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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 27.11.2006
Aktenzeichen: 13 U 57/05 (1)
Rechtsgebiete: ZPO, HPflG, SGB VII, BGB, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 2
ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 3
ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 4
ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2
ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 3
ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 4
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
HPflG § 1 a.F.
HPflG § 1 Abs. 1 a.F.
HPflG § 1 Abs. 2 S. 1 a. F.
HPflG § 1 Abs. 2 S. 2 a. F.
HPflG § 1 Abs. 2 S. 3 a. F.
SGB VII §§ 104 ff.
SGB VII § 104 Abs. 1
SGB VII § 105
SGB VII § 106
SGB VII § 106 Abs. 3
SGB VII § 106 Abs. 3 3. Var.
SGB VII § 106 Abs. 3 3. Alt.
BGB § 31
BGB § 426 Abs. 1 S. 1
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 831
BGB § 831 Abs. 1 S. 1
BGB § 831 Abs. 1 S. 2
BGB § 831 Abs. 2
BGB § 840 Abs. 2
BGB § 840 Abs. 3
BGB § 847 a.F.
BGB § 847 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 3) wird unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das am 24.02.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leisten.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe:

I

1.

Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts (Bl. 346 bis 352 GA), § 540 Abs.1 S.1 Nr.1 ZPO.

Das Landgericht hat den Kläger (Bl. 251, 251 R GA) und den Beklagten zu 2) (Bl. 251 R GA) persönlich angehört. Es hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N (Bl. 252 bis 253 GA), F (Bl. 253 R bis 254 R GA) und W (Bl. 254 R bis 256 GA). Es hat zudem Auskünfte über Unfallverhütungsvorschriften bei der Tiefbauberufsgenossenschaft eingeholt (Bl. 325 f, 328 bis 331 GA).

Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) vollständig abgewiesen. Es hat der Klage gegen die Beklagte zu 3) wegen der Besuchs- und Fahrtkosten unter Abweisung im übrigen in Höhe von 4.423,29 € nebst Zinsen seit dem 5.6.2001 stattgegeben; die Klage wegen des Verdienstausfallschadens für die Zeit von November 1999 bis 31. Oktober 2000 hat es im Hinblick auf die Beklagte zu 3) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Wegen der weiteren materiellen Schäden des Klägers aus dem Unfall vom 28. September 1999 hat es die Ersatzpflicht der Beklagten zu 3) festgestellt; wegen des Schmerzensgeldanspruchs hat es die Klage gegen die Beklagte zu 3) insgesamt abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt:

a)

Die Beklagte zu 3) hafte dem Kläger dem Grunde nach uneingeschränkt für seinen materiellen Schaden gemäß § 1 Abs.1 HPflG. Die Ansprüche seien nicht verjährt. Die Haftung der Beklagten zu 3) sei nicht wegen §§ 104 Abs.1, 106 Abs.3, 3. Var. SGB VII ausgeschlossen. Es fehle an der für die Bejahung einer gemeinsamen Betriebsstätte erforderlichen Gefahrengemeinschaft mit wechselseitiger Gefährdung, wie es der BGH in NJW 2004, 947 verlange. Zwar hätten die Beklagten zu 3) und 1) Sicherungspflichten gegenüber dem Kläger gehabt, dieser aber nicht gegenüber den Beklagten. Es habe keine Gefahrengemeinschaft in dem Sinne bestanden, dass auch der Kläger den Mitarbeitern der Beklagten zu 1) und 3) hätte Schaden zufügen können. Die Möglichkeit einer Gefährdung des Bahnbetriebs oder des Zeugen N durch den Kläger mit seinem Arbeitsgerät sei mehr als fernliegend. Zugunsten der Beklagten zu 3) griffen auch nicht die Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs ein. Hauptverantwortlicher für den Unfall sei der Zeuge N, der es unterlassen habe, vor der Freigabe von Arbeiten auf dem Gleis für eine Sperrung des Zugverkehrs zu sorgen. Eine Inanspruchnahme des Zeugen N sei mangels Vorliegens einer gemeinsamen Betriebsstätte im Sinne des § 106 Abs.3, 3. Var. SGB VII nicht ausgeschlossen.

Die Ersatzpflicht der Beklagten zu 3) erfasse die Fahrt- und Besuchskosten der nächsten Angehörigen des Klägers, von deren medizinischer Notwendigkeit angesichts der schweren Verletzungen des Klägers auszugehen sei. Pro Kilometer seien aber nur 0,40 DM zu ersetzen. Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Ersatz der Betreuungskosten für seine minderjährigen Kinder, wobei das Gericht den angemessenen Stundensatz auf 15,- DM schätze. Es bestehe aber kein Anspruch auf Zahlung eines Taschengeldes während des Klinikaufenthalts und der Rehamaßnahme. Somit belaufe sich der materielle Schaden des Klägers (ohne Verdienstausfall) auf 8.651,20 DM (= 4.423,29 €).

Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Verdienstausfalls sei der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif, so dass nur ein Grundurteil ergehen könne.

Der Kläger habe gegen die Beklagte zu 3) keinen Schmerzensgeldanspruch. Das HPflG in der zum Unfallzeitpunkt geltenden Fassung habe keinen Ersatz von immateriellen Schäden vorgesehen. Die Beklagte zu 3) hafte auch nicht wegen schuldhafter Verletzung von Sorgfalts- oder Organisationspflichten. Die Beklagte zu 3) habe sich auf eine sachgerechte Durchführung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen durch die Beklagte zu 1) und den Zeugen N verlassen können, weil für den Fall der Arbeiten am oder auf dem Gleis vorher eine Sperrung der Bahnstrecke verabredet worden sei. Es bestehe auch kein Schmerzensgeldanspruch aus §§ 831, 847 BGB a.F. Zwar seien der Beklagte zu 2) und der Zeuge W Verrichtungsgehilfen der Beklagten zu 3) gewesen. Der Behauptung der Beklagten zu 3), sie habe den Zeugen W und den Beklagten zu 2) sorgfältig ausgesucht und überwacht, habe nicht nachgegangen werden müssen. Denn die Beklagte zu 3) sei durch den Nachweis rechtmäßigen Verhaltens ihrer Gehilfen entlastet. Ein Überwachungsverschulden der Beklagten zu 3) wegen der vom Kläger behaupteten Beinahe-Unfälle bestehe nicht, weil kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich sei, dass diese Vorfälle den Verantwortlichen der Beklagten zu 3) gemeldet worden wären. Im übrigen sei zwar wegen der Beweislastverteilung im Rahmen des § 831 BGB davon auszugehen, dass der Zeuge N um telefonische Mitteilung aller nicht fahrplanmäßigen Züge gebeten habe. Insoweit fehle jedoch der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang. Denn eine solche Mitteilung sei nicht das vorgesehene Sicherungsmittel für Arbeiten am oder auf dem Gleis, sondern nur für Arbeiten in hinreichendem Abstand vom Gleisbereich. Die Unterlassung einer Mitteilung sei nicht rechtswidrig-kausal für die Unterlassung des für Arbeiten wie im vorliegenden Fall allein vorgesehenen Sicherungsmittels der Sperrung der Bahnstrecke.

