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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.09.2005
Aktenzeichen: 15 W 297/04
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 41 Abs. 1
KostO § 44 Abs. 1
1) Eine in einem Grundstückskaufvertrag dem Käufer erteilte Vollmacht, das Grundstück bereits vor Eigentumsumschreibung mit Grundpfandrechten zu belasten, ist mit dem Kaufvertrag auch dann im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO gegenstandsgleich, wenn der äußere Umfang der Vollmacht den Betrag des Kaufpreises übersteigt.

2) Die Bewertung der Vollmacht richtet sich in diesem Fall allein nach § 41 Abs. 1 KostO. Maßgebend ist also ausschließlich der Umfang des Rechtsgeschäfts, für das die Vollmacht erteilt ist.

3) Wegen Abweichung von der Entscheidung des KG in DNotZ 1992, 117 wird die Sache gem. § 28 Abs. 2 FGG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 297/04 OLG Hamm

In der Notarkostensache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 19. September 2005 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 30. Juni 2004 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 15. Juni 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Sache wird gem. §§ 156 Abs. 4 S. 4 KostO, 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) beurkundete am 16. Juni 2003 unter der o.a. Urkundenrollennummer einen Grundstückskaufvertrag, durch den die Beteiligten zu 2) ein bebautes Grundstück von dem Beteiligten zu 3) erwarben. Die Beteiligte zu 2a) und der Beteiligte zu 3) sind Geschwister. Als Kaufpreis für die in Abteilung III des Grundbuchs lastenfreie Eigentumsübertragung wurden 119.000 € vereinbart.

In Abteilung II des Grundbuchs ist zugunsten der Eheleute N2 und E2 T, der Eltern der Beteiligten zu 2a) und zu 3), ein Wohnungsrecht und eine Reallast (Kostenübernahme) eingetragen, die nach den vertraglichen Vereinbarungen durch die Beteiligten zu 2) mitsamt den schuldrechtlichen Verpflichtungen übernommen wurden. Weiter verpflichteten sich die Beteiligten zu 2), den Verkäufer von Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Herren U und S2 T in Höhe von jeweils 5.000 DM freizustellen, die der Verkäufer im zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung der Rechte Abteilung II übernommen hatte. Einen in der damaligen Urkunde zugunsten der Beteiligten zu 2a) begründeten Zahlungsanspruch von 5.000 DM hoben die Beteiligten einvernehmlich auf. "Um dem Käufer die Finanzierung des Kaufpreises etc." zu ermöglichen, verpflichtete sich der Beteiligte zu 3), Grundpfandrechte bis zur Höhe von 140.000 € zu bestellen, und erteilte den Beteiligten zu 2) Vollmacht, die hierzu erforderlichen Erklärungen für ihn abzugeben.

Der Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 2) für seine Tätigkeit eine notarielle Kostenberechnung erteilt, die er im Laufe des vorliegenden Verfahrens unter dem 04.03.2004 neu gefasst hat, um Bedenken gegen deren formelle Ordnungsgemäßheit Rechnung zu tragen. In dieser Kostenberechnung, die mit einem Gesamtbetrag von 1.060,19 EUR abschließt, hat er die Gebühr für Beurkundung wie folgt in Ansatz gebracht:

Wert: 147.669,38 EUR gemäß § 44 IIa, 20 I, 41 I, 18 I KostO (140.000 EUR Kaufvertrag inkl. Belastungsvollmacht zzgl. 7.669,38 EUR Freistellung) Beurkundungsgebühr gemäß §§ 141, 32, 36 II EUR 564,00.

Der Präsident des Landgerichts hat aus Anlaß einer Geschäftsprüfung die Kostenberechnung im Hinblick auf den Geschäftswert für die Beurkundungsgebühr beanstandet. Die Belastungsvollmacht stelle sich als Erfüllung einer Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag dar und könne deshalb nicht mit einem höheren Betrag als dieser, nämlich insgesamt 126.669,38 €, bewertet werden. Er hat den Beteiligten zu 1), der der Beanstandung nicht abhelfen will, mit Verfügung vom 25.11.2003 gem. § 156 Abs. 6 S. 1 KostO angewiesen, die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Unter Bezugnahme auf diese Anweisung hat der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 03.12.2003 den Vorgang dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Beteiligte zu 1) ist der Anweisungsbeschwerde aus eigenem Recht entgegengetreten. Er hat insbesondere den Standpunkt vertreten, Gegenstandsgleichheit im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO könne nur angenommen werden, wenn die Belastungsvollmacht den Kaufpreis vom Umfang her nicht übersteige.

