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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.06.2007
Aktenzeichen: 15 W 239/06
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 387
WEG § 26
WEG § 27
1. Es kann nicht als Verstoß gegen nachwirkende Treuepflichten angesehen werden, wenn der ausgeschiedene Verwalter seine restlichen Vergütungsansprüche gegen einen auf Zahlung gerichteten Herausgabeanspruch aufrechnet.

2. Der Grundsatz, dass der Verwalter nicht befugt ist, wegen seiner Vergütungsansprüche auf die Instandhaltungsrücklage zuzugreifen, gilt nur für den amtierenden Verwalter (vgl. OLG Düsseldorf, NZM 2005, 628 = ZMR 2005, 468 = WuM 2005, 359 = OLG-Report 2005, 365), nicht aber für den ausgeschiedenen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 239/06 OLG Hamm

In der Wohnungseigentumssache

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 05.06.2007 auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 09.05.2006 gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 06.03.2006

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss sowie der Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 03.06.2005 werden, soweit der Beteiligte zu 1) zur Zahlung von noch 3.199,00 € nebst Zinsen verpflichtet worden ist, aufgehoben.

Die Sache wird zu erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die im Verfahren der sofortigen und sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten an das Landgericht Dortmund zurückverwiesen.

Die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 1) ist damit gegenstandslos.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.199,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.)

Die Beteiligten streiten über die Herausgabe von Geldern, die der Beteiligte zu 2) nach Auflösung des für die Beteiligte zu 1) angelegten Instandhaltungsrücklagensparbuchs (offenes Treuhandkonto) für sich vereinnahmt hat.

Der Beteiligte zu 2) war zunächst durch Beschluss der Eigentümerversammlung vom 27.09.1999 zum Verwalter der Beteiligten zu 1) bestellt worden. Ein schriftlicher Verwaltervertrag wurde am 04.11.1999 unterzeichnet. Dieser sieht vor, dass die Abberufung des Verwalters und die Kündigung des Verwaltervertrages vor der vereinbarten Vertragslaufzeit nur aus wichtigem Grund erfolgen kann. Durch Beschluss der Eigentümerversammlung vom 21.03.2002 wurde der Beteiligte zu 2) erneut für fünf Jahre zum Verwalter gewählt.

In der Eigentümerversammlung vom 10.07.2003 wurde seitens der Eigentümermehrheit ein Verwalterwechsel angestrebt. Der Ablauf der Versammlung zu dieser Frage wurde in dem von dem Beteiligten zu 2) unterzeichneten Protokoll wie folgt festgehalten:

"...

Es wurde gewünscht, dass eine Änderung in der Verwaltertätigkeit vorgenommen wird. Es soll deswegen ein neuer Verwalter bestellt werden, damit eine mehr technische Betreuung stattfinden kann.

Der Verwalter wies erneut darauf hin -wie er es schon in seinen Briefen und in der Einladung getan hat- dass er bereit ist auf die Verwaltertätigkeit zum Ende 2003 zu verzichten. Er weist allerdings daraufhin, dass dieses nur gegen eine Abschlagszahlung möglich ist. Auf Grund der gesetzlichen Voraussetzungen ist eine Abwahl des Verwalters zwar möglich. Es ist aber nicht möglich, den aufgrund der Verwalterbestellung erfolgten Verwaltervertrag ohne das Einverständnis des Verwalters zu beenden. Ohne die Beendigung des Verwaltervertrages besteht grundsätzlich die Verpflichtung, auch den alten Verwalter bis zum Ende der Amtszeit zu vergüten. ... Der Verwalter hat, wie er dem Miteigentümer auch in der Einladung mitgeteilt, sich bereit erklärt, gegen eine Zahlung von 2.700 € auf die weitere Vergütung zu verzichten.

...

Die Miteigentümerversammlung wurde auf Wunsch der Miteigentümer in der Zeit von 19.50 Uhr bis 20.20 Uhr unterbrochen.

