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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 14.10.2004
Aktenzeichen: 15 VA 11/04
Rechtsgebiete: EGGVG, InsO


Vorschriften:

EGGVG § 23
InsO § 27
1) Die Auswahlentscheidung zur Person des Insolvenzverwalters bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist eine richterliche Entscheidung, die nicht der Überprüfung im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG unterliegt.

2) Dies gilt auch für eine begehrte Anweisung an das Insolvenzgericht, den Antragsteller künftig bei insolvenzrechtlichen Entscheidungen nicht als Insolvenzverwalter und dgl. zu übergehen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 VA 11/04 OLG Hamm

In dem Verfahren

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 14. Oktober 2004 auf die Anträge des Beteiligten zu 1) vom 23. August und 06. Oktober 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Anträge werden als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe: I. Der Beteiligte zu 1) ist Rechtsanwalt in N und wurde in der Vergangenheit mit seinem Einverständnis von dem Amtsgericht Bielefeld in einer Vielzahl von Insolvenzverfahren als Insolvenzverwalter bestellt. Der Beteiligte zu 1) hat seinem Vorbringen zufolge einen umfangreichen Mitarbeiterstab zur Bewältigung der vielfältigen Aufgaben bei der Führung von Insolvenzverwaltungen aufgebaut, sieht sich nunmehr aber dadurch benachteiligt, daß er von dem Amtsgericht Bielefeld zuletzt nicht mehr als Insolvenzverwalter bestellt worden sei. In einem bei dem Amtsgericht Bielefeld anhängigen Verfahren betreffend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Herrn L in N (43 IN 833/04 AG Bielefeld) wurde der Beteiligte durch Beschluß vom 22.06.2004 zunächst als Sachverständiger und durch weiteren Beschluß vom 01.07.2004 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und erstattete unter dem 23.07.2004 ein Gutachten. Durch Beschluß vom 04.08.2004 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn L, bestellte jedoch entgegen den Erwartungen des Beteiligten zu 1) nicht ihn, sondern Rechtsanwalt X in N, einen früheren Mitarbeiter des Beteiligten zu 1), zum Insolvenzverwalter. Der Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 23.08.2004 im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG die Anträge gestellt, 1) die Bestellung des Rechtsanwalts X zum Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren 43 IN 833/04 AG Bielefeld aufzuheben und 2) ihn, den Beteiligten zu 1), zum Insolvenzverwalter zu ernennen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat der Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) mit Bescheid vom 23.09.2004 mitgeteilt, bei dem Amtsgericht Bielefeld werde eine zentrale Datei geführt, die die Namen derjenigen Personen enthalte, deren Eignung von den in Insolvenzverfahren tätigen richterlichen Dezernenten allgemein bejaht werde; die Datei enthalte auch den Namen des Beteiligten zu 1). Bei der Ernennung des Insolvenzverwalters in den einzelnen Verfahren handele es sich im übrigen um eine Entscheidung, die der jeweilige Richter in richterlicher Unabhängigkeit treffe. Der Beteiligte zu 1) hat daraufhin in dem Verfahren mit Schriftsatz vom 06.10.2004 den ergänzenden Antrag gestellt, 3) das Insolvenzgericht Bielefeld anzuweisen, ihn, den Beteiligten zu 1), bei der Ernennung als Sachverständigen, Treuhänder, Sachverwalter oder Insolvenzverwalter in künftigen Insolvenzverfahren nicht zu übergehen. II. Die Anträge des Beteiligten zu 1) sind unzulässig, weil die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des Senats nach § 23 Abs. 1 EGGVG nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift hat das Oberlandesgericht auf Antrag über die Rechtmäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten u.a. des Zivilprozesses getroffen werden, zu entscheiden. Der durch den Antrag bestimmte Prüfungsgegenstand muß sich jeweils auf die Maßnahme einer Justizbehörde beziehen. Unerheblich ist dabei, ob die Maßnahme als Justizverwaltungsakt im technischen Sinne des § 35 VwVfG oder lediglich als sonstige hoheitliche Maßnahme zu qualifizieren ist. Denn das Verfahren nach § 23 EGGVG findet auch zur Überprüfung schlicht hoheitlichen Handelns bis hin zum Realakt statt (vgl. Kissel, GVG, 3. Aufl., § 23 EGGVG, Rdnr. 29 m.w.N.). Aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 EGGVG folgt indessen nach einhelliger Auffassung, daß Gegenstand des Prüfungsantrages immer das behördliche Handeln einer Justizbehörde sein muß. Im Gegensatz dazu scheiden Rechtsprechungsakte aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift aus. Rechtsprechungsakt in diesem Sinn ist der gesamte Bereich der Rechtsprechung im funktionellen Sinn, die in richterlicher Unabhängigkeit ausgeübt wird. Insbesondere eröffnet § 23 EGGVG nicht einen zusätzlichen Rechtsweg gegen gerichtliche Entscheidungen, die überhaupt nicht oder für den Antragsteller nicht anfechtbar sind (vgl. Kissel, a.a.O., § 23 EGGVG, Rdnr. 9; Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 23 EGGVG, Rdnr. 3). Danach folgt die Unzulässigkeit der Anträge des Beteiligten zu 1) daraus, daß sie insgesamt ausschließlich die in richterlicher Unabhängigkeit zu treffende Entscheidung über die Auswahl der Person des Insolvenzverwalters bei der Eröffnung einzelner Insolvenzverfahren