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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 14.03.2006
Aktenzeichen: 15 W 127/05
Rechtsgebiete: PStG


Vorschriften:

PStG § 5 Abs. 3
PStG § 20
PStG § 21
1) Der Standesbeamte darf nach Anerkennung der Vaterschaft die Beurkundung der Person des Vaters, dessen Identität feststeht, im Geburtseintrag eines Kindes nicht allein deshalb verweigern, weil er wegen fehlender Identitätsnachweise (Reisepass und Geburtsurkunde) nicht mit Sicherheit ausschließen kann, dass die Kindesmutter mit mutmaßlich ivorischer Staatsangehörigkeit anderweitig verheiratet ist.

2) Zur Ermittlungspflicht des Standesbeamten und der Tatsacheninstanzen im Verfahren nach § 45 Abs. 1 PStG im Hinblick auf den urkundlich nicht zu führenden Nachweis einer Negativtatsache (Ausschluss des Bestehens einer Ehe) durch Zulassung einer eidesstattlichen Versicherung der Kindesmutter und näheren Überprüfung der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 127/05 OLG Hamm

In dem Personenstandsverfahren

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 14.03.2006 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 25.April 2005 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 3. März 2005 durch

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts vom 14.01.2004 werden zu den Verfahrensgegenständen Beurkundung des Vaters des Kindes und dessen von ihm abgeleiteten Familiennamen aufgehoben.

Insoweit wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 € festgesetzt.

Dem Beteiligten zu 2) wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin I bewilligt.

Gründe:

I.)

Am 07.07.2003 wurde in E ein Mädchen geboren. Die schriftliche Anzeige der Geburt durch das Krankenhaus ging am 11.07.2003 bei dem Standesbeamten ein.

Mutter des Kindes ist die Beteiligte zu 1). Diese ist nach eigenen Angaben ivorische Staatsangehörige und 1998 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Unter dem 29.07.1998 beantragte sie die Anerkennung als Asylberechtigte. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte den Asylantrag ab, stellte jedoch fest, dass hinsichtlich der Elfenbeinküste ein Abschiebungshindernis vorliege. Die gegen die Ablehnung des Asylantrages gerichtete Klage der Beteiligten zu 1) wies das Verwaltungsgericht Arnsberg zurück.

Urkunden, die die Identität der Beteiligten zu 1) belegen, liegen nicht vor. Da im Verwaltungsverfahren Zweifel an dem von der Beteiligten zu 1) angegebenen Geburtsdatum bestanden, setzten die Ausländerbehörden ein fiktives Geburtsdatum auf den 31.12.1981 fest, das auch in dem für die Beteiligte zu 1) ausgestellten Ausweisersatz angegeben ist.

Am 04.07.2003 wurde das Vaterschaftsanerkenntnis des Beteiligten zu 2) hinsichtlich des zu diesem Zeitpunkt von der Beteiligten zu 1) erwarteten Kindes beurkundet, am 29.07.2003 die Zustimmung der Beteiligten zu 1) hierzu sowie ihre Erklärung, dass das Kind den Familiennamen des Beteiligten zu 2) tragen solle, wozu dieser seine Zustimmung erteilte.

Durch Bescheid vom 03.09.2003 lehnte das Standesamt eine Beurkundung der Geburt des Kindes gegenüber der Beteiligten zu 1) ab, da weder deren Identität, noch deren Familienstand nachgewiesen sei. Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragten daraufhin am 12.09.2003 beim Amtsgericht, den Standesbeamten anzuhalten die folgendes Amtshandlung vorzunehmen:

"Im Geburtenbuch des Standesamtes E ist einzutragen, dass unser Kind, die E, geboren wurde am 07.07.03 in E, als Kind von uns beiden."

Zur Begründung führten sie insbesondere aus, dass Papiere, die die Identität der Beteiligten zu 1) belegten, dauerhaft nicht beschafft werden könnten.

