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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 09.10.2003
Aktenzeichen: 15 W 14/02
Rechtsgebiete: WEG, FGG, GVG, BGB


Vorschriften:

WEG § 10
WEG § 10 Abs. 2
WEG § 23 Abs. 5
WEG § 26 Abs. 1
WEG § 43
WEG § 43 Abs. 1
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
WEG § 45 Abs. 1
FGG § 27
FGG § 29
GVG § 17a Abs. 5
BGB § 134
BGB § 139
1. Eine Vertrag, durch den die Miteigentümer zweier selbstständiger Wohnungseigentumsgemeinschaft ein gemeinsames Verwaltungs- und Wirtschaftswesen unter Verdrängung der gesetzlichen Verwaltungsbefugnisse der einzelnen Gemeinschaft vereinbaren, ist wegen Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Wohnungseigentumsrechts und Umgehung des sachenrechtlichen Typenzwangs nichtig.

2. Die auf der Grundlage eines solchen Vertrages gefassten Beschlüsse einer Versammlung von Miteigentümern beider Gemeinschaften sind als Gesamtakte zu Lasten Dritter nichtig.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 14/02 OLG Hamm

In der Wohnungseigentumssache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 9. Oktober 2003 auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) und 2) vom 03.01.2002 gegen den Beschluß der 7.a Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 12.11.2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Nichtigkeit der auf den Eigentümerversammlungen vom 15.12.2000 und vom 31.05.2001 gefassten Beschlüsse festgestellt wird.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde tragen die Beteiligten zu 1) und 2) je zur Hälfte.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 20.000 Euro festgesetz.

Gründe:

I.)

Die Beteiligten zu 1) bilden die beiden aus dem Rubrum ersichtlichen, benachbart gelegenen Eigentümergemeinschaften. Diese sind durch zwei Teilungserklärungen der L vom 11.03.1994 und deren Vollzug im Grundbuch entstanden. In beiden Teilungserklärungen wurde die Beteiligte zu 2) zur Verwalterin bestimmt.

Die notariellen Kaufverträge der Ersterwerber, darunter auch der der Beteiligten zu 3), enthalten jeweils eine gleichlautende Klausel folgenden Inhalts:

"Der Käufer stimmt dem folgenden von der Wohnungseigentümergemeinschaft noch zu fassenden Beschluss ... zu:

Die Verwaltung der Wohnanlagen

- E-ring 1, 3, 5; I-straße

- E-ring 10 bis 20 (gerade Zahlen)

- und D-weg 7-15 (ungerade Zahlen)

wird ein und demselben Verwalter übertragen.

Alle Betriebs-, Unterhaltungs-, Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Reparaturkosten und auch die Kosten der Verwaltung der gleichzeitig verwalteten Anlagen werden nicht je Gemeinschaft getrennt, sondern für alle Gemeinschaften zusammen jährlich ermittelt und unter den Mitgliedern aller Gemeinschaften verteilt. Diese Verteilung erfolgt nach dem Verhältnis der Wohnflächen.

Aus diesem Beschluß soll der gegenwärtige und jeder künftige Verwalter der Wohnungsanlagen unmittelbar Rechte herleiten können. Der Käufer verzichtet deshalb gegenüber dem jeweiligen Verwalter auf eine gesonderte Abrechnung für die Miteigentümergemeinschaft der er angehört."

Am 16.08.1994 gab der geschäftsführende Gesellschafter der teilenden Eigentümerin sodann eine schriftliche Erklärung ab, die nach Aufzählung verschiedener Eigentumswohnungen unter Angabe der Grundbuchblätterfolgenden Inhalt hat:

"Als Eigentümerin der vorbezeichneten Eigentumswohnungen stimmt die Firma L folgendem Beschluss zu:

Die Verwaltung der Wohnanlagen

- E-ring 1, 3, 5; I-straße

- E-ring 10 bis 20 (gerade Zahlen)

- und D-weg 7-15 (ungerade Zahlen)

wird ein und demselben Verwalter übertragen.

