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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 14.08.2007
Aktenzeichen: 15 W 331/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2359
BGB § 2255
1. Wird ein Erbscheinsantrag auf ein Testament gestützt, das ersichtlich unvollständig ist, da aus der Urkunde ein Teil des Textes herausgeschnitten wurde, so ist zu prüfen, ob sich der fehlende Teil rekonstruieren lässt. Dahinstehen kann der fehlende Textbestandteil nur, wenn sich feststellen lässt, dass die Ausschneidung von dem Erblasser oder auf seine Veranlassung vorgenommen wurde, da dann regelmäßig von einem teilweisen Widerruf auszugehen ist.

2. Lässt sich nach Durchführung der nach §§ 2358 BGB, 12 FGG gebotenen Ermittlungen weder der Inhalt des fehlenden Textbestandteils, noch die Urheberschaft des Erblassers hinsichtlich der Veränderung feststellen, geht dies zu Lasten desjenigen, der sein Erbrecht auf die letztwillige Verfügung stützen will. Denn er trägt die materielle Feststellungslast für den gesamten Inhalt des Testaments


Tenor:

Die weiteren Beschwerden werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kostenentscheidung und die Wertfestsetzung des Landgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst werden:

In dem Erstbeschwerdeverfahren sowie dem ersten Verfahren der weiteren Beschwerde vor dem Senat zu 15 W 233/04 findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.

In dem vorliegenden Verfahren der weiteren Beschwerde haben die Beteiligten zu 1) und 2) der Beteiligten zu 3) ihre außergerichtlichen Kosten als Teilschuldner zu je 1/2 Anteil zu erstatten.

Von der Festsetzung eines Gegenstandswertes für Zwecke der Erhebung von Gerichtsgebühren für das Verfahren der ersten Beschwerde wird abgesehen. Der Gegenstandswert für die Erhebung von Gerichtsgebühren für das vorliegende Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 500.00,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.)

Die Erblasserin war nicht verheiratet und hat keine Abkömmlinge hinterlassen. Von ihren fünf Geschwistern war ihr Bruder I C vorverstorben. Er hat drei Kinder hinterlassen, nämlich die Beteiligten zu 1), 2) und 5). Ebenfalls vorverstorben, jedoch ohne Abkömmlinge, war der unverheiratete Bruder der Erblasserin B C. Die Schwestern I2 und F C sind während der Anhängigkeit des vorliegenden Verfahrens verstorben ohne Abkömmlinge zu hinterlassen. Ebenso ist der weitere Bruder der Erblasserin, F2 C, während des vorliegenden Verfahrens verstorben. Er ist von seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 3), beerbt worden.

Die unverheirateten Geschwister, also B, F und I2 C sowie die Erblasserin haben Anfang der 80er Jahre aufgrund einer formlosen Übereinkunft jeweils privatschriftliche Testamente errichtet, durch die sie die anderen der unverheirateten Geschwister zu Miterben einsetzten. Aufgrund dieser Testamente wurde B C durch seine drei Schwestern und F2 C durch ihre Schwester Erna beerbt. Das Testament, das die Erblasserin in diesem Zusammenhang errichtet hat, ist nicht mehr auffindbar.

Unter dem 29.10.2002 errichtete die Erblasserin ein eigenhändiges Testament, das, soweit die Urkunde noch existent ist, folgenden Text hat:

"... Hiermit setze ich ......................

................................ meine Neffen

I3 C, M2, T Str.x

H C, C2, N-Straße

jeweils zur Hälfte zu Erben ein. ..."

Die Urkunde, die auf einem linierten DIN-A4-Blatt niedergeschrieben ist, ist insoweit unvollständig, als der zwischen den Textteilen "Hiermit setze ich" und "meine Neffen" ein Teil des Blattes im Umfang von etwas mehr als einer Zeile mittels eines scharfen Werkzeugs herausgeschnitten wurde.

Mit notariellem Schreiben vom 14.05.2003 reichten die Beteiligten zu 1) und 2) die Testamentsurkunde zwecks Eröffnung beim Nachlassgericht ein. Zugleich beantragten sie die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der sie als Miterben zu 1/2 ausweisen soll.

