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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.05.2001
Aktenzeichen: 15 W 21/01
Rechtsgebiete: BGB, HGB, GmbHG, BeurkG


Vorschriften:

BGB § 126
BGB § 129 Abs. 1 S. 2
HGB § 12
GmbHG § 8 Abs. 5
BeurkG § 39
BeurkG § 40
1) Die Eintragung der Gesellschaft darf nicht von der Erfüllung der Zeichnungspflichten nach § 8 Abs. 5 GmbHG abhängig gemacht werden; diese Pflichten können vielmehr vom Registergericht selbständig gefordert und nötigenfalls nach § 14 HGB in Verbindung mit § 132 FGG erzwungen werden. Dabei ist die Beglaubigung der Zeichnung einer Namensunterschrift keine bloße Unterschriftsbeglaubigung, weil das Unterschriftsbild zur Aufbewahrung bei Gericht festgehalten werden soll.

2) Für die nach § 12 Abs. 1 HGB einzureichende Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister ist eine von einem Notar beglaubigte Unterzeichnung durch Handzeichen ausreichend, und zwar auch dann, wenn der Aussteller schreiben und lesen kann. Insoweit ist es ohne Bedeutung, wenn der Notar eine nicht mehr als solche erkennbare Unterschrift im Wege der Beglaubigung nicht als Handzeichen beglaubigt hat.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

In der Handelsregistersache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 15. Mai 2001 auf die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 15. Januar 2001 gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Paderborn vom 20. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Engelhardt und Oellers

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Auf die erste Beschwerde der Beteiligten vom 28.11.2000 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts vom 25.10.2000 aufgehoben.

Gründe:

I.

Die beteiligte Verwaltungsgesellschaft ist durch notarielle Urkunde vom 18.09.2000 von der Betriebs-Gesellschaft mbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer G gegründet worden. Im Anschluss an die Errichtung bestimmte sich G auch zum alleinigen Geschäftsführer der Beteiligten. Diese hat durch ihren Geschäftsführer ihre Gesellschaft und deren Vertretung zur Eintragung, in das Handelsregister angemeldet. In der Anmeldung vom 18.09.2000 (URNr. 2000 des Notars hat der Geschäftsführer seine Unterschriften nach den Feststellungen des Landgerichts jeweils mit den Buchstaben tt und einem durch die Buchstaben geführten Querstrich gezeichnet. Darunter befindet sich der Begläubigungsvermerk des Notars, der bestätigt, dass die Namensunterschriften des ihm persönlich bekannten Herrn G im Text und unter dem Text vor ihm vollzogen worden seien.

Das Amtsgericht hat durch Zwischenverfügung vom 25.10.2000 unter Ziffer 3. die Unterschrift und Zeichnung des Geschäftsführers beanstandet und die Beteiligte aufgefordert, die Unterschrift oder Zeichnung ordnungsgemäß nachzuholen. Hiergegen hat die Beteiligte Beschwerde eingelegt. Der Urkundsnotar und Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten hat geltend gemacht, ihm sei der Geschäftsführer seit mehr als 15 Jahren bekannt; dieser habe in der Vergangenheit stets in der Form seine Unterschrift geleistet, wie sie sich in der von ihm beurkundeten Anmeldung befinde. Die Zeichnung stelle sich nicht als Paraphe dar.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 20.12.2000 die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 15.01.2001.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Im Verfahren betreffend die erstmalige Anmeldung, die auf eine Eintragung mit konstitutiver Wirkung gerichtet ist, ist anmelde- und beschwerdebefugt die betroffene Gesellschaft selbst, die durch ihren Geschäftsführer gesetzlich vertreten wird (BGHZ 105, 324 = NJW 1989, 295; NJW 1992, 1824 betreffend die AG). Dementsprechend ist, wie schon die Erstbeschwerde, auch die weitere Beschwerde als von der insoweit allein beschwerdebefugten Gesellschaft eingelegt anzusehen.