Alle Betriebs-, Unterhaltungs-, Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Reparaturkosten und auch die Kosten der Verwaltung der gleichzeitig verwalteten Anlagen werden nicht je Gemeinschaft getrennt, sondern für alle Gemeinschaften zusammen jährlich ermittelt und unter den Mitgliedern aller Gemeinschaften verteilt. Diese Verteilung erfolgt nach dem Verhältnis der Wohnflächen.

Aus diesem Beschluß soll der gegenwärtige und jeder künftige Verwalter der Wohnungsanlagen unmittelbar Rechte herleiten können. Es wird deshalb gegenüber dem jeweiligen Verwalter auf eine gesonderte Abrechnung für die einzelnen Gemeinschaften verzichtet."

In der Folgezeit wurde entsprechend den vorgenannten Erklärungen verfahren. Für beide Gemeinschaften wurden nur gemeinsame Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen erstellt, die Angelegenheiten beider Gemeinschaften wurden auf einheitlichen Eigentümerversammlungen beraten und beschlossen, die beiden Gemeinschaften mithin insgesamt wie eine Eigentümergemeinschaft behandelt. 1998 wurde die Beteiligte zu 2) auf einer solchen Versammlung erneut zur Verwalterin gewählt.

Am 15.12.2000 fand erneut eine Versammlung "der Wohnanlage E-ring 1-5, 10-20, D-weg 7-15" statt. Die erschienenen bzw. vertretenen Eigentümer beider Gemeinschaften fassten hier in einer einheitlichen Abstimmung verschiedene Beschlüsse u.a. hinsichtlich der aufgrund eines früheren gerichtlichen Vergleichs neu erstellten Betriebskostenabrechnungen für 1995 bis 1998 sowie die Betriebskostenabrechnung für 1999.

Die Beteiligten zu 3) haben mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09.01.2001, der am 11.01.2001 bei Gericht eingegangen ist, beantragt,

die in der Eigentümerversammlung vom 15.12.200 gefaßten Beschlüsse aufzuheben.

Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass die einheitlichen Abrechnungen ebenso wie die einheitliche Beschlussfassung zweier Gemeinschaften rechtlich unzulässig seien. Die weiteren Beteiligten sind dem Antrag unter Hinweis auf die o.a. Vertragsklauseln sowie den schriftlichen Beschluss vom 16.08.1994 entgegen getreten.

Die Beteiligten zu 3) haben daraufhin weiter beantragt,

festzustellen, dass der Beschluss der teilenden Eigentümerin vom 16.08.1994 nichtig sei.

Am 31.05.2001 fand eine weitere gemeinsame Versammlung der Eigentümer der beiden Gemeinschaften statt. In dieser wurden wiederum in einheitlicher Abstimmung verschiedene Beschlüsse gefasst, u.a. die Genehmigung der ebenfalls einheitlichen Jahresabrechnung für das Jahr 2000.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.06.2001, bei Gericht eingegangen am 28.06.2001, haben die Beteiligten zu 3) beantragt,

die in der Eigentümerversammlung vom 31.05.2001 gefaßten Beschlüsse aufzuheben, und festzustellen, daß eine gemeinsame Wohnungseigentümergemeinschaft E-ring 1-5, 10-20, D-weg 7-15 nicht bestehe.

Das Amtsgericht hat die auf beiden Versammlungen gefassten Beschlüsse für ungültig erklärt und antragsgemäß die Nichtigkeit des Beschlusses vom 16.08.1994 sowie die Nichtexistenz einer einheitlichen Eigentümergemeinschaft festgestellt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) hat das Landgericht, nachdem es mit den Beteiligten vor der voll besetzten Kammer mündlich verhandelt hatte, durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2).

II.)

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) und 2) folgt bereits daraus, daß ihre sofortige erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen. Die Frage, ob für den Antrag, festzustellen, dass eine die Beteiligten zu 1a) und 1b) umfassende Wohnungseigentümergemeinschaft nicht besteht, die Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts gegeben war, bedarf keiner Vertiefung. Allerdings betrifft § 43 WEG nur Streitigkeiten innerhalb einer existenten Wohnungseigentümergemeinschaft. Hier liegt jedoch, wie noch auszuführen sein wird, im Verhältnis zwischen den Beteiligten zu 1a) und denen zu 1b) keine Eigentümergemeinschaft vor. Da das Amtsgericht -Wohnungseigentumsgericht - seine Zuständigkeit jedoch inzident bejaht hat, war das Landgericht entsprechend § 17a Abs. 5 GVG hieran gebunden. Dies gilt entsprechend für den Senat.

Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1b) ist jedenfalls im Hinblick auf den Erfolg des gegen sie gerichteten Feststellungsantrages betreffend die Existenz einer umfassenden Gemeinschaft zu bejahen, nachdem sie sich der hieraus abzuleitenden Rechte berühmt hatten. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) folgt daraus, dass jedenfalls die Anfechtung der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung auch die Rechtmäßigkeit ihrer Verwaltungsführung betrifft.

Auch in der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts der rechtlichen Prüfung stand. Allerdings sind die in den Versammlungen vom 15.12.2000 und vom 31.05.2001 gefassten Beschlüsse nicht lediglich anfechtbar, sondern nichtig, was der Senat dementsprechend klargestellt hat. Dabei sind die Anfechtungsanträge der Beteiligten zu 3) ohnehin dahingehend auszulegen, daß sich die beantragte Aufhebung der Eigentümerbeschlüsse, soweit damit die rechtsgestaltende Ungültigerklärung im Sinne der §§ 23 Abs. 5, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG gemeint ist, von vorneherein nur auf die Verhältnisse der Beteiligten zu 1a) bezieht, also derjenigen Eigentümergemeinschaft, der sie selber angehören. Da, wie noch darzulegen sein wird, eine einheitliche Wohnungseigentümergemeinschaft nicht besteht, kommt im Verhältnis zu den Beteiligten zu 1b) nämlich ohnehin nur eine feststellende Entscheidung in Betracht. An einer Klarstellung des Tenors ist der Senat, auch soweit die Beteiligten zu 1a) betroffen sind, weder durch das Verbot einer Verschlechterung der Stellung des Rechtsmittelführers, noch durch eine Bindung an die Anträge der Beteiligten gehindert. Eine Verschlechterung liegt nicht vor, da die Rechtswirkung beider Entscheidungen identisch ist. Eine strenge Bindung an Parteianträge besteht im Verfahren nach dem WEG grundsätzlich nicht. Davon abgesehen, würde aber auch eine solche Bindung die vorliegende Entscheidung nicht hindern, da der Antrag auf Ungültigerklärung eines Beschlusses bei sachgerechter Betrachtung immer zugleich den Antrag auf Prüfung einer möglichen Nichtigkeit mitumfasst (BayObLG NJW-RR 1987 S. 329 f).

Das Landgericht hat, was für sich genommen richtig ist, im Anschluss an die Rechtsprechung des Bayrischen Obersten Landesgerichts (NJW-RR 2001 S. 659 ff und 1233 ff) angenommen, dass die Beschlussfassung unter Teilnahme von Nichteigentümern gegen die Regeln einer ordnungsgemäßen Verwaltung verstoße. Dies ist zwar zutreffend, schöpft die Mängel der vorliegenden Beschlussfassung aber nicht aus.

Die Nichtigkeit eines Eigentümerbeschlusses wird u.a. angenommen, wenn die Eigentümergemeinschaft für die in Frage stehende Regelung schlechthin nicht zuständig ist, insbesondere also bei Beschlüssen zu Lasten Dritter (BGH NJW 1994 S. 2950, 2953; BayObLGZ 1984 S. 198, 200; KG NJW-RR 1992 S. 1168 ff; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. § 23 Rdn. 138, 141 m.w.N.). Derartige Beschlüsse liegen hier vor. Jede Gemeinschaft war und ist bezogen auf die Angelegenheiten der jeweils anderen zu Regelungen nicht befugt. Soweit man unter Berücksichtigung des Umstandes, dass jede Gemeinschaft bei der einheitlichen Beschlussfassung auch über eigene Angelegenheiten entschieden hat, davon ausgehen wollte, dass der Nichtigkeitsgrund jeweils nur einen Teil der Beschlussgegenstände ergreift, folgt die Gesamtnichtigkeit aus § 139 BGB, da gerade eine einheitliche Handhabung gewollt war.