b)

Die Beklagte zu 1) habe als Sicherheitsbeauftragte zwar für eine ordnungsgemäße Organisation zu sorgen gehabt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Beklagte zu 1) aber nicht ihre Pflicht zum Einsatz von Sicherungsposten verletzt. Es habe nach den Auskünften der Bauberufsgenossenschaft ausgereicht, die Sicherheit der Baustelle durch eine Streckensperrung zu gewährleisten; der Einsatz von Sicherungsposten sei nicht erforderlich gewesen. Da der Zeuge N nicht Sicherungsposten gewesen sei, sei es nicht fehlerhaft gewesen, dass er sich zeitweise im Bauwagen aufgehalten habe. Hinsichtlich des Zeugen N habe sich die Beklagte zu 1) gemäß § 831 Abs.2 BGB entlastet. Hinsichtlich der früheren angeblichen Beinahe-Unfälle sei die Beklagte zu 1) gemäß § 831 Abs.1 S.2 BGB entlastet, weil nicht anzunehmen sei, dass diese ihren Verantwortlichen gemeldet worden seien.

2.

a)

Mit seiner Berufung hat der Kläger zunächst seinen Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gegen die Beklagten zu 1) und 3) weiter verfolgt; die Berufung gegen die Beklagte zu 3) hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Die Klageabweisung im übrigen hat er nicht angegriffen.

Seine Berufung begründet der Kläger im wesentlichen wie folgt:

Die Gründe für die Abweisung des Schmerzensgeldanspruchs seien nur schwer nachvollziehbar. Auch aus Sicht des erstinstanzlichen Gerichts habe die Beklagte zu 1) Sicherungspflichten gegenüber dem Kläger gehabt. Diese Pflichten habe sie verletzt, so dass sie dem Kläger den immateriellen Schaden zu ersetzen habe. Entscheidender Umstand sei, dass die vorgesehene Streckensperrung nicht erfolgt sei. Angesichts der bekannten extremen Gefährlichkeit von Arbeiten im Bereich von Bahngleisen hätte die Beklagte zu 1) sämtliche in Betracht kommenden Sicherungsmaßnahmen einsetzen müssen. Es habe nicht ausgereicht, einen "4.2-Berechtigten" einzusetzen und darauf zu vertrauen, dass dieser das Erforderliche veranlassen werde. Menschliches Versagen müsse immer mit einkalkuliert werden. Deswegen habe eine Pflicht zur Überwachung der vor Ort eingesetzten Personen bestanden, damit unvorschriftsmäßige und lebensgefährliche Verabredungen, wie sie der Zeuge N und der Fahrdienstleiter getroffen hätten, unterbunden werden können.

Ein Schmerzensgeld von wenigstens 80.000,- € sei angemessen, weil der Kläger voraussichtlich lebenslang Schmerzmittel einnehmen müsse und voraussichtlich nicht mehr arbeitsfähig sein werde. Er sei innerhalb der Familie nicht mehr vollwertig und dadurch zusätzlich psychisch belastet.

b)

Der Kläger beantragt nach teilweiser Rücknahme der Berufung gegen die Beklagte zu 3) nunmehr,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 24.02.2005 - 1 O 562/00 - die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.09.1999 zu zahlen.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

c)

Die Beklagte zu 1) begründet ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Klägers neben einer pauschalen Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen (Bl. 469 GA) und einer Bezugnahme auf die Feststellungen im Urteil des Landgerichts im wesentlichen wie folgt:

Die Beklagte zu 1) habe für die Streckensicherung einen qualifizierten Mitarbeiter gewählt, der sorgfältig und vollständig eingewiesen worden sei. Die Beklagte zu 1) habe zu keinem Zeitpunkt ein Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter geduldet. Fehlverhalten des Herrn N sei ihr nicht zu Ohren gekommen. Anlass zur Überwachung habe nicht bestanden. Die Beklagte zu 1) habe nicht damit rechnen können, dass der alle notwendigen Qualifikationen aufweisende Zeuge N entgegen der ihm bekannten Bestimmungen von einer Streckensperrung Abstand genommen habe.

Die Berufungsbegründung setze sich mit keinem der in § 520 Abs.3 Nr.2 - 4 ZPO genannten Berufungsgründe auseinander.

Im übrigen werde vorsorglich ausgeführt:

Der Kläger und der Zeuge N seien auf einer gemeinsamen Betriebsstätte im Sinne des § 106 Abs.3 SGB VII tätig gewesen. Sie hätten "Hand in Hand" gearbeitet, so dass von einer Gefahrengemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung auszugehen sei. Es habe sich nicht nur um parallele, beziehungslose, sondern um aufeinander bezogene Tätigkeiten gehandelt. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung der Beklagten zu 3) (vgl. hierzu nachfolgend unter 3 a)) seien zutreffend; diese mache sich die Beklagte zu 1) zu eigen. Deswegen sei eine Haftung der Beklagten zu 1) jedenfalls schon aus dem Gesichtspunkt der gestörten Gesamtschuld ausgeschlossen.

3.

a)

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte zu 3) das Ziel vollständiger Klageabweisung. Neben einer pauschalen Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen begründet die Beklagte zu 3) ihre Berufung im wesentlichen wie folgt:

Die ursprüngliche Auffassung des Landgerichts, zugunsten des Zeugen N hätten die Voraussetzungen des § 106 Abs.3, 3. Var. SGB VII vorgelegen, sei zutreffend. Die Voraussetzungen, die in der Rechtsprechung des BGH an das Vorliegen einer gemeinsamen Betriebsstätte gestellt würden, hätten vorgelegen. In einer identischen Fallkonstellation habe das OLG Frankfurt das Vorliegen einer gemeinsamen Betriebsstätte bejaht. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe der BGH in dem vom Landgericht nicht richtig verstandenen Urteil NJW 2004, 947 seine Rechtsprechung zur gemeinsamen Betriebsstätte nicht geändert, sondern lediglich konkretisiert, ohne dass dies Auswirkungen auf den vorliegenden Fall habe. Die Tätigkeiten des Zeugen N und des Klägers hätten nicht nur aufeinander aufgebaut, sondern hätten denknotwendigerweise eine gleichzeitige Anwesenheit und gleichzeitige Ausübung der jeweiligen Tätigkeit vorausgesetzt. Die Gemeinsamkeiten und Verflechtungen seien weit über die gleichzeitige Anwesenheit hinaus gegangen. Beide hätten an dem gleichen Ziel der vom Zugverkehr unbeeinträchtigten und sicheren Entfernung von Schaltafeln gearbeitet. Ihre Maßnahmen hätten sich gegenseitig ergänzt und unterstützt sowie bewusst und gewollt ineinander gegriffen. Aufgrund der Tätigkeit des Klägers und seiner Kollegen im Gleisbereich hätte der Zeuge N jeweils das Herannahen eines Zuges verhindern oder für ein rechtzeitiges Verlassen des Gleisbereichs sorgen müssen. Allein durch die hierfür erforderliche Nähe sei der Zeuge N einem erhöhten Risiko durch die von den Bauarbeitern ausgeübte Tätigkeit ausgesetzt gewesen, das nicht nur theoretisch gewesen sei. Der Zeuge N und der Kläger hätten sich in einer sogenannten Gefahrengemeinschaft befunden. Der Umstand, dass die eigentlich dem Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern obliegende Sicherungspflicht im vorliegenden Fall durch Mitarbeiter eines anderen Unternehmens ausgeübt worden sei, dürfe nicht zu einer Benachteiligung der zusammenwirkenden Mitarbeiter führen.

