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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.03.2007
Aktenzeichen: 15 W 340/06
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23 Abs. 4
WEG § 28 Abs. 5
WEG § 29

Entscheidung wurde am 21.06.2007 korrigiert: die Rechtsgebiete, Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein Leitsatz wurden hinzugefügt
1) Beschlüsse des Verwaltungsbeirats, die dieser aufgrund der ihm in der Teilungserklärung zugewiesenen Beschlusskompetenz über die Genehmigung der Jahresabrechung und des Wirtschaftsplans trifft, können nicht nach § 23 Abs. 4 WEG angefochten werden.

2) Ein solcher Beschluss ist nichtig, wenn die Verteilung von Kostenpositionen nicht dem in der Anlage geltenden Kostenverteilungsschlüssel entspricht.

3) Diese Nichtigkeit kann der auf den Verwaltungsbeiratsbeschluss gestützten Beitragsforderung unmittelbar entgegengesetzt werden.


Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Gerichtskosten aller Instanzen der B W- und C mbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer B V, B2 C xxx, ####1 F, auferlegt werden.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.411,62 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die zu 1) beteiligte Wohnungseigentümergemeinschaft macht, vertreten durch die Verwalterin der Anlage, gegen die Beteiligten zu 2) Wohngeldansprüche aufgrund der Jahresabrechnungen für die Jahre 2002 und 2003 sowie des Wirtschaftsplans für das Jahr 2004 geltend.

Die genannten Jahresabrechnungen und der Wirtschaftsplan sind in der Sitzung des Verwaltungsbeirates vom 02., 10. und 17.11.2004 unter Hinweis auf die Bestimmungen der Teilungserklärung beschlossen worden. Die Verwaltergebühren sind in den beiden Jahresabrechnungen nach Wohneinheiten und im Wirtschaftplan nach Wohnfläche umgelegt worden. Die übrigen Kosten sind in den Abrechnungen nach Quadratmetern umgelegt worden, wobei als Anteil der Beteiligten zu 2) durchgehend 69,62 qm angegeben werden, während als Gesamtfläche teilweise 1690,65 qm und teilweise von 1825,65 qm zugrunde gelegt werden.

In der für die Gemeinschaft maßgeblichen Teilungserklärung vom 13.09.1989 (Urkunde Nr. xxx des Notars X X2 als amtlich bestellten Vertreter des Notars D-Q C3 in F) heißt es in § 14 auszugsweise:

1. die Wohnungseigentümer sind im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile an den Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums beteiligt und in dem gleichen Verhältnis verpflichtet, die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen.

2. Zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums gehören insbesondere a) die auf das Grundstück und das Gebäude entfallenden öffentlichen Abgaben, Steuern und Gebühren, b) Versicherungskosten, c) Betriebskosten (z.B. die Kosten für die Beleuchtung der gemeinschaftlichen Teile des Gebäudes), d) Verwaltungskosten e) Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung f) die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage, g) Kosten der Gemeinschaftsantenne und der gemeinschaftlichen Wascheinrichtung. ...

4. Der Instandhaltungsrücklage sind jährlich mindestens DM 5,-- je qm der Nutzfläche zuzuführen. Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, den der Wohnfläche seiner Wohnung entsprechenden Betrag der Instandhaltungsrücklage zu leisten. ...

5. Die Heizungskosten werden gesondert nach dem gesamten tatsächlichen Verbrauchs- und Wartungsaufwand abgerechnet und auf der Grundlage der Wohnflächen unter Berücksichtigung vorhandener Verbraucherzähler umgelegt. ...

8. Der Verwalter hat jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen und nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung vorzulegen. Über den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung beschließt der Verwaltungsbeirat durch Stimmenmehrheit. Für die Berechnung von Umlagen, die nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen aufgeschlüsselt werden, ist die Ausstellung der Flächengröße, wie sie in der Anlage zu dieser Teilungserklärung festgestellt sind, verbindlich.

Die Antragstellerin fordert von den Antragsgegnern

- aus der Abrechnung 2002 den errechneten anteiligen Betrag von 1840 €,

- aus der Abrechnung 2003 den errechneten anteiligen Betrag von 2.468 € abzüglich gezahlter 1.200 € = 1263 € sowie

- aus dem Wirtschaftsplan 2004 den errechneten anteiligen Betrag von 2.687,09 € abzüglich der Verwaltergebühren für die Monate Januar bis März 2004 in Höhe von 895,72 € = 1791,37 €.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, an sie zu Händen der B V W- und c GmbH 2.411,62 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2004 zu zahlen.