Das Amtsgericht wies den Antrag durch Beschluss vom 14.01.2004 zurück. Gegen diese Entscheidung erhoben die Beteiligten zu 1) und 2) Beschwerde. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens verwiesen sie u.a. auf weitere, letztlich erfolglose Bemühungen, Identitätspapiere für die Beteiligte zu 1) zu beschaffen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die amtsgerichtliche Entscheidung teilweise abgeändert und den Standesbeamten angewiesen, die Geburt des Kindes im Geburtenbuch in der Weise zu beurkunden, dass nur die Mutter und das Kind in den Geburteneintrag aufgenommen werden mit dem Namen der Mutter D und dem Vornamen des Kindes E und einem klarstellenden Zusatz des Inhalts, dass die Namen der Mutter und der Vorname des Kindes nicht festgestellt werden konnten. Im Übrigen, also hinsichtlich der Aufnahme des Beteiligten zu 2) als Vater in den Geburteneintrag, hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen die teilweise Zurückweisung der Beschwerde richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2), die er zunächst privatschriftlich eingelegt, unter dem 25.04.2005 jedoch zu Protokoll des Rechtspflegers des Landgerichts wiederholt hat.

Eingehend am 10.03.2006 hat die Beteiligte zu 1) dem Senat die Ablichtung eines "EXTRAIT DU REGISTRE DES ACTES DE NAISSANCE" übersandt.

II.)

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 49 Abs.1 S.2, 48 Abs.1 PStG, 27, 29 FGG statthaft und formgerecht eingelegt.

Die Entscheidung des Landgerichts hält, soweit sie angefochten ist, der rechtlichen Nachprüfung (§§ 45 Abs.1, 49 Abs.2, 48 Abs.1 PStG, § 27 Abs.1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand. Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung und der Zurückverweisung der Sache.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht haben die Vorinstanzen zutreffend ihre internationale Zuständigkeit zur Entscheidung des vorliegenden Falles angenommen (vgl. hierzu BayObLG StAZ 2005, 45ff). Zutreffend hat das Landgericht auch die Zulässigkeit der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) bejaht.

In der Sache vermag der Senat dem Landgericht hingegen nicht zuzustimmen, soweit dieses eine Aufnahme des Beteiligten zu 2) als Kindesvater in den Geburteneintrag auf der Grundlage des bisherigen Ermittlungsstandes abgelehnt hat.

Gegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist noch der von den Beteiligten zu 1) und 2) gem. § 45 Abs.1 PStG gestellte Antrag, den Beteiligten zu 2) als Vater des Kindes sowie dessen von ihm abgeleiteten Familiennamen im Geburtenbuch einzutragen (§ 21 Abs.1 Nr. 1 PStG). Das Landgericht hat die Ablehnung dieses Antrags mit der Begründung bestätigt, dass das Abstammungsverhältnis des Kindes zu dem Beteiligten zu 2) nicht nachgewiesen sei. Es lasse sich nicht feststellen, dass dem formell wirksamen Vaterschaftsanerkenntnis die Wirkung des § 1592 Nr.2 BGB (endgültig) zukomme. Da die Identität der Beteiligten zu 1), insbesondere ihr Familienstand, nicht abschließend geklärt sei, lasse sich nicht ausschließen, dass sie bereits vor ihrer Einreise in Deutschland geheiratet habe, so dass ein anderer Mann gemäß § 1592 Nr.1 BGB als Vater gelte, mit der Folge, dass das Vaterschaftsanerkenntnis des Beteiligten zu 2) gemäß § 1594 Abs.2 BGB schwebend unwirksam sei.

Die Prüfung, ob die Vaterschaftsanerkennung wirksam erklärt ist, liegt im Verantwortungsbereich des das Geburtenbuch führenden Standesbeamten (§ 20 PStG). Die Vorinstanzen sind hier zutreffend davon ausgegangen, dass er deutsches Recht zu Grunde zu legen hat. Nach Art. 19 Abs.1 S. 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, im vorliegenden Fall dem deutschen Recht, weil das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der allein sorgeberechtigten Mutter hat.

Da die Angabe der Vaterschaft im Geburtenbuch (§ 21 Abs.1 Nr.1 PStG) an der Beweiskraft der Eintragung gemäß § 60 Abs.1 S.1 PStG teilhat, kann die Eintragung nur erfolgen, wenn die (rechtliche) Vaterschaft feststeht.