Da somit Ansprüche des Klägers gegen den Zeugen N blockiert seien, lägen die Voraussetzungen eines gestörten Gesamtschuldverhältnisses vor. Denn dem Zeugen N falle ein erwiesenes Verschulden in Form grober Fahrlässigkeit zur Last, während sich Ansprüche gegen die Beklagte zu 3) nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nur aus Betriebsgefahr gemäß dem HPflG ergäben.

Im übrigen ergäbe sich ein gestörtes Gesamtschuldverhältnis auch daraus, dass die Voraussetzungen der Haftungsersetzung gemäß § 105 SGB VII im Hinblick auf den Polier T vorlägen. Insoweit mache sich die Beklagte zu 3) die Behauptung des Klägers zu eigen, dass sich der Zeuge N teilweise an einem Ort aufgehalten habe, von dem er nicht rechtzeitig die Baustelle und die gesamte Streckenführung habe überblicken können. Deswegen hätte der Polier T den Zeugen N zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben anhalten müssen.

Im übrigen sei ein eigenes Verschulden des Klägers anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Der Kläger hätte wegen des kurz vorher durchgefahrenen Kohlenzuges erkennen müssen, dass die Strecke entgegen den Vorschriften nicht vollständig gesperrt gewesen sei.

Die Verjährungseinrede werde wiederholt.

Das Landgericht habe den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu seiner geänderten Rechtsauffassung geben müssen.

b)

Die Beklagte zu 3) beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die gegen sie gerichtete Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zu 3) zurückzuweisen.

4.

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Kläger zu seinem Gesundheitszustand, zu den Gegebenheiten an der Baustelle und zur Tätigkeit des Zeugen N persönlich angehört. Ferner hat er den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 3) zur Art der Tätigkeit eines Fahrdienstleiters angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf den Berichterstattervermerk zur mündlichen Verhandlung vom 27. November 2006 verwiesen (Bl. 559 bis 564 GA).

Die Akte Staatsanwaltschaft Bielefeld 56 Js 1980/99 hat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen.

II

Während die Berufung des Klägers - deren Begründung entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) den Anforderungen des § 520 Abs.3 S.2 Nr.2 - 4 ZPO genügt - ohne Erfolg bleibt, ist auf die Berufung der Beklagten zu 3) das landgerichtliche Urteil abzuändern, soweit es dem Kläger Ansprüche zugesprochen oder dem Grunde nach für berechtigt erklärt hat. Dem Kläger steht aufgrund des schweren Unfalls vom 28. September 1999 weder gegen die Beklagte zu 1) ein Schmerzensgeldanspruch noch gegen die Beklagte zu 3) ein Anspruch auf materiellen Schadensersatz zu.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1) keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes aus § 847 Abs.1 BGB in der bis zum 31. Juli 2002 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.); wegen des Unfalldatums 28. September 1999 ist gemäß Art. 229 § 8 Abs.1 EGBGB diese Vorschrift die allein in Betracht kommende Anspruchsgrundlage.

a)

Es fehlt bereits an einem unfallursächlichen deliktischen Fehlverhalten der Beklagten zu 1), welches gemäß § 847 Abs.1 BGB a.F. Voraussetzung des geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs ist.

aa)

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) aus § 847 a.F. i.V.m. §§ 823, 31 BGB besteht nicht.

(1)

Es ist nicht ersichtlich, dass einem vertretungsberechtigten Organ oder einem haftungsrechtlich als solches Organ zu behandelnden Mitarbeiter der Beklagten zu 1) bei der Planung, Organisation und Durchführung der Sicherungsarbeiten ein unfallursächlicher Fehler unterlaufen ist.

Insbesondere war es nach der vom Landgericht eingeholten Auskunft der zuständigen Berufsgenossenschaft (Bl. 328 bis 331 GA) nicht erforderlich, für die Absicherung der Bauarbeiten Sicherungsposten einzusetzen. Der Einsatz einer Person, die im Sinne der maßgeblichen Betra Nr. 59719 (diese Bl. 503 bis 510 GA) Ziffer 4.2 berechtigt war, Streckensperrungen zu veranlassen, war als organisatorische Sicherungsmaßnahme ausreichend, weil nach der vom Landgericht eingeholten Auskunft im Falle ordnungsgemäßer Durchführung der Streckensperrung eine funktionierende und sachgerechte Absicherung gegeben war. Das Landgericht hat zu Recht diese Auskunft der zuständigen Berufsgenossenschaft seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Diese Auskunft ist hinreichend detailliert und gibt in nachvollziehbarer Weise zu erkennen, dass und warum der Einsatz eines 4.2-Berechtigten zur sachgerechten und funktionsfähigen Absicherung der an der Baustelle im Gleisbereich Tätigen geeignet und ausreichend war. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Auskunft inhaltlich fehlerhaft sein könnte. Im Gegenteil ergibt sich auch aus dem Eisenbahn-Untersuchungsbericht zu dem streitgegenständlichen Unfall (Bl. 106 - 126 der Beiakte), dass bei sachgerechter Durchführung der vorgesehenen Streckensperrung eine ausreichende Absicherung gegeben gewesen wäre (vgl. insbesondere Bl. 111, 112 der Beiakte).

Der Kläger vertritt zwar mit der Berufungsbegründung und auch in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat eine abweichende Auffassung.

Er tritt dabei aber nicht konkret den auf die Auskunft der zuständigen Berufsgenossenschaft (Bl. 328 GA) gestützten Ausführungen des Landgerichts entgegen, sondern beruft sich lediglich - ohne dabei konkrete Einzelheiten oder die seiner Ansicht nach erforderliche Vorgehensweise konkret vorzutragen - auf die seiner Ansicht nach gegebene Notwendigkeit zusätzlicher Sicherungsmaßnahmen und vor allen Dingen einer Überwachung des Zeugen N.