Der Präsident des Landgerichts hat zu der Anweisungsbeschwerde mit Verfügung vom 09.02.2004, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, Stellung genommen. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 15.06.2004 die angefochtene Kostenberechnung in der Weise abgeändert, dass es den Gesamtbetrag der Kostenberechnung anderweitig auf 990,59 € festgesetzt hat. Diese Neuberechnung beruht nach den Gründen der Entscheidung auf einem anderweitigen Ansatz des Geschäftswertes für die Beurkundungsgebühr in Höhe von 126.669,38 €. Ferner hat das Landgericht die weitere Beschwerde zugelassen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), der sie mit einem bei dem Landgericht am 01.07.2004 eingegangenen Schriftsatz eingelegt hat.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach § 156 Abs. 2 KostO infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft sowie fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt daraus, dass das Landgericht die genannte Kostenberechnung zu seinem Nachteil abgeändert hat

In der Sache hält der Senat das Rechtsmittel für teilweise begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 S. 4 KostO). Der Senat beabsichtigt, den Geschäftswert für die Beurkundungsgebühr anderweitig auf 140.000,00 € festzusetzen und nach Maßgabe der nachstehenden Berechnung die angefochtene Kostenberechnung dahin neu zu fassen, dass sie mit einem Gesamtbetrag von 1.025,39 € abschließt. Einer entsprechenden abschließenden Entscheidung des Senats steht jedoch der auf weitere Beschwerde ergangene Beschluss des 1. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11.06.1991 - 1 W 2512/89 -(abgedruckt u.a. in DNotZ 1992, 117f) entgegen; denn auf der Grundlage der vom Kammergericht vertretenen Rechtsauffassung müsste der Senat die weitere Beschwerde zurückweisen.

Nach Auffassung des Senats ist hier folgende rechtliche Beurteilung geboten:

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 156 Abs. 6 S. 1 KostO Erstbeschwerde ausgegangen, die der Beteiligte zu 1) auf Anweisung seines Dienstvorgesetzten erhoben hat. Der Gegenstand der Beanstandung der Kostenberechnung, auf den sich die Anweisung des Präsidenten des Landgerichts bezieht, bestimmt und begrenzt zugleich den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, das hier somit ausschließlich der Überprüfung der Höhe der Beurkundungsgebühr nach § 36 Abs.2 KostO bzw. des hierfür maßgebenden Gegenstandswertes dient. Die Kostenberechnung in ihrer Neufassung vom 04.03.2004 entspricht in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 154 Abs. 2 KostO und kann damit Gegenstand einer sachlichen Überprüfung im Beschwerdeverfahren nach § 156 KostO sein. Dabei bleibt im Ergebnis unschädlich, dass bei den Auslagenpositionen die Zitierweise nicht sämtliche Untergliederungsziffern der angewendeten gesetzlichen Vorschriften (§§ 136, 137, 152 KostO) erfasst. Nach der Rechtsprechung des Senats (JurBüro 1992, 343; JurBüro 1993, 308; zuletzt FGPrax 2005, 45) führt eine unzureichende Zitierweise bei den Auslagenpositionen dann nicht zur Unwirksamkeit der Kostenberechnung, wenn durch die verbale Umschreibung der angefallenen Aufwendungen oder nach den Gesamtumständen dem Informationsinteresse des Kostenschuldners in gleicher Weise Rechnung getragen wird. Die hier vorgenommene textliche Umschreibung der Positionen mit "Schreibauslagen/Fotokopien" bzw. "Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen" kann danach noch als ausreichend betrachtet werden. Der Senat hat deshalb davon abgesehen, den Beteiligten zu 1) um eine weitergehende formelle Neufassung seiner Kostenberechnung zu ersuchen, die auch noch im Verfahren der weiteren Beschwerde möglich wäre (Senat JMBl. NW 1994, 226).