Die Vorinstanzen sind weiter zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschluss der teilenden Eigentümerin vom 16.08.1994 nichtig ist. Auch haben sie zu Recht festgestellt, dass eine einheitliche Eigentümergemeinschaft zwischen den Beteiligten zu 1) nicht besteht.

Die grundlegende Frage, ob nämlich die übereinstimmenden Klauseln in den Ersterwerberverträgen in Verbindung mit dem schriftlichen Beschluss der teilenden Eigentümerin eine einheitliche Wirtschaftsführung und Verwaltung von zwei sachenrechtlich selbstständigen Eigentümergemeinschaften ermöglichen, hat das Landgericht zu Recht verneint. Dabei kann es dahinstehen, ob, wie die weitere Beschwerde geltend macht, aufgrund der übereinstimmenden Klauseln in den Ersterwerberverträgen eine Vereinbarung der betroffenen Wohnungseigentümer im Sinne des § 10 WEG zustande gekommen ist, was aus verschiedenen Gründen zweifelhaft erscheint. Ebenso kann es dahinstehen, ob die einvernehmliche Handhabung in der Vergangenheit die Voraussetzungen einer konkludenten Vereinbarung erfüllt. Auch eine solche Vereinbarung wäre nämlich nichtig.

Nach § 10 Abs. 2 WEG können die Miteigentümer durch Vereinbarung ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder in Abweichung von nicht zwingenden gesetzlichen Vorschriften regeln. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes können im Wege der Vereinbarung im Sinne eines auf wohnungseigentumsrechtliche Folgen gerichteten Vertrages daher nur interne Fragen der Wohnungseigentümergemeinschaft geregelt werden (vgl. Senat NJW-RR 1997, 522, 523; BayObLG Rpfleger 1974 S. 360; OLG Köln OLGR 2000 S. 48, 49 = ZMR 2000 S. 561 ff; OLG Frankfurt a M. MDR 1983 S. 580 f; Bärmann/Pick, WEG 9. Aufl. § 10 Rdn. 44; Weitnauer/Lüke, WEG 8. Aufl. § 10 Rdn. 37). Die Eigentümergemeinschaft definiert sich dabei als Gemeinschaft der Eigentümer, die in den Grundbüchern eingetragen sind, die aus der Teilung des ursprünglichen Eigentums hervorgegangen sind. Dementsprechend kann sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer immer nur auf ein Grundstück im Rechtssinne beziehen (OLG Düsseldorf FGPrax 2003, 121). Aufgrund der sachenrechtlichen Grundlage und Ausgestaltung der Gemeinschaft gilt für sie der sachenrechtliche Grundsatz des Typenzwangs, der die Gestaltungsmöglichkeiten der Wohnungseigentümer dahingehend beschränkt, dass vertragliche Modifikationen nur in dem durch das Wohnungseigentumsrecht eröffneten Rahmen möglich sind (BGH aaO S.2952). Hieraus folgt, dass die Miteigentümer einer Gemeinschaft ihr wohnungseigentumsrechtliches Verwaltungs- und Wirtschaftswesen nicht im Wege einer Vereinbarung auf eine gewissermaßen übergeordnete, mit einer anderen Gemeinschaft gebildeten Einheit übertragen können (OLG Köln aaO; OLG Düsseldorf aaO). Dies würde, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, die Bildung einer Wohnungseigentumsgemeinschaft außerhalb des Grundbuchs bedeuten, was mangels einer gesetzlichen Grundlage am sachenrechtlichen Typenzwang scheitern muss.

Diese Überlegung wird durch weitere Einzelaspekte gestützt. Eine konsequente Umsetzung einer derartigen Verwaltungs- und Wirtschaftseinheit ist entweder praktisch undurchführbar oder muss, mit der Folge des § 134 BGB, gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen. So ist die Wahl eines Wohnungseigentumsverwalters für die offenbar angedachte übergeordnete Gemeinschaft rechtlich nicht durchsetzbar. Bereits die inhaltliche Bindung an das Votum der jeweils anderen Gemeinschaft verstößt gegen die zwingende Vorschrift des § 26 Abs. 1 WEG. Auch wäre der Bestand einer nur schuldrechtlichen Vereinbarung über eine derartige Verwaltungs- und Wirtschaftsgemeinschaft, ihre Wirksamkeit unterstellt, mehr oder weniger von Zufälligkeiten abhängig. Bereits mit dem Verkauf einer Wohnung bzw. dem Eintritt eines Sonderrechtsnachfolgers in die Gemeinschaft wären die Wirkungen einer derartigen Vereinbarung mangels Bindung des Nachfolgers aufgebraucht (Senat ZMR 1996 S. 671, 674).