Diese Einwände sind nicht geeignet, zu Lasten der Beklagten zu 1) ein Organisationsverschulden bei der Wahl der Sicherungsmaßnahmen vor Ort zu begründen. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass der Einsatz von Sicherungsposten eine Alternative oder Ergänzung zum Einsatz eines 4.2-Berechtigten gewesen wäre. Mit dem Einsatz eines 4.2-Berechtigten hatte die Beklagte zu 1) jedoch die auch nach der gültigen Betra (diese Bl. 503 bis 510 GA) gemäß deren Ziffern 5.2.1. und 6.6. vorgesehene und - für den Fall der ordnungsgemäßen Durchführung auch mit Sicherheit (s.o.) Unfälle der Bauarbeiter mit Fahrzeugen des Bahnverkehrs verhindernde - Maßnahme getroffen. Zusätzliche Sicherungsmaßnahmen musste die Beklagte zu 1) nicht vorsehen, weil die vorgesehene Maßnahme ausreichend war. Der Umstand, dass nach dem Unfall und während der ersten Phase der Baumaßnahme (vgl. Bl. 60 unten, 173 unten GA) zusätzlich Sicherungsposten eingesetzt wurden, bedeutet nicht, dass der zwischenzeitliche Verzicht auf zusätzliche Sicherungsposten ein Organisationsfehler war. Die zeitweilige Durchführung überobligatorischer Maßnahmen rechtfertigt für sich allein nicht die Bewertung, dass eine Beschränkung auf die weniger aufwendigen, aber allein geschuldeten und auch - wie ausgeführt - ausreichenden Maßnahmen ein Fehler ist.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich ein der Beklagten zu 1) anzulastendes Organisationsverschulden auch nicht aus dem - unstreitigen - Umstand, dass die Beklagte zu 1) den Zeugen N vor Ort nicht überwacht oder kontrolliert hat.

Der Zeuge N war nur für einen kurzen Zeitraum als Urlaubsvertretung tätig und von dem bereits mehrere Monate tätigen Mitarbeiter F eingewiesen worden (Bl. 106 f GA). Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass diese Einweisung unzureichend oder fehlerhaft gewesen wäre. Auch ist keine Grundlage dafür erkennbar, dass die Beklagte zu 1) Zweifel an der Befähigung oder Zuverlässigkeit des Zeugen N hätte haben müssen. Angesichts des zeitlich sehr begrenzten Einsatzes des Zeugen N, der am Unfalltag erst zwei Wochen an der Baustelle tätig gewesen war, seiner Einweisung durch den monatelang dort bereits tätigen bisherigen 4.2-Berechtigten, den Zeugen F, und angesichts seiner durch die vorgelegten Unterlagen (Bl. 301 bis 308 GA) nachgewiesenen Qualifikationen und Befähigungen war die Beklagte zu 1) nicht verpflichtet, in den wenigen Tagen vor dem Unfall für eine Kontrolle des Zeugen N zu sorgen. Würde man von einem Betrieb verlangen, in jedem Fall der Urlaubsvertretung und schon nach wenigen Tagen den Vertreter zu kontrollieren, würde dies eine Überspannung der Organisationspflichten des Betriebes bedeuten.

Wegen der aus den von der Beklagten zu 1) vorgelegten Unterlagen ersichtlichen Befähigung des Zeugen N war die Beklagte zu 1) auch berechtigt, den Zeugen N als 4.2-Berechtigten vor Ort einzusetzen, auch wenn dieser in der Ziffer 4.2 der maßgeblichen Betra - anders als der Zeuge F - nicht aufgeführt war. Zudem hatte der Zeuge F den Zeugen N in die Tätigkeit vor Ort eingewiesen.

(2)

Ein organisatorischer Fehler eines vertretungsberechtigten Organs der Beklagten zu 1) ,§ 31 BGB ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund der nach Behauptung des Klägers angeblich stattgefundenen Beinahe-Unfällen.

Ob die Beklagte zu 1) - die Behauptung des Klägers zu den Beinahe-Unfällen insoweit als wahr unterstellt - angesichts dieser Vorkommnisse weitere Personen vor Ort hätte einsetzen müssen oder für eine bessere Kommunikation mit der Bahn hätte sorgen müssen, kann offen bleiben. Denn hierfür wäre erforderlich, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter oder wenigstens ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1) mit einer selbständigen Stellung mit eigener Entscheidungsbefugnis (vgl. zu dieser erweiternden Auslegung Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 31 Rn. 8) Kenntnis von den Vorfällen erlangt hätte. Hierfür ist jedoch von dem nach allgemeinen Grundsätzen für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich.

Der Umstand, dass der Zeuge N bzw. der vorher als 4.2-Berechtigter tätige Mitarbeiter F der Beklagten zu 1) diese Vorfälle nicht mitgeteilt haben, ist als möglicherweise haftungsrelevantes Fehlverhalten nicht gemäß § 31 BGB der Beklagten zu 1) zuzurechnen. Denn weder der Zeuge N noch der Zeuge F waren verfassungsmäßig berufene Vertreter der Beklagten zu 1) oder im Rahmen des § 31 BGB gleichgestellte Personen mit eigener Entscheidungskompetenz in einem wichtigen Aufgabenbereich. Erforderlich für eine solche Position, die zu Lasten der juristischen Person eine Gleichstellung mit den vertretungsberechtigten Organen rechtfertigt, ist die Zuweisung einer bedeutsamen wesensmäßigen Funktion der juristischen Person zur selbständigen und eigenverantwortlichen Wahrnehmung (BGH NJW 1998, 1854). Im vorliegenden Fall war jedoch durch die maßgebliche Betra bereits vorgegeben, in welchem Fall der 4.2-Berechtigte jeweils die vorgesehene Streckensperrung zu veranlassen hatte. Der 4.2-Berechtigte hatte zwar zu beurteilen, ob die konkret durchgeführten Arbeiten jeweils die Vornahme der nach den einzelnen Schritten detailliert vorgegebenen Maßnahme erforderten. Hierfür waren ihm jedoch alle Gesichtspunkte vorgegeben. Ein Entscheidungsspielraum bestand nicht; insbesondere bestand keine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen zur Verfügung stehenden Sicherungsmaßnahmen. Zudem sah die maßgebliche Betra in Ziffer 6.6 unmissverständlich vor, dass mit den Bauarbeiten erst nach erfolgter Streckensperrung begonnen werden durfte. Auch insoweit war für den 4.2-Berechtigten kein Entscheidungsspielraum im Sinne der Wahl zwischen mehreren zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gegeben. Aus diesem Grund hatte weder der Zeuge N noch der Zeuge F als derjenige Mitarbeiter, der von der Beklagten zu 1) jeweils als 4.2-Berechtigter im Sinne der gültigen Betra für die Tätigkeit vor Ort abgestellt war, eine Leitungskompetenz im erforderlichen Sinn. Keiner von ihnen hat eine bedeutsame wesensmäßige Funktion der Beklagten zu 1) wahrgenommen. Zwar oblag dem Zeugen F bzw. dem Zeugen N allein die Umsetzung der von der Beklagten zu 1) übernommenen Verpflichtungen zur Sicherung der Baustelle. Ihre Aufgaben waren aber inhaltlich und hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in einer Art und Weise vorgegeben und vorherbestimmt, dass es nicht gerechtfertigt ist, sie im oben dargestellten Sinn einem verfassungsmäßig berufenen Vertreter gleich zu stellen.