In der Sache selbst führt die weitere Beschwerde zur Aufhebung der angefochtenen Beschwerdeentscheidung und der erstinstanzlichen Zwischenverfügung, weil beide Entscheidungen auf einer Verletzung des Gesetzes beruhen, § 27 FGG. Das Amts- und das Landgericht haben nämlich nicht hinreichend unterschieden zwischen den Anforderungen, die das Gesetz an die Unterschrift unter die Anmeldung einer Gesellschaft und an die Zeichnung der Unterschrift stellt, und ferner nicht beachtet, dass die Eintragung der Gesellschaft nicht von der Erfüllung der Zeichnungspflichten nach § 8 Abs. 5 GmbHG abhängig gemacht werden darf.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen. Bei der Verfügung des Registergerichts vom 25.10.2000 handelt es sich um eine Zwischenverfügung im Sinne des § 26 S. 2 HRV, die nach anerkannter Auffassung als anfechtbare Verfügung im Sinne des § 19 FGG zu behandeln ist. Danach hat das Registergericht, wenn einer beantragten Eintragung behebbare Hindernisse entgegenstehen, die Anmeldung nicht zurückzuweisen, sondern den oder die Anmeldepflichtigen durch eine Zwischenverfügung zur Behebung der bestehenden Hindernisse innerhalb angemessener Frist aufzufordern. Ist eine Zwischenverfügung angefochten, so beschränkt sich das Verfahren und damit die Nachprüfung auf die in der Zwischenverfügung geltend gemachten Bedenken oder Eintragungshindernisse. Enthält die Zwischenverfügung mehrere Beanstandungen, die im Falle der Nichtbehebung jede für sich die Zurückweisung des Antrages rechtfertigen würden, so kann jede Beanstandung für sich mit der Beschwerde angefochten werden. Wenn die Zwischenverfügung aus keinem der in ihr genannten Gründe gerechtfertigt ist, so muss sie aufgehoben werden, selbst wenn der beantragen Eintragung andere, bisher vom Registergericht nicht erörterte Hindernisse entgegenstehen. Auf derartige Hindernisse darf das Beschwerdegericht in den Gründen seiner Entscheidung hinweisen, allerdings nur wegweisend und ohne Bindungswirkung.

1)

Nach diesen Rechtsgrundsätzen durfte das Amtsgericht der Beteiligten durch Zwischenverfügung die Behebung einer etwaigen nicht ordnungsgemäß unterschriebenen Anmeldung aufgeben. Indes hat das Registergericht in der Zwischenverfügung vom 25.10.2000 zu Unrecht den Standpunkt eingenommen, die Anmeldung sei nicht ordnungsgemäß.

Nach § 12 Abs. 1 HGB ist die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister in Öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Ist durch Gesetz für eine Erklärung eine öffentliche Beglaubigung vorgeschrieben, so muss die Erklärung schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden (§ 129 Abs. 1 Satz 1 BGB); wird die Erklärung von dem Aussteller mittels Handzeichens unterzeichnet, so ist die in § 126 Abs. 1 BGB vorgeschriebene Beglaubigung erforderlich und genügend (§ 129 Abs. 1 Satz 2 BGB); nach § 129 Abs. 2 BGB wird die öffentliche Beglaubigung durch die notarielle Beurkundung der Erklärung (§ 128 BGB) ersetzt.

Nach Auffassung der Vorinstanzen ist die schriftlich abgefasste Anmeldung von dem Geschäftsführer der beteiligten Vorgesellschaft nicht durch eine Unterschrift, sondern nur durch ein Handzeichen unterzeichnet worden. Dies ist aber nach § 129 Abs. 1 Satz 2 BGB zulässig und ausreichend, und zwar auch dann, wenn der Aussteller schreiben und lesen kann (Keidel/Winkler, BeurkG, 14. Aufl., § 40 Rn. 74; Palandt/Heinrichs; BGB, 60. Aufl., § 126 Rn. 10). Sie bedarf zum Beweis für die Echtheit des Handzeichens der notariellen Beglaubigung (§§ 39, 40 BeurkG), die hier vorliegt. Dabei ist es ohne Bedeutung, wenn der Notar etwa eine nicht mehr als solche erkennbare Unterschrift im Wege der Beglaubigung nicht als Handzeichen beglaubigt hat (Keidel/Winkler, a.a.O., § 40 Rn. 75). Auf die Frage, ob der Geschäftsführer der Beteiligten die Anmeldung mit seiner vollständigen Unterschrift unterzeichnet hat, kommt es somit nicht entscheidend an, weil er sie wirksam zumindest abgekürzt mit seinem notariell beglaubigten Handzeichen unterzeichnet hat. Die Zwischenverfügung kann daher schon insoweit keinen Bestand haben.

