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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.02.2003
Aktenzeichen: 15 W 216/02
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 2084
BGB § 2100
BGB § 2269
BGB § 2353
FGG § 27
1) Hat das Landgericht einen Vorbescheid, durch den die Erteilung eines unbeschränkten Erbscheins als Alleinerbe angekündigt worden ist, mit der Begründung aufgehoben, es sei Nacherbfolge angeordnet, so unterliegt seine Entscheidung im Verfahren der weiteren Beschwerde nur der Nachprüfung, ob die Nacherbfolge angeordnet ist, nicht jedoch auch in der Hinsicht, ob der Vorerbe von den Beschränkungen der Nacherbfolge befreit ist.

2) Die Formulierung in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament, daß das den wesentlichen Teil des Nachlasses des Erstverstorbenen ausmachende Hausgrundstück nicht verkauft werden darf und von einem der gemeinschaftlichen Kinder übernommen werden soll, kann eine Auslegung im Sinne der Trennungslösung rechtfertigen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 216/02 OLG Hamm

In der Nachlaßsache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 10. Februar 2003 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 13. Mai 2002 gegen den Beschluß der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 22. September 1994 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Engelhardt

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) hat die den Beteiligten zu 2) und 3) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 23.314,91 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) ist der überlebende Ehegatte der Erblasserin, die Beteiligten zu 2) und 3) sind die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder.

Die Ehegatten errichteten am 17.08.1968 ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament mit folgendem Wortlaut:

"Als unsere Erben setzen wird ein:

a) den überlebenden Ehegatten

b) unsere Tochter Andrea und unseren Sohn E und zwar:

den überlebenden Ehegatten als Vollerben, die Kinder als Nacherben je zur Hälfte.

Die Nacherbschaft soll eintreten bei dem Tode des 2. Ehegatten. Für die Ausbildung und für die Aussteuer der Kinder ist zu sorgen."

Im Jahre 1971 erwarb die Erblasserin im Wege der Erbfolge nach ihrer Schwester das mit einem im Jahre 1955 errichteten Wohnhaus bebaute Grundstück das nachfolgend von den Ehegatten bewohnt wurde. Der Beteiligte zu 1) hat in den folgenden Jahren seinen Angaben zufolge auf dem Grundstück lastende restliche Darlehnsvaluta in Höhe von ca. 30.000,00 DM abgetragen sowie Umbauten mit einem finanziellen Aufwand von rund 200.000,00 DM durchgeführt.

Am 17.02.1993 errichteten die Ehegatten ein weiteres gemeinschaftliches privatschriftliches Testament folgenden Inhalts:

"Als unsere Erben setzen wird ein:

a) den überlebenden Ehegatten

b) unsere Tochter Andrea und unseren Sohn E je zur Hälfte,

und zwar:

den überlebenden Ehegatten als Vollerben, die Kinder als Nacherben.

Die Nacherbschaft soll eintreten bei dem Tode des 2. Ehegatten.

Wer den Pflichtteil nach dem Tode des Erstversterbenden verlangt, erhält auch nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten nur den Pflichtteil. Unser Haus, darf nicht verkauft werden.

Es soll von einem Kind übernommen werden, das verpflichtet ist, den anderen Erben entsprechend auszuzahlen.

Der Beteiligte zu 1) hat nach dem Tode der Erblasserin und Eröffnung der genannten letztwilligen Verfügungen zur Niederschrift der Rechtspflegerin des Amtsgerichts vom 16.12.1993 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Alleinerben ohne Berücksichtigung einer Nacherbfolge ausweisen soll. Eine Vor- und Nacherbfolge im Rechtssinne sei nicht gewollt worden; der Begriff der Nacherbschaft sei in Unkenntnis der rechtlichen Bedeutung des Begriffs gewählt worden.

Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag mit der Begründung entgegengetreten, ihrer Auffassung nach sei der Beteiligte zu 1) lediglich als nicht befreiter Vorerbe berufen.

Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 25.02.1994 einen Vorbescheid erlassen, in dem es die Erteilung eines dem Antrag des Beteiligten zu 1) entsprechenden Erbscheins angekündigt hat.

Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 17.03.1994 Beschwerde eingelegt, der der Beteiligte zu 1) entgegengetreten ist. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 22.09.1994 die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und dieses angewiesen, die Sache unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer erneut zu bescheiden. In den Gründen seiner Entscheidung hat das Landgericht näher ausgeführt, die Auslegung des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments vom 17.02.1993 führe zu dem Ergebnis, daß der Beteiligte zu 1) lediglich als Vorerbe und die Kinder als Nacherben der erstverstorbenen Ehefrau eingesetzt seien.

Der Beteiligte zu 1) hat in der Folgezeit mit Schreiben vom 05.01.1995 zunächst die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als befreiten Vorerben ausweisen soll.

Auf einen ihm von dem Amtsgericht erteilten Hinweis hat er seinen Antrag am 08.03.1995 dahin geändert, daß der Erbschein eine Nacherbfolge ohne Berücksichtigung einer Befreiung des Vorerben ausweisen solle. Einen entsprechenden Erbschein hat ihm das Amtsgericht am 28.03.1995 erteilt.

Der Beteiligte zu 1) hat in der Folgezeit wiedergeheiratet; er wohnt nunmehr im Hause seiner zweiten Ehefrau. Er hat mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 13.05.2002 bei dem Amtsgericht gegen den Beschluß des Landgerichts vom 22.09.1994 weitere Beschwerde mit den Anträgen eingelegt,

1) den ihm erteilten Erbschein vom 28.03.1995 als unrichtig einzuziehen,

2) ihm einen Erbschein gemäß seinem Antrag vom 16.12.1993 zu erteilen. Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

Die wertere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde steht nicht entgegen, daß sie erst acht Jahre nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung eingelegt ist. Denn die weitere Beschwerde ist unbefristet. Auch eine Verwirkung des Beschwerderechts scheidet im Erbscheinsverfahren aus (BGHZ 47, 58). Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt daraus, daß das Landgericht den seinem Erbscheinsantrag vom 16.12.1993 entsprechenden Vorbescheid des Amtsgerichts vom 25.02.1994 aufgehoben hat.

Die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde wird ferner nicht dadurch berührt, daß das Amtsgericht auf den von ihm zuletzt am 08.03.1995 geänderten Erbscheinsantrag dem Beteiligten zu 1) einen Erbschein erteilt hat, der gem. § 2363 BGB einen Nacherbenvermerk ohne Angabe einer Befreiung von den Beschränkungen der Nacherbfolge enthält. Nach Erteilung eines Erbscheins wird der Vorbescheid als reine Zwischenentscheidung zwar gegenstandslos. Gleichwohl kann in einem solchen Fall das Rechtsmittel mit dem Ziel der Einziehung des erteilten Erbscheins (§ 2361 BGB) weitergeführt werden (vgl. Keidel/Winkler, FG, 15. Aufl., § 84, Rdnr. 2). Dem steht nicht entgegen, daß der erteilte Erbschein auf dem eigenen Antrag des Beteiligten zu 1) beruht (KG NJW 1960, 1158, Keidel/Kahl, a.a.O., § 20, Rdnr. 73). Diesem Gesichtspunkt trägt der in der Begründung der weiteren Beschwerde formulierte Beschwerdeantrag zu 1) Rechnung.

Keine durchgreifenden Bedenken bestehen auch gegen die Zulässigkeit des Antrag zu Ziff. 2) der weiteren Beschwerde. Die Anordnung der Einziehung des erteilten Erbscheins kommt nur in Betracht, wenn der Senat gleichzeitig die Entscheidung des Landgerichts aufhebt. Eine solche Entscheidung würde zwangsläufig zur Zurückweisung der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) und damit zur Wiederherstellung des Vorbescheids des Amtsgerichts vom 25.02.1994 führen. Aufgrund der Bindungswirkung einer solchen Entscheidung wäre das Amtsgericht gehalten, dem Beteiligten zu 1) nunmehr einen Erbschein entsprechend seinem Antrag vom 16.12.1993 zu erteilen.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) ausgegangen. Deren Beschwerdebefugnis folgt daraus, daß der in dem Vorbescheid des Amtsgerichts vom 25.02.1994 angekündigte Erbschein den nach § 2363 BGB erforderlichen Vermerk über die Nacherbfolge nicht enthält, die nach ihrer Auffassung durch das Testament vom 17.02.1993 angeordnet ist.

