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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.11.2001
Aktenzeichen: 15 W 326/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 24 Abs. 6
WEG § 26 Abs. 1 S. 3 und 4
1)

Ist nach der Teilungserklärung zur Gültigkeit eines Beschlusses der Eigentümerversammlung erforderlich, daß der Verwalter die Versammlungsniederschrift unterschreibt, so kann dieser durch seine Verweigerung der Unterschriftsleistung nicht die Anfechtbarkeit des Eigentümerbeschlusses herbeiführen, durch den er aus wichtigem Grund abberufen worden ist.

2)

Zum Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Abberufung des Verwalters, wenn der Verwalter gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer einen Zahlungsanspruch in erheblicher Höhe aus dem Vorgang über den Erwerb des Wohnungseigentums verfolgt und sich daraus ein massiver Interessenkonflikt ergibt.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 326/01 OLG Hamm

in der Wohnungseigentumssache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 27. November 2001 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) vom 23.05.2001 gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 15.12.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Engelhardt

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.

Die sofortige erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 18.07.2000 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten des Verfahrens.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in allen Instanzen nicht statt.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die Kinder der Beteiligten zu 4). Diese haben durch Teilungsvereinbarung (§ 3 WEG) vom 23.08.1998 (UR-Nr. 314/1988 Notar) das in ihrem Miteigentum stehende, mit einem dreigeschossigen Wohnhaus bebaute Grundstück in drei jeweils mit dem Sondereigentum an einer Wohnung verbundene Miteigentumsanteile aufgeteilt. Nach § 17 Nr. 1 der Vereinbarung bestimmt sich das Stimmrecht nach der Anzahl der Wohnungseigentumseinheiten. In § 17 Nr. 8 heißt es:

"In Ergänzung von § 23 WEG wird bestimmt, dass zur Gültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung außer den dort genannten Bestimmungen die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist. Das Protokoll ist vom Verwalter und von zwei von der Wohnungseigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern zu unterschreiben."

In § 18 Nr. 1 der Vereinbarung ist die Beteiligte zu 1) für die Dauer von 5 Jahren zur Verwalterin bestellt. Nach Nr. 2 derselben Vorschrift können die Wohnungseigentümer bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit 3/4 Merheit die Abberufung des Verwalters beschließen.

Ende des Jahres 1998 haben die Beteiligten zu 4) die Wohnung Nr. 2 des Aufteilungsplans an die Beteiligte zu 3) und die Wohnung Nr. 3 des Aufteilungsplans an den Beteiligten zu 2) veräußert.

In der Folgezeit hat die Beteiligte zu 1) ihre Verwaltertätigkeit aufgenommen. Daneben hat sie den Beteiligten zu 2) im Rahmen eines außergerichtlichen anwaltlichen Schriftverkehrs auf Zahlung eines Betrages von ca. 36.000,00 DM in Anspruch genommen. Diesen Anspruch hat sie auf die Behauptung gestützt, der Beteiligte zu 2) habe bei dem Erwerb seines Wohnungseigentums den Beteiligten zu 4) durch mündliche Erklärung zugesagt, neben dem beurkundeten Kaufpreis die Aufwendungen der Beteiligten zu 1) zur Herrichtung dieser Wohnung zu erstatten.

Am 14.02.2000 wurde eine außerordentliche Eigentümerversammlung durchgeführt. Zu Tagesordnungspunkt 4 wurden die Beteiligten zu 2) und 3) beauftragt, das Protokoll zu unterzeichnen. Sodann wurde zu Tagesordnungspunkt 5 mit den Stimmen der Beteiligten zu 2) und 3) mehrheitlich die Beteiligte zu 1) aus wichtigem Grund als Verwalterin abberufen.