Dem Verwalter wurde vorgeschlagen, gegen eine Zahlung von 1.500 € auf die Verwaltertätigkeit insgesamt zu verzichten. Der Verwalter wies daraufhin, dass die Zahlung von € 2.700 schon eine großes Entgegenkommen sei und nach wie vor angemessen ist.

Danach wurde

...

zur Wahl als Verwalter vorgeschlagen.

Es musste eine namentliche Abstimmung durchgeführt werden, damit festgestellt werden kann, dass die entsprechenden Stimmenmehrheiten, die sich nach den Miteigentumsanteilen bemessen, erreicht werden kann.

Es wurde folgendes Stimmverhalten festgestellt:

...

Es wurde festgestellt, dass die Miteigentümergemeinschaft die erforderliche Mehrheit für die Neuwahl des Verwalters erreicht hat.

Der nunmehr hinzugezogene neue Verwalter ... nahm die Wahl an."

Der Beteiligte zu 2) löste daraufhin im August 2003 die von ihm für die Gemeinschaft angelegten Konten, nämlich ein im Soll stehendes Girokonto und ein für die Instandhaltungsrücklage der Gemeinschaft angelegtes Sparbuch mit einem Bestand von 6.202,24 € auf. Mit Schreiben vom 29.10.2003 rechnete er die Konten gegenüber dem neu gewählten Verwalter ab. Von dem Saldo behielt er 3.199 € ein und überwies den Rest an den neuen Verwalter.

Die Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 2) vorliegend auf Zahlung von 3.199, 98 € nebst gesetzlicher Zinsen ab dem 16.11.2003 in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass dem Beteiligten zu 2) keine Gegenansprüche zuständen, da er zu Recht aus wichtigem Grund abberufen worden sei. Jedenfalls aber sei er aus Rechtsgründen gehindert, gegenüber dem Anspruch auf Herausgabe aufzurechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen.

Der Beteiligte zu 2) hat gemeint, dass er weder wirksam als Verwalter abberufen noch der Verwaltervertrag wirksam gekündigt worden sei. Ihm ständen daher jedenfalls drei Monatshonorare in Höhe von jeweils 166,66 € und eine "Abfindung" für die Beendigung des Verwalterverhältnisses von 2.700 € zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Darstellung in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Amtsgericht hat dem Zahlungsantrag in vollem Umfang stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung wegen eines Differenzbetrages von 0,98 € dahingehend abgeändert, dass die Zahlungsverpflichtung in Höhe von 3.199 € nebst Zinsen besteht, und außergerichtliche Kosten in beiden Instanzen nicht zu erstatten sind. Die weitergehende sofortige Beschwerde hat es zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte sofortige weitere Beschwerde erhoben. Die Beteiligte zu 1) hat Anschlussbeschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Beteiligten zu 2) zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten erster und zweiter Instanz zu verpflichten.

II.)

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs.1, 43 Abs.1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.

Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2) ergibt sich daraus, dass seine Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die sofortige weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des Landgerichts, soweit sie zum Nachteil des Beteiligten zu 2) ausgefallen ist, auf einer Verletzung des Rechts beruht.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 2) ausgegangen.

Auch in der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung letztlich nicht stand.

Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die seitens des Beteiligten zu 2) erklärte Aufrechnung unzulässig sei, da es sich bei den durch den Beteiligten zu 2) einbehaltenen Geldern der Instandhaltungsrücklage um zweckgebundenes Vermögen handele, das nicht zur Begleichung seiner Forderungen eingesetzt werden dürfe. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

Richtig ist, dass es sich bei der Instandhaltungsrücklage um zweckgebundenes Vermögen handelt, das wohnungseigentumsrechtlich nur für die Finanzierung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen verwandt werden darf. Dementsprechend ist der amtierende Verwalter, der die Regeln ordnungsgemäßer Verwaltung zu beachten hat, nicht befugt, wegen seiner Vergütungsansprüche auf die Instandhaltungsrücklage zuzugreifen. Allein dies besagt auch die vom Landgericht angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf (WuM 2005, 359). Das Landgericht hat jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Bestehen des verfahrensgegenständlichen Herausgabeanspruchs mit Rücksicht auf § 27 Abs.1 Nr.4 WEG voraussetzt, dass das Verwalteramt des Beteiligten zu 2) beendet ist. Unbeschadet der gesetzlichen Abwicklungsverpflichtungen und nachwirkender Treuepflichten unterliegt der ehemalige Verwalter bei der Geltendmachung seiner Ansprüche gegen die Eigentümergemeinschaft daher nicht mehr unmittelbar den wohnungseigentumsrechtlichen Bindungen, sondern tritt der Gemeinschaft insoweit als außenstehender Dritter gegenüber.