Die Antragsgegner haben beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie sind der Auffassung, die B V W- und c mbH sei nicht mehr Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage, da sie bestandskräftig am 18.12.2003 abgewählt worden sei, so dass sie nicht verpflichtet seien, zu Händen dieser ehemaligen Verwalterin Wohngelder zu zahlen. Sie hätten daher das Wohngeld an die neue Verwalterin T überwiesen. Im Übrigen seien die von der V W- und C mbH vorgelegten Jahresabrechnungen 2002 und 2003 sowie der Wirtschaftplan 2004 fehlerhaft. Unrichtig seien der Abrechnungsschlüssel sowie die Positionen Strom, Wassergeld, Schmutzwasser, Müllabfuhr, Raumkosten, Porto/Kopien, Wartungskosten, Hausmeisterkosten, Verwaltungsbeiratsgebühren und Rechtskosten.

Mit Beschluss vom 01.02.2006 hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Antragstellerin rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie den erstinstanzlich gestellten Antrag weiterverfolgt hat.

Das Landgericht hat mit den Beteiligten am 30.06.2006 mündlich verhandelt und die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 22.08.2006 zurückgewiesen. Gegen den am 12.09.2006 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der sofortigen weiteren Beschwerde, die sie am 20.09.2006 zu Protokoll der Rechtspflegerin beim Amtsgericht Essen-Borbeck eingelegt hat.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 FGG.

Es kann hier dahinstehen, ob die V W- und C mbH am 01.04.2004 wirksam erneut zur Verwalterin bestellt worden und als solche daher berechtigt ist, namens der insoweit rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. hierzu BGHZ 163, 154 = NJW 2005, 2061) rückständige Wohngelder gerichtlich geltend zu machen und Zahlungen der Wohngelder an sich zu verlangen. Denn der von ihr geltend gemachte Zahlungsanspruch besteht nicht und die Gemeinschaft ist auch nicht verpflichtet, die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass auf die Beschlüsse des Verwaltungsbeirats vom 02., 10. und 17.11.2004 die Zahlungsansprüche nicht gestützt werden können.

Zwar haben die Beschlüsse des Verwaltungsbeirats in der vorliegenden Wohnungseigentumsanlage aufgrund der Bestimmung in § 14 Nr. 8 der Teilungserklärung Außenwirkung (vgl. hierzu Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 29 Rn. 47; Staudinger/Bub, WEG (2005), § 29 WEG Rn. 135a), soweit es die Genehmigung der Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne betrifft. Durch diese Regelung ist § 28 Abs. 5 WEG abbedungen, wonach über den Wirtschaftsplan und die Abrechnung die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschließen hätte.

Jedoch verstoßen die Beschlüsse des Verwaltungsbeirats gegen die Bestimmungen der Teilungserklärung über die Verteilung der Kosten.

Die Auslegung der Teilungserklärung unterliegt, da sie den Inhalt des im Grundbuch eingetragenen Sondereigentums bestimmt, der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Für die Auslegung maßgebend sind dabei, wovon auch das Landgericht ausgegangen ist, allein der Wortlaut der Eintragung und ihr Sinn, wie sie sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergeben; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGHZ 139, 288 = NJW 1998, 3713, 3714). Es kommt daher nicht darauf an, welche vom objektiven Wortlaut abweichenden subjektiven Vorstellungen die an der Teilungserklärung Beteiligten hatten, da ein unbefangener Dritter diese nicht kennt daher auf das objektiv Erklärte vertrauen darf und muss.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich in der Teilungserklärung kein objektiver Anhaltspunkt für die von der V W- und C vertretene Auffassung finden, wonach die Kosten wahlweise nach Quadratmetern abgerechnet werden dürfen.

Nach § 14 Nr. 1 der Teilungserklärung sind die Kosten der Gemeinschaft grundsätzlich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile umzulegen. Hiervon macht § 14 der Teilungserklärung nur zwei Ausnahmen für die Berechnung der Umlagen, die nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen aufgeschlüsselt werden. Nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen sollten sich nach § 14 Nr. 4 und 5 der Teilungserklärung nur die Heizkosten und der Betrag richten, der zur Instandhaltungsrücklage zu leisten ist.

Da sich die Ausnahmeregelung in § 14 Nr. 4 und 5 der Teilungserklärung ausschließlich auf die Umlegung dieser beiden Kostenpositionen bezieht, verstoßen die vorgelegten Jahresabrechnungen 2002 und 2003, die keine Beiträge zu den Heizkosten und zur Instandhaltungsrücklage ausweisen, gegen die Teilungserklärung, weil sie als Umlageschlüssel die Wohn- und Nutzflächen sowie für die Verwaltergebühren jedes Objekt zugrunde legen.