Die Beteiligte zu 1) hat mit einem bei dem Amtsgericht am 14.03.2000 eingegangenen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tage unter Vorlage der von ihr gefertigten Versammlungsniederschrift beantragt, den Beschluß zu Tagesordnungspunkt 5 der Eigentümerversammlung vom 14.02.2000 für ungültig zu erklären. Zur Begründung hat sie im wesentlich geltend gemacht, der Abberufungsbeschluss sei nicht mit der nach der Teilungserklärung erforderlichen Stimmenmehrheit gefasst worden. Ferner liege ein wichtiger Grund zu ihrer Abberufung nicht vor. Die Beteiligten zu 4) haben den Beschlussanfechtungsantrag unterstützt.

Die Beteiligten zu 2) und 3) sind dem Antrag entgegengetreten. Ein wichtiger Grund zur Abberufung der Beteiligten zu 1) liege insbesondere in einer Interessenkollision, weil sie versuche, vermeintliche Erstattungsansprüche gegen den Beteiligten zu 2) durchzusetzen. In diesem Rahmen habe sie dem Beteiligten zu 2) - unstreitig - in einem Schreiben vom 24.03.1999 eine Strafanzeige wegen Betruges angedroht. Wegen der Darstellung weiterer Abberufungsgründe wird auf den schriftsätzlichen Vortrag der Beteiligten zu 2) und 3) Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 18.07.2000 den Beschlussanfechtungsantrag zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14.08.2000 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat in öffentlicher Sitzung vom 15.12.2000 vor der vollbesetzten Zivilkammer mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Den Hinweis der Kammer auf die Bestimmung des § 17 Nr. 8 der Teilungsvereinbarung haben die Beteiligten zu 2) und 3) zum Anlaß genommen, auf einer von ihnen vorgelegten Kopie der Niederschrift der Eigentümerversammlung vom 14.02.2000 ihre Unterschrift zu leisten. Die Beteiligte zu 1) hat sich geweigert, ihrerseits das Protokoll zu unterschreiben. Durch den am Schluss der Sitzung verkündeten Beschluss hat das Landgericht in Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 5 der Eigentümerversammlung für ungültig erklärt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3), die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 23.05.2001 bei dem Landgericht eingelegt haben. Ihnen ist die mit Begründung versehene Entscheidung des Landgerichts, die nunmehr das Datum vom 02.04.2001 trägt, am 25.09.2001 zugestellt worden.

Die Beteiligten zu 1) und 4) beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) und 3) folgt daraus, dass das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts zu ihrem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Die sofortige weitere Beschwerde führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen sofortigen Erstbeschwerde sowie einem zulässigen Beschlußanfechtungsantrag der Beteiligten zu 1) ausgegangen. In der Rechtsprechung (vgl. etwa BGHZ 106, 113, 122 = NJW 1989, 1087, 1089; Senat NJW-RR 1997, 523, 524) ist zwischenzeitlich allgemein anerkannt, daß ein durch die Eigentümerversammlung abberufener Verwalter, der nicht zugleich Wohnungseigentümer ist, den Abberufungsbeschluss in entsprechender Anwendung von § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG anfechten kann.

In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Kammer hat ihre Entscheidung dahin begründet, der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 14.02.2000 zu Tagesordnungspunkt 5 sei ungültig, weil er von der Beteiligten zu 1) als Verwalterin nicht unterschrieben sei. Dies sei jedoch zur Gültigkeit des Beschlusses erforderlich, weil die Teilungsvereinbarung in zulässiger Weise in Abweichung von § 24 Abs. 6 WEG die Wirksamkeit der Beschlußfassung von der Unterschrift auch der Verwalterin unter der Versammlungsniederschrift abhängig mache. Die Beteiligte zu 1) habe ihre Unterschriftsleistung auch nicht grundlos verweigert, weil ihr erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 15.12.2000 eine Kopie der Niederschrift mit der überraschenden Aufforderung zur Unterschriftsleistung vorgelegt worden sei.