In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts nach Auffassung des Senats rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Wert des Kaufvertrages bemisst sich gemäß § 20 Abs.1 KostO nach dem Kaufpreis zuzüglich der durch den Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen und durch den Käufer übernommenen Verpflichtungen. Auszugehen ist danach von dem Kaufpreis von 119.000 €. Hinzuzurechnen sind jedoch die durch die Käufer übernommenen Zahlungsverpflichtungen des Verkäufers (2x5.000 DM) sowie der Verzicht der Beteiligten zu 2a) auf ihren Zahlungsanspruch von 5.000 DM, insgesamt 7.669,38 €. Die Frage der Gegenstandsgleichheit stellt sich insoweit nicht, da die übernommenen Verpflichtungen bereits gemäß § 20 Abs.1 KostO bei der Wertbemessung zu berücksichtigen sind.

Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts lässt sich allerdings nicht abschließend beurteilen, inwieweit die Übernahme der Belastungen aus den Rechten Abteilung II des Grundbuchs, jedenfalls aber die diesen zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verpflichtungen Anlass zu einer weiteren relevanten Erhöhung des Geschäftswertes geben könnten. Diese Frage kann hier jedoch dahinstehen, da die mit dem Ziel der Gebührenherabsetzung eingelegte Anweisungsbeschwerde auf die aus eigenem Recht des Notars erhobene weitere Beschwerde nicht zu einer Gebührenerhöhung führen kann (BGH FGPrax 2003, 92, 95).

Die Belastungsvollmacht ist nach Auffassung des Senats gemäß § 41 Abs. 1 KostO mit dem Höchstwert der möglichen Belastung, mithin mit 140.000 € zu bewerten.

Da beide Erklärungen in derselben Verhandlung beurkundet sind, stellt sich zunächst die Frage, ob zwischen beiden Gegenstandsgleichheit (§ 44 Abs. 1 KostO) besteht oder § 44 Abs. 2 KostO anzuwenden ist. Erst in einem zweiten Schritt ist die Frage zu beantworten, ob im Falle der Gegenstandsgleichheit die Belastungsvollmacht, der nach § 41 Abs. 1 KostO ein über dem Kaufpreis liegender Wert zukäme, wertmäßig außer Betracht bleibt, wie das Kammergericht (a.a.O.) dies annimmt, oder aber nach § 44 Abs. 1 S. 2 KostO zu verfahren ist.

Zur Frage der Gegenstandsgleichheit hat der BGH (FGPrax 2003, 92, 94) u.a. ausgeführt:

"... Danach betreffen alle zur Begründung, Feststellung, Anerkennung, Übertragung, Aufhebung, Erfüllung oder Sicherung eines Rechtsverhältnisses niedergelegten Erklärungen der Partner des Rechtsverhältnisses samt allen Erfüllungs- und Sicherungsgeschäften auch dritter Personen oder zu Gunsten dritter Personen denselben Gegenstand i.S. des § 44 I KostO (vgl. OLG Oldenburg, DNotZ 1953, 317 [318f.]; BayObLG, Rpfleger 1961, 324 [325]; OLG Frankfurt a.M., DNotZ 1964, 244; OLG Hamm, JurBüro 1971, 351; OLG Köln, JurBüro 1997, 206; Ackermann, Rpfleger 1966, 241; Hartmann/Albers, § 44 KostO Rdnr. 4; Korintenberg/Lappe/u.a., § 44 KostO Rdnr. 16 m.w. Nachw.; Göttlich/Mümmler/u.a., "Mehrere Erklärungen,, Nr. 3.2.1 m.w. Nachw.). Im Mittelpunkt jeder Prüfung, ob mehrere gleichzeitig beurkundete Rechtsverhältnisse denselben Gegenstand haben, steht deswegen die Frage ihres inneren Zusammenhangs. Je mehr das mitbeurkundete weitere Rechtsverhältnis von dem Hauptgeschäft abhängt, desto eher ist Gegenstandsgleichheit anzunehmen (OLG Köln, JurBüro 1997, 206 m.w. Nachw.). Auch wenn die Vertragspartner zur Erreichung des von ihnen erstrebten wirtschaftlichen Zieles mehrere Rechtsverhältnisse in der Weise verbunden haben, dass ein einheitliches Rechtsverhältnis eigener Art entsteht, besteht ein enger innerer Zusammenhang und damit Gegenstandsgleichheit (KG, JurBüro 1991, 564 mit zust. Anm. Mümmler, JurBüro 1991, 568). ...".