Zu Recht ist das Landgericht von der formellen Wirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses ausgegangen. Die Voraussetzungen der §§ 1595ff. BGB liegen vor: Der Beteiligte zu 2) hat die Anerkennungserklärung in der nach § 1597 Abs.1 BGB erforderlichen Form abgegeben, nämlich zu Protokoll des Standesbeamten (§ 29a PStG). Diesem Formerfordernis entspricht auch die Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 1) gemäß § 1595 Abs.1 BGB.

Soweit das Landgericht davon ausgegangen ist, dass sich aus § 1594 Abs.2 BGB Bedenken gegen die Wirksamkeit des Anerkenntnisses ergeben, beruht dies nach Auffassung des Senats gegenwärtig auf einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung.

Hinsichtlich der Beurteilung des Abstammungsverhältnisses auf der Vaterseite ergeben sich besondere Schwierigkeiten, wenn, wie vorliegend, die Identität eines (potentiellen) Elternteils nicht feststeht. Der Senat hat für den Fall, dass die Identität beider Elternteile zweifelhaft ist, und die Vaterschaft aus einer (angeblich) bestehenden Ehe hergeleitet werden soll, entschieden, dass die Eintragung der Vaterschaft als nicht feststehend zu unterbleiben hat (FGPrax 2004, 233, 234; ebenso BayObLG StAZ 2005, 45ff). Für den Fall, dass der Personenstand der Mutter feststeht, hat das BayObLG (FGPrax 2005, 19ff=StAZ 2005, 104ff) entschieden, dass der die Vaterschaft anerkennende Mann auch dann als Vater in den Geburteneintrag aufzunehmen bzw. im Fall des § 29 Abs.1 PStG beizuschreiben ist, wenn dessen Identität im Sinne seiner Personalien letztlich nicht feststeht.

In der vorliegenden Konstellation, in welcher die Identität des anerkennenden Mannes feststeht, jedoch die Identität und der Personenstand der Mutter zweifelhaft sind, ergeben sich die Bedenken gegen die Aufnahme der anerkannten Vaterschaft in den Eintrag, wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt, aus § 1594 Abs.2 BGB, da bei einem nicht nachgewiesenen Personenstand der Mutter nicht mit Sicherheit auszuschließen ist, dass sie zur Zeit der Geburt mit einem anderen Mann verheiratet war, so dass gemäß § 1592 Nr.1 BGB dessen Vaterschaft vermutet wird, was zur schwebenden Unwirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses führt (ebenso Vogt, StAZ 2005, 313, 316).

Der 31.Zivilsenat des OLG München hat hinsichtlich dieser Problematik in seinem Beschluss vom 19.10.2005 (StAZ 2005, 360, 361) in die Entscheidung nicht tragenden Erwägungen den Standpunkt vertreten, dass das Vaterschaftsanerkenntnis als wirksam zu bewerten sei, solange kein begründeter Verdacht bestehe, dass die Kindesmutter tatsächlich anderweitig verheiratet sei. Zur Begründung hat das OLG München ausgeführt, dass allein die rein theoretische Möglichkeit des Bestehens einer Ehe zum Zeitpunkt der Geburt, welche sich bei der Herkunft der Mutter aus einem Land mit einem ungenügend funktionierenden Personenstandswesen ohnehin nie sicher ausschließen lasse, nicht ausreiche, die Wirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses in Frage zu stellen. § 1594 Abs.2 BGB bezwecke allein die Verhinderung einer doppelten rechtlichen Vaterschaft. Ohne konkrete Erkenntnisse in Richtung einer zur Zeit der Geburt bestehenden Ehe gehe es aber nicht an, die Frage der Wirksamkeit des Anerkenntnisses als ungeklärt zu behandeln und damit auf unabsehbare Zeit einen Zustand zu dokumentieren, wonach das Kind überhaupt keinen Vater habe.