Dieser Rechtsauffassung kann der Senat nicht folgen. Das Landgericht lässt in der Begründung seiner Entscheidung offen, ob das Erfordernis der Unterschriftsleistung der Verwalterin unter die Versammlungsniederschrift nach der Teilungserklärung ein konstitutives Wirksamkeitserfordernis begründet oder ihr Fehlen lediglich zur Anfechtbarkeit des Eigentümerbeschlusses führt. Der BGH hat in einer auf Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG ergangenen Entscheidung (BGHZ 136, 187 = NJW 1997, 2956) in Übereinstimmung mit dem OLG Oldenburg (ZMR 1985, 30) eine die gesetzliche Vorschrift ergänzende, mit der hier getroffenen Regelung gleichlautende Bestimmung einer Teilungserklärung dahin ausgelegt, es handele sich um eine mit § 23 Abs. 2 WEG vergleichbare Gültigkeitsvoraussetzung, deren Nichtbeachtung nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit der Beschlussfassung führe. Eine etwaige Anfechtbarkeit läßt jedoch gem. § 23 Abs. 4 S. 1 WEG die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses unberührt, solange er nicht im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist. Ist die Beteiligte zu 1) deshalb aufgrund des zunächst wirksamen Eigentümerbeschlusses von ihrem Amt als Verwalterin abberufen, so ist bereits zweifelhaft, ob sie die nach der Teilungsvereinbarung erforderliche Unterschrift unter das Versammlungsprotokoll in ihrer Eigenschaft als Verwalterin wirksam leisten kann.

Jedenfalls kann die Beteiligte zu 1) nicht durch die Verweigerung ihrer Unterschrift die Anfechtbarkeit des Abberufungsbeschlusses herbeiführen. Die Anwendung der Teilungserklärung darf nämlich nicht zu einem Ergebnis führen, das der zwingenden Vorschrift des § 26 Abs. 1 S. 4 WEG widerspricht. Danach kann die Abberufung des Verwalters nicht über die Vorschrift des Satzes 3 der Vorschrift hinaus (Beschränkung der Abberufung des Verwalters auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes) eingeschränkt werden. Die Vorschrift will sicherstellen, dass ein Verwalter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit durch einfachen Mehrheitsbeschluss nach § 26 Abs. 1 S. 1 WEG abberufen werden kann. Diese Möglichkeit wäre jedoch über das nach der gesetzlichen Vorschrift zulässige Maß hinaus eingeschränkt, wenn die Wohnungseigentümer, um einer erfolgreichen Beschlussanfechtung der abberufenen Verwalterin zu begegnen, diese in einem gesonderten Verfahren nach dem WEG auf Vollziehung der Unterschrift unter der Versammlungsniederschrift in Anspruch nehmen und aus einer rechtskräftigen Entscheidung die Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO betreiben müssten.

Hinzu kommt, dass - soweit es darauf noch ankommen sollte - die Weigerung der Beteiligten zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 15.12.2000, die ihr vorgelegte Kopie der Versammlungsniederschrift zu unterzeichnen, entgegen der Auffassung des Landgerichts rechtsmissbräuchlich ist, weil sie erkennbar lediglich von dem prozesstaktischen Bestreben geprägt ist, in der nach dem Hinweis des Landgerichts auf die Bestimmung des § 17 Nr. 8 der Teilungsvereinbarung entstandenen Verfahrenssituation einen ihr günstigen Verfahrensausgang herbeizuführen, ohne dass es auf die Überprüfung der sachlichen Berechtigung des Abberufungsbeschlusses ankam. Nach dem Akteninhalt steht fest, dass die Beteiligte zu 1) mit ihrem Beschlussanfechtungsantrag selbst davon ausgeht, dass zu Tagesordnungspunkt 5 der Eigentümerversammlung vom 14.02.2000 mit den Stimmen der Beteiligten zu 2) und 3) mehrheitlich der Beschluß gefasst worden ist, durch den sie aus dem Amt als Verwalterin abberufen worden ist. Mit ihrem Beschlussanfechtungsantrag hat sie das von ihr selbst gefertigte, jedoch ungeachtet der erwähnten Bestimmung der Teilungserklärung von ihr nicht unterschriebene Protokoll dieser Eigentümerversammlung im Umfang von nur einer Seite vorgelegt, das sie zugleich den Miteigentümern übersandt hatte. Eine Kopie dieses Protokolls haben die Beteiligten zu 2) und 3) im Termin vor dem Landgericht vorgelegt und selbst unterschrieben. Die Identität beider Schriftstücke ist ohne weiteres innerhalb weniger Augenblicke zu erkennen. Die Auffassung des Landgerichts, die Beteiligte zu 1) sei durch die Vorlage dieser Kopie im Termin vom 15.12.2000 überrascht worden, vermag der Senat deshalb nicht nachzuvollziehen. Im übrigen hätte das Landgericht von seinem eigenen Standpunkt aus durch kurzzeitige Unterbrechung der Verhandlung der Beteiligten zu 1) Gelegenheit geben müssen, die Identität beider Schriftstücke näher zu überprüfen. Die Verpflichtung dazu ergab sich aus dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 12 FGG), der auch im Verfahren nach dem WEG gilt.