Das Nachlassgericht hat durch Vorbescheid vom 04.11.2003 die antragsgemäße Erteilung eines Erbscheins angekündigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass keine Zweifel bestünden, dass die Veränderung der Urkunde durch die Erblasserin vorgenommen worden sei. Ihrer Art nach ergebe sich aus der Veränderung kein Widerruf, sondern lediglich eine Abänderung der letztwilligen Verfügung.

Gegen den Vorbescheid haben die Beteiligten zu 3) und 4) Beschwerde erheben lassen. Das Landgericht hat den Vorbescheid aufgehoben. Auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) hat der Senat die landgerichtliche Entscheidung aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Nach Durchführung weiterer Ermittlungen hat das Landgericht den Vorbescheid wiederum aufgehoben. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihren weiteren Beschwerden.

II.)

Die an keine Frist gebundenen weiteren Beschwerden sind statthaft und formgerecht eingelegt, §§ 27, 29 Abs. 1, Abs. 4 i.V.m. § 21 Abs. 2 FGG. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) und 2) folgt daraus, dass das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung zu ihrem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs.1 S. 1 FGG)

Die Zulässigkeit der Erstbeschwerde steht aufgrund der Entscheidung des Senats vom 15.03.2005 bindend fest. Der Senat weist in diesem Zusammenhang bezugnehmend auf den Vortrag der weiteren Beschwerden unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses lediglich darauf hin, dass gegen die Erteilung eines Vorbescheides derjenige nach § 20 Abs.1 FGG beschwerdebefugt ist, der für sich ein Erbrecht in Anspruch nimmt, das in dem angekündigten Erbschein keine Berücksichtigung finden würde. Im Hinblick auf die Doppelrelevanz dieser erbrechtlichen Stellung erfolgt ihre Prüfung im Rahmen derjenigen der Begründetheit des Rechtsmittels (Keidel/Kahl, FG, 15.Aufl., § 20 Rdn.18). Die Beteiligte zu 3) nimmt hier ein gesetzliches Erbrecht ihres Rechtsvorgängers für sich in Anspruch, indem sie die Wirksamkeit des Testaments vom 29.10.2002 in Zweifel zieht. Daraus leitet sich ihre Beschwerdebefugnis hinreichend ab. Denkbar ist zwar, dass der Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 3) durch ein früheres Testament der Erblasserin (vom 22.12.1980) von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist. Die Beteiligte zu 3) sieht dieses Testament jedoch als widerrufen an, zumal es nicht mehr aufgefunden werden konnte. Hinzu kommt, dass der Beteiligte zu 1) im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht vorgetragen hat, die Erblasserin habe ihn darüber unterrichtet, dieses frühere Testament in Widerrufsabsicht vernichtet zu haben.

In der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung stand.

Das Landgericht hat seine Entscheidung im Kern dahingehend begründet, dass, da sich nicht ausschließen lasse, dass die Urkunde unvollständig sei, der Erbschein nur erteilt werden könne, wenn feststehe, dass die Ausschneidung von der Erblasserin herrühre, oder sich sonst feststellen lasse, dass der noch vorhandene Text nach dem Willen der Erblasserin auch unabhängig von dem fehlenden Text habe gültig sein sollen. Es gehe zu Lasten der Antragsteller, die ihr Erbrecht auf eine unvollständige Urkunde stützten, dass sich dies nicht feststellen lasse. Diese Begründung erweist sich letztlich als frei von Rechtsfehlern.

Der beantragte Erbschein wäre entsprechend dem Vorbescheid des Amtsgerichts, der allein Verfahrensgegenstand ist, zu erteilen, wenn die Beteiligten zu 1) und 2) durch das Testament vom 29.10.2002 zu Miterben eingesetzt sind. Dies ist insoweit zweifelhaft, als aufgrund der Ausschneidung unklar ist, ob der Text der Urkunde in ihrem jetzigen Zustand den tatsächlichen Willen der Erblasserin vollständig und damit zutreffend wiedergibt.

1.)

