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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.09.2007
Aktenzeichen: 15 W 358/06
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 242
WEG n.F. § 10 Abs. 2 S. 3
1) Der Anspruch eines Miteigentümers auf Änderung des Kostenverteilungsschlüssels beurteilt sich ausschließlich nach § 242 BGB, wenn zwar die Teilungserklärung eine Öffnungsklausel enthält, die Eigentümerversammlung jedoch unter Geltung des bisherigen Rechts eine Änderung dieses Schlüssels abgelehnt hat und dieser Beschluss im Anfechtungsverfahren zu überprüfen ist.

2) Die erleichterten Kriterien, unter denen nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG n.F. ein Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung besteht, sind inhaltlich auch dann anzuwenden, wenn die Teilungserklärung durch eine Öffnungsklausel der Eigentümerversammlung eine entsprechende Beschlusskompetenz einräumt.

3) In einem solchen Fall beschränkt sich der Anspruch eines Miteigentümers nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung darauf, dass die Eigentümerversammlung sich unter den geänderten rechtlichen Voraussetzungen erneut mit der Angelegenheit befasst und eine Entscheidung über das Ob und das Wie einer Änderung des Kostenverteilungsschlüssels trifft. Erst danach kann das Gericht angerufen werden.


Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Gegenstandswert wird auf 1.600 € festgesetzt.

Gründe:

I.)

Die Beteiligten bilden die o.a. Eigentümergemeinschaft. Die Anlage besteht neben zahlreichen Eigentumswohnungen aus zwei als Ladenlokalen bezeichneten Gewerbeeinheiten. Die Beteiligte ist Eigentümerin eines Ladenlokals.

Die Teilungserklärung bestimmt in § 13, dass die Eigentümer alle Betriebskosten gemeinsam nach Maßgabe der jeweiligen Fläche zu tragen haben. Abs.4 enthält eine sog. Öffnungsklausel dahingehend, dass die Umlagen durch Mehrheitsbeschluss geändert werden können.

Die Gewerbeeinheiten verfügen über gesonderte Kaltwasserzähler, deren Eigentümer über eigene Bezugsverträge mit dem Versorgungsträger. Seit den 70er Jahren wurden die Abwasserkosten, wobei die damalige Beschlusslage nicht mehr sicher nachvollziehbar ist, nach Miteigentumsanteilen umgelegt. Nachdem die Abwasserkosten stetig stiegen, wurde für die Beteiligte zu 1) merklich, dass eine Abrechnung nach dem Maßstab des Frischwasserverbrauches wesentlich günstiger für sie wäre. Nachdem die Gewerbeeinheit der Beteiligten zu 1) neu an einen Betrieb mit einem geringen Frischwasserverbrauch vermietet wurde, betrug ihr Kostenanteil an den Abwasserkosten ein Vielfaches des Betrages, der bei einer Umlage allein nach dem Frischwasserbrauch der Gewerbeeinheit angefallen wäre. In Reaktion auf ein von der Beteiligten zu 1) -letztlich erfolglos- angestrengtes Gerichtsverfahren beschloss die Gemeinschaft in der Eigentümerversammlung vom 16.10.2003 den Kostenverteilungsschlüssel wieder auf die Wohn-/Nutzfläche umzustellen mit einer Modifikation hinsichtlich der Instandsetzungskosten für die vorhandenen Garagen. Zuvor hatte die Beteiligte zu 1) die Umstellung der Abrechnung der Abwasserkosten ihrer Einheit auf den Maßstab des Frischwasserverbrauchs beantragte. Die Umlage nach den Wohn-/Nutzflächen war der Beteiligten zu 1), deren Einheit ein überproportional hoher Miteigentumsanteil zugeordnet ist, günstig, änderte aber nichts daran, dass ihr Kostenanteil an den Abwasserkosten immer noch ein Vielfaches des Betrages betrug, der bei einer Umlage allein nach dem Frischwasserbrauch der Gewerbeeinheit angefallen wäre.