Aufgrund des Rechtsfehlers der landgerichtlichen Entscheidung kann der Senat eine ersetzende Sachentscheidung treffen, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf (vgl. Keidel/Kahl, FG, 14. Aufl., § 27, Rdnr. 59 m.w.N.). Der Beschlußanfechtungsantrag der Beteiligten zu 1) erweist sich als sachlich unbegründet.

Die Abberufung der Beteiligten zu 1) als Verwalterin konnte mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden. Die Beschränkung der Abberufung durch § 18 Nr. 2 der Teilungsvereinbarung, die für diesen Beschluß eine qualifizierte Mehrheit von 3/4 der Stimmen erfordert, ist gem. § 26 Abs. 1 S. 4 WEG unwirksam.

Ein wichtiger Grund zur Abberufung des Verwalters im Sinne des § 26 Abs. 1 S. 3 WEG liegt vor, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zugemutet werden kann, insbesondere weil das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (BayObLGZ 1998, 310, 312 f. = FGPrax 1999, 20; NZM 2000, 341, 342; KG NJW-RR 1994, 402; OLG Düsseldorf NZM 1998, 517; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 26, Rdnr. 152). Ein wichtiger Grund kann sich nicht lediglich aus einer Verletzung von Pflichten ergeben, die dem Verwalter ihm Rahmen seiner Amtsführung obliegen. Eine die Abberufung rechtfertigende Störung des Vertrauensverhältnisses kann auch auf einem Verhalten des Verwalters beruhen, das mit seiner Amtsführung nicht unmittelbar zusammenhängt. Die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes können im Einzelfall auch in der nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses nicht nur zu der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, sondern auch zu einzelnen Wohnungseigentümern oder einer Gruppe von ihnen gegeben sein (vgl. BayObLGZ 1998, a.a.O.; Staudinger-Bub, BGB, 12. Bearbeitung, § 26 WEG, Rdnr. 392). Der Wohnungseigentumsverwalter hat eine besondere Vertrauensstellung, weil er Treuhänder fremden Vermögens ist. Er hat in vielfältiger Weise die Interessen der Wohnungseigentümer wahrzunehmen, insbesondere die von ihnen zu leistender Wohngelder sachgerecht zu verwalten. Er unterliegt der Kontrolle durch die Eigentümerversammlung, insbesondere im Hinblick auf die erforderliche Genehmigung der von ihm aufzustellenden Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen (§ 28 Abs. 5 WEG). Die ordnungsgemäße Verwaltung der Anlage erfordert deshalb eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Verwalter und den einzelnen Miteigentümern. Deshalb kann im Einzelfall auch eine Störung des Vertrauensverhältnis zwischen dem Verwalter und einzelnen Miteigentümern zur Annahme des Vorliegens eines wichtigen Grundes führen, zumal es sich hier um eine lediglich aus drei Miteigentumsanteilen bestehende Anlage handelt und die Miteigentümer untereinander sowie mit der Verwalterin familiär eng verbunden sind.