Da die Beschlüsse eines Verwaltungsbeirats nicht angefochten werden können, haben sie nicht dieselbe Wirkung, die das Gesetz einem Beschluss der Wohnungseigentümer beimisst, der grundsätzlich nur dann ungültig ist, wenn er vom Gericht im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG für ungültig erklärt worden ist. Daher sind Verwaltungsbeiratsbeschlüsse, die gegen das Gesetz oder Beschlüsse der Wohnungseigentümer oder, wie hier, die Gemeinschaftsordnung verstoßen, nichtig (Bärmann/Pick/Merle, a.a.O.; Staudinger/Bub, a.a.O.).

Auch der Wirtschaftsplan 2004 verstößt, soweit er sich nicht auf die Heizkosten und die Instandhaltungsrücklage bezieht, aus den dargelegten Gründen gegen die Teilungserklärung und ist daher nichtig. Zwar weist der Wirtschaftsplan 2004 auch eine Instandhaltungsrücklage auf und legt diese zutreffend nach der Quadratmeterzahl der Wohnflächen um. Gleichwohl kann der Wirtschaftsplan nicht Grundlage dafür sein, gegen die Beteiligten zu 2) die Wohngeldvorauszahlungen für das gesamte Wirtschaftjahr 2004 zu erheben. Zweck eines Wirtschaftsplans ist es, alle voraussichtlich entstehenden Kosten der Gemeinschaft zu ermitteln und Grundlage für die Einziehung der von den einzelnen Wohnungseigentümer anteilig zu entrichtenden monatlichen Lasten- und Kostenbeiträge zu bilden. Ein Wirtschaftsplan, in dem aber nur eine von 16 vorausgeplanten Kostenpositionen nach einem zutreffenden Verteilungsschlüssel umgelegt worden ist, verfehlt diesen Zweck und entspricht daher insgesamt nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung i.S.d. § 21 WEG. Er ist insgesamt nichtig und kann daher nicht Grundlage für die Vorschussanforderungen der Gemeinschaft gegen die einzelnen Wohnungseigentümer sein.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten nach § 47 Satz 1 WEG entspricht billigem Ermessen, weil die V W- und C mbH das Verfahren schuldhaft veranlasst hat. Bei der zu treffenden Billigkeitsentscheidung darf berücksichtigt werden, dass ein Verwalter den Anfall der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten wegen Verletzung seiner Vertragspflichten gem. §§ 675 , 276 BGB zu vertreten hat (vgl. BGHZ 111, 148, 153 = NJW 1990, 2386; NJW 1998, 755; BayObLGZ 1975, 369, 371; 1988, 287, 293; FGPrax 2003, 24 = NJW-RR 2003, 301; KG, OLGZ 1989, 174, 178f. = NJW-RR 1989, 329; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 47 Rn. 5 und 6) und deswegen nach materiellem Recht kostenerstattungspflichtig ist. So liegen die Dinge hier, weil die V W- und C mbH durch ihre Antragstellung wie auch das Betreiben des vorliegenden Verfahrens durch alle Instanzen eindeutig gegen ihre Pflichten als gewerblich tätige Verwalterin verstoßen hat. Insbesondere gehört es zu den Verwalterpflichten, den Wohnungseigentümern unnötige Kosten eines vermeidbaren Verfahrens nach dem WEG zu ersparen (BGH NJW 1998, 755). Die von ihr im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemachten Ansprüche sind wegen fehlerhafter Anwendung des Verteilungsschlüssels offensichtlich unbegründet. Dies musste der V W- und C mbH bekannt sein. Sie hat aber das Verfahren selbst dann noch fortgeführt, als die Beteiligten zu 2) in erster Instanz mit Schreiben vom 22.11.2005 auf den falsch angewandten Verteilungsschlüssel hingewiesen haben. Wenn die V W- und C mbH gleichwohl in unbelehrbarer Weise mit einem Verfahren durch drei Instanzen ihre unhaltbare abweichende Rechtsauffassung durchsetzen will, entspricht es der Billigkeit, dass sie die dadurch veranlassten gerichtlichen Kosten allein zu tragen hat. Dementsprechend hat der Senat gleichzeitig die Kostenentscheidungen des Amts- und Landgerichts abgeändert, die die Gerichtskosten der Wohnungseigentümergemeinschaft auferlegt haben. So zu entscheiden ist der Senat durch das Verbot der Schlechterstellung des Beschwerdeführers im Rechtsmittelverfahren nicht gehindert, weil dieses sich nach anerkannter Auffassung nicht auf die Kostenentscheidung erstreckt (vgl. Keidel/Kahl, FG, 15. Aufl., § 19, Rn. 116 m.w.N.).

Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach § 47 Satz 2 WEG ist nicht veranlasst.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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