Der Senat schließt sich der Auffassung des OLG München im Grundsatz an. Nach § 20 PStG hat der Standesbeamte die notwendigen Ermittlungen anzustellen, wenn er Zweifel an der Richtigkeit der ihm zwecks Aufnahme in den Geburteneintrag mitgeteilten Tatsachen hat. Damit stellt sich zunächst die Frage, wann für den Standesbeamten Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht. Insoweit teilt der Senat allerdings die Auffassung des OLG München (a.a.O.), dass die Wirksamkeit des Anerkenntnisses nicht alleine aufgrund der rein theoretischen Möglichkeit einer Ehe der Kindesmutter in Zweifel gezogen werden darf. Insoweit handelt es sich nicht einmal um eine Besonderheit, die allein auf ausländische Kindesmütter zuträfe. Der Nachweis, nicht verheiratet zu sein, kann urkundlich ohnehin nicht geführt werden (vgl. § 159 DA sowie BayObLG NJWE-FER 1998, 171). Letztlich könnte auch bei einer deutschen Staatsangehörigen nie sicher ausgeschlossen werden, dass diese im Ausland eine wirksame Ehe (§§ 13 Abs.3, 11 Abs.1 EGBGB) eingegangen ist, die nicht zur Kenntnis der deutschen Behörden gelangt ist (vgl. den Fall OLG Hamm -4.Familiensenat- NJW 1988, 3097). Insoweit stellt sich das allgemeine Problem, dass es hier um die Feststellung einer Negativtatsache geht.

Die Frage, ob im Einzelfall Anlass besteht an den Angaben der Kindesmutter, nicht verheiratet zu sein, zu zweifeln, sowie die weitere Frage, ob ggf. angebrachte Zweifel durch die dann gebotenen weiteren Ermittlungen ausgeräumt sind, liegt auf tatsächlichem Gebiet. Ihre Beurteilung obliegt im gerichtlichen Verfahren dem Tatrichter. Dessen tatsächliche Feststellungen unterliegen im Verfahren der weiteren Beschwerde nur einer eingeschränkten Nachprüfung dahin, ob der Tatrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln sowie feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. Keidel/Kahl, FG, 15. Aufl., § 27, Rdnr. 42 m.w.N.). Hier haben der Standesbeamte bzw. die Vorinstanzen nicht alle wesentlichen und nach der Sachlage in Betracht zu ziehende Ermittlungen angestellt. Hierin liegt ein Verstoß gegen § 12 FGG.

Hinsichtlich des rechtlichen Rahmens für die gebotenen und möglichen Ermittlungen kann nach Ansicht des Senats nichts anderes gelten als bei der Prüfung des Ehehindernisses der anderweitigen Ehe (§ 1306 BGB). Hier wie dort geht es um die Feststellung der nämlichen Negativtatsache, nämlich des Umstandes, nicht verheiratet zu sein. Da dieser, wie bereits ausgeführt urkundlich nicht nachgewiesen werden kann, muss auch hier eine eidesstattliche Versicherung der Kindesmutter entsprechend § 5 Abs.3 PStG, 159 Abs.1 S.3 DA als Mittel der Glaubhaftmachung zugelassen werden. Die unklare Identität der Kindesmutter wäre zwar ein absoluter Grund, eine Eheschließung abzulehnen (vgl. BayObLG StAZ 2003, 78ff), bezogen auf den Ausschluss einer zur Zeit der Geburt bestehenden Ehe ist sie hingegen von nachrangiger Bedeutung. Sie kann allenfalls Anlass sein, die Richtigkeit auch einer hierauf gerichteten eidesstattlichen Versicherung kritisch zu hinterfragen. Dabei ist der Senat, insoweit in Abweichung von dem OLG München (a.a.O.), allerdings der Auffassung, dass Zweifel nicht erst dann gerechtfertigt sind, wenn konkrete Hinweise auf eine frühere Eheschließung vorliegen.