Auch in der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung stand.

Die Prüfungsbefugnis des Senats ist dabei auf den Gegenstand der Erstbeschwerdeentscheidung des Landgerichts beschränkt. Dieser wird durch den dem Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) vom 16.12.1993 entsprechenden Vorbescheid des Amtsgerichts vom 25.02.1994 bestimmt. Dieser Erbscheinsantrag ist darauf gerichtet, den Beteiligten zu 1) als alleinigen Erben ohne Beschränkungen durch eine Nacherbfolge auszuweisen. Da die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1) durch die Erblasserin in dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament vom 17.02.1993 als solche unzweifelhaft ist, hatte die Entscheidung des Landgerichts sich also ausschließlich darauf zu erstrecken, ob im Wege der Auslegung des Testaments festzustellen ist, daß eine Nacherbfolge angeordnet ist, ohne daß es auf nähere Einzelheiten hinsichtlich der Art der angeordneten Nacherbfolge ankommt. Wenn das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen ist, daß eine Nacherbfolge angeordnet ist, war der amtsgerichtliche Vorbescheid allein aus diesem Grund aufzuheben, weil der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) nicht auf die Berücksichtigung einer solchen Nacherbfolge durch einen gem. § 2363 BGB aufzunehmenden Vermerk gerichtet ist. Denn einem Erbscheinsantrag darf auch durch den Erlaß eines Vorbescheids nur entsprochen werden, wenn die Prüfung des Gerichts zu dem Ergebnis führt, daß die eingetretene Erbfolge dem beantragten Erbschein entspricht. Unzulässig wäre demgegenüber die Erteilung eines Erbscheins (und damit der Erlaß eines Vorbescheids) in einer von dem Antrag inhaltlich abweichenden Fassung (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 62. Aufl., § 2353, Rdnr. 21). Dementsprechend hatte das Landgericht entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde weder darüber, ob und ggf. in welchem Umfang eine Befreiung des Beteiligten zu 1) von den Beschränkungen der Nacherbfolge anzunehmen ist, noch darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang das Testament dahin zu verstehen ist, daß dem Beteiligten zu 1) als überlebenden Ehegatten ein Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) auf solche Nachlaßgegenstände ausgesetzt sind, die über den in dem Testament erwähnten Grundbesitz hinausgehen; ein solches Vorausvermächtnis wäre, weil es gem. § 2110 Abs. 2 BGB dinglich zum gegenständlichen Erlöschen der Beschränkungen der Nacherbfolge führt, in dem gem. § 2363 BGB in den Erbschein aufzunehmenden Vermerk anzugeben (vgl. BayObLGZ 1965, 457, 465). Dementsprechend ist es dem Beteiligten zu 1) versagt, die von ihm unter diesen Gesichtspunkten geltend gemachte Unrichtigkeit des Erbscheins vom 19.03.1995 im Verfahren der weiteren Beschwerde zu rügen. Diese von ihm angeschnittenen Fragen können vielmehr nur dadurch zur Überprüfung gestellt werden, daß der Beteiligte zu 1) mit einer selbständigen Erstbeschwerde die Einziehung des am 28.03.1995 erteilten Erbscheins beantragt.

Das Landgericht hat mit der nachstehend näher behandelten Begründung das Testament vom 17.02.1993 dahin ausgelegt, die Ehegatten hätten eine Nacherbfolge der Kinder nach dem erstversterbenden Ehegatten anordnen wollen. Die Auslegung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen und damit auch diejenige eines Testaments ist dem Tatrichter vorbehalten. Diese kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur dahin überprüft werden, ob sie nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung möglich ist - sie muß nicht zwingend sein -, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen berücksichtigt (vgl. Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 27 Rdnr. 49 m.w.N.). Einen solchen Rechtsfehler läßt die Entscheidung des Landgerichts nicht erkennen.