Die weiteren Beschwerden gehen zu Unrecht davon aus, das vorliegende Testament beweise, dass die Erblasserin die Beteiligten zu 1) und 2) zu Miterben eingesetzt habe. Richtig ist zwar, dass die Formwirksamkeit der Urkunde und die Fortdauer ihrer Gültigkeit durch die Ausschneidung, gleich wer diese vorgenommen hat, nicht in Frage gestellt wird. Von der Frage der Wirksamkeit ist jedoch die des Beweiswertes für den Testamentsinhalt zu unterscheiden (KG HRR 1933 Nr.19/S.1490ff). Dieser Beweiswert ist durch die Ausschneidung beeinträchtigt. Gesetzliche Beweisregeln finden unter Berücksichtigung des Mangels der Urkunde keine Anwendung, § 419 ZPO. Vielmehr unterliegt es der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO), ob die Urkunde den maßgeblichen Willen der Erblasserin zutreffend wiedergibt.

Diese Frage liegt auf tatsächlichem Gebiet. Die Tatsachenwürdigung des Beschwerdegerichts kann im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens nur darauf überprüft werden, ob der Tatrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend ermittelt (§ 12 FGG), sich mit allen wesentlichen Umständen auseinandergesetzt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen Denkgesetzte und zwingende Erfahrungssätze oder den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen hat (Keidel/Meyer-Holz, FG, 15.Aufl. § 27 FGG Rdn.42 m.w.N.). Die Würdigung des Tatrichters bindet das Rechtsbeschwerdegericht bereits dann, wenn sie möglich ist, zwingend muss sie nicht sein. Rechtsfehler im vorgenannten Sinne liegen nicht vor.

Bei der Prüfung der maßgebenden Fragen ist das Landgericht rechtsfehlerfrei zunächst davon ausgegangen, dass sich jedenfalls nicht ausschließen lasse, dass der entfernte Teil des Blattes eine erbrechtlich erhebliche Bestimmung enthielt, die die nach dem verbliebenen Text nahe liegende Einsetzung der Beteiligten zu 1) und 2) zu Miterben ausschließen oder wesentlich einschränken könne. Die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Landgerichts sind nach der Anordnung und dem Inhalt des Textes im Verhältnis zu der Lage der Ausschneidung, dem Vorhandensein von Schriftfragmenten unterhalb der unteren Schnittlinie der herausgeschnittenen Teils und der Einheitlichkeit des noch vorhandenen Schriftbildes möglich und alleine deshalb für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht bindend.

Die Beteiligten zu 1) und 2) meinen, dass sich objektiv nicht ausschließen lasse, dass die Erblasserin das Testament auf dem Blatt niedergeschrieben habe, obwohl dieses die Ausschneidung bereits aufgewiesen habe, sich auf dem entfernten Teil des Blattes also nie ein Teil der letztwilligen Verfügung befunden habe. Richtig ist zwar, dass sich diese Möglichkeit nicht mit allerletzter Sicherheit ausschließen lässt. Gleichwohl ist diese Überlegung nicht geeignet, einen Rechtsfehler der Würdigung des Landgerichts aufzuzeigen. Der Ansatz der Beteiligten zu 1) und 2) lässt sich schon nur schwer mit dem Vorhandensein von den o.g. Schriftfragmenten an der unten Schnittlinie in Einklang bringen, die optisch von demselben Schreibgerät stammen. Insbesondere aber ist die Annahme, die Erblasserin habe ihr Testament auf einem bereits mit einem Ausschnitt versehenen Blatt errichtet, indem sie den Text um diesen asymetrischen Ausschnitt herum geschrieben habe, derart fern liegend, dass er Anlass gäbe, an der Testierfähigkeit der Erblasserin oder der Ernstlichkeit ihres Testierwillens zu zweifeln.

Unzutreffend ist auch die Ansicht der weiteren Beschwerden, nach der Größe des entfernten Textes und der Lage des Ausschnitts könne dieser keine erhebliche, erbrechtlich relevante Regelung enthalten haben. Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass sich etwa die "Einsetzung" auf einen einzelnen Vermögensgegenstand, im Zweifel also eine bloße Vermächtnisanordnung, mit der Größe des Ausschnitts und dem vorhandenen Text durchaus in Einklang bringen lässt. Diese Möglichkeit ist auch nicht besonders fern liegend, zieht man den Inhalt der älteren Testamente der Geschwister der Erblasserin in Betracht. Aus diesen ergibt sich, dass der gesetzliche Grundsatz der Vermögensnachfolge jedenfalls ihren Geschwistern nicht geläufig war. Es ist daher durchaus möglich, dass die Erblasserin den Begriff des Miterben nicht im rechtstechnischen Sinne verstanden hat. Auch eine Bedingung im Sinne einer Ersatz- oder Nacherbeneinsetzung wäre gerade dann, wenn -wie die Beteiligten zu 1) und 2) nunmehr auch geltend machen- das frühere "Geschwistertestament" der Erblasserin nicht widerrufen worden sein sollte, ein durchaus denkbarer Inhalt des Ausschnitts und mit dessen Größe und dem weiteren Text ohne weiteres zu vereinbaren.