Für die Fallkonstellation der gleichzeitigen Beurkundung von Kaufvertrag und Belastungsvollmacht wird die Gegenstandsgleichheit im Sinne des § 44 Abs.1 KostO in der obergerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig bejaht, wenn die Belastungsvollmacht dazu dient, Mittel für die Finanzierung des Kaufpreises oder andere, auf das Grundstück bezogene Investitionen aufzubringen (OLG Frankfurt/M. DNotZ 1977, 503; KG a.a.O.; OLG Celle a.a.O.; OLG Naumburg ZNotP 1998, 208; OLG Rostock ZNotP 2002, 203f; grundsätzlich auch OLG Köln MittRhNotK 1996, 103f).

Das Landgericht hat eine Gegenstandsgleichheit zwischen Kaufvertrag und Belastungsvollmacht mit der Begründung angenommen, in tatsächlicher Hinsicht sei davon auszugehen, dass der den Kaufpreis übersteigende Betrag der durch die Vollmacht begründeten Belastungsmöglichkeit der Finanzierung der übernommenen Ablösungsverpflichtung sowie Renovierungsarbeiten diene. Diese Annahme erscheint dem Senat verfahrensrechtlich bedenklich, weil das Landgericht die für diese tatsächliche Feststellung erforderlichen Ermittlungen (§§ 156 Abs. 4 S.4 KostO, 12 FGG) nicht durchgeführt hat, nachdem das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten keine Grundlage für diese tatsächliche Beurteilung geben konnte.

Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich in diesem Punkt jedoch aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig. Nach Auffassung des Senats ist die Gegenstandsgleichheit zwischen Kaufvertrag und Belastungsvollmacht unabhängig davon bejahen, welchen konkreten Zwecken der den Kaufpreis übersteigende Betrag der aufgrund der Vollmacht zu bestellenden Grundstücksbelastung dient.

Grundlage für die Beurteilung der Gegenstandsgleichheit sind die schuldrechtlichen Absprachen der Beteiligten. Das Kammergericht (a.a.O.) hat zutreffend hervorgehoben, dass die Belastungsvollmacht sich als Erfüllungsgeschäft bezogen auf eine inhaltliche Modifikation der schuldrechtlichen Vereinbarungen der Beteiligten darstellt: Abweichend vom gesetzlichen Regeltyp des Kaufvertrags wird dem Erwerber bereits vor dem Eigentumsübergang eine wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks, nämlich als dingliche Sicherheit für anderweitige Verpflichtungen des Käufers zu dienen, ermöglicht. Die Belastungsvollmacht als zeitlich vorverlagertes Erfüllungsgeschäft ermöglicht es dem Erwerber, von der ihm eingeräumten Nutzungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Im Rahmen der Vertragsfreiheit steht es den Vertragsparteien frei, diese vorweggenommene Nutzungsmöglichkeit einzuschränken, etwa indem die Beleihung des Grundstücks nur für beschränkte Zwecke erfolgen darf. Für die kostenrechtliche Bewertung muss jedoch unerheblich bleiben, wie im Einzelnen die Vertragsparteien ihre Absprachen über die vorzeitige Nutzungsmöglichkeit ausgestalten. Für die Beurteilung der Gegenstandsgleichheit ist allein ausschlaggebend, dass die Erteilung der Vollmacht sich jeweils als Vollzug der schuldrechtlichen Vereinbarung der Vertragsparteien darstellt.

