirkungen entfaltet hat, wenn die Reise, wie der Beklagte behauptet, die Funktion einer "Weihnachtsgratifikation" hatte und deswegen Teil des Arbeitsentgelts war. Das genügt für sich allein aber nicht, um dem Beklagten als ehemaligem Arbeitnehmer die arbeitsrechtliche Haftungsbeschränkung zugute kommen zu lassen.

d)

Die Haftung des Beklagten ist nicht wegen eines unterbliebenen Hinweises auf das Fehlen einer Vollkaskoversicherung ausgeschlossen oder gemindert. Insoweit liegt ein Mitverschulden § 254 Abs. 1 BGB) des Klägers oder des Herrn B nicht vor. Da der Beklagte keinerlei Veranlassung hatte, auf das Bestehen einer Vollkaskoversicherung zu vertrauen, war ein besonderer Hinweis auf das Fehlen der Versicherung nicht erforderlich.

e)

Für den Umfang der Haftung des Beklagten ist jedoch von Bedeutung, daß Herr B den Schaden mitverursacht hat, indem er dem Beklagten unterwegs das Steuer überließ. Dieser Fahrerwechsel war adäquat kausal für den Unfall. Wäre Herr B selbst weitergefahren, wäre es zu diesem Unfall nicht gekommen.

aa)

Herr B war nicht befugt, den Beklagten fahren zu lassen, denn er war von dem Kläger angewiesen worden, den Pkw selbst zu führen. Ohne ein ausdrückliches oder stillschweigendes Einverständnis des Klägers durfte er das Steuer nicht aus der Hand geben. In eine Überlassung an den Beklagten hatte der Kläger nicht eingewilligt. Ein solches Einverständnis kann nicht daraus hergeleitet werden, daß es dem Beklagten früher gelegentlich erlaubt war, den Pkw zu fahren, denn dabei hatte es sich immer nur um kürzere Strecken gehandelt, und zwar in der Zeit, als der Kläger noch selbst in Deutschland weilte. Hinzu kommt, daß der Beklagte damals noch als Arbeitnehmer bei dem Kläger angestellt war. Dieses Arbeitsverhältnis bestand im Januar 1997 jedoch nicht mehr. Die Überlassung des Steuers an den Beklagten war fahrlässig. Herr B wußte, daß er dazu nicht befugt war. Er hätte bedenken können und müssen, daß mit dem Fahrerwechsel eine nicht unerhebliche Gefahrerhöhung - insbesondere bei schneller Autobahnfahrt bei Dunkelheit - einherging, denn ihm war bekannt, daß der Beklagte mit dem - stark motorisierten - Fahrzeug nicht so vertraut war wie er selbst.

bb)

Das mitwirkende Verschulden des Herrn B führt im Ergebnis zu einer Haftungskürzung des Beklagten.

(1.)

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger sich das Verhalten des Herrn B gem. § 831 BGB zurechnen lassen muß. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist, daß der Schaden nicht nur gelegentlich, sondern in Ausführung einer von dem Gehilfen auszuführenden Verrichtung entstanden ist. Dem könnte hier entgegenstehen, daß die Überlassung des Fahrzeugs an den Beklagten weisungswidrig war (vgl. BGH NJW 1965, 391).

(2.)

Offen bleiben kann auch, ob der Kläger gem. § 278 BGB für das mitwirkende Verschulden des Herrn B einstehen muß. Dafür wäre Voraussetzung, daß die Mitnahme des Beklagten nicht rein gefälligkeitshalber, sondern im Rahmen einer rechtlichen Sonderverbindung erfolgt ist, an die hier aufgrund der vorausgegangenen arbeitsrechtlichen Beziehungen der Parteien gedacht werden könnte.

(3.)

Der Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten ist jedenfalls nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs gemindert. Diese kommen hier zur Anwendung, weil der Beklagte und Herr gem. § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner haften, die Haftung des Herrn B aber privilegiert ist. Ihm ist (nur) leichte Fahrlässigkeit anzulasten, denn sein Verursachungsbeitrag erschöpft sich in der Überlassung des Steuers an den Beklagten. Für leichte Fahrlässigkeit hat Herr B gegenüber dem Kläger nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung (BAG NJW 1995, 210) nicht einzustehen. Das gilt auch dann, wenn er zum Zeitpunkt des Unfalls nicht mehr bei dem Kläger angestellt war. Unstreitig war Herr B mit der Durchführung der Fahrt beauftragt. Dieser Auftrag stand jedenfalls noch in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit seiner - nach Behauptung des Klägers zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt beendeten - Beschäftigung und entsprach exakt der Tätigkeit, die Herr B als Chauffeur des Klägers zuvor immer ausgeübt hatte. Selbst wenn für Herrn eine arbeitsrechtliche Pflicht für diese Fahrt nicht (mehr) bestanden hätte, so stünde er doch jedenfalls haftungsrechtlich - als Folge der Nachwirkung des Arbeitsverhältnisses - einem Arbeitnehmer gleich. Da Herr B dem das Haftungsprivileg des Arbeitnehmers zugute kommt, nicht Gefahr laufen darf, von dem Beklagten gem. § 426 BGB im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs anteilig in Anspruch genommen zu werden, ist der Schadensersatzanspruch des Klägers ("Arbeitgebers") gegen den neben Herrn B ("Arbeitnehmer") mitverantwortlichen Beklagten (Zweitschädiger) um die auf Herrn den "Arbeitnehmer") entfallende Haftungsquote vermindert (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 426, Rdn. 22 m.w.N.).