Dies wird dadurch bestätigt, dass der Zeuge N nach - von der Klägerseite nicht bestrittener - Auskunft des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) im Betrieb der Beklagten zu 1) nur eine Funktion als gewöhnlicher Angestellter, nicht als leitender Angestellter hat (S. 2 des Berichterstattervermerks = Bl. 560 GA).

(3)

Aus den soeben genannten Gründen ist das unfallursächliche Fehlverhalten des Zeugen N am Unfalltag der Beklagten nicht gemäß § 31 BGB zuzurechnen.

bb)

Auch die Voraussetzungen eines Schmerzensgeldanspruch aus § 847 Abs.1 a.F., 831 Abs.1 S.1 BGB liegen nicht vor.

Der Zeuge N war zwar Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 1) im Sinne des § 831 Abs.1 S.1 BGB.

Angesichts der vorgelegten Bescheinigungen (Bl. 301 bis 308 GA) ist der Beklagten zu 1) jedoch die Exkulpation gemäß § 831 Abs.1 S.2 BGB gelungen, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat; der Senat schließt sich den entsprechenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil an. Es ist vom Kläger zu keinem Zeitpunkt der - über die vorgelegten Unterlagen hinausgehende - Sachvortrag der Beklagten zu 1) (Bl. 299 f GA) bestritten worden, dass die Beklagte zu 1) sich vor der Einstellung des Zeugen N einen entsprechenden Befähigungsnachweis hat vorlegen lassen und wiederholt Verwendungsprüfungen, zuletzt sechs Monate vor dem Unfall durchgeführt hat.

Die vom Landgericht auf dieser Grundlage zutreffend bejahte erfolgreiche Exkulpierung wird vom Kläger mit der Berufung gar nicht angegriffen. Die Berufungsbegründung verhält sich allein über die nach Auffassung des Klägers mangelhafte Organisation der Sicherungsarbeiten.

Eine Widerlegung des Entlastungsbeweises ergibt sich nicht vor dem Hintergrund der vom Kläger behaupteten Beinahe-Unfälle.

Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn der Zeuge N schon Urlaubsvertreter des Zeugen F war, als sich diese streitigen Beinahe-Unfälle ereignet haben. Hierfür ergibt sich aus dem Sachvortrag des nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelasteten Klägers nichts. Der Kläger trägt an keiner Stelle - mit Ausnahme des nach seinem Vortrag "ca. 3 Wochen nach" (Bl. 60, 172 GA) dem streitgegenständlichen Unfall erfolgten Vorfalls - einen konkreten oder auch nur annähernd konkreten Zeitpunkt vor, an dem sich diese Vorfälle ereignet haben sollen. Angesichts des Umstandes, dass der Zeuge N nur relativ kurze Zeit als Urlaubsvertretung und erst ab dem 15.9.1999 (s. Bl.208 GA) eingesetzt war, ist daher nicht ersichtlich, dass sich diese behaupteten Vorfälle vor dem streitgegenständlichen Unfall überhaupt während der Zeit der Tätigkeit des Zeugen N ereignet haben; das hatte die Beklagte zu 1) in erster Instanz auch ausdrücklich bestritten, Bl. 209 GA, ohne dass der Kläger sein Vorbringen zum Zeitpunkt der angeblichen Unfälle näher konkretisiert hätte.

b)

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass im Ergebnis eine Haftung der Beklagten aus §§ 847 Abs.1 a.F., 831 Abs.1 S.1 BGB ohnehin entfallen würde, weil im Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Zeugen N die Vorschrift des § 106 Abs.3, 3. Var. SGB VII Anwendung findet, so dass zugunsten der Beklagten zu 1) die Grundsätze der gestörten Gesamtschuld gelten würden (vgl. hierzu nachfolgend unter 2.).

2.

Die Berufung der Beklagten zu 3) hat Erfolg, weil dem Kläger gegen die Beklagte zu 3) aus dem Unfall vom 28. September 1999 kein Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen materiellen Schadens zusteht.

Die Voraussetzungen des § 1 HPflG a.F. liegen zwar vor. Der Unfall hat sich aber auf einer gemeinsamen Betriebsstätte des Klägers und des Zeugen N im Sinne des § 106 Abs.3, 3. Alt. SGB VII ereignet. Die Beklagte zu 3) ist gegenüber dem Kläger vor diesem Hintergrund nicht einstandspflichtig, weil zu ihren Gunsten die Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs greifen.

a)

Der Kläger könnte die Beklagte zu 3) lediglich aus Gefährdungshaftung auf materiellen Schadensersatz in Anspruch nehmen; die Beklagte zu 3) haftet weder aus eigenem noch aus vermutetem eigenen Verschulden.

aa)

Die Voraussetzungen einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht der Beklagten zu 3) gemäß § 1 Abs.1 HPflG a.F. liegen vor; der Kläger ist beim Betrieb einer Schienenbahn im Sinne dieser Vorschrift verletzt worden. Die Beklagte zu 3) ist auch Betriebsunternehmer im Sinne dieser Vorschrift (vgl. dazu Kunschert in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 24. Auflage, Kapitel 22 Rn. 13).

Der Unfall beruhte nicht auf höherer Gewalt im Sinne des § 1 Abs.2 S.1 HPflG a.F.. Er war auch nicht unabwendbar im Sinne des § 1 Abs.2 S.2 HPflG a.F. Denn er beruhte auf einem Fehlverhalten des Zeugen N. Dieser war eine bei dem Betrieb tätige Person im Sinne des § 1 Abs.2 S.3 HPflG a. F.. Beim Betrieb ist beschäftigt, wer mit Wissen und Wollen des Betriebsunternehmers oder einer Vertrauensperson des Betriebsunternehmers eine mit dem Fahrzeugbetrieb zusammenhängende Aufgabe erfüllt (vgl. Kunschert, a.a.O., Kapitel 25 Rn. 204 zum gleichartigen Begriff des § 8 StVG). Weil der Zeuge N Mitarbeiter der Beklagten zu 1) war, die von der Beklagten zu 3) mit der Sicherung des Baustellenbetriebes vor den Gefahren aus dem Bahnbetrieb betraut worden war, und gerade diese Aufgabe für die Beklagte zu 1) erfüllte, war er unproblematisch eine bei dem Betrieb beschäftigte Person.

bb)

Die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten zu 3) aus §§ 823 Abs.1, 31 BGB liegen dagegen nicht vor.

