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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 08.02.2007
Aktenzeichen: 15 W 34/07
Rechtsgebiete: GmbHG, BGB


Vorschriften:

GmbHG § 65
BGB § 163
1) Beschließen die Gesellschafter einer GmbH die Auflösung der Gesellschaft und Bestellung eines der Geschäftsführers zum Liquidator unter der Befristung (§ 163 BGB), dass die Wirkungen jeweils zum 31.12. des Jahres eintreten sollen, so bewirkt dies nicht, dass die nach § 65 GmbHG erforderliche verfahrensrechtliche Anmeldung zum Handelsregister von einer Bedingung abhängig gemacht wurde und deshalb unwirksam ist.

2) Das Registergericht kann in diesen Fällen die Eintragung wegen der Regelung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Beschlussfassung erst in dem Jahr eintragen, in dem die Wirkungen der Beschlussfassung eintreten sollen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 34/07 OLG Hamm 15 W 414/06 OLG Hamm

In der Handelsregistersache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 8. Februar 2007 auf die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 27. Oktober 2006 gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster vom 19. Oktober 2006 und der weiteren Beschwerde vom 1. Februar 2007 gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster vom 9. März 2006

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Landgerichts vom 9. März 2006 wird aufgehoben.

Auf die Erstbeschwerde der Beteiligten vom 16. Januar 2006 wird der Beschluss des Amtsgerichts vom 10. Januar 2006 aufgehoben.

Das Amtsgericht wird angewiesen, die Auflösung der Gesellschaft und die Bestellung des Geschäftsführers S zum Liquidator im Handelsregister einzutragen.

Der Gegenstandswert wird für das Verfahren der ersten und der weiteren Beschwerde auf jeweils 3.000 € festgesetzt.

Damit ist die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 27. Oktober 2006 gegen den Beschluss des Landgerichts vom 19. Oktober 2006 erledigt (15 W 414/06 OLG Hamm = 22 T 8/06 LG Münster).

Gründe:

I.

Am 16.11.2005 beschloss die beteiligte Gesellschaft ihre Auflösung zum 31.12.2005 und die Bestellung eines ihrer Geschäftsführers zum Liquidator. Dies meldete der zum Liquidator bestellte Geschäftsführer der Beteiligten mit notariell beglaubigter Erklärung vom 25.11.2005 (Urkunde Nr. xxx/05) gegenüber dem Amtsgericht - Handelsregister - zur Eintragung in das Handelsregister an. Diese Urkunde sowie eine beglaubigte Kopie des Gesellschafterbeschlusses vom 16.11.2005 übersandte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 28.12.2005 an das Amtsgericht, das dort am 30.12.2005 einging. Mit Beschluss vom 10.01.2006 wies das Amtsgericht den Eintragungsantrag mit der Begründung zurück, dass die Eintragung und Anmeldung einer Tatsache, die erst in einem zukünftigen Zeitpunkt wirksam werden solle, nicht zulässig und unwirksam sei. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde wies die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster am 09.03.2006 zurück.

Auf den Antrag der Beteiligten vom 16.03.2006 sandte das Registergericht die Handelsregisteranmeldung vom 25.11.2005 (Urkunde Nr. xxx/05) nebst beglaubigter Kopie des Gesellschafterbeschlusses vom 16.11.2005 zurück.

Mit Schreiben vom 24.03.2006 überreichte der Urkundsnotar dem Handelsregister erneut seine Urkunde Nr. 421/05 vom 25.11.2005 nebst beglaubigter Kopie des Gesellschafterbeschlusses vom 16.11.2005 zum Zwecke der Eintragung der Anmeldung in das Handelsregister.