(4.)

Die auf Herrn B entfallende Haftungsquote beträgt ein Drittel. Sein Mitverursachungsanteil ist deutlich geringer als der des Beklagten, der den Unfall unmittelbar herbeigeführt hat. Deshalb führt die vorzunehmende Abwägung beider Verursachungsanteile zu einer Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Beklagten. Da der Anspruch des Klägers, soweit die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung zum Tragen kommen, um die auf Herrn B entfallende Quote gemindert ist, kann der Kläger insoweit von dem Beklagten nur 2/3 seines Schadens ersetzt verlangen. Die Haftungsprivilegierung des Herrn B gilt für den Fahrzeugschaden (72.263,87 DM) und die Gutachterkosten (2.637,70 DM), insgesamt also für einen Schaden in Höhe von 74.901,57 DM. Davon hat der Beklagte 2/3, also 49.934,38 DM zu tragen.

2.

Der Kläger hat gegen den Beklagten gem. § 823 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe weiterer 19.291,43 DM.

a)

Der Kläger ist auch wegen der vergeblich aufgewandten Kosten des Vorprozesses geschädigt. Hat der Beklagte für den Fahrzeugschaden einzustehen, muß er auch diese Kosten gem. § 823 Abs. 1 BGB ersetzen. Der wegen Eigentumsverletzung zu ersetzende Schaden umfaßt jedenfalls dann auch die Kosten eines Vorprozesses des Geschädigten gegen einen Dritten, wenn der Schädiger den Geschädigten bei einer für diesen nicht aufklärbaren Sachlage durch unrichtige Angaben über den Verletzungshergang zu dem Vorgehen gegen den unbeteiligten Dritten veranlaßt hat (BGH NJW 1971, 134). Das ist hier der Fall.

b)

Der Anspruch auf Ersatz der Kosten des Vorprozesses ist nicht gemindert. Dabei kann dahinstehen, ob auch Herr B zu der vergeblichen Inanspruchnahme des Unfallgegners beigetragen hat, denn ein etwaiges mitwirkendes Verschulden des Herrn B ist dem Kläger insoweit jedenfalls nicht gem. § 254 BGB zuzurechnen, weil Herr B hinsichtlich der Geltendmachung von Schadensersatzansprachen weder Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB) noch Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) des Klägers war. Eine Haftungsminderung folgt hinsichtlich der Kosten des Vorprozesses auch nicht aus den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung. Diese privilegieren den Arbeitnehmer nämlich nur, soweit auf seiten des Arbeitgebers das Betriebsrisiko zu berücksichtigen ist (BAG, a.a.O., S. 212 m.w.N.). Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der vom Arbeitgeber gesetzten Organisation des Betriebs tätig wird. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer wie ein Zeuge tatsächliche Angaben zum Unfallhergang macht und den Arbeitgeber dadurch veranlaßt, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

c)

Durch den verlorenen Vorprozeß ist dem Kläger ein Schaden von 5.034,51 DM entstanden. In dieser Höhe hat der Kläger die Kosten des Vorprozesses bezahlt. Nach der glaubhaften Bekundung des als Zeugen gehörten Rechtsanwalts B hat der Kläger an die von ihm beauftragten Rechtsanwälte G und Partner in M am 7. Juni 1.227,76 DM und an die Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwälte K und Partner in H am 27. Oktober 1997 weitere 2.606,75 DM sowie am 24. Februar 1998 noch einmal 1.200 DM gezahlt. Weitere Zahlungen des Klägers sind nicht feststellbar. Für einen Befreiungsanspruch (§ 257 BGB) ist nicht erkennbar, welche Verbindlichkeit - insbesondere in welcher Höhe und gegenüber welchem Gläubiger - noch offen ist.

3.

Der Zinsanspruch ist nicht im Streit.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Dabei hat der Senat den in dem verkündeten Urteilstenor enthaltenen offensichtlichen Schreibfehler entsprechend § 319 ZPO berichtigt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziff. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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