(1)

Der Kläger trägt in der Berufungsinstanz anders als in erster Instanz nicht mehr vor, dass bei einer Beibehaltung der ursprünglichen Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h für den Baustellenbereich durchfahrende Züge der Unfall verhindert worden wäre. Es fehlt nicht nur eine Wiederholung dieses Vorbringens, sondern sogar eine Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen. Die Berufungsbegründung des Klägers verhält sich allein über die nach seiner Ansicht erforderliche Überwachung des Zeugen N und der eingesetzten Fahrdienstleiter und über deren fehlerhafte Absprache am Unfalltag. Die Änderung des Inhalts der Betra in Form des Wegfalls der Geschwindigkeitsbeschränkung bei ihrer Verlängerung und ein möglicherweise deswegen gegebenes Organisationsverschulden der Beklagten zu 3) ist vom Kläger nicht zum Gegenstand der Berufung gemacht worden. Aus diesem Grund hat der Senat nicht zu prüfen, ob ein unfallursächliches Fehlverhalten eines leitenden Mitarbeiters der Beklagten zu 3) darin liegen könnte, dass bei der Verlängerung der hinsichtlich der Bauarbeiten ausgearbeiteten Betra über den 24. September 1999 hinaus nicht mehr eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 70 km/h angeordnet wurde (vgl. Bl. 511 GA, Bl. 10 Beiakte). Aus diesen Gründen ist auch über die in erster Instanz streitige Frage, ob der Unfall bei Fortdauer der Geschwindigkeitsbeschränkung und bei deren Einhaltung verhindert worden wäre, kein Beweis durch Einholung des vom Kläger in erster Instanz angebotenen Sachverständigengutachtens (Bl. 60, 172 GA) zu erheben.

(2)

Zwar spricht vieles dafür, dass dem Beklagten zu 2), dem zum Unfallzeitpunkt tätigen Fahrdienstleiter V der Beklagten zu 3), ein schuldhaftes und unfallursächliches Fehlverhalten zur Last fallen könnte, weil er dem Zeugen N - ob hierum gebeten oder nicht - nicht Mitteilung von dem außerplanmäßigen Zug gemacht hat, obwohl die Baustelle seit langem bekannt war. Einer abschließenden Entscheidung bedarf dies jedoch nicht, weil dieses etwaiges Verschulden des Beklagten zu 2) der Beklagten zu 3) jedenfalls nicht gemäß § 31 BGB als eigenes Verschulden zugerechnet werden kann. Fahrdienstleiter sind weder verfassungsmäßig berufene Vertreter der Beklagten zu 3) noch als Mitarbeiter mit wesentlichen Funktionen in wichtigen Bereichen diesen gleichgestellt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 31 Rn.8). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 3) hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Befragen die Ausgestaltung der Tätigkeit eines Fahrdienstleiters vorgetragen (Seiten 4 und 5 des Berichterstattervermerks, Bl. 562 f GA); dieses Vorbringen hat der Kläger nicht bestritten. Danach führt der Fahrdienstleiter eine gegenüber dem Bahnhofvorsteher untergeordnete Tätigkeit aus und hat keine Leitungs- oder Entscheidungskompetenz.

(3)

Entsprechend den zu (2) genannten Gründen ist der Beklagten zu 3) ein unfallursächliches schuldhaftes Fehlverhalten des Zeugen W nicht gemäß § 31 BGB zuzurechnen, das darin liegen könnte, dass der Zeuge W dem Beklagten zu 2) eine - streitige - Bitte des Zeugen N um Mitteilung jedes außerplanmäßigen Zuges, nicht nur des Kohlenzuges nicht weitergegeben hat.

(4)

Ein schuldhaftes Fehlverhalten der Beklagten zu 3) bei der Organisation und Durchführung der Sicherungsmaßnahmen liegt nicht vor.

Die Beklagte zu 3) hatte ausweislich des vorliegenden Ingenieurvertrages (Bl. 86 bis 92 GA) die Durchführung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen in vollem Umfang auf die Beklagte zu 1), ein ausgewiesenes Spezialunternehmen, übertragen. Zwar befreit die Übertragung von Schutz- und Überwachungspflichten auf eine dritte Person nicht vollständig von jeglicher eigener Sorgfalt; es besteht vielmehr eine Verpflichtung zur Aufsicht in der Form einer gewissen Überwachung, die nicht erst einsetzt, wenn sich Hinweise für eine Unzuverlässigkeit des Dritten ergeben (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 65. Auflage, § 823 Rn. 50, 52). Zwar trägt die Beklagte zu 3) selbst nicht vor, dass und gegebenenfalls in welcher Form sie die Tätigkeit der Beklagten zu 1) überwacht hat; vielmehr spricht das gesamte Vorbringen der Beklagten zu 3) dafür, dass sie keinerlei Kontrolle ausgeübt hat. Es ist aber im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass im Falle einer - ohnehin nur stichprobenartig erforderlichen - Kontrolle der Tätigkeit der Beklagten zu 1) durch die Beklagte zu 3) der Unfall verhindert worden wäre. Denn die Beklagte zu 1) hatte, wie sich aus dem oben Gesagten ergibt, mit der Stellung eines vor Ort tätigen 4.2-Berechtigten im Sinne der maßgeblichen Betra die vereinbarte, geeignete und ausreichende Sicherungsmaßnahme ergriffen. Der Kläger trägt selbst nicht vor, dass die Streckensperrungen häufig fehlerhaft gehandhabt wurden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger behaupteten Beinahe-Unfällen. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Vorfälle der Beklagten zu 3) bei einer stichprobenartigen Kontrolle bekannt geworden wären. Im übrigen gilt das oben Gesagte entsprechend. Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass diese Vorfälle einem verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten zu 3) oder einem Mitarbeiter mit Leitungsfunktion mitgeteilt worden wären, der daraufhin zumindest eine Überprüfung der Tätigkeit der Beklagten zu 1) hätte veranlassen müssen.

cc)

Die Beklagte zu 3) haftet dem Kläger auch nicht gemäß § 831 Abs.1 S.1 BGB wegen vermuteten eigenen Verschuldens.

Zwar spricht - wie bereits oben unter bb (2) erwähnt - vieles dafür, dass der Beklagte zu 2) den nicht planmäßigen Zug dem Zeugen N - wegen des Wissens um die Baustelle gegebenenfalls auch unaufgefordert von sich aus - hätte mitteilen müssen und dass das Unterlassen einer solchen Mitteilung ein schuldhaftes Fehlverhalten ist. Der Beklagte zu 2) ist auch Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 3) im Sinne des § 831 Abs.1 S.1 BGB gewesen. Auch dem Zeugen W, der ebenfalls Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 3) gewesen ist, könnte ein unfallursächliches schuldhaftes Fehlverhalten zur Last fallen, wenn er trotz entsprechender telefonischer Bitten des Zeugen N - für die vieles spricht - den Beklagten zu 2) beim Schichtwechsel nicht darüber informierte, dass die Baustelle über alle außerplanmäßigen Züge informiert werden wollte.