Auf der Grundlage der danach zu bejahenden Gegenstandsgleichheit zwischen Kaufvertrag und Belastungsvollmacht stellt sich die weitere Frage, wie eine Vollmacht zu bewerten ist, deren Umfang den vereinbarten Kaufpreis übersteigt. Während eine verbreitet vertretene Auffassung (OLG Naumburg ZNotP 1998, 208; OLG Rostock MittBayNot 2002, 307 mit zust. Anm. Tiedke ZNotP 2002, 203f; OLG Köln MittRhNotK 1996,103f; ebenso Bengel/Tiedke in Korintenberg/Lappe/Bengel/ Reimann, KostO, 16. Aufl. § 44 Rdn.79; Bayrische Notarkasse, Streifzug durch die KostO, 6.Aufl. Rdn. 1330) die Vollmacht entsprechend ihrem erteilten Umfang mit der Folge einer differenzierten Gebührenberechnung nach § 44 Abs. 1 S. 2 KostO bewerten will, stehen das Kammergericht (DNotZ 1992, 117f mit zust. Anm. Hansens) und das OLG Celle (JurBüro 1997, 156f mit zust. Anm. Mümmler) auf dem Standpunkt, dass allein der Wert des Kaufvertrages maßgebend sei, die Kosten also allein nach § 44 Abs. 1 S. 1 KostO zu berechnen seien, wenn - wie dies in aller Regel der Fall ist - die Belastungsvollmacht dazu dient, dem Erwerber die vorzeitige wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks zu ermöglichen (ebenso Rohs/Wedewer, KostO, Stand 3/2005, § 44 Rdn.6f; Assenmacher/Mathias, KostO, 15.Aufl. S.490).

Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an. Wie insbesondere das OLG Köln (a.a.O.) überzeugend ausgeführt hat, bedingen sich Gegenstandsgleichheit und Wertgleichheit nicht wechselseitig. Vielmehr ergibt sich aus § 44 Abs. 1 KostO, dass mehrere gegenstandsgleiche Erklärungen grundsätzlich selbstständig zu bewerten sind. Kaufvertrag und Vollmacht unterliegen unterschiedlichen Bewertungsgrundsätzen: Der Kaufvertrag ist nach § 39 Abs. 2 KostO nach dem höheren Wert der Leistung einer der Vertragsparteien zu bewerten. Der Wert der hier vorliegenden Spezialvollmacht bemisst sich demgegenüber nach § 41 Abs. 1 KostO nach dem Wert des Rechtsgeschäfts, für das die Vollmacht erteilt ist. Zu bewerten ist hier also die Rechtsmacht zum Abschluss des vorgesehenen Rechtsgeschäfts, also das rechtliche Können ohne Rücksicht auf die schuldrechtlichen Bindungen (das rechtliche Dürfen), die der Erteilung der Vollmacht zugrunde liegen. Die Argumentation des KG (a.a.O. S. 119), der höhere Wert eines gegenstandsgleichen Geschäfts könne sich dann nicht auswirken, wenn dieses Geschäft der Erfüllung des anderen gegenstandsgleichen Geschäfts diene, läuft darauf hinaus, ein unerwünschtes Ergebnis der Bewertung nach § 41 Abs. 1 KostO durch Verschiebung der Bewertung auf die schuldrechtliche Ebene zu vermeiden: Da der Überlassung der vorzeitigen wirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks im Rahmen der schuldrechtlichen Vereinbarung kein über den Kaufpreis hinausgehendes Gewicht zukomme (Wertberechnung nach § 39 Abs. 2 KostO), könne auch die Erteilung der Vollmacht, die der Erfüllung des schuldrechtlichen Geschäfts diene, nicht höher bewertet werden. Bereits die Annahme, die Einräumung einer vorgezogenen Belastungsmöglichkeit werde erfahrungsgemäß bei der Kaufpreisbemessung berücksichtigt, erscheint nicht unproblematisch und entzieht sich einer Nachprüfung im Einzelfall OLG Köln a.a.O.; Klein RNotZ 2002, 499, 501). Aus der Sicht des Senats ist ausschlaggebend, dass sich die Argumentation des KG sowohl über die besondere Bewertungsvorschrift des § 41 Abs. 1 KostO als auch darüber hinweg setzt, dass § 44 Abs. 1 KostO bereits eine kostenrechtliche Privilegierung für den Fall vorsieht, dass in einer notariellen Urkunde gegenstandsgleiche Geschäfte mit unterschiedlichen Werten und verschiedenen Gebührensätzen zusammentreffen.

