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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.05.2005
Aktenzeichen: 15 W 114/04
Rechtsgebiete: PStG, FGG


Vorschriften:

PStG § 47 Abs. 2 S. 1
PStG § 48 Abs. 1
PStG § 49 Abs. 1 S. 1
PStG § 49 Abs. 1 S. 2
PStG § 49 Abs. 2
PStG § 60 Abs. 2 S. 1
FGG § 13 a
FGG § 27
FGG § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.

Die erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 10.02.2004 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Die Beteiligten zu 2) und 3) sind griechische Staatsangehörige und haben am 10.02.1971 vor dem Standesbeamten des Standesamts C die Ehe geschlossen. Die Beteiligte zu 1) ist ihre am 14.01.1972 geborene Tochter. Ihre Geburt wurde ebenfalls von dem Standesamt C zu Nr. 103/1972 beurkundet. In dem Geburtseintrag wird der Familienname des Beteiligten zu 3) als Vater als Ergebnis einer Übertragung aus den griechischen Schriftzeichen in lateinische Buchstaben mit "P", derjenige der Beteiligten zu 1) und 2) als Mutter bzw. Tochter unter Berücksichtigung einer sprachlichen Abwandlung des Familiennamens für weibliche Namensträger mit "P1" wiedergegeben.

Die Beteiligte zu 1) hat zur Niederschrift des Standesbeamten vom 07.11.2003 die Berichtigung ihres und des Familiennamens der Beteiligten zu 2) in dem genannten Geburtseintrag beantragt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, sie führe sei jeher den Familiennamen "P". Dies beruhe darauf, daß der Eintrag über die Eheschließung in dem für die Beteiligten zu 2) und 3) geführten Familienbuch keinen Vermerk über die Namensführung enthalte, alle Behörden deshalb davon ausgegangen seien, daß der Familienname des Beteiligten zu 3) für sämtliche Familienmitglieder gelte. Darüber hinaus enthalte ihr von dem griechischen Generalkonsulat Düsseldorf ausgestellter griechischer Reisepaß sowohl eine Angabe des Familiennamens mit den griechischen Buchstaben ("?") als auch eine Übertragung in das lateinische Schriftbild ("P"). Die Berichtigung des Geburtseintrags sei erforderlich, um Schwierigkeiten zu vermeiden, die sich aus der Abweichung zwischen ihrer Namensführung in sämtlichen behördlichen Unterlagen und derjenigen in dem Geburtseintrag ergäben.

Die Beteiligte zu 4) hat mit Schreiben vom 13.11.1003 die Niederschrift dem Amtsgericht zur Entscheidung vorgelegt, ist dem Berichtigungsantrag jedoch inhaltlich entgegengetreten. Die im griechischen Sprachgebrauch übliche Abwandlung des Namens für weibliche Namensträger sei in dem Geburtseintrag zutreffend berücksichtigt worden. Dies ergebe sich auch aus der von dem Standesbeamten eingeholten Stellungnahme des griechischen Generalkonsulats Düsseldorf vom 30.09.2003, in der es heißt:

"Die Abweichung im Reisepaß erklärt sich durch die Tatsache, daß die lateinische Schreibweise bei der Paßausstellung auf Antrag des Inhabers abweichend von der üblichen Norm (ELOT 743 bzw. ISO 843) eingetragen werden kann, z.B. wenn eine abweichende Form im Vorpass oder in sämtlichen anderen öffentlichen Urkunden benutzt wird. Dies betrifft jedoch nur die lateinische Transkription, die für den Namen maßgebliche Schreibweise in griechischen Schriftzeichen kann nicht geändert werden."

Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 10.02.2004 den Berichtigungsantrag zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 02.03.2004 Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 01.03.2005 in Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts den Standesbeamten des Standesamtes C angewiesen, durch einen Randvermerk den Familiennamen der Beteiligten zu 1) und 2) in dem genannten Geburtseintrag dahin zu berichtigen, daß er "P" lautet.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4), die sie mit Schreiben vom 23.03.2005 bei dem Landgericht eingelegt hat.

Die Beteiligten zu 1) bis 3) beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 49 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 PStG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beteiligte zu 4) ist als Standesamtsaufsichtsbehörde gem. § 49 Abs. 2 PStG unabhängig von einer eigenen Beschwer zur Einlegung des Rechtsmittels befugt.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Die sofortige weitere Beschwerde führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 49 Abs. 1 S. 2 PStG zulässigen, nicht fristgebundenen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen. In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts indessen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Gegenstand des Verfahrens ist der von der Beteiligten zu 1) gem. § 47 Abs. 2 S. 1 PStG in zulässiger Weise gestellte Antrag auf Berichtigung ihres Geburtseintrags. Dieser Antrag kann nur Erfolg haben, wenn festgestellt werden kann, daß die Eintragung bereits zum Zeitpunkt ihrer Vornahme (hier am 13.01.1972) sachlich unrichtig war. Diese Feststellung setzt gem. § 60 Abs. 2 S. 1 PStG voraus, daß das Gericht nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen die volle Überzeugung von der Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsache gewinnt.