Das Landgericht hat zu Recht das gemeinschaftliche Testament vom 17.02.1993 im Hinblick darauf für auslegungsbedürftig erachtet, ob die Ehegatten sich gegenseitig zu Vollerben und die Beteiligten zu 2) und 3) als ihre Kinder zu (Schluß-) Erben des Letztversterbenden haben einsetzen wollen (§ 2269 Abs. 1 BGB) oder ob sie sich gegenseitig nach dem Tod der Erstversterbenden lediglich als Vorerben und die Kinder als Nacherben des Erstversterbenden haben berufen wollen (§ 2101 Abs. 1 BGB). Für diese Auslegung ist maßgebend, ob die Ehegatten ihr beiderseitiges Vermögen als Einheit angesehen haben und eine verschiedene Rechtsstellung des überlebenden Ehegatten zu den beiden ursprünglichen Bestandteilen dieses Vermögens wie auch eine Trennung der Massen beim Tod des längerlebenden Ehegatten haben ausschließen wollen (Einheitslösung). Soll hingegen das Gesamtvermögen der Ehegatten beim Tode des Überlebenden in seine ursprünglichen Bestandteile auseinanderfallen und eine getrennte Vererbung der Vermögen nach dem Tode beider Ehegatten eintreten, so ist die Trennungslösung gewollt (RGZ113, 234, 240; BayObLG NJW 1966, 1223). Der insoweit maßgebende übereinstimmende Wille der Ehegatten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung (BGH NJW 1993, 256) ist im Wege der individuellen Auslegung des Testaments festzustellen, ohne daß das Gericht an die in dem privatschriftlichen Testament getroffene Wortwahl gebunden ist. § 2269 Abs. 1 BGB enthält lediglich eine Auslegungsregel, die nur dann eingreift, wenn die individuelle Auslegung nicht zu einem anderen Ergebnis führt.

Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht ersichtlich ausgegangen. Beanstandungsfrei hat die Kammer im Eingang ihrer Auslegungserwägungen angenommen, die in dem Testament getroffene Wortwahl, in dem der überlebende Ehegatte einerseits als "Vollerbe", die nach seinem Tod berufenen Kinder andererseits als "Nacherben" bezeichnet sind, lasse eine Auslegung sowohl im Sinne einer gewollten Einheitslösung als auch im Sinne der Trennungslösung zu. Denn beide Begriffe schließen sich in ihrer juristischen Bedeutung gegenseitig aus. Die Verwendung beider Begriffe nebeneinander läßt - wie auch die weitere Beschwerde einräumt - lediglich darauf schließen, daß die Ehegatten keine zutreffende Vorstellung von der rechtlichen Bedeutung dieser Begriffe hatten; nur darauf kommt es in dem vorliegenden Zusammenhang an.

Die Rüge der weiteren Beschwerde, das Landgericht habe den Beteiligten zu 1) persönlich anhören müssen um aufzuklären, welche Bedeutung die Ehegatten mit der getroffenen Wortwahl verbunden hätten, greift im Ergebnis nicht durch. Allerdings mag es bei der Auslegung eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments nahe (regen, daß das Gericht den überlebenden Ehegatten zur Ermittlung der übereinstimmenden Willens der Ehegatten persönlich anhört (§ 12 FGG). Jedoch kann der Senat nicht feststellen, daß die Entscheidung des Landgerichts insoweit auf einem Verfahrensfehler beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Eine erfolgreiche Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht setzt voraus, daß der Beschwerdeführer im einzelnen darstellt, daß er bei einer vom Landgericht durchgeführten persönlichen Anhörung Gesichtspunkte vorgebracht hätte, die zu einer anderen Auslegung hätten führen müssen. Daran fehlt es indessen hier. Insbesondere trägt der Beteiligte zu 1) nicht vor, daß er etwa aus Anlaß der Testamentserrichtung konkret mit seiner Ehefrau besprochen hat, welche Rechtsstellung dem überlebenden Ehegatten zukommen, insbesondere ob dieser über den Nachlaß des erstverstorbenen Ehegatten -im Sinne der juristischen Bedeutung einer Vollerbschaft - ohne rechtliche Bindungen in jeder Hinsicht frei sollte verfügen können. Der jetzige Vortrag des Beteiligten zu 1), seine Ehefrau und er hätten das Hausgrundstück als ihr gemeinschaftliches Lebenswerk angesehen, dies komme auch in der Formulierung "unser Haus" in dem Testament zum Ausdruck, entspricht im wesentlichen bereits seinem im Erstbeschwerdeverfahren angebrachten Vorbringen, der Wert des Hausgrundstücks sei in der Ehe gemeinsam erwirtschaftet worden. Diesen Gesichtspunkt hat das Landgericht ausweislich der Beschlußgründe bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Dieser Aspekt zwingt indessen nicht notwendig zu der Annahme, daß dem überlebenden Ehegatten eine in jeder Hinsicht freie Verfügung über den Nachlaß des erstverstorbenen Ehegatten eingeräumt werden sollte.