Zur Eigentümerversammlung vom 18.03.2005 beantragte die Beteiligte zu 1) abermals, die Abwasserkosten hinsichtlich ihrer Gewerbeeinheit nach Verbrauch abzurechnen. Die Eigentümerversammlung beschloss mehrheitlich, die Abrechnung im Wesentlichen, insbesondere auch hinsichtlich der Abwasserkosten, weiterhin nach den Flächenanteilen vorzunehmen. Diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1) vorliegend angefochten, soweit über die Verteilung der Abwasserkosten entschieden worden ist. Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen, das Landgericht ihre gegen die amtsgerichtliche Entscheidung gerichtete sofortige Beschwerde. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.)

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs.1, 43 Abs.1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.

Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die sofortige weitere Beschwerde unbegründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs.1 FGG.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen. Auch in der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.

In der vorliegenden Form kann der Anfechtungsantrag der Beteiligten zu 1) allerdings schon deshalb keinen Erfolg haben, da es ihr an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis mangelt. Die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 18.03.2005 würde nämlich an der maßgebenden Beschlusslage der Gemeinschaft nichts ändern, da die Abwasserkosten dann aufgrund des Eigentümerbeschlusses vom 16.10.2003 auch weiterhin nach Wohn-/Nutzfläche umzulegen wären. Es entspricht jedoch einhelliger Auffassung, dass für die Anfechtung eines sog. Zweitbeschlusses kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn der inhaltsgleiche Erstbeschluss bestandskräftig ist (vgl. etwa BGHZ 127, 99ff = NJW 1994, 3230).

Die Frage, ob die Vorinstanzen es verfahrensfehlerhaft versäumt haben, die Beteiligten zu 1) auf diesen Gesichtspunkt hinzuweisen und ihr Gelegenheit zur Anpassung ihres Antrags zu geben (§§ 12 FGG, 139 ZPO) kann indes dahinstehen, da sich die Entscheidungen im Ergebnis auch dann als richtig erweisen, wenn man entsprechend angepasste Gestaltungs- oder Leistungsanträge unterstellt. Zu Recht haben die Vorinstanzen auf der Grundlage des bis zum 01.07.2007 geltenden Rechts nämlich einen Anspruch der Beteiligten zu 1) auf Abänderung des Verteilungsschlüssels für die Abwasserkosten verneint (1). Einer Zurückverweisung der Sache im Hinblick auf die zum 01.07.2007 eingetretene Rechtsänderung bedarf es nicht, da für einen hierauf gestützten Verpflichtungs- oder Gestaltungsantrag der Beteiligten zu 1) gegenwärtig das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde (2).

(1)

Nach Auffassung des Senats spricht viel dafür, dass einem Abänderungsverlangen der Beteiligten zu 1) bereits die Bestandskraft des Eigentümerbeschlusses vom 16.10.2003 entgegensteht. Denn durch diesen Beschluss hat die Gemeinschaft nicht lediglich den Kostenverteilungsschlüssel festgelegt, sondern auch das vorhergehende Abänderungsbegehren der Beteiligten zu 1) beschieden. Bei einem derartigen Verständnis könnte die Beteiligte zu 1) ein erneutes Abänderungsbegehren von vorneherein erfolgreich nur auf eine seit dem Erstbeschluss veränderte Sach- und Rechtslage stützen.

Die Frage bedarf allerdings keiner abschließenden Entscheidung, da sich an dem Ergebnis auch dann nichts ändert, wenn man den Erstbeschluss nicht als Entscheidung über das Abänderungsbegehren auffasst. Auch wenn die Bestimmung des Kostenverteilungsschlüssels wie vorliegend nämlich durch eine so genannte Öffnungsklausel der Beschlussfassung der Gemeinschaft zugänglich war, bestand bis zur Reform des WEG zum 01.07.2007 ein Anspruch auf eine abändernde Beschlussfassung nicht schon dann, wenn diese möglicherweise ein Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung war, sondern nur nach Maßgabe des § 242 BGB (BGH NJW 2003, 3476, 3479; BayObLG NJW-RR 1989, 1165; NJW-RR 1994, 658, 659; Staudinger/Bub, BGB, 13.Bearb., § 21 WEG Rdn.112). Ein Anspruch auf eine abändernde Beschlussfassung setzte danