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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: 15 Sbd 2/06
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 5
FGG § 73 Abs. 1
BGB § 7
BGB § 2261
1) Das Bestimmungsverfahren nach § 5 FGG findet auch dann statt, wenn nach Eröffnung eines Testamentes durch das Verwahrungsgericht zwischen diesem und einem anderen Amtsgericht darüber Streit besteht, welches von den beiden Gerichten für die von Amts wegen vorzunehmenden weiteren Amtshandlungen des Nachlassgerichts (insbesondere die einfache amtliche Verwahrung des eröffneten Testaments, die Benachrichtigung der Beteiligten etc.) örtlich zuständig ist.

2) Zu den Anforderungen an die Aufhebung des bisherigen Wohnsitzes gem. § 7 Abs. 3 BGB.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 Sbd 2/06 OLG Hamm

In der Nachlasssache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 4. April 2006 auf die Vorlage der Sache durch das Amtsgericht Eschweiler vom 1. März 2006 durch den

beschlossen:

Tenor:

Das Amtsgericht Eschweiler ist das örtlich zuständige Nachlassgericht.

Gründe:

Der Senat ist zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts für die dem Nachlassgericht obliegenden Verrichtungen (§ 73 FGG) berufen.

Gegenstand der Vorlage ist eine Entscheidung nach § 5 Abs. 1 S. 1 FGG über die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts, nachdem zwischen dem Amtsgericht Eschweiler und dem Amtsgericht Menden Streit darüber besteht, welches dieser Gerichte zur Bearbeitung der demnächst zu erwartenden Nachlassangelegenheiten örtlich zuständig ist.

Da die beteiligten Amtsgerichte in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte liegen, ist nach § 5 Abs. 1 S. 1 FGG anstelle des Bundesgerichtshofes dasjenige Oberlandesgericht zur Entscheidung berufen, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

In einem Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird das Gericht dann im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 FGG mit der Sache befasst, wenn es amtlich von Tatsachen Kenntnis erlangt, die Anlass zu gerichtlichen Maßnahmen geben (OLG Frankfurt FamRZ 1998, 34; Keidel/Sternal, FG, 15. Aufl., § 5, Rn. 41) oder wenn im Antragsverfahren ein Antrag bei ihm mit dem Ziel dortiger Erledigung eingeht (vgl. Bassenge/Herbst, FGG, 9. Aufl., § 5 FGG Rn. 6). Danach ist hier das Amtsgericht Menden zuerst mit der Sache befasst gewesen..

Auszugehen ist von § 2261 BGB. Nach dessen Satz 1 obliegt dem Gericht, das nicht Nachlassgericht ist, aber das Testament in Verwahrung hat, die Eröffnung des Testaments. Nach Satz 2 der genannten Bestimmung hat es sodann das Testament nebst einer beglaubigten Abschrift der über die Eröffnung aufgenommenen Nierschrift dem Nachlassgericht zu übersenden. Dieses ist sodann für die Benachrichtigung der Beteiligten von dem sie betreffenden Inhalt des Testaments gemäß § 2262 BGB zuständig. Danach ist allein durch die ihm als Verwahrungsgericht obliegenden Testamentseröffnungen das Amtsgericht Eschweiler noch nicht mit einem dem Nachlassgericht obliegenden Verfahren im Sinne von § 5 Abs.1 Satz 1 FGG befasst worden (vgl. BayObLGZ 1994, 346 = FamRZ 1995, 680 = Rpfleger 1995, 254; Bassenge/Herbst, a.a.O., § 5 FGG Rn. 7). Vielmehr war das Amtsgericht Menden zuerst als Nachlassgericht mit der Sache, das heißt mit der weiteren Verwahrung des eröffneten Testaments, befasst (vgl. Senat OLGZ 1987, 283; MünchKom/Hagena, BGB, 4. Aufl., § 2261 Rn. 10). Der Senat ist daher zuständig, das örtlich zuständige Nachlassgericht zu bestimmen.

Örtlich zuständiges Nachlassgericht ist vorliegend das Amtsgericht Eschweiler, weil die Erblasserin in dessen Bezirk im Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz hatte, § 73 Abs. 1 FGG.

Die Frage, wo die Erblasserin ihren Wohnsitz hatte, hängt nicht in erster Linie davon ab, ob sie in N einen neuen Wohnsitz begründet hatte, sondern davon, ob sie ihren Wohnsitz in T (§ 7 Abs.1 BGB) zur Zeit ihres Todes wirksam aufgehoben hatte (§ 7 Abs.3 BGB). Die Aufhebung des Wohnsitzes gemäß § 7 Abs.3 BGB ist eine geschäftsähnliche Handlung. Es bedarf dazu der Absicht, die bisherige tatsächliche Niederlassung aufzugeben. Sie muss nach außen hervortreten und jedenfalls für einen mit den Gegebenheiten vertrauten Beobachter erkennbar sein (vgl. BGH NJW 1994, 564; BayObLG, a.a.O., m.w.N.). Die polizeiliche Abmeldung am bisherigen und die Anmeldung an einem anderen Ort sind für die Aufhebung eines Wohnsitzes weder erforderlich noch ausreichend (BayObLG aaO m.w.Nachw.), sie können allerdings ein Beweisanzeichen hierfür sein (vgl. BVerfG NJW 1990, 2193/2194; BGH NJW-RR 1990, 506; BayObLG a.a.O.). Der Aufhebungswille bedarf keiner ausdrücklichen Erklärung, sondern kann sich aus den Umständen ergeben (BGHZ 7, 105). Im vorliegenden Fall lassen die von dem Senat eingeholten Erklärungen der beteiligten Kinder der Erblasserin das Verhalten der Erblasserin und ihr darin zum Ausdruck gekommener Wille nicht erkennen, dass sie ihren bisherigen Lebensmittelpunkt in T zur Zeit des Erbfalls endgültig aufgegeben hatte. Sie hatte dort bis zu ihrem Tod aufgrund eines Nießbrauchsrechts eine eigene Wohnung auf dem I-Hof. Diesen wollte sie nicht aufgeben, insbesondere nicht, weil sie ihn als ihre Heimat ansah.

Ende der Entscheidung

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