Die Beklagte zu 3) hat sich aber sowohl hinsichtlich des Zeugen W als auch hinsichtlich des Beklagten erfolgreich gemäß § 831 Abs.1 S.2 BGB exkulpiert. Nach den in der Berufungsinstanz vorgelegten Unterlagen haben sowohl der Zeuge W als auch der Beklagte zu 2) regelmäßig und zuletzt gut drei Wochen (Zeuge W, s. Bl. 521 GA) bzw. knapp zwei Wochen (Beklagter zu 2, Bl. 531 GA) vor dem Unfall an Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen. Gegenstand der Weiterbildung war u.a. das Thema Unfallverhütung (Bl. 517 f GA). Außerdem haben in wechselnden Abständen unangekündigte Überprüfungen stattgefunden; im Unfalljahr 1999 allein bei beiden Fahrdienstleitern drei Mal, ohne dass es Anlass zu Beanstandungen gegeben hat (vgl. für den Beklagten zu 2) Bl. 532 - 534, für den Zeugen W Bl. 535 - 537 GA).

Angesichts dieser von der Klägerseite nicht bestrittenen Umstände ist der Beklagten zu 3) der Entlastungsbeweis gelungen. Der Berücksichtigung dieses erst in der Berufungsinstanz erfolgten Vorbringens steht nichts entgegen. Abgesehen davon, dass das Vorbringen unstreitig geblieben ist, liegen die Voraussetzungen des § 531 Abs.2 S.1 ZPO nicht vor, weil es ausweislich der Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils in erster Instanz auf die Frage einer erfolgreichen Exkulpation gemäß § 831 Abs.1 S.1 BGB nicht ankam, weil das Landgericht bereits die Voraussetzungen des § 831 Abs.1 S.1 BGB verneint hatte.

b)

Zugunsten der Beklagten zu 3) greifen jedoch wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 106 Abs.3, 3. Alt. SGB VII die Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs, so dass der Kläger die Beklagte zu 3) nicht auf materiellen Schadensersatz in Anspruch nehmen kann.

aa)

Der Unfall hat sich auf einer gemeinsamen Betriebsstätte des Klägers und des Zeugen N im Sinne des § 106 Abs.3, 3. Alt. SGB VII ereignet.

(1)

Der Kläger und der Zeuge N haben zum Unfallzeitpunkt jeweils eine betriebliche Tätigkeit für ihren jeweiligen Arbeitgeber im Baustellenbereich verrichtet.

(2)

Der Kläger und der Zeuge N waren dabei auf einer gemeinsamen Betriebsstätte im Sinne des § 106 Abs.3, 3. Var. SGB VII tätig.

Eine gemeinsame Betriebstätte liegt dann vor, wenn die betrieblichen Aktivitäten bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt (BGHZ 145, 331). Des weiteren ist Voraussetzung der Bejahung einer gemeinsamen Betriebsstätte nach der weiter konkretisierten Rechtsprechung des BGH das Vorliegen einer Gefahrengemeinschaft, weil nur dieser Gesichtspunkt die Haftungsfreistellung durch § 106 Abs.3, 3. Var. SGB VII rechtfertigen könne (BGHZ 148, 209; BGH NJW 2004, 947, 948). "Eine Gefahrengemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass typischerweise jeder der (in enger Berührung miteinander) Tätigen gleichermaßen zum Schädiger und Geschädigten werden kann" (BGH NJW 2004, 947, 948). Alle diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.

(a)

Die Tätigkeiten des Klägers und des Zeugen N waren aufeinander bezogen und miteinander verknüpft; sie erfolgten nicht lediglich beziehungslos nebeneinander her.

Der Kläger und der Zeuge N mussten sich bei und für die Ausübung ihrer Tätigkeiten immer wieder miteinander verständigen. Der Kläger konnte und durfte die zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit an den Schalbrettern nur durchführen, weil der Zeuge N die Arbeiten freigegeben hatte. Das bestätigt insbesondere die eigene Erklärung des Klägers, er habe vor der Aufnahme seiner Arbeit kurz mit dem Zeugen N gesprochen, ob die Strecke frei sei (Bl. 251 unten/251R oben GA), die er in seiner persönlichen Anhörung durch den Senat nochmals bestätigt hat. Wie sich aus den Aussagen der vernommenen Zeugen ergibt, musste der Zeuge N seine Tätigkeit und seine Maßnahmen mit der Bautätigkeit abstimmen. Er hat nach eigenen Angaben mit dem Bauleiter wegen der Frage einer kurzzeitigen Streckensperrung gesprochen (Bl. 252 R GA). Der Zeuge F hat bestätigt, dass der 4.2-Berechtigte jeweils mit dem Bauleiter abzustimmen hatte, ob und wann eine Streckensperrung erfolgen sollte (Bl. 253 R GA). Andererseits hätten nach Angaben des Zeugen F und gemäß der maßgeblichen Betra Ziffer 6.6. keine Arbeiten im Gleisbereich durchgeführt werden dürfen, wenn eine Streckensperrung nicht möglich war (Bl. 254 unten GA). Zudem musste der Zeuge N im Falle des Herannahens von Zügen die in Gleisnähe befindlichen Arbeiter warnen und zum Verlassen der Gleise auffordern (vgl. dazu Bl. 22 unten, 42 oben, 70 Beiakte).

Insgesamt ergibt sich also, dass die Art und Weise der Sicherungstätigkeit des Zeugen N davon abhängig war, welche Bauarbeiten ausgeführt werden sollten und dass andererseits Voraussetzung gewisser Bautätigkeiten - gerade wie der konkret vom Kläger zum Unfallzeitpunkt ausgeübten - die Veranlassung von Sicherungsmaßnahmen durch den Zeugen N war. Aufgrund dieser Umstände waren die Tätigkeiten des Klägers und des Zeugen N im oben dargestellten Sinn aufeinander bezogen und miteinander verknüpft. Es lag nicht nur ein nicht ausreichender einseitiger Bezug vor (vgl. zu einem solchen nur einseitigen Bezug BGH NJW 2004, 947). Auch handelt es sich nicht um einen Fall, in dem die jeweiligen Tätigkeiten lediglich in dem Sinn objektiv voneinander abhängig sind, dass sie nur den äußeren Rahmen der einzelnen Tätigkeiten bilden (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 7. Februar 2001, Az. 13 U 154/00, juris Rn.60).

(b)

Der Kläger und der Zeuge N befanden sich hierbei entgegen der Auffassung des Landgerichts auch in einer Gefahrengemeinschaft im oben dargestellten Sinn. Das ergibt sich im vorliegenden Fall aus mehreren Gesichtspunkten.