Richtig ist allerdings weiter, dass sich auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) Einschränkungen für die Zulässigkeit der Aufrechnung ergeben können, wobei als Ansatzpunkt hier die genannte nachvertragliche Treuepflicht in Betracht kommt. Mangels besonderer Umstände, die hier weder dargetan noch ersichtlich sind, kann es aber nicht als Verstoß gegen nachwirkende Treuepflichten angesehen werden, wenn der ehemalige Verwalter seine restlichen Ansprüche gegen den auf Zahlung gerichteten Herausgabeanspruch (vgl. hierzu allgemein BayObLG NZM 1999, 1148) aufrechnet (i.Erg. ebenso BayObLG ZMR 1977, 85). Allein der Umstand, dass die Entnahme der Gelder aus der Instandhaltungsrücklage zur Erfüllung der Vergütungsansprüche gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen hätte, macht die Aufrechnung nicht unzulässig (OLG Stuttgart ZMR 1983, 422; zu pflichtwidrigen Entnahmen allgemein vgl. BGH NJW 1997, 2106, 2109). Dass sich der ehemalige Verwalter durch eine derartige Aufrechnung einen treuewidrigen Vorteil verschafft, kann -jedenfalls für den hier anzunehmenden Regelfall- ebenfalls nicht angenommen werden. Dies zeigt folgende Überlegung: Würde man die Aufrechnung für unzulässig halten, müsste der ehemalige Verwalter seine restlichen Ansprüche im Wege des (Gegen-)Antrags im WEG-Verfahren verfolgen. Erweisen sich seine Ansprüche als berechtigt, so erhält er einen Vollstreckungstitel. Mit diesem könnte er dann jedoch in das gesamte Vermögen der Eigentümergemeinschaft, mithin auch die Instandhaltungsrücklage vollstrecken. Selbst wenn man davon ausgeht, dass über den Herausgabeanspruch der Gemeinschaft vorab entschieden wird, käme es doch letztlich nur zu einem Hin- und Herzahlen der nämlichen Vermögenswerte. Hieran kann die Gemeinschaft -jedenfalls im Regelfall- kein schutzwürdiges Interesse haben.

Auch aus anderen Gründen besteht für den Beteiligten zu 2) kein Aufrechnungsverbot. Die Aufrechenbarkeit möglicher Vergütungs- oder Ersatzansprüche des Beteiligten zu 2) scheitert insbesondere nicht an § 393 BGB, da die Umbuchung auf ein eigenes Konto hier keine Untreue (§ 266 StGB) darstellt. Die Vermögenssituation der Beteiligten zu 1) hat sich hierdurch nämlich allenfalls insoweit verschlechtert, als die Offenkundigkeit der jedenfalls ursprünglich vorhandenen treuhänderischen Bindung des Vermögens entfallen ist. Die Gelder wurden nämlich auf einem sogenannten offenen Treuhandkonto verwahrt. D.h., dass die Forderung aus dem Konto rechtlich dem Beteiligten zu 2) zustand, seine insoweit bestehende treuhänderische Bindung jedoch durch eine entsprechende Bezeichnung des Kontos nach außen sichtbar gemacht war.