Die Beteiligte zu 1) war zum Zeitpunkt ihrer Geburt ausschließlich griechische Staatsangehörige. Die Namensführung der Beteiligten zu 1) richtet sich gem. Art. 10 Abs. 1 EGBGB nach ihrem Personalstatut, also ihrem griechischen Heimatrecht. Infolge der Eheschließung hat die Beteiligte zu 2) gem. der damals geltenden Vorschrift des Art. 1388 griechischen ZGB a.F. den Familiennamen ihres Ehemannes "?" erhalten. Eine Wahlmöglichkeit sah das damalige griechische Recht nicht vor. Demzufolge ist das Vorbringen der Beteiligten zu 2) und 3), sie hätten bei ihrer Eheschließung den Namen "P" als Ehenamen gewählt, gegenstandslos. Die Beteiligte zu 1) hat ihrerseits gem. Art. 1493 griechisches ZGB a.F. den Familiennamen ihres Vaters erworben. Im griechischen Sprachgebrauch unterliegt die Namensführung weiblicher Namensträger einer sprachlichen Abwandlung. Zu diesen Abwandlungsformen gehört, daß eine Endung des Namens auf "???S" durch "????" ersetzt wird (vgl. Mitteilung des griechischen Generalkonsulats Düsseldorf vom 14.02.1972 abgedruckt in StAZ 1973, 29). Die Abwandlung beruht darauf, daß der Familienname der Frau entsprechend den grammatikalischen Regeln der griechischen Sprache im Genitiv bezeichnet wird, während der Familienname des Mannes im Nominativ steht. Eine solche sprachliche Abwandlung ist auch bei der Führung der deutschen Personenstandbücher zu berücksichtigen, wenn sie Eingang in die Beurkundungspraxis des Heimatstaates des Namensträgers gefunden hat. Dies ist für die sprachliche Abwandlung von Namen weiblicher Namensträger im griechischen Sprachgebrauch anerkannt (OLG Hamburg StAZ 1970, 52; Senat OLGZ 1970, 210; OLGZ 1982, 34, 37 f.). Dieses Ergebnis wird hier zusätzlich dadurch belegt, daß die sprachliche Abwandlung der Namensführung in dem von der Beteiligten zu 1) vorgelegten Reisepaß in den für die Namensführung maßgeblichen griechischen Buchstaben ausdrücklich berücksichtigt und von der Beteiligten zu 1) persönlich durch ihre entsprechende Unterschriftsleistung in griechischen Buchstaben nachvollzogen worden ist. Aus der Stellungnahme des griechischen Generalkonsulats vom 30.09.2003 ergibt sich zusätzlich mit Deutlichkeit, daß die in den griechischen Buchstaben zum Ausdruck kommende sprachliche Abwandlung des Namens für weibliche Namensträger nach griechischem Recht für die Beteiligten verbindlich ist.

Da die deutschen Personenstandsbücher nur in lateinischen Buchstaben geführt werden (§ 49 Abs. 1 der Dienstanweisung für die Standesbeamten), müssen die griechischen Buchstaben des Namens in lateinische Buchstaben übertragen werden (Transliteration). Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Unrichtigkeit die Wiedergabe des Familiennamens der Beteiligten zu 1) und 2) in dem Geburtseintrag darauf gestützt, die mit dem Berichtigungsantrag angestrebte Schreibweise "P" stelle sich als Ergebnis der Transliteration aus den griechischen Buchstaben dar. Dieses Ergebnis folge aus der Schreibweise des Namens in lateinischen Buchstaben in dem von dem griechischen Generalkonsulat ausgestellten Reisepaß der Beteiligten zu 1). An die dort vorgenommene Transliteration seien die deutschen Standesbehörden auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens über die Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstandsbüchern vom 13.09.1973 (NamÜbK) gebunden. Diese Vorschrift sieht die Übernahme der in einer Personenstandsurkunde oder einer anderen Urkunde des Heimatstaates des Betroffenen vorgenommenen Transliteration in die Schriftzeichen der aufzunehmen Personenstandsurkunde des Vertragsstaates vor. Um eine andere Urkunde in diesem Sinn handelt es sich nach gefestigter Rechtsprechung auch bei einem von den Behörden des Heimatstaates der betroffenen Person ausgestellten Reisepaß (BGH NJW-RR 1994, 578), dessen Wiedergabe des Namens auch dann Grundlage einer durchzuführenden Berichtigung sein kann, wenn die zu berichtigende Eintragung bereits vor dem Inkrafttreten des NamÜbK erfolgt ist (OLG Frankfurt StAZ 1996, 330; OLG Köln OLGR 1999, 85; KG StAZ 2000, 216; OLG Stuttgart StAZ 2005, 77; Senat StAZ 2002, 124). Daran anknüpfend tritt nach Auffassung des Landgerichts die in Art. 2 Abs. 1 NamÜbK vorgesehene Bindungswirkung auch dann ein, wenn das Ergebnis der Wiedergabe des Namens in lateinischen Buchstaben in dem Reisepaß nicht auf die Anwendung gängiger Normen für die Transliteration (ELOT-Norm 743 oder ISO-Norm 843) gestützt sei, sondern sich auf die Abwandlung der Namensführung für weibliche Namensträger beziehe.