Die von den Beteiligten zu 1) und 2) angestellten Überlegungen hinsichtlich der Korrektur eines bloßen Schreib- oder Formulierungsfehlers musste das Landgericht umso weniger Anlass zu einer abweichenden Würdigung geben, als die aufwändige Art der Textbereinigung hiermit kaum in Einklang zu bringen ist. Die besondere Mühe, die mit dem Vorgang des Ausschneidens des Textteils verbunden ist, spricht vielmehr dafür, dass der auf diese Weise vernichtete Text im Zusammenhang inhaltliche Bedeutung für den verbliebenen Text hätte. Dem Leser des Testaments sollte die Kenntnisnahme von der ursprünglich vorhandenen Textpassage gezielt unmöglich gemacht werden.

2.)

Zutreffend hat das Landgericht daher weiter geprüft, ob sich feststellen lässt, dass die Ausschneidung von der Erblasserin vorgenommen wurde, oder jedenfalls von ihrem Willen getragen war.

Das Landgericht hat sich nicht überzeugen können, dass die Ausschneidung von der Erblasserin vorgenommen oder veranlasst wurde. Dabei ist die Kammer in Würdigung der von ihr durchgeführten weiteren Ermittlungen davon ausgegangen, dass die Annahme, die Erblasserin habe einen Textteil durch Ausschneiden beseitigt, anstatt ihm mittels Durchstreichen, einen Zusatz o.ä. die Wirkung zu nehmen, bei Berücksichtigung aller Eigenheiten der Erblasserin nicht nachvollziehbar sei. Die Erblasserin sei eine erfahrende Geschäftsfrau gewesen, die durch ihre frühere Arbeit bei der Arbeitsverwaltung an Ordnung und Genauigkeit gewöhnt gewesen sei. Die Annahme, sie habe eine Urkunde, wie ein Testament, durch eine Ausschneidung, die ersichtlich den Anschein der Manipulation hervorrufe, abändern oder korrigieren wollen, sei mit ihrer Persönlichkeit, wie sie sich aus den Angaben der Beteiligten und der Zeugen ergebe, nicht zu vereinbaren. Ein derartiges Verhalten sei umso weniger nachvollziehbar, als selbst die nochmalige Niederschrift des kurzen (verbleibenden) Textes kaum mehr Mühe gemacht habe, als der Ausschnitt eines innen liegenden Textteils. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Erblasserin die Angewohnheit gehabt habe, sich Schreib- und Notizmaterial zu verschaffen, indem sie andere Schriftstücke, wie Kalenderblätter oder Werbeprospekte, zerschnitten oder zerrissen habe. Die Veränderung einer Urkunde von der Bedeutung eines Testaments durch ein Herausschneiden eines Teils sei etwas völlig anderes. Dass die Erblasserin zu Lebzeiten ein derartiges Verhalten gezeigt habe, habe keiner der Beteiligten bestätigen können.

Diese tatsächliche Würdigung ist möglich. Die insoweit erhobenen Rügen der weiteren Beschwerden gehen fehl.

Soweit die weiteren Beschwerden eine tatsächliche Vermutung für sich in Anspruch nehmen, dass die Veränderung einer letztwilligen Verfügung, die in bereits veränderter Form im Nachlass des Erblassers aufgefunden wird, von diesem herrührt, verkennen sie, dass sich dieser Sachverhalt nur auf der Grundlage der Angaben der Beteiligten zu 1) und 2) feststellen ließe. Da das Landgericht diese nicht als tragfähige Grundlage für seine Feststellungen erachtet hat, ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Kammer mit der Frage einer tatsächlichen Vermutung oder einer Beweiserleichterung in Form eines Beweises des ersten Anscheins nicht weiter auseinander gesetzt hat.