Ein Schaden in Höhe des einbehaltenen Betrages läge demgegenüber allenfalls dann vor, wenn der Beteiligte zu 2) keine Ansprüche in Höhe der Umbuchung gegen die Beteiligte zu 1) hat, seine Aufrechnung also schon sachlich nicht begründet ist. Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung (etwa BayObLG WuM 2002, 113; OLG Köln MDR 2003, 111) behandelten Fälle, in welchen eine Untreue bejaht worden ist, betreffen hingegen die Konstellation, dass der Verwalter Gemeinschaftsmittel pflichtwidrig zur Begleichung eigener Verbindlichkeiten verwandt hatte und gegenüber dem hieraus abgeleiteten Anspruch mit restlichen eigenen Ansprüchen aufrechnen wollte. In dieser Konstellation war ein Anspruch aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 266 StGB unabhängig von Ansprüchen des Verwalters gegen die Gemeinschaft entstanden. In der hier vorliegenden Konstellation geht es demgegenüber lediglich darum, dass nach Beendigung der Verwaltertätigkeit des Beteiligte zu 2) über die beiderseitigen Ansprüche abzurechnen ist. Der Beteiligte zu 2) beschränkt sich darauf, die Erfüllung des Herausgabeanspruchs der Gemeinschaft teilweise zu verweigern, weil er einen Teilbetrag für seine Vergütung beansprucht. Die Inanspruchnahme auch solcher Geldmittel, die zur Ansammlung der Instandhaltungsrücklage dienten, zur Befriedigung restlicher Vergütungsansprüche des Beteiligten zu 2) ist aus den genannten Gründen nicht ausgeschlossen.

Auf der Grundlage der abweichenden Rechtsauffassung des Senats kann deshalb nicht offen bleiben, ob und in welcher Höhe dem Beteiligten zu 2) Vergütungsansprüche zustehen, die aufgrund seiner Aufrechnung zum Erlöschen des Herausgabeanspruchs der Beteiligten zu 1) geführt haben. Da die hierzu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen bislang nicht getroffen worden sind und der Senat als Rechtsbeschwerdegericht diese nicht nachholen kann, war die Sache zurückzuverweisen.

Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich nämlich weder aus anderen Gründen als richtig noch ist die Sache im Sinne einer Abweisung des Antrags der Beteiligten zu 1) entscheidungsreif.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Verwalteramt des Beteiligten zu 2) beendet und er dementsprechend gemäß §§ 675, 667 BGB zur Herausgabe derjenigen Mittel, die er in Ausführung des Amtes erhalten hat, verpflichtet ist. Unstreitig ist in der Eigentümerversammlung vom 10.07.2003 durch Mehrheitsbeschluss ein anderer Verwalter gewählt worden. In der Bestellung eines neuen Verwalters liegt in aller Regel zugleich die Abberufung des bisherigen Verwalters, da die Annahme, die Eigentümergemeinschaft wolle unzulässigerweise zwei Verwalter tätig werden lassen, abwegig wäre (BayObLG NZM 2003, 243). Dies gilt auch hier, zumal der Wunsch nach einem Verwalterwechsel in der Versammlung ausdrücklich erörtert worden ist. Auf die vertragliche Beschränkung der vorzeitigen Abberufung kommt es nicht mehr an, nachdem der Eigentümerbeschluss bestandskräftig geworden ist. Nichtigkeitsgründe liegen entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) nicht vor. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab, da es für das weitere Verfahren in der Hauptsache auf diesen Aspekt nicht mehr ankommen wird, nachdem zwischenzeitlich auch die ordentliche Amtszeit des Beteiligten zu 2) abgelaufen wäre.

Aufrechenbare Gegenansprüche des Beteiligten zu 2) lassen sich nach den bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht ausschließen. Entscheidend ist insoweit zunächst, ob die Eigentümergemeinschaft eine außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grunde erklärt hat und zu einer solchen auch befugt war. Diese Frage ist nicht etwa deshalb gegenstandslos, weil der Beschluss über die Neuwahl des jetzigen Verwalters und die hierin liegende Abberufung des Beteiligten zu 2) bestandskräftig geworden ist. Zwar liegt in der Abberufung vom rechtsgeschäftlichen Erklärungsgehalt her in aller Regel zugleich die Kündigung des Verwaltervertrages, gleichwohl ist nach wohl einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung zwischen dem wohnungseigentumsrechtlichen Organisationsakt der Abberufung und der dem allgemeinen Zivilrecht zuzuordnenden Kündigung des Verwaltervertrages zu unterscheiden (statt aller BGH NJW NJW 2002, 3241). Dementsprechend nimmt die Bestandskraft des Abberufungsbeschlusses dem Verwalter grundsätzlich nicht die Möglichkeit, sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen und seine vertraglichen Rechte geltend zu machen (Senat NJWE-MietR 1997, 65; Kompaktkomm.-WEG/Abramenko, § 26 Rdn. 70; Drasdo NZM 2001, 923, 931; wohl auch BGH a.a.O. S.3242 sub 2)a)aa) a.E.; NJW 1997, 2106, 2107).