Angesichts des sachenrechtlichen Typenzwanges geht auch der Hinweis der Beschwerdeführer auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit fehl. Im übrigen ist es den Angehörigen unterschiedlicher Eigentümergemeinschaften unbenommen, eine Verwaltungs- und Wirtschaftsgemeinschaft für beide Gemeinschaften etwa in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu vereinbaren (vgl. OLG Köln aaO; BayObLG NJW-RR 1999 S. 739f). Aus den genannten Gründen können sie auf diese Weise jedoch die Geltung des Wohnungseigentumsrechts für die einzelne Gemeinschaft weder aufheben, noch in der Weise modifizieren, dass unter Verdrängung der gesetzlichen Zuständigkeiten der einzelnen Gemeinschaft eine wohnungseigentumsrechtliche Wirtschafts- und Verwaltungsgemeinschaft für zwei Gemeinschaften gebildet wird. Vielmehr kann auf diese Weise allenfalls eine zusätzliche, übergeordnete Verwaltungsebene geschaffen werden.

Der hier vollzogenen Gesamtgemeinschaft kommt auch für die Vergangenheit keine Rechtswirkung zu. Allerdings wird in der wohnungseigentumsrechtlichen Literatur für bestimmte Fälle einer fehlerhaft gegründeten Wohnungseigentümergemeinschaft eine entsprechende Heranziehung der Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft diskutiert (vgl. etwa RGRK-Augustin, 12. Aufl. § 3 WEG Rdn. 61 ff; Soergel/Stürner, 12. Aufl. § 3 WEG Rdn. 9; Röll, Teilungserklärung S. 54 f; Staudinger/Rapp 12. Aufl. § 3 WEG Rdn. 42 ff). Diese Diskussion betrifft jedoch Fälle, in denen der dingliche Gründungsakt der Gemeinschaft infolge des Verstoßes gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen oder aufgrund von Willensmängeln unwirksam oder anfechtbar ist. Sie betrifft danach nicht den vorliegenden Fall, daß es bereits an einem solchen dinglichen Gründungsakt fehlt. Der vorliegende Sachverhalt ist nämlich, wie bereits dargelegt, gerade dadurch gekennzeichnet, daß versucht worden ist, die Rechtswirkungen einer Wohnungseigentümergemeinschaft außerhalb des Grundbuchs und unter Aufhebung der dinglich begründeten Befugnisse der Einzelgemeinschaften herbeizuführen. In einem solchen Fall ist ein Bestandsvertrauen der Beteiligten, daß den eigenlichen Grund der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bildet, nicht gerechtfertigt und damit nicht schutzwürdig.

Der Senat vermag sich auch der mit der sofortigen weiteren Beschwerde vertretenen Auffassung, daß eine Rückabwicklung der gemeinschaftlichen Verwaltung unmöglich ist, nicht anzuschließen. Hinsichtlich des Aktivvermögens (Instandhaltungsrücklage, Verwaltungsvermögen) dürfte eine einfache Bruchteilsgemeinschaft vorliegen, nach deren Regeln sich die Betroffenen auseinandersetzen können. Eine Verteilung der Kosten auf die beiden Gemeinschaften wird hinsichtlich von Instandsetzungskosten u.a. schon aufgrund des jeweiligen Arbeitsgegenstandes möglich sein. Soweit dies hier oder bei allgemeinen Verwaltungskosten nicht möglich sein sollte, bleibt die Möglichkeit einer schätzweisen Verteilung nach der Größe betroffener Flächen, den Miteigentumsanteilen oder ähnlichen sachbezogenen Maßstäben.