Mit Beschluss vom 01.09.2006 wies das Registergericht den Eintragungsantrag unter Bezugnahme auf seine Verfügungen vom 03.04. und 20.04.2006 zurück, in denen es beanstandet hatte, dass die erneute Antragstellung unter Bezugnahme auf die Anmeldung vom 25.11.2005 - Urkunde Nr. xxx/05 - erfolgt sei. Dies sei, so hat es ausgeführt, nicht möglich, weil die zu früh eingegangene Anmeldung unwirksam geworden sei. Daher müsse eine erneute Anmeldung in der Form der §§ 12 HGB, 129 BGB erfolgen.

Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte Beschwerde eingelegt, die das Landgericht mit Beschluss vom 19.10.2006 mit der Begründung zurückgewiesen hat, die Nachholung der Eintragung aufgrund der Anmeldung vom 25.11.2005 komme schon deshalb nicht in Betracht, weil dieser Antrag durch Beschluss des Amtsgerichts vom 10.01.2006 rechtskräftig zurückgewiesen worden sei. Die Anmeldung müsse auch deswegen neu vorgenommen werden, weil die mit Schriftsatz vom 16.03.2006 konkludent erfolgte Rücknahme der Anmeldung nach Erlass der Entscheidung des Landgerichts vom 09.03.2006 wegen Eintritts der formellen Rechtskraft nicht mehr möglich gewesen sei. Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte mit Schriftsatz vom 27.10.2006 weitere Beschwerde eingelegt.

Nach einem Hinweis des Senats, dass die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis richtig sei im Hinblick auf die dem Wesen des Instanzenzuges immanente Bindungswirkung der Entscheidung des Beschwerdegerichts vom 09.03.2006, die aber nicht mit dem Begriff der materiellen Rechtskraft verwechselt werden dürfe (vgl. hierzu Bauer/von Oefele/Budde, GBO, 2. Aufl., § 77 Rn. 26), hat die Beteiligte mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 01.02.2007 gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 09.03.2006 weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde der Beteiligten vom 01.02.2007 gegen den Beschluss des Landgerichts vom 09.03.2006 ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt worden. Sie ist als im Namen der GmbH eingelegt anzusehen, weil auch die Erstbeschwerde vom 16.01.2006 ausdrücklich in deren Namen eingelegt worden ist. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten ergibt sich daraus, dass ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann aus der bloßen Rückforderung der Anmeldung mit Schreiben des Urkundennotars vom 16.03.2006 nicht auf eine (konkludente) Rücknahme des ursprünglichen Eintragungsantrags geschlossen werden. Mag dies auch in der erkennbaren Absicht erfolgt sein, auf dem vereinfachten Weg einer wiederholten Antragstellung die begehrte Eintragung im Handelsregister herbeizuführen, so lässt sich daraus jedoch nicht die für die Feststellung einer Rücknahme als Verfahrenshandlung erforderliche eindeutige Schlussfolgerung auf einen endgültigen Verzicht auf die Weiterverfolgung des ursprünglichen Antrags ziehen, und zwar insbesondere unter Berücksichtigung der geschilderten Bindungswirkung der zurückweisenden Beschwerdeentscheidung des Landgerichts vom 09.03.2006.

Die weitere Beschwerde hat Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 FGG i.V.m. § 546 ZPO.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen unbefristeten Erstbeschwerde der Beteiligten ausgegangen. Sie war zur Einlegung der Beschwerde befugt, da sie durch die Zurückweisung ihrer Anmeldung auf Eintragung der Liquidation und eines Liquidators beschwert worden ist.

Die Sachentscheidung des Landgerichts hält einer rechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.