Zweifelhaft und in tatsächlicher Hinsicht zu klären ist vorliegend schon, ob seitens der Beteiligten zu 1) am 10.07.2003 oder im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang hiermit eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 BGB erklärt worden ist. Die Erklärung einer solchen Kündigung setzt nämlich voraus, dass der Kündigende aus der Sicht des Erklärungsempfängers zumindest konkludent zum Ausdruck bringt, dass er sich eines Rechtes zur außerordentlichen Beendigung der Vertragsbeziehung, mithin des Vorliegens eines wichtigen Grundes, berühmt (BAG NJW 1983, 303; MK/BGB-Henssler, 4.Aufl., § 626 Rdn.331; Palandt/Weidenhoff, BGB, 66.Aufl., § 626 Rdn.19; Bamberger/Roth/Fuchs, BGB, § 626 Rdn.56). Die Frage lässt sich allein anhand des vorliegenden Protokolls nicht abschließend beantworten. Für eine konkludent außerordentliche Kündigung könnte nach dessen Inhalt sprechen, dass die Beteiligte zu 1) nach Erörterung ihrer Bindung an den Vertrag durch die Wahl eines anderen Verwalters zu erkennen gegeben hat, die Vertragsbeziehung auf jeden Fall beenden zu wollen. Andererseits kann der nach dem Protokoll angeführte Wunsch nach mehr technischer Betreuung auch aus laienhafter Sicht sicher nicht als "wichtiger Grund" angesehen worden sein. Da der vorgenannte rechtliche Gesichtspunkt in dieser Form bislang in dem Verfahren nicht angesprochen worden ist, wird den Beteiligten zunächst Gelegenheit zu geben sein, hierzu weiter vorzutragen.

Sollte die weitere Sachverhaltsermittlung ergeben, dass eine außerordentliche Kündigung erklärt worden ist, kommt es darauf an, ob tatsächlich einer wichtiger Grund zur Kündigung vorlag. Ein wichtiger Grund zur Abberufung des Verwalters liegt vor, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zugemutet werden kann, insbesondere weil das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (BGH a.a.O.; BayObLGZ 1998, 310, 312 f. = FGPrax 1999, 20; NZM 2000, 341, 342; KG NJW-RR 1994, 402; OLG Düsseldorf NZM 1998, 517; Senat NZM 2002, 295; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 26, Rdnr. 166). Ob die von der Beteiligten zu 1) insbesondere in der Antragsschrift (dort S.7) genannten Umstände jedenfalls in einer Gesamtschau die Annahme eines wichtigen Grundes rechtfertigen, lässt sich nach dem bisherigen Sachstand nicht abschließend beurteilen. Unerheblich sind in diesem Zusammenhang allerdings die von dem Beteiligten zu 2) nach seiner Abberufung getätigten Überweisungen. Einen wichtigen Grund können nämlich nur solche Tatsachen darstellen oder bilden, die im Zeitpunkt der Kündigung objektiv vorlagen.

Die verspätete Vorlage der Jahresabrechnungen (vgl. hierzu BayObLG NJW-RR 2000, 462), ebenso wie gravierende Fehler der Abrechnung, z.B. die Anwendung eines falschen Kostenverteilungsschlüssels (vgl. OLG Köln NJW-RR 1998, 1622), können je nach Lage der Dinge bereits für sich genommen schwerwiegende Pflichtverletzungen sein, die die außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Auch das Absehen von einer Beschlussfassung über Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan steht, vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen (§ 10 Abs.2 WEG) der Miteigentümer, im Widerspruch zu den Verwalterpflichten, da allein durch eine solche Beschlussfassung die erforderlichen Zahlungsansprüche der Gemeinschaft begründet werden können.