In diesem letztgenannten Punkt kann der Senat der Auffassung des Landgerichts nicht folgen. Der Senat hat vielmehr erst kürzlich in anderer Sache (Beschluß vom 10.03.2005 - 15 W 30/05 -) in Bezug auf die Wiedergabe einer sprachlichen Abwandlung für weibliche Namensträger (dort betreffend Mazedonien) den gegenteiligen Standpunkt vertreten, an dem er festhält. Der sachliche Anwendungsbereich des NamÜbk bezieht sich nach seinem Art. 1 Abs. 1 auf die "Angabe" von Familiennamen und Vornamen einer Person ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit in den Personenstandsbüchern eines der Vertragsstaaten. Wie sich aus dem inhaltlichen Zusammenhag dieser Vorschrift mit den Einzelbestimmungen der Art. 2, 3 und 4 des NamÜbK ergibt, ist mit der "Angabe" nur die Schreibweise der Namen gemeint, die problematisch sein kann, wenn sie aus einem Sprachraum mit anderen Schriftzeichen als den in deutschen Personenstandsbüchern zu verwendenden lateinischen Schriftzeichen zu übernehmen sind (vgl. Soergel/Schurig, BGB, 12. Aufl., Art. 10 EGBGB, Rdnr. 102).

In dem vorliegenden Zusammenhang geht es sachlich indessen nicht um das Problem einer Übertragung der Schreibweise des Familiennamens der Beteiligten zu 1) und 2) aus dem griechischen Schriftbild in lateinische Buchstaben. Daß eine Transliteration der Endung des Familiennamens "????" (also unter Berücksichtigung der Abwandlung für weibliche Namensträger) in lateinische Buchstaben zu der Endung "IDIS" führen könnte, wird weder von den Beteiligten noch in der Stellungnahme des griechischen Generalkonsulats Düsseldorf vom 30.09.2003 geltend gemacht. Vielmehr geht es sachlich ausschließlich um eine auf Antrag des Paßinhabers in das Ausweispapier übernommene Namensführung, die zur Herbeiführung einer Übereinstimmung mit anderen Urkunden die Abwandlung der weiblichen Namensform unberücksichtigt läßt. Es handelt sich deshalb nur scheinbar um einen Vorgang der Transliteration, der in Wirklichkeit dazu dient, auf Antrag des Paßinhabers eine unerwünschte sprachliche Abwandlung der weiblichen Namensform für den Rechtskreis außerhalb des Heimatlandes zu beseitigen, während die Namensführung für den griechischen Rechtskreis mit der sprachlichen Abwandlung der weiblichen Namensform ausdrücklich aufrechterhalten bleibt. Die Annahme einer Bindungswirkung an die Wiedergabe des Namens in dem Reisepaß würde damit im Ergebnis zu einer hinkenden Namensführung der betreffenden Person innerhalb und außerhalb Griechenlands führen. Ein solches Ergebnis ist mit Art. 10 Abs. 1 EGBGB nicht in Einklang zu bringen, der eine einheitliche Namensführung des Namensträgers gewährleisten will. Gerade in der einheitlichen Angabe von Familien- und Vornamen einer Person in den Personenstandsregistern der einzelnen Staaten besteht ausweislich seiner Präambel der maßgebliche Zweck des NamÜbK (BGH NJW-RR 1994, 578, 579; Senat OLGZ 1982, 34, 40). Die Feststellung der aus dem maßgeblichen griechischen Recht mit der Abwandlung der weiblichen Namensform durch Transliteration abgeleiteten Namensführung "P" führt deshalb entgegen der Auffassung des Landgerichts keineswegs zu einer Diskriminierung der Beteiligten zu 1). Die Schwierigkeiten, die der Beteiligten zu 1) durch eine von dem inhaltlich korrekten Geburtseintrag abweichende faktische Namensführung entstehen, können nicht dazu führen, die strengen Voraussetzungen für die Berichtigung einer Eintragung im Geburtenbuch aufzuweichen. Im übrigen kann davon ausgegangen werden, daß die Beteiligte zu 1) ohne weiteres die Ausstellung eines Nationalpasses mit der Wiedergabe ihres Familiennamens in lateinischen Buchstaben unter Berücksichtigung der Abwandlung der weiblichen Namensform erreichen kann, wenn die anderweitige Wiedergabe ihres Familiennamens in ihrem bisherigen Ausweispapier auf ihren Antrag als Inhaberin des Passes erfolgt ist.

Eine Entscheidung über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der ersten und weiteren Beschwerde gem. § 13 a FGG ist nicht veranlaßt.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren dritter Instanz beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Ende der Entscheidung

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