Denn die Ehegatten haben in den beiden Schlusssätzen des Testaments die Rechtsstellung des überlebenden Ehegatten im Hinblick auf das Haus näher dahin beschrieben, dieses dürfe nicht verkauft werden und solle von einem der Kinder mit der Verpflichtung übernommen werden, den anderen Erben auszuzahlen. Auf diese Bestimmung hat das Landgericht maßgebend das Ergebnis seiner Auslegung gestützt, nach dem erstversterbenden Ehegatten sei eine Nacherbfolge durch die Kinder angeordnet. Die Bestimmung lasse den Schluß zu, daß der überlebende Ehegatte gehindert sein sollte, nach dem Tode des erstverstorbenen Ehegatten über das nahezu den gesamten Nachlaß ausmachende Hausgrundstück zu verfügen. Insoweit habe dem überlebenden Ehegatten lediglich eine treuhänderische Stellung zukommen sollen. Dies spreche in Verbindung mit der Bezeichnung der Rechtsstellung der Kinder als "Nacherbschaft, die mit dem Tode des zweiten Ehegatten eintritt", maßgebend für eine gewollte Nacherbfolge der Kinder nach dem Tode des erstverstorbenen Ehegatten. Auch diese Ausführungen hatten sich entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde im Rahmen rechtlich möglicher Gewichtung von Auslegungsgesichtspunkten.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß es ein gewichtiges Indiz für eine gewollte Trennungslösung in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament sein kann, daß der wesentliche Teil des beiderseitigen Vermögens nur einem Ehegatten zusteht. Zwar schließt die einseitige Verteilung der rechtlichen Zuordnung des Vermögens es nicht aus, daß die Ehegatten im Verhältnis zueinander ihr Vermögen als einheitliches betrachtet haben, weil es gemeinsam erwirtschaftet worden ist (BayObLG NJW 1996, 1223, 1224; Senat FGPrax 1996, 116, 117). Die einseitige Zuordnung des Vermögens kann aber dann als Hinweis auf die gewollte Trennungslösung angesehen werden, wenn anzunehmen ist, daß der Ehegatte, dem das Vermögen rechtlich zusteht, darauf Wert legt, daß die Substanz seines Vermögens unvermindert auf den Drittbenannten übergeht (BayObLG, a.a.O.). In diesem Zusammenhang ist ferner anerkannt, daß, wenn ein Erblasser ein aus seinem Familienbesitz stammendes Grundstück, das im wesentlichen seinen Nachlaß ausmacht, in einem gemeinschaftlichen Testament zuerst seinem Ehegatten zuwendet und außerdem verfügt, daß es nach dessen Tod an eine bestimmte Person aus seinem Familienstamm übergehen soll, darin die Anordnung einer Nacherbfolge gesehen werden kann (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 1502, 1503; FamRZ 1990, 562; FamRZ 1986, 608, 609). Diesen Grundsätzen trägt die Entscheidung des Landgerichts Rechnung. Die erwähnte Bestimmung in dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament beschreibt die Rechtstellung des überlebenden Ehegatten dahin, daß er nicht zur freien Verfügung über das Hausgrundstücks in Waltrop berechtigt sein sollte. Dieses Grundstück als wesentlicher Nachlassbestandteil sollte vielmehr in der Weise in seiner Substanz erhalten bleiben, daß es von einem der Kinder übernommen werden sollte. Die Bewertung des Landgerichts, daß durch diese Bestimmung unmittelbar die Verfügungsfreiheit des überlebenden Ehegatten eingeschränkt werden sollte, kann sich auf den Wortlaut des Testaments "darf nicht verkauft werden" stützen. Mag auch der Beteiligte zu 1) während der Ehe maßgebend zur Wertsteigerung des Grundstücks beigetragen haben, so schließt dies keineswegs das in der Formulierung des Testaments zum Ausdruck kommende, erkennbare Interesse der Erblasserin aus, das aus ihrem Familienbesitz stammende Grundstück den gemeinsamen Kindern zu erhalten. Daran vermag die Erwägung der weiteren Beschwerde nichts zu ändern, durch die Annahme einer Nacherbfolge werde die Rechtsstellung der Ehegatten in Bezug auf das Grundstück ungewollt in ungleicher Weise betroffen, weil die Erblasserin für den Fall ihres Überlebens an einer Verfügung über das von ihr bereits zu Lebzeiten erworbene Grundstück nicht gehindert gewesen wäre. Insoweit handelt es sich jedoch um eine Folge der während der Ehe entstandenen Eigentumsverhältnisse, die der Beteiligte zu 1) nach seinem eigenen Vorbringen trotz der von ihm erbrachter? Leistungen nicht hat verändern wollen. Mag die Nacherbenberufung der Kinder für den Fall des Überlebens der Erblasserin auch weitgehend gegenstandslos sein, so schließt dies das erkennbare Interesse der Erblasserin nicht aus, für den Fall ihres Erstversterbens das Grundstück den gemeinsamen Kindern zu erhalten.