Die Beurteilung, ob die genannten Umstände ausreichen, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs.1 BGB anzunehmen, setzt jedoch voraus, dass die genannten Umstände in ihrem Gesamtzusammenhang bewertet werden, um festzustellen, ob sich aus diesem die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ergibt. Insoweit fehlen Feststellungen dazu, welche Umstände zu den genannten Abläufen geführt haben, insbesondere inwieweit die Miteigentümer zu diesen beigetragen haben. Zwar ist der Vortrag des Beteiligten zu 2) in dieser Beziehung wenig ergiebig, Bedenken gegen die Relevanz der genannten, vordergründig pflichtwidrigen Umstände ergeben sich jedoch schon daraus, dass die Beteiligte zu 1) sich zunächst nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes berufen hat. Da der Senat zudem nach Aktenlage nicht ausschließen kann, dass die vorgenannten Umstände im Hinblick auf den rechtlichen Ansatz der Vorinstanzen nicht hinreichend erörtert worden sind, sieht sich der Senat trotz des wenig substantiierten Verteidigungsvorbringens an einer abschließenden Entscheidung gehindert.

Im weiteren Verfahren wird daher auch zu diesem Punkt zunächst durch die Erörterung mit den Beteiligten zu klären sein, ob es sachliche Gründe oder solche aus dem Bereich der Beteiligten zu 1) für das Verhalten des Beteiligten zu 2) gab. Weiter wird im Hinblick auf den Aspekt der Unzumutbarkeit zu klären sein, ob dem Beteiligten zu 2) in der Vergangenheit Entlastung erteilt worden ist, die sich auch auf die hier fraglichen Verhaltensweisen bezieht.

Die dem Rechtsgedanken des § 626 Abs.2 BGB entlehnte Verpflichtung, eine außerordentliche Kündigung binnen angemessener Zeit ab Kenntnisnahme von den für die Annahme eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen zu erklären, dürfte demgegenüber für die Kündigung am 10.07.2003 unerheblich sein. Die wesentlichen Umstände dauerten nämlich bis zu diesem Datum an oder traten hier erneut zu Tage.

Sollte sich die außerordentliche Kündigung danach unter dem einen oder anderen Gesichtspunkt als unwirksam erweisen, so kommen dem Grunde nach Vergütungsansprüche (§ 615 S.1 und 2 BGB) und/oder ein Schadenersatzanspruch des Beteiligten zu 2) (§ 280 BGB) in Betracht.

Zur Höhe der von dem Beteiligten zu 2) zur Aufrechnung gestellten Ansprüche weist der Senat ohne Präjudiz auf Folgendes hin:

Nachvollziehbar erscheint bislang allein der Anspruch auf drei Monatshonorare. Soweit der Beteiligte zu 2) hingegen eine "Abfindung" geltend macht, ist ein Rechtsgrund hierfür, insbesondere eine Abfindungsvereinbarung nicht ohne weiteres ersichtlich. Der Beteiligte zu 2) wird sich daher zunächst dazu erklären müssen, welchen Anspruch auf welcher Rechtsgrundlage er geltend machen will. Weiter wird er die zur Berechnung maßgebenden Tatsachen vortragen müssen. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass er, da er durch die faktische Amtsbeendigung von seinen Hauptpflichten (Abrechnung, Wirtschaftsplan, Buchführung) freigestellt war, erhebliche Aufwendungen erspart haben müsste.

Nach alledem war die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Da das Landgericht auf über die Erstattung der in den verschiedenen Instanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten neu wird entscheiden müssen, ist die Anschlussbeschwerde der Beteiligte zu 1) gegenstandslos geworden.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 48 Abs.3 WEG.

Ende der Entscheidung

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