Die Bewertung der Vollmacht nach dem Umfang des Rechtsgeschäfts in Übereinstimmung mit § 41 Abs. 1 KostO erscheint auch deshalb gerechtfertigt, weil die Belehrungspflicht des Notars (§ 17 BeurkG) dem äußeren Umfang der Vollmacht entspricht. Er muss den Grundstücksverkäufer auch über die Gefahren belehren, die sich aus einer über den Kaufpreis hinausgehenden dinglichen Belastung des Grundstücks insbesondere im Fall einer etwa erforderlichen Rückabwicklung des Kaufvertrages ergeben können, also eine dingliche Haftung des Grundstücks für Verbindlichkeiten des Käufers begründet werden kann, die nicht durch Rückzahlung eines von einem Kreditgeber zur Verfügung gestellten Betrages in Höhe des Kaufpreises abgelöst werden kann (OLG Köln a.a.O.). Deshalb kann der äußere Umfang der Vollmacht für die Wertberechnung nicht außer Betracht bleiben.

Auf dieser Grundlage beabsichtigt der Senat unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die angefochtene Kostenberechnung abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

Gegenstandswert gemäß §§ 141, 44 Abs. 1, 20 Abs. 1, 41 Abs. 1, 18 Abs. 1 KostO 140.000 €

Beurkundungsgebühr §§ 141, 32, 36 Abs. 2, 44 Abs. 1 S.2 1.HS KostO 534,00 €

Gegenstandswert gemäß §§ 141, 20 Abs. 1 KostO 119.000 € Vollzugsgebühr § 146 Abs. 1 KostO 118,50 €

Gegenstandswert 35.700 € gem. §§ 141, 20 Abs.1, 30 Abs.1 KostO (30% des Kaufpreises)

Betreuungsgebühr § 147 Abs.2 KostO für Überwachung der Kaufpreisfälligkeit 54,00 €

Betreuungsgebühr § 147 Abs.2 KostO für Überwachung der Umschreibungsreife 54,00 €

Unzeitgebühr §§ 141, 32, 58 Abs. 3 KostO 30,00 €

Schreibauslagen/Fotokopien §§ 152, 136 KostO 71,50 €

Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen §§ 152, 137 KostO 21,96 €

16 % Mehrwertsteuer § 151a 141,43 € 1.025,39 €

2)

In dem von ihm beabsichtigten Sinn kann der Senat nicht entscheiden, ohne im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG von der eingangs genannten Entscheidung des KG abzuweichen. Dieser Entscheidung liegt ein mit der vorliegenden Sache weitgehend vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Auf der Grundlage der bereits dargestellten Rechtsauffassung des KG müsste der Senat die weitere Beschwerde zurückzuweisen. Dessen Entscheidung bezieht sich zwar auf einen Fall, in dem der beurkundete Vertrag eine Beschränkung der zulässigen Verwendung der Belastungsvollmacht für die Kaufpreisaufbringung und ein Bauvorhaben ergab. Der Senat versteht die Entscheidung des KG in ihrem Zusammenhang jedoch in einem weitergehenden Sinn so, dass für die Bewertungsfrage allein die schuldrechtliche Vereinbarung über die vorzeitige Nutzungsüberlassung des Grundstücks ausschlaggebend ist, die je nach Lage des Falles unterschiedlich gestaltet sein kann. Wäre die Entscheidung des KG indessen in einem engeren Sinn zu verstehen, dass der von ihm angenommene Bewertungszusammenhang nur für die dort genannte Zweckbindung der Belastung des Grundstücks bejaht werden sollte, so müsste der Senat die Sache an das Landgericht zurückverweisen, damit dieses nähere tatsächliche Ermittlungen (§12 FGG) dazu durchführen kann, welchen konkreten Zwecke nach den Vorstellungen der Urkundsbeteiligten der Belastungsumfang der Vollmacht in dem den Kaufpreis übersteigenden Teil haben sollte. Auch in einem solchen Fall wäre eine Vorlagepflicht des Senats begründet.

Ende der Entscheidung

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