Das Landgericht hatte von seinem Standpunkt aus keinen Anlaß näher darauf einzugehen, ob die testamentarische Anordnung ggf. dahin auszulegen ist, daß bei Annahme einer Vollerbeinsetzung des Beteiligten zu 1) dieser lediglich mit einer Auflage (§ 2192 BGB) beschwert worden ist, einen Verkauf des Hausgrundstücks zu unterlassen. Denn die Beschränkung des überlebenden Ehegatten durch eine Nacherbeinsetzung der Kinder schließt die Bewertung als Auflage aus. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß die Annahme einer Auflage nicht zu einer Verfügungsbeschränkung für den überlebenden Ehegatten führt; den Kindern stünde als Auflagenbegünstigte ein eigener Anspruch auf Vollziehung der Auflage nicht zu (§ 2194 S. 1 BGB). Eine solche Auslegung kann die weitere Beschwerde nicht überzeugend durch den inhaltlichen Zusammenhang mit dem früheren Testament vom 17.08.1968 begründen. Richtig ist lediglich, daß beide Testamente in ihren Formulierungen weitgehend übereinstimmen; die Ehegatten haben offenbar Formulierungen des früheren Testaments als Vorlage für das spätere Testament übernommen. Dieser Gesichtspunkt ändert jedoch nichts daran, daß das spätere Testament in einer geänderten Lebenssituation errichtet ist und einer veränderten Interessen läge der Ehegatten Rechnung trägt. Mag also die in dem Testament vom 17.08.1968 erwähnte Sorge für die Ausbildung und Aussteuer der Kinder als Auflage oder gar nur als moralische Inpflichtnahme des überlebenden Ehegatten zu verstehen sein, so zwingt dies keineswegs zu der Schlußfolgerung, daß die in dem späteren Testament getroffene Anordnung hinsichtlich des Hausgrundstücks ihrem Rechtscharakter nach in derselben Weise wie diejenige zur Ausbildung pp. in dem früheren Testament auszulegen ist. Dagegen spricht insbesondere auch die in das Testament vom 17.02.1993 erstmals aufgenommene Pflichtteilsstrafklausel, die die Kinder davon abhalten sollte, im Hinblick auf ihre Enterbung nach dem erstversterbenden Ehegatten ihren Pflichtteil geltend zu machen. Die Entscheidung der Kinder, auf die Geltendmachung ihres Pflichtteils nach dem erstversterbenden Elternteil zu verachten, hing maßgebend davon ab, welche Zuwendung sie nach dem Tod des letztversterbenden Elternteils erwarten konnten. Der in dem Testament vom 17.02.1993 zum Ausdruck kommende Wille, das Hausgrundstück den Kindern bis zum Tode des letztversterbenden Ehegatten zu erhalten, spricht auch in diesem Zusammenhang gegen die Annahme lediglich einer Auflage, sondern für die vom Landgericht vorgenommene Auslegung im Sinne einer Nacherbfolge.

Die Entscheidung über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde folgt aus der zwingenden Vorschrift des § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren dritter Instanz beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO. Sie folgt der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung der landgerichtlichen Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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