Die Rüge der weiteren Beschwerden, das Landgericht habe die Angaben der Beteiligten zu 1) und 2) in der Anhörung durch die Kammer nicht gewürdigt, zeigt allenfalls einen Begründungsmangel ( § 25 FGG) auf, auf dem die angefochtene Entscheidung jedoch nicht beruht. Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Kammer die Angaben nicht als hinreichende Grundlage für ihre Überzeugungsbildung angesehen hat. Dabei ist die Kammer ersichtlich davon ausgegangen, dass die Angaben derjenigen Personen, die ein erhebliches Eigeninteresse an der Feststellung eines bestimmten Sachverhalts haben, in der Regel für sich genommen keine hinreichend tragfähige Grundlage für eine positive Überzeugungsbildung des Gerichts ist, die gerade zu dieser Feststellung führt. Hiergegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern, nachdem sich die Kammer einen eigenen Eindruck von den Beteiligten zu 1) und 2) verschafft hat.

Auch auf die Aussage des Zeugen C musste die Kammer in diesem Zusammenhang nicht weiter eingehen. Richtig ist, dass dieser den Sachvortrag des Rechtsvorgängers der Beteiligten zu 4) hinsichtlich des Verhaltens der Beteiligten zu 1) und 2) beim Durchsuchen der Wohnung der Erblasserin nicht in Gänze bestätigt hat. Andererseits lässt sich der Aussage durchaus entnehmen, dass sich sein Vater, der Bruder der Erblasserin, durch das Verhalten der Beteiligten zu 1) und 2) veranlasst sah, die Wohnung kurzfristig wieder zu verlassen. Letztlich spricht die Aussage, der ohnehin nur Indizwert zukommen könnte, weder für noch gegen die Richtigkeit der Angaben der Beteiligten zu 1) und 2), so dass das Landgericht auf diesen Gesichtspunkt auch nicht näher eingehen musste.

Mit der Rüge, das Landgericht habe die Angaben der Beteiligten und Zeugen zu den Charakterzügen der Erblasserin und ihrer Tätigkeit bei der Arbeitsverwaltung überinterpretiert, unternehmen die weiteren Beschwerden den unzulässigen Versuch, ihre abweichende eigene tatsächliche Würdigung an diejenige des Tatgerichts zu setzen. Die Feststellungen des Landgerichts beruhen auf den im Kern übereinstimmenden Angaben der Beteiligten und Zeugen, dass die Erblasserin eine selbstbewusste, sachlich und geschäftlich orientierte Frau war, die genau wusste, was sie wollte. Die vom Landgericht hieraus gezogenen Schlussfolgerungen sind möglich, wenn nicht nahe liegend, und alleine deshalb für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht bindend.

Entsprechendes gilt bezüglich der Überlegungen des Landgerichts hinsichtlich der Art der Veränderung, die in der Tat für den Urheber der Urkunde völlig ungewöhnlich wäre. Auch diese Überlegungen sind nachvollziehbar und möglich. Insbesondere musste der Vortrag der Beteiligten zu 1) und 2), die Erblasserin habe zuletzt Schwierigkeiten beim Schreiben gehabt und oft eine Vorlage für das zu Schreibende benötigt, das Landgericht insoweit nicht zu einer anderen Würdigung drängen. Eine erneute Niederschrift des jetzt verbliebenen Textes wäre auch für eine in ihrer Feinmotorik eingeschränkte Person kaum aufwändiger gewesen, als das Herausschneiden eines asymetrischen Fensters aus dem im Übrigen intakten Blatt. Sollte die Erblasserin für die Formulierung einer erneuten Niederschrift eine Vorlage benötigt haben, so hatte sie eine solche in Form des jetzt noch existierenden Textes.

3.)

Zu Recht hat das Landgericht schließlich die Frage geprüft, ob sich unabhängig von den äußeren Mängeln der Testamentsurkunde der Wille der Erblasserin feststellen lässt, dass jedenfalls die erkennbare Regelung gelten solle. Auch diese Frage hat die Kammer rechtsfehlerfrei verneint. Insoweit hat die Kammer zutreffend darauf abgestellt, dass sich der Inhalt des Ausschnitts auch nicht ansatzweise rekonstruieren lässt, so dass unklar bleiben muss, ob der Sinn des verbliebenen Textes überhaupt von dem Testierwillen der Erblasserin getragen ist.