betreffen. Hinsichtlich des Antrags vom 23.08.2004 ergibt sich diese Schlußfolgerung bereits unmittelbar aus dem Inhalt der Antragstellung in Verbindung mit der dazu gegeben Begründung. Der Beteiligte zu 1) strebt nichts anderes als eine Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Bielefeld vom 04.08.2004 in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn L aus N (43 IN 833/04 AG Bielefeld) in der Weise an, daß er selbst anstelle des vom Amtsgericht in diesem Beschluß ausgewählten Rechtsanwalts X zum Insolvenzverwalter bestellt wird. Der Beteiligte zu 1) hält die Auswahlentscheidung des Amtsgerichts zugunsten der Bestellung des Rechtsanwalts X für ermessensfehlerhaft, weil er, der Beteiligte zu 1), zuvor durch die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 22.06.2004 und 01.07.2004 zunächst zum Sachverständigen und sodann zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden sei. Die richterliche Entscheidung über die Auswahl des Insolvenzverwalters unterliegt indessen ausschließlich in dem Verfahren nach der InsO einer Überprüfung im Rahmen des dort vorgesehenen Verfahrens der sofortigen Beschwerde (§§ 34 Abs. 2, 6 Abs. 1 InsO). Ob der Beteiligte zu 1) zur Einlegung dieses Rechtsmittels aus eigenen Recht berechtigt wäre, kann hier dahingestellt bleiben. Jedenfalls kann das Verfahren nach § 23 EGGVG keinesfalls einen weitergehenden Rechtsmittelzug zur Überprüfung einer richterlichen Entscheidung eröffnen als er in dem Insolvenzverfahren selbst vorgesehen ist. Dasselbe gilt für den ergänzenden Antrag des Beteiligte zu 1) vom 06.10.2004, das Insolvenzgericht anzuweisen, ihn bei der Ernennung zum Sachverständigen, Treuhänder, Sachwalter oder Insolvenzverwalter in künftigen Insolvenzverfahren nicht zu übergehen. Ob dieser Antrag hinreichend konkret ist, um überhaupt sachlich beschieden werden zu können, kann offen bleiben, weil er seinerseits ebenfalls nur auf künftige richterliche Auswahlentscheidungen abzielt. Die von dem Beteiligten zu 1) vorgetragene Auffassung, er habe in den von ihm aufgezählten Verfahren berücksichtigt werden müssen, zeigt, daß es ihm maßgeblich darum geht, bei künftigen Entscheidungen tatsächlich durch Bestellung als Insolvenzverwalter berücksichtigt zu werden. Darauf deutet auch sein Vorbringen hin, daß er einen umfangreichen Mitarbeiterstab zur Bewältigung der vielfältigen Aufgaben bei der Führung von Insolvenzverwaltungen aufgebaut habe, sich nunmehr aber dadurch benachteiligt sieht, daß er von dem Amtsgericht Bielefeld zuletzt nicht mehr als Insolvenzverwalter bestellt worden sei. Das Ziel des Beteiligte zu 1) besteht deshalb darin, durch die beantragte Entscheidung die richterliche Auswahlentscheidung bei der Ernennung von Insolvenzverwaltern in künftigen Verfahren zugunsten der Bestellung seiner Person zu beeinflussen. Dies ist indessen im Verfahren nach § 23 EGGVG - wie bereits ausgeführt - unzulässig. Eine andere Beurteilung der Zulässigkeit des Antrags ist entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1) auch nicht im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 03.08.2004 (NJW 2004, 2725) veranlaßt. Diese Entscheidung betrifft ausschließlich das sog. Vorauswahlverfahren des Insolvenzgerichts, also die Entscheidung darüber, welche Bewerber zu einem Kreis geeigneter potentieller Insolvenzverwalter ohne Verbindung zu einem konkreten Insolvenzverfahren zugelassen werden. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung ausdrücklich offengelassen, ob die Insolvenzverwalterbestellung selbst rechtsprechende Tätigkeit ist, weil sie in Zusammenhang mit dem Beschluß über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeht. Aus Sicht des Senats sind angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 27 Abs. 2 Nr. 2 InsO, derzufolge der Eröffnungsbeschluß Namen und Anschrift des Insolvenzverwalters enthalten muß, keinerlei Zweifel angebracht, daß die Auswahl der Person des Verwalters Teil der mit dem Eröffnungsbeschluß zu treffenden richterlichen Entscheidung ist. Das Vorauswahlverfahren ist demgegenüber hier für den Beteiligten mit positivem Ergebnis abgeschlossen. Denn ihm ist durch den Beteiligten zu 2) mit Bescheid vom 23.09.2004 mitgeteilt worden, bei dem Amtsgericht Bielefeld werde eine zentrale Datei geführt, die die Namen derjenigen Personen enthalte, deren Eignung von den in Insolvenzverfahren tätigen richterlichen Dezernenten allgemein bejaht werde; die Datei enthalte auch den Namen des Beteiligten zu 1). Bei der Ernennung des Insolvenzverwalters in den einzelnen Verfahren handele es sich im übrigen um eine Entscheidung, die der jeweilige Richter in richterlicher Unabhängigkeit treffe. Dieser Zusammenhang läßt umso deutlicher erkennbar werden, daß es dem Beteiligten zu 1) ausschließlich um eine Beeinflussung künftiger richterlicher Entscheidungen über die Auswahl der Person des Insolvenzverwalters geht. Die Wertfestsetzung für das Verfahren beruht auf den §§ 30 Abs. 3 EGGVG, 30 Abs. 1 KostO. Im Hinblick auf das erhebliche wirtschaftliche Eigeninteresse des Beteiligten zu 1), das sich mit seinem ergänzenden Antrag auf eine nicht zu überschauende Zahl künftiger Insolvenzverfahren erstreckt, hält der Senat den festgesetzten Betrag von 10.000,00 Euro für angemessen.

Ende der Entscheidung

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