Schließlich sind die Antragsteller auch subjektiv befugt, die Nichtigkeit der genannten Beschlüsse geltend zu machen und die Feststellung der Nichtexistenz einer einheitlichen Gemeinschaft zu begehren. Soweit die weiteren Beteiligten sich in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.09.2000 (NJW 2000 S. 3500 ff) und den dort angesprochenen Aspekt des Vertrauensschutzes berufen, geht dies fehl. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofes betreffen den Rückwirkungseffekt einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung auf bereits abgeschlossene Sachverhalte. Dies trifft jedoch nicht den vorliegenden Fall. Die mit der vorgenannten Entscheidung eingeleitete Änderung der Rechtsprechung bezieht sich auf die Frage, ob die fehlende Kompetenz der Eigentümerversammlung, eine Frage durch Beschluss anstatt durch Vereinbarung zu regeln, die Nichtigkeit zur Folge hat. Der hier vorliegende Fall, dass die Regelung als solche nicht in die Kompetenz der Eigentümergemeinschaft fällt, ist in der Rechtsprechung seit jeher im oben beschriebenen Sinne beurteilt worden.

Die Beteiligten zu 1) und 2) können den Antragstellern auch nicht das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegenhalten. Nicht jede Änderung des eigenen Standpunktes entgegen dem früheren eigenen Verhalten innerhalb einer rechtlichen Sonderbeziehung ist treuwidrig. Grundsätzlich ist es niemandem verwehrt, sich auf die Nichtigkeit eigener Erklärungen zu berufen oder sonst die Wirksamkeit eines unter seiner Mitwirkung abgeschlossenen Rechtsgeschäfts anzugreifen, solange durch das eigene Verhalten für andere kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand geschaffen wurde (vgl. etwa BGH NJW 1997 S. 3377, 3379). Letzteres ist hier nicht der Fall. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die mehrjährige einvernehmliche Übung im wesentlichen nicht auf das Verhalten der Antragsteller zurückgeht, sondern auf dasjenige der teilenden Eigentümerin und der ihr personell verbundenen Beteiligten zu 2). Diese haben die wohnungseigentumsrechtlich so nicht umsetzbare Verwaltungsgemeinschaft, angefangen mit den gleichlautenden formelhaften Erklärungen in den Erwerberverträgen, auf den Weg gebracht. Die einzelnen Miteigentümer, mithin auch die Antragsteller haben, wovon nach den getroffenen Feststellungen mangels eines abweichenden Vortrages der Beschwerdeführer auszugehen ist, nicht mehr getan, als entsprechend diesen Vorgaben im Rahmen einer tatsächlich nicht existenten Gemeinschaft zu agieren, also ihre Lastenbeiträge zu zahlen, an Versammlungen teilzunehmen und in diesen abzustimmen. Eine besondere Aussagekraft im Bezug auf den rechtlichen Bestand der übergeordneten Verwaltungsgemeinschaft kommt einem solchen Verhalten nicht zu, insbesondere da sich aus dem Vortrag der Beteiligten keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die rechtliche Wirksamkeit dieser Verwaltungsgemeinschaft vor dem Beginn des vorliegenden Verfahrens jemals problematisiert worden ist.

Selbst wenn man im übrigen von einem Vertrauenstatbestand auf Seiten der Beschwerdeführer ausgeht, so ist dieser nicht derart schutzwürdig, dass es gerechtfertigt wäre, das jetzige Verhalten der Antragsteller im Hinblick auf ihre eher geringfügige Mitwirkung an der früheren Verwaltungsübung als treuewidrig zu bewerten. Zunächst kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsteller aufgrund der einheitlichen Kostenverteilung in der Vergangenheit besondere wirtschaftliche Vorteile erlangt haben, die ihnen mangels Fortschreibung der Verwaltungsgemeinschaft nun verbleiben würden. Nach dem Beschwerdevorbringen war die Kostenstruktur der beiden Gemeinschaft in der Vergangenheit nahezu identisch, nach dem Vorbringen der Antragsteller ging die Kostenverteilung zu ihren Lasten.

Da die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) keinen Erfolg hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie die Gerichtskosten tragen (§ 47 S. 1 WEG). Hingegen sieht der Senat angesichts der langjährig einvernehmlichen Handhabung der gemeinsamen Verwaltung keine Veranlassung von dem Grundsatz abzuweichen, dass im Verfahren nach dem WEG jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Auslagen selbst trägt.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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