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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 16.10.2000
Aktenzeichen: 13 W 42/00
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 91 a
ZPO § 485
GKG § 49
Leitsatz:

Zur Frage der Notwendigkeit einer Kostenentscheidung im selbständigen Beweissicherungsverfahren.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

13 W 42/00 OLG Hamm 11 OH 16/00 LG Münster

In dem Rechtsstreit

In dem selbständigen Beweisverfahren

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Brück und die Richter am Oberlandesgericht Zumdick und Pauge am 16. Oktober 2000 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Kostenentscheidung des Beschlusses der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 2. August 2000 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 1.201,00 bis 1.500,00 DM.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Er hat außerhalb eines Rechtsstreits einen Antrag auf Beweissicherung gestellt und die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht den Antrag auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen, weil die Beantwortung der Beweisfragen zur Vermeidung eines Rechtsstreits nicht geeignet sei. Zwischenzeitlich hat der Antragsgegner zu 3) den Schaden in vollem Umfang reguliert. Daraufhin hat der Antragsteller angekündigt, er werde den Antrag "für erledigt erklären". Er hat gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, die bloße Antragstellung habe ausgereicht, um den Antragsgegner zu 3) zur Zahlung zu veranlassen. Das zeige, daß das Verfahren geeignet (gewesen) sei, zur Vermeidung eines Rechtsstreits zu führen. Deshalb seien die Kosten des Verfahrens den Antragsgegnern aufzuerlegen. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 567 Abs. 1 und 2 ZPO), in der Sache aber nicht begründet. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

1.

Ob und unter welchen Voraussetzungen in einem selbständigen Beweisverfahren - abgesehen von dem hier nicht gegebenen Sonderfall des § 494 a Abs. 2 ZPO - eine Kostenentscheidung ergehen darf oder muß, ist in Rechtsprechung und Literatur seit langem streitig. Die am 1. April 1991 in Kraft getretene Neuregelung des Beweissicherungsrechts hat die Kontroverse nicht beendet (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., § 91 Rdn. 13, Stichwort: "Selbständiges Beweisverfahren" und Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 91 Rdn. 193, jeweils mit zahlreichen Nachweisen). Die inzwischen wohl überwiegend vertretene Auffassung bejaht die Notwendigkeit einer Kostengrundentscheidung jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 91 Abs. 1 ZPO bzw. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO in den Fällen, in denen der Antrag als unzulässig zurückgewiesen oder zurückgenommen wird (BGH MDR 1983, 204; HansOLG, MDR 1998, 242 m.w.N.). Unter bestimmten Voraussetzungen wird auch eine Kostenentscheidung analog § 91 a ZPO für zulässig gehalten (OLG Hamm, MDR 1985, 415).

2.

Grundsätzlich findet im Beweissicherungsverfahren eine Kostenerstattung nicht statt. Gegenüber der Staatskasse ist der Antragsteller Kostenschuldner (§§ 49 ff GKG). Er ist auch als Auftraggeber seinem Anwalt gegenüber zahlungspflichtig. Der Gegner des Antragstellers ist gegebenenfalls dem eigenen Anwalt gegenüber als dessen Auftraggeber verpflichtet. Für die Auslagen des Gerichts haftet der Antragsteller. Wer die in einem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten ersetzt haben möchte, ist darauf angewiesen, sie entweder in einem etwaigen Hauptprozeß als Prozeßkosten geltend zu machen oder als sachlichrechtlichen Ersatzanspruch gesondert einzuklagen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O, m.w.N.). Im "Normalfall" ist daher im Beweissicherungsverfahren keine Kostenentscheidung zu treffen. Das kann in den Fällen unbefriedigend sein, in denen eine Kostenerstattung aus Billigkeitsgründen geboten erscheint, ein Hauptprozeß aber nicht stattfindet oder eine materiellrechtliche Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch fehlt (OLG Hamm, a.a.O.). Für diese Fälle wird die Zulässigkeit eines Kostenausspruchs im Beweissicherungsverfahren diskutiert.

Ob ein solcher Fall hier vorliegt, ist zweifelhaft. Den Antragsgegnern sind - soweit ersichtlich - keine Kosten erwachsen, deren Erstattung verlangt wird. Ein Bedürfnis dafür, im Beweissicherungsverfahren darüber zu entscheiden, ob die Antragsgegner die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen haben, ist nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegner einen materiellrechtlichen Zahlungsanspruch. Haben sich die Antragsgegner mit der Erfüllung ihrer Schadensersatzverpflichtung im Verzug befunden, kann er sich unter den Voraussetzungen des § 286 BGB schadlos halten.

3.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens aber jedenfalls deshalb zu tragen, weil sein Antrag auf Beweissicherung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden ist. Ein Fall des § 485 Abs. 1 ZPO ist nicht gegeben. Auch die Voraussetzungen von § 485 Abs. 2 ZPO haben nicht vorgelegen, denn es fehlte das erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten Beweissicherung. Ein solches Interesse ist gem. § 485 Abs. 2 S. 2 ZPO (u.a.) gegeben, wenn die beantragte Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Das war hier - bei objektiver Betrachtung - nicht der Fall, denn die Feststellung, wer von beiden Kraftfahrzeugführern bei grün und wer bei rot in die Kreuzung eingefahren ist, konnte nicht allein aufgrund des beantragten Sachverständigengutachtens getroffen werden, sondern hätte vorrangig durch Zeugenbeweis aufgeklärt werden müssen. Ein Rechtsschutzbedürfnis dafür, im Beweissicherungsverfahren vorab ein isoliertes Sachverständigengutachten einzuholen, hat das Landgericht zu Recht verneint.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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