2)

Soweit das Registergericht die Zeichnung der Unterschrift beanstandet hat, verlangt es mit der Zwischenverfügung die Behebung eines Hindernisses, das der Eintragung der Gesellschaft gar nicht entgegensteht, sondern lediglich die - selbständig zu beurteilende - Zeichnungspflicht nach § 8 Abs. 5 GmbHG betrifft. Die Erfüllung dieser Verpflichtung ist aber keine Voraussetzung für die Eintragung der Gesellschaft; sie kann vielmehr vom Registergericht selbständig gefordert und nötigenfalls nach § 14 HGB in Verbindung mit § 132 FGG erzwungen werden (KG in OLGR 19, 309, 310; Senat OLGZ 1983, 1; Keidel/Winkler, a.a.O., § 41 Rn. 5). Als einleitende Verfügung für ein Erzwingungsverfahren nach §§ 14 HGB, 132 FGG, gegen die der Einspruch zulässig gewesen wäre, kann die Zwischenverfügung schon deshalb nicht gewertet werden, weil ihr die wesentlichen Erfordernisse einer derartigen Verfügung fehlen, und zwar die Androhung eines Zwangsgeldes und der Hinweis, dass innerhalb einer bestimmten Frist entweder der Verpflichtung (zur Namenszeichnung) nachzukommen oder die Unterlassung mittels Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtfertigen sei.

Da die Beanstandung der Namenszeichnung nicht Gegenstand einer Zwischenverfügung für eine beantragte Eintragung sein kann und der Eintragungsantrag ordnungsgemäß unterzeichnet ist, musste der Senat die angefochtene Beschwerdeentscheidung und - auf die Erstbeschwerde - die Zwischenverfügung des Registerrichters aufheben. Das Amtsgericht wird nunmehr über die Anmeldung neu zu entscheiden haben.

III.

Hinsichtlich der Namenszeichnung weist der Senat wegweisend und ohne Bindungswirkung auf folgendes hin:

Nach § 8 Abs. 5 GmbHG haben die Geschäftsführer ihre (Namens-)Unterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gericht zu zeichnen. Diese Zeichnungen sind nach § 12 Abs. 1 HGB in öffentlich beglaubigten Form einzureichen. Die Beglaubigung der Zeichnung einer Namensunterschrift ist keine bloße Unterschriftsbeglaubigung; es kommt nämlich nicht nur darauf an, die Echtheit der Unterschrift zu bezeugen, sondern zur Aufbewahrung bei Gericht auch das Unterschriftsbild festzuhalten, um die Prüfung der Echtheit einer Unterschrift im Handelsverkehr zu erleichtern (Keidel/Winkler, a.a.O., § 41 Rn. 1). Das dabei zu beachtende Verfahren regelt § 41 BeurkG. Danach muss die Zeichnung in Gegenwart des Notars vollzogen werden, was der Notar in einem unter die Zeichnung gesetzten Beglaubigungsvermerk im Sinne des § 39 BeurkG zu bezeugen hat (Keidel/Winkler, a.a.O., § 41 Rn. 16).

Was unter einer Unterschrift zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Sprachgebrauch und dem Zweck der Formvorschrift. Eine Unterschrift setzt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ein aus Buchstaben einer üblichen Schrift bestehendes Gebilde voraus, das nicht lesbar zu sein braucht. Erforderlich, aber auch genügend, ist das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzuges, der einmalig ist, entsprechende charakteristische Merkmale aufweist, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen läßt; Handzeichen, die allenfalls einen Buchstaben verdeutlichen, sowie Unterzeichnungen mit einer Buchstabenfolge, die erkennbar als bewusste und gewollte Namensabkürzung erscheinen, stellen demgegenüber keine formgültige Unterschrift dar (vgl. BGH NJW 1985, 1227 = LM § 130 ZPO Nr. 11; NJW 1987, 1333 = BGHR ZPO § 130 Nr. 6 - Unterschrift 2; NJW 1989, 588 = LM § 130 ZPO Nr. 14; NJW 1992, 243 = LM H. 3/1992 § 130 ZPO Nr. 17; NJW 1994, 55 = LM § 130 ZPO Nr. 19 = BB 1994, 539 = MDR 1994, 91 jeweils m. w. Nachw.).

Die Frage, ob es sich bei der Namens Zeichnung um eine Unterzeichnung mit einer Buchstabenfolge handelt, die sich als eine Unterschrift oder lediglich als eine bewusste und gewollte Namensabkürzung (Handzeichen, Paraphe) darstellt und deswegen dem Formerfordernis nicht genügt, ist eine Tatfrage, die sich nach dem äußeren Erscheinungsbild beurteilt (BGH, NJW 1982, 1467; NJW 1987, 957; NJW 1994, 55), wobei der Wille des Unterzeichnenden nur insoweit von Bedeutung ist, als er in dem Schriftzug seinen Ausdruck gefunden hat (BGH NJW 1994, 55). Die Entscheidung dieser Frage obliegt den Tatsacheninstanzen, die das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich bindet (§ 561 ZPO) und nur eingeschränkt dahin überprüft werden kann, ob der Tatsachenrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht, bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und hierbei nicht gegen die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze oder den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen hat (vgl. Keidel/Kahl, FG, 14. Aufl., § 27 Rn. 42).

Ende der Entscheidung

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