Die Annahme eines wichtigen Grundes ist hier berechtigt, weil zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Abberufungsbeschlusses ein massiver Interessenkonflikt zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) bestanden hat. Die Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 2) auf die Erstattung eines Betrages von ca. 36.000,00 DM in Anspruch genommen, den sie für den Ausbau der von ihm erworbenen Eigentumswohnung aufgewendet haben will. In diesen Interessenkonflikt einbezogen waren die Beteiligten zu 4) als Eltern, denen der Beteiligte zu 2) nach der Behauptung der Beteiligten zu 1) eine Erstattung dieser Aufwendungen neben dem vereinbarten Kaufpreis in einer nicht beurkundeten mündlichen Erklärung zugesagt haben soll. Die Beteiligte zu 1) hat mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, den von ihr geltend gemachten Anspruch gegen den Beteiligten zu 2) durchzusetzen, obwohl sie selbst an der von ihr behaupteten Vereinbarung nicht beteiligt war. Sie hat Rechtsanwälte mit ihrer außergerichtlichen Vertretung beauftragt. Der Beteiligte zu 2) hat - ebenfalls anwaltlich vertreten - einen Erstattungsanspruch abgelehnt. Bis zum Zeitpunkt des Abberufungsbeschlusses war eine Regelung der Angelegenheit noch nicht getroffen worden. Die Beteiligte zu 1) hat im Rahmen dieser Auseinandersetzung in einem Schreiben vom 24.03.1999 dem Beteiligten zu 2) angedroht, ihn wegen dieses Vorgangs bei der Staatsanwaltschaft wegen Betruges anzuzeigen. Sie will diesen Vorgang im nachhinein bagatellisieren, weil sie das genannte Schreiben aus Verärgerung verfasst und ihre Drohung später nicht umgesetzt habe. Dass sie sich wegen des in diesem Schreiben enthaltenen Vorwurfs betrügerischen Verhaltens entschuldigt habe, trägt die Beteiligte zu 1) indessen nicht vor. Objektiv handelt es sich um eine beliebte Methode, zivilrechtlichen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Aus der maßgeblichen Sicht des Beteiligten zu 2) ist dieser Vorgang in schwerwiegender Weise geeignet, persönliches Vertrauen zu zerstören. Wegen des in dieser Schärfe ausgetragenen Interessenkonfliktes war dem Beteiligten zu 2) eine Fortsetzung der Verwaltertätigkeit der Beteiligten zu 1) unzumutbar. Der Konflikt bezieht sich, wenngleich er mit dem Erwerbsvorgang zusammenhängt, unmittelbar auf das Wohnungseigentum des Beteiligten zu 2). Dieser konnte nicht mehr auf eine auch seinen Interessen gerecht werdende Verwaltung durch die Beteiligte zu 1) vertrauen, wenn diese ihm im Hinblick auf den Erwerb des Wohnungseigentums betrügerisches Verhalten zu ihrem Nachteil vorwarf und aus diesem Vorgang gegen ihn mit Vehemenz zivilrechtliche Ansprüche in der genannten Größenordnung geltend machte. Damit war ein Verbleiben der Beteiligten zu 1) im Amt der Verwalterin für die Eigentümergemeinschaft insgesamt untragbar. Denn es bestand objektiv die naheliegende Gefahr, dass angesichts der familiären Verbundenheit der Beteiligten der ungelöste Streit auch die Wohnungseigentumsverwaltung beeinträchtigte, insbesondere in der Form, dass sich je nach eigenem Standpunkt in dem ungelösten Konflikt entsprechende Lager auch bei der Entscheidung über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bildeten. Auf die weiteren von den Beteiligten zu 2) und 3) vorgetragenen Abberufungsgründe kommt es danach nicht mehr an.

Das Abberufungsrecht war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung nicht verwirkt. Nach der Rechtsprechung des BayObLG, der sich der Senat anschließt, gilt die Bestimmung des § 626 BGB, die für die außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrags unmittelbar anwendbar ist, für die damit verbundene Abberufung des Verwalters entsprechend. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift kann die außerordentliche Kündigung eines Dienstvertrags nur innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen werden; die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Wegen der Besonderheiten der Willensbildung und Entscheidung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft müssen nach der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Meinung Abberufung und Kündigung zwar nicht innerhalb der Zweiwochenfrist, jedoch innerhalb angemessener Frist geschehen. Für einzelne Wohnungseigentümer, die dieses Ziel verfolgen, bedeutet dies, dass sie wenn auch nicht innerhalb von zwei Wochen (so aber Staudinger/Bub, a.a.O., § 26 WEG, Rdnr. 399), so doch innerhalb einer den Umständen nach angemessenen Frist die Einberufung einer Eigentümerversammlung mit diesen Beschlussgegenständen verlangen müssen BayObLG, NZM 1999, 844 = NJW-RR 1999, 1390; NZM 2000, 341 = NJW-RR 2000, 676, 678).

Das Abberufungsrecht mag danach verwirkt sein, soweit es bei isolierter Betrachtung aus dem Schreiben der Beteiligten zu 1) vom 24.03.1999 hergeleitet wird. Maßgebender Abberufungsgrund ist aber nicht dieses Schreiben allein, sondern der massive Interessenkonflikt, in dem sich die Beteiligte zu 1) im Hinblick auf ihre zivilrechtliche Auseinandersetzung mit dem Beteiligten zu 2) über den von ihr geltend gemachten Erstattungsanspruch befand. Dieser Konflikt war zum Zeitpunkt des Abberufungsbeschlusses noch nicht gelöst und belastete weiterhin das Verhältnis der Beteiligten. Dieser fortbestehende Interessenkonflikt ist im Rahmen der Anwendung des § 626 Abs. 2 BGB als Dauertatbestand zu bewerten, bei dem es für die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist ausreicht, daß er in den letzten zwei Wochen vor Ausübung des Abberufungsrechts noch angehalten hat (BAG NZA 1996, 871; MK/BGB-Schwerdtner, BGB, 3. Aufl., § 626, Rdnr. 221; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9. Aufl., § 125, Rdnr. 29; Erfurter Komm. Zum Arbeitsrecht, § 626 BGB, Rdnr. 271; Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 626, Rdnr. 27). Ist danach eine Verwirkung des Abberufungsrechts nicht eingetreten, darf und muß im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung auch auf Vorgänge zurückgegriffen werden, aus denen allein ein Kündigungsrecht nicht mehr hergeleitet werden kann, die aber mit dem nicht verwirkten Abberufungsgrund in einem engen Zusammenhang stehen (BGH NJW-RR 1992, 992 f.). So verhält es sich hier im Hinblick auf das Schreiben der Beteiligten zu 1) vom 24.03.1999, das entsprechend den obigen Ausführungen in einem engen Zusammenhang mit der Geltendmachung ihres Erstattungsanspruchs gegen den Beteiligten zu 2) steht.

Für die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses kommt es allein darauf an, ob zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ein wichtiger Grund zur Abberufung der Beteiligten zu 1) vorlag. Unmaßgeblich ist demgegenüber, ob im weiteren Zeitablauf der Interessenkonflikt, der Grundlage für die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses ist, fortbesteht. Deshalb bleibt für die Entscheidung ohne Bedeutung, dass die Beteiligten zu 1) und 2) sich während des Erstbeschwerdeverfahrens über eine Zahlung geeinigt haben. Die fortbestehende Störung des Vertrauensverhältnisses wird im übrigen daran deutlich, dass sich die Beteiligte zu 1) im Termin vor dem Landgericht vom 15.12.2001 erkennbar nur aus prozesstaktischen Erwägungen geweigert hat, das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 14.02.2000 zu unterzeichnen.

Da der Beschlussanfechtungsantrag im Ergebnis ohne Erfolg bleibt, entspricht es der Billigkeit, dass die Beteiligte zu 1) die Gerichtskosten des Verfahrens in allen Instanzen zu tragen hat (§ 47 S. 1 WEG).

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten (§ 47 S. 2 WEG) hat es hingegen bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass die Beteiligten im Verfahren nach dem WEG ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben, zumal in den Vorinstanzen divergierende Entscheidungen getroffen worden sind.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Sie folgt der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung der landgerichtlichen Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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