Das Landgericht hat sich zur Begründung seiner Entscheidung auf die Gründe der Entscheidung des Registergerichts bezogen, das der Meinung ist, die Anmeldung sei unwirksam (geworden), weil sie verfrüht bei Gericht eingegangen sei. Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Das Registergericht kann sich für seinen Standpunkt, die Anmeldung sei unwirksam, nicht auf die Entscheidungen des BayObLG vom 25.06.1992 - 3Z BR 30/92 - (DNotZ 1993, 197 = GmbHR 1992, 672) und OLG Düsseldorf vom 15.12.1999 - 3 Wx 354/99 - (FGPrax 2000, 72 = Rpfleger 2000, 218 = GmbHR 2000, 232) berufen. In dem vom BayObLG entschiedenen Fall ging es um den Antrag auf Eintragung der Bestellung eines Geschäftsführers in das Handelsregister, dem kein Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Bestellung zugrunde gelegen hatte, sowie um die Frage, ob die Anmeldung zum Handelsregister durch Bedingungen und Befristungen eingeschränkt werden kann. Auch das OLG Düsseldorf war mit einem Fall befasst, in dem es um die Anmeldung einer in der Zukunft liegenden Bestellung zum neuen Geschäftsführer einer GmbH ging, wobei die Anmeldung unter der Bedingung erfolgte, dass demnächst eine Gesellschafterversammlung stattfinde, die die angemeldete Tatsache (Geschäftsführerbestellung) erst noch schaffen sollte. Demgegenüber ist vorliegend die Anmeldung, d.h. der öffentlich beglaubigte Antrag, das Registerverfahren zum Zweck einer Eintragung einzuleiten, weder durch Bedingungen noch Befristungen eingeschränkt, was unzulässig wäre (vgl. BayObLG DNotZ 1993, 197 und OLG Düsseldorf a.a.O.; Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 11 Rn. 32 m.w.N.), noch fehlte es im Zeitpunkt der Anmeldung (25.11.2005) an einem Gesellschafterbeschluss über die Auflösung und Bestellung eines Liquidators. Der Umstand, dass in der Versammlung der Gesellschafter die Auflösung der Gesellschaft und Bestellung eines der Geschäftsführers zum Liquidator unter der Befristung (§ 163 BGB) beschlossen wurde, dass die Wirkungen jeweils zum 32.12.2005 eintreten sollten, bewirkte nicht, dass die verfahrensrechtliche Anmeldung zum Handelsregister von einer Bedingung abhängig gemacht wurde. Eine andere Frage ist, ob das Registergericht die Eintragung wegen der Regelung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Beschlussfassung erst im Januar 2006 eintragen konnte. Diese Frage hat der Senat mit Beschluss vom 20.12.2001 (15 W 378/01 - FGPrax 2002, 126 = NJW-RR 2002, 761 = NZG 2002, 425 = OLGR Hamm 2002, 291) dahin entschieden, es komme für die Entscheidung über die Anmeldung nur darauf an, ob zum Zeitpunkt der Eintragung sämtliche Eintragungsvoraussetzungen vorlägen. An dieser Auffassung hält der Senat aus den Gründen seine bereits herangezogenen Entscheidung fest. Das vom Registergericht angenommene Hindernis bestand im Zeitpunkt der Bearbeitung des Antrags am 10.01.2006 jedenfalls nicht mehr.

Die Entscheidung des Landgerichts kann daher keinen Bestand haben und ist, da sie sich auch im Ergebnis nicht als richtig erweist, aufzuheben.

Da somit dem Vollzug der Anmeldung keine durchgreifenden Hindernisse entgegenstehen, hat der Senat das Registergericht zur Eintragung der Auflösung der Gesellschaft und der Bestellung des Geschäftsführers zum Liquidator im Handelsregister angewiesen. Damit ist zugleich die Zurückweisung des wiederholten inhaltsgleichen Eintragungsantrags gegenstandslos geworden, so dass eine Sachentscheidung über die insoweit eingelegte weitere Beschwerde der Gesellschaft nicht mehr veranlasst ist.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren und das Beschwerdeverfahren war unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts gemäß § 31 Abs.1, § 131 Abs.2 , § 30 Abs.1 KostO auf jeweils 3.000 Euro festzusetzen. Es bestehen keine Gründe, vorliegend von dem Regelwert des § 30 KostO abzuweichen.

Ende der Entscheidung

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