Nach § 25 S.1 Nr.2 PStGAV soll sich der Standesbeamte bei der Beurkundung der Geburt eines Kindes, dessen Eltern nicht verheiratet sind, die Geburtsurkunde der Mutter sowie ggf. eine solche des Vaters vorlegen lassen. Zwar handelt es sich insoweit um eine Soll-Vorschrift, jedoch indiziert bereits die Nichtverfügbarkeit einer Geburtsurkunde der Mutter bzw. die fehlende Aussagekraft einer solchen im Falle der unklaren Identität eine Abweichung vom Normalfall, die für den Standesbeamten Anlass zu eigenen Ermittlungen sein kann und i.d.R. auch sein muss (vgl. auch § 258 Abs.3 DA). Dies gilt nach Auffassung des Senats auch hinsichtlich der Voraussetzungen des § 1594 Nr.2 BGB jedenfalls dann, wenn weitere Umstände das bewusste Verschweigen einer zur Zeit der Geburt bestehenden Ehe möglich erscheinen lassen.

Welche Umstände derartige zusätzlichen Zweifel hervorrufen können, lässt sich naturgemäß nicht allgemein, sondern nur bezogen auf den jeweiligen Einzelfall sagen. Es ist allerdings mittlerweile ein vermehrt anzutreffendes Phänomen, dass Vaterschaftsanerkenntnisse bewusst entgegen dem tatsächlichen Abstammungsverhältnis abgegeben werden, um ausreisepflichtigen Ausländern über das Kind den Schutz des Art.6 GG zu verschaffen (vgl. Sturm, StAZ 2005, 281, 288). Dieser Effekt kann mit Rücksicht auf § 28 AufenthG auch dadurch herbeigeführt werden, dass ein deutscher Staatsangehöriger die Vaterschaft hinsichtlich des Kindes einer Ausländerin anerkennt (vgl. etwa VG Frankfurt StAZ 2005, 237f). In einer solchen Konstellation, also dann, wenn das Vaterschaftsanerkenntnis der wesentliche Anknüpfungspunkt für den aufenthaltsrechtlichen Status der Kindesmutter ist, kann die Schlussfolgerung nahe liegen, dass die Kindesmutter ein Interesse daran haben kann, eine tatsächlich bestehende Ehe zu verschweigen. Auch eine festzustellende Täuschung der Kindesmutter über ihre Identität kann Anlass bieten, ihre Angaben insgesamt in Zweifel zu ziehen (zu diesem Gesichtspunkt vgl. BayObLG StAZ 2003, 78ff; OLG Zweibrücken StAZ 1996, 268).

Im vorliegenden Fall würde der Senat jedenfalls eine persönliche Anhörung der Beteiligten zu 1) unter Beiziehung des Protokolls über ihre Anhörung durch das Bundesamt sowie ggf. durch das Verwaltungsgericht für notwendig halten, um die Konstanz und damit die Glaubhaftigkeit der Angaben der Beteiligten zu 1) zu überprüfen.

Nach dem Sachstand des Erstbeschwerdeverfahren hätte es angesichts der Regelvorschrift des § 25 PStGAV weiter der Klärung bedurft, ob die Beschaffung von Identitätsnachweisen und Personenstandsurkunden für die Beteiligte zu 1), die Richtigkeit ihrer Angaben unterstellt, mit unzumutbaren Schwierigkeiten verbunden ist. Hätte sich nämlich ergeben, dass die Erlangung derartiger Urkunden bei zutreffenden Angaben unschwer möglich ist, so wäre die Nichtvorlage der Urkunden geeignet gewesen, die Angaben der Kindesmutter notwendigerweise als wenig glaubhaft erscheinen zu lassen, was für die weiteren Ermittlungen und die Beweiswürdigung von jedenfalls richtungsweisender Bedeutung gewesen wäre (vgl. KG StAZ 2006, 13f; ähnlich OLG Zweibrücken a.a.O.).

Dieser Gesichtspunkt dürfte für das weitere Verfahren allerdings nicht mehr von Bedeutung sein, nachdem die Beteiligte zu 1) nunmehr dem Senat die Kopie einer Personenstandsurkunde zugesandt hat. Insoweit handelt es sich zwar um neues Vorbringen, dass im Verfahren der weiteren Beschwerde grundsätzlich unbeachtlich ist. Da die Entscheidung des Landgerichts jedoch schon aus den o.a. Gründen keinen Bestand haben kann, ist durch die Zurückverweisung der Sache die Möglichkeit eröffnet, die Beweiskraft dieser Urkunde hinsichtlich der Person der Beteiligten zu 1) zu überprüfen.

Insoweit weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass sich die Beweiskraft einer ausländischen Personenstandsurkunde nicht nach § 60 PStG richtet. Sie unterliegt vielmehr nach den Grundsätzen des § 438 ZPO der freien Würdigung, wobei jedoch die Echtheit regelmäßig durch die Legalisation seitens einer deutschen Auslandsvertretung nachgewiesen wird (vgl. KG a.a.O.). Eine solche Legalisation liegt bislang nicht vor und wird voraussichtlich in absehbarer Zeit auch nicht zu erlangen sein, da nach den Ländermitteilungen des Auswärtigen Amtes (Stand 15.12.2005) die deutsche Botschaft in Abidjan die Legalisation vorläufig eingestellt hat und nur noch Einzelüberprüfungen auf Antrag deutscher Behörden vornimmt. Vor der Einleitung eines solchen Überprüfungsverfahrens würde der Senat es allerdings für sachdienlich halten, die persönliche Anhörung der Beteiligten zu 1) durchzuführen, auch um ihr Gelegenheit zu einer Erläuterung zu geben, wieso in der nunmehr vorgelegten ivorischen Urkunde ihr von den deutschen Ausländerbehörden festgelegtes fiktives Geburtsdatum angegeben wird. Der Klärung bedarf auch, wieso in der Urkunde als Geburtsort und Wohnort der Mutter "N" angegeben ist, während die Beteiligte zu 1) gegenüber dem Verwaltungsgericht angegeben hat, aus einem Ort namens "E" zu stammen.

Sollten sich die vorgenannten Unstimmigkeiten ausräumen und sich auf dem Weg über die deutsche Botschaft oder auf anderem Wege die Echtheit der Urkunde feststellen lassen, bleibt allerdings noch das Problem, dass die Angaben der Beteiligten zu 1) hinsichtlich ihrer Identität durch die Geburtsurkunde, deren Echtheit und Beweiskraft unterstellt, zwar indiziell erhärtet, aber nicht bewiesen werden. Dieses Problem wäre praktisch am ehesten zu bereinigen, wenn sich die Beteiligte zu 1) unter Zuhilfenahme der jetzt vorliegenden Geburtsurkunde (ggf. i.V.m. mit einer Stellungnahme der deutschen Botschaft) bei der ivorischen Botschaft einen Pass beschaffen würde. Sollte dies in absehbarer Zeit nicht möglich sein, wäre durch den Tatrichter zu erwägen, ob auch bei einer nicht abschließend geklärten Identität unter Berücksichtigung des Inhalts der noch durchzuführenden Anhörung und einer noch vorzulegenden eidestattlichen Versicherung der Beteiligten zu 1), nicht verheiratet zu sein, im Hinblick auf das Vorliegen der Personenstandsurkunde noch berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses bestehen, wenn denn die Echtheit der Urkunde verifiziert werden kann. Insoweit könnte ergänzend in Betracht gezogen werden, inwieweit der Aufenthaltsstatus der Beteiligten zu 1) auch ohne Berücksichtigung des Vaterschaftsanerkenntnisses und dessen Rechtsfolgen gesichert erscheint, mithin kein Motiv für eine Täuschung über den Personenstand ersichtlich ist.

Da die Wirksamkeit der Namensbestimmung davon abhängig ist, welche Staatsangehörigkeit das Kind hat (Art.10 Abs.1 EGBGB) bzw. ob eine zulässige Rechtswahl (Art.10 Abs.3 EGBGB) vorliegt, und diese beiden Ansatzpunkte wiederum davon abhängig sind, ob der Beteiligte zu 2) als Kindesvater im Rechtssinne anzusehen, war auch der den Namenseintrag betreffende Teil der landgerichtlichen Entscheidung aufzuheben und die Sache auch insoweit zurückzuverweisen.

Der Senat hat von dem ihm zustehenden Ermessen in der Weise Gebrauch gemacht, die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, weil dessen Entscheidung auf demselben Aufklärungsmangel beruht, grundlegende tatsächliche Ermittlungen aber tunlichst in erster Instanz durchgeführt werden sollen.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 131, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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