4.)

Zu Unrecht rügen die weiteren Beschwerden, die Kammer habe vor einer auf die Feststellungslast gestützten Entscheidung weitere Ermittlungen anstellen müssen. Richtig ist allerdings, dass das Nachlassgericht und das an seine Stelle tretende Erstbeschwerdegericht vor seiner Entscheidung alle erfolgversprechenden Ermittlungen durchzuführen hat. Die Ermittlungspflicht ist aber nicht uferlos. Vielmehr können solche Ermittlungen unterbleiben, von denen unter Berücksichtigung der bereits bekannten Tatsachen und ohne eine vorweggenommene Beweiswürdigung keine weiteren entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten sind. So liegt es hier sowohl hinsichtlich der Angaben der Beteiligten zu 3) und 4) als auch hinsichtlich der seitens der Beteiligten zu 1) und 2) benannten Zeugen.

Hinsichtlich der Angaben der Beteiligten zu 3) ist schon nicht ersichtlich, was diese über ihren schriftsätzlichen Vortrag hinaus bekunden können soll, zumal sie nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten zu der Erblasserin den geringsten Kontakt hatte. Die Beteiligte zu 4), die im Übrigen durchgängig an dem gesamten Verfahren beteiligt war, hat durch Schreiben vom 02.11.2004 zur Sache Stellung genommen und zwar im Sinne der Beteiligten zu 1) und 2). In diesem Schreiben hat sie erklärt, zu eigenen Äußerungen der Erblasserin betreffend ihre Erbfolge keine Angaben machen zu können. Dass dies falsch wäre, behaupten auch die Beteiligten zu 1) und 2) nicht. Die Frage, ob Schriftstücke aus der Hand der Erblasserin bekannt seien, die sie durch das Herausschneiden eines Teils verändert habe, hat das Landgericht allen Anwesenden, mithin auch der Beteiligten zu 4) gestellt. Auch sie hat diese Frage verneint. Auch hinsichtlich der Beteiligten zu 4) ist damit nicht ersichtlich, welche weiteren Erkenntnisse eine vertiefte Befragung hätte erbringen können.

Die seitens der Beteiligten zu 1) und 2) benannten Zeugen sollen bekunden können, dass die Erblasserin ihnen gegenüber Andeutungen gemacht habe, dass die Beteiligten zu 1) und 2) bzw. nur der Beteiligte zu 1) einmal "alles" erben würden bzw. würde. Insoweit kann unterstellt werden, dass die Zeugen dies glaubhaft bekunden würden. Auch dieses Beweisergebnis würde jedoch keine konkreten Rückschlüsse hinsichtlich der tatsächlichen Regelungsabsichten der Erblasserin ergeben. Zu Recht lässt die Beteiligte zu 3) darauf hinweisen, dass die Äußerungen gegenüber den Zeugen X und X2 im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der Erblasserin standen. Hiermit wäre also die "Einsetzung" auf das Betroffene Grundstück durchaus in Einklang zu bringen. Gegenüber dem Zeugen I soll die Erblasserin angedeutet haben, dass einmal der Beteiligte zu 1) ihr Erbe sein werde. Danach können diese Andeutung aber nicht den letzten Stand der Überlegungen der Erblasserin wiedergegeben haben. Denn aus dem vorhandenen Rest des Testaments ist immerhin ersichtlich, dass die Erblasserin eine gleichberechtigte Begünstigung beider Neffen anstrebte. Für die wesentliche Frage, ob und ggf. wie diese Begünstigung durch den fehlenden Teil der Urkunde gestaltet wurde, können die Zeugenaussagen mithin nicht hilfreich sein.

5.)

Zu Recht ist das Landgericht weiter davon ausgegangen, dass die materielle Feststellungslast hinsichtlich der Urheberschaft der Erblasserin für die Veränderung bei den Beteiligten zu 1) und 2) liegt. Derjenige, der sein Erbrecht aus einer letztwilligen Verfügung ableitet, trägt grundsätzlich die Feststellungslast hinsichtlich des gesamten Inhalts (BGH LM § 2085 BGB/Nr.1; KG a.a.O. S.1492; OLG Zweibrücken NJW-RR 1987, 1158; BayObLG RPfleger 1980, 60; DNotZ 1984, 47ff; NJW-RR 1994, 142; OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 142; RGRK-BGB, 12.Aufl., § 2255 Rdn.13; MK-Mayer, BGB, 4.Aufl., § 2359 Rdn.14; Palandt/Edenhofer, BGB, 66.Aufl., § 2255 Rdn.12). Entgegen der mit den weiteren Beschwerden vertretenen Auffassung gilt dies nicht lediglich dann, wenn die Urkunde insgesamt vernichtet oder verschwunden ist, sondern auch dann, wenn von der Unvollständigkeit derselben auszugehen ist (vgl. KG a.a.O.). Denn nach § 2359 BGB darf das Nachlassgericht den Erbschein nur erteilen, wenn es vom Vorliegen der das Erbrecht begründenden Tatsachen überzeugt ist. Zweifel, ob die Testamentsurkunde den Willen des Erblassers zutreffend wieder gibt, sind jedoch bereits dann begründet, wenn die Urkunde dem äußeren Anschein nach unvollständig ist (vgl. oben) und nicht erst dann, wenn der Urkundeninhalt überhaupt nur noch anhand sonstiger Beweismittel rekonstruiert werden kann.

a)

Zum Nachteil der Beteiligten zu 1) und 2) muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Erblasserin in ihrem Ursprungstestament weitere Regelungen getroffen hatte, die eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) und 2) in Frage stellen oder jedenfalls beeinträchtigen konnten.

b)

Eine uneingeschränkte Miterbenstellung können die Beteiligten zu 1) und 2) deshalb nur erlangt haben, wenn die Vernichtung eines ihnen möglicherweise nachteiligen Textteils von der Erblasserin vorgenommen worden ist und sie auf diese Weise ihre Verfügung teilweise widerrufen hat (§ 2255 BGB), während eine von dritter Seite erfolgte Teilvernichtung die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung nicht beeinträchtigen würde. Die materielle Feststellungslast für einen erfolgten Widerruf müssen ebenfalls die Beteiligten zu 1) und 2) tragen, weil dessen Wirksamkeit Voraussetzung des von ihnen in Anspruch genommenen Erbrechts insoweit ist, als nur dann der gesamte Testamentsinhalt feststände (vgl. OLG Zweibrücken NJWE-FER 2001, 154, 155; Senat NJW 1974, 1827; Staudinger/Baumann, BGB, Bearb. 2003, § 2255 Rdn.26).

Die Entscheidung hinsichtlich der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das vorliegende Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf der zwingenden Vorschrift des § 13a Abs.1 S.2 FGG. Dessen Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Erstbeschwerde des Rechtsvorgängers der Beteiligten zu 3) sowie des ersten Verfahrens der weiteren Beschwerde hingegen nicht vor, da diese Rechtsmittel erfolgreich waren (vgl. Senat FamRZ 1993, 823). Unter Berücksichtigung dessen ist auch der Umstand, dass die Beteiligten zu 1) und 2) in dem Verfahren als solchem letztlich unterlegen sind, kein hinreichender Grund eine Kostenerstattung auf der Grundlage des § 13a Abs.1 S.1 FGG anzuordnen. Die Beteiligten zu 1) und 2) haften für die Kostenerstattung lediglich als Teilschuldner, wobei der Senat im Hinblick auf das gleichgerichtete Interesse der Beteiligten zu 1) und 2) gleiche Haftungsanteile bestimmt hat (vgl. Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 13 a, Rdnr. 13).

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO. Zwar haben die Beteiligten zu 1) und 2) jeweils selbstständige Rechtsmittel eingelegt. Gleichwohl ist ein einheitlicher Wert festzusetzen, wenn die Rechtsmittel - wie vorliegend - dasselbe Ziel verfolgen und von ihrem Gegenstand her identisch sind (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1439). Da ein Gebührentatbestand hinsichtlich der vorhergehenden Rechtsmittel nicht erfüllt ist, war eine Wertfestsetzung insoweit entbehrlich.

Ende der Entscheidung

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