(aa)

Aufgrund der engen räumlichen Verknüpfung der beiderseitigen Tätigkeiten konnten sich der Kläger und der Zeuge N gegenseitig schädigen; jeder von ihnen konnte gleichermaßen zum Schädiger und zum Geschädigten werden. Dabei war die Möglichkeit einer Schädigung des Zeugen N durch den Kläger keineswegs nur theoretischer Natur, sondern beruhte konkret auf der tatsächlichen Ausgestaltung der Verknüpfung der Bautätigkeit einerseits und der Sicherungstätigkeit andererseits. Nach dem sich schon aus den Zeugenaussagen ergebenden Bild musste der Zeuge N sich immer wieder über die Art der Bautätigkeit unterrichten und mit dem Bauleiter sprechen. Wenn Züge herannahten, musste er die im Gleisbereich oder in Gleisnähe tätigen Bauarbeiter warnen und sicherstellen, dass sie sich rechtzeitig entfernten. Aus diesem Grund war es für ihn notwendig, dass er sich immer wieder in den Bereich der tatsächlich durchgeführten Bauarbeiten begeben musste. Hierbei war er dann konkreten Gefahren durch den Zustand der Baustelle und die Bautätigkeit ausgesetzt, weil er den Bauarbeiten ablaufbedingt gewissermaßen in die Quere kam; umgekehrt konnte er seinerseits hierbei die Bauarbeiter gefährden und schädigen. Diese tatsächlichen Umstände hat der Kläger in seiner ausführlichen Anhörung durch den Senat in vollem Umfang bestätigt. Er hat davon gesprochen, dass der Zeuge N regelmäßig auf der Baustelle herumgelaufen sei und hierbei hätte verletzt werden können.

Die Tätigkeiten des Klägers und des Zeugen N waren demnach ablaufbedingt in der Weise miteinander verknüpft, dass beide sich gegenseitig in die Quere kommen und auf diese Art und Weise schädigen konnten.

(bb)

Darüber hinaus bestand zwischen dem Kläger und dem Zeugen N eine Gefahrengemeinschaft in dem Sinn, dass beide aufgrund ihrer jeweiligen Tätigkeit und deren Verknüpfung in gleicher Weise und in gleichem Maße einer Gefährdung durch den Bahnbetrieb ausgesetzt waren.

Der Kläger hatte bestimmungsgemäß Arbeiten im Bereich des Gleiskörpers zu verrichten und war aufgrund dessen naturgemäß den Gefahren des Bahnbetriebs in besonderer Weise ausgesetzt. Der Zeuge N war speziell zum Schutz der auf der Baustelle Tätigen vor dem Bahnbetrieb eingesetzt; aufgrund der bereits beschriebenen Art und Weise seiner Tätigkeit, die eine regelmäßige Anwesenheit auf der Baustelle und damit ebenfalls im Gleisbereich erforderte, war er in gleicher Weise wie der Kläger und die anderen Bauarbeiter den Gefahren des Bahnbetriebs ausgesetzt. Die Gefahren des Bahnbetriebs drohten nicht nur zufällig in gleicher Weise dem Kläger und dem Zeugen N, sondern gerade aufgrund der besonderen Charakteristik ihrer jeweiligen Tätigkeit und deren Verknüpfung miteinander. Es handelte sich bei dem Bahnbetrieb nicht um eine lediglich theoretische, von außen drohende Gefahr außerhalb des jeweiligen Tätigkeitsbereichs, wie sie beispielsweise von Gewittern für jegliche Tätigkeit unter freiem Himmel drohen kann. Die konkreten Gefahren des Bahnbetriebs konnten sich gegenüber den Tätigkeiten des Klägers und des Zeugen N auf der hier fraglichen Baustelle wegen der Örtlichkeit zu verwirklichen.

Der Senat ist der Auffassung, dass die für die Anwendung des § 106 Abs.3, 3. Alt. SGB VII erforderliche Gefahrengemeinschaft in einer derartigen Fallkonstellation nicht nur dann gegeben ist, wenn sich die jeweils versicherungspflichtig Tätigen wechselseitig gefährden, sondern auch dann, wenn beide aufgrund ihrer Tätigkeit in gleicher Weise einer von außen drohenden Gefahr ausgesetzt sind. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall aufgrund der Stellung des Zeugen N als 4.2-Berechtigten - die Verknüpfung der jeweiligen Tätigkeiten gerade aufgrund und angesichts der von außen drohenden Gefahr besteht. Eine solche Verknüpfung besteht insbesondere dann, wenn der eine versicherungspflichtig Beschäftigte - hier der Zeuge N - speziell mit dem Ziel eingesetzt wird, die Tätigkeit des anderen - hier des Klägers - vor der von außen drohenden Gefahr zu schützen und zu sichern. Denn gemeinsames Ziel der Tätigkeiten ist dann die sichere Durchführung der Tätigkeit des anderen (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 2003, 441).

bb)

Die Haftungsfreistellung des Zeugen N gemäß §§ 104, 106 SGB VII gegenüber dem Kläger führt in Anwendung der Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs (vgl. hierzu allgemein Palandt/Grüneberg, BGB, 65. Auflage, § 426 Rn. 13 ff) im Ergebnis dazu, dass der Kläger auch die Beklagte zu 3) nicht erfolgreich in Anspruch nehmen kann.

Im Innenverhältnis zwischen der Beklagten zu 3) und dem Zeugen N müsste der Zeuge N allein haften. Denn der Zeuge N haftet wegen der unterlassenen, aber nach der maßgeblichen Betra zwingend erforderlichen Streckensperrung aus nachgewiesenem eigenen Verschulden, weil er die Arbeiten im Bereich des Gleiskörpers zugelassen hatte, ohne eine Sperrung der Bahnstrecke zu veranlassen, während die Beklagte zu 3) nur aus Gefährdungshaftung nach dem HPflG einstandspflichtig ist (s.o.). Bei einer solchen Konstellation muss entsprechend den Grundsätzen der Regelung des § 840 Abs.2, Abs.3 BGB, die eine anderweitige Regelung im Sinne des § 426 Abs.1 S.1 BGB darstellen, im Innenverhältnis der Haftenden der schuldhaft Handelnde den Schaden allein tragen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 65. Auflage, § 840 Rn. 10). Die Grundsätze der gestörten Gesamtschuld gelten auch dann, wenn der Erstschädiger - hier der Zeuge N - aufgrund der Regelungen der §§ 104 ff SGB VII nicht einstandspflichtig ist (vgl. BGHZ 155; BGHZ 157, 9; Palandt/Grüneberg, a.a.O., Rn. 19).

III

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs.1 S.1, 97 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711, 709 ZPO.

Der Senat hat gemäß § 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO die Revision zugelassen: zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist die Entscheidung des Revisionsgerichts zu der Frage erforderlich, ob eine Gefahrengemeinschaft i.S.d. § 106 Abs. 3, 3. Alt SGB VII auch bei einer den betrieblich Tätigen gemeinsam von außen drohenden Drittgefahr vorliegt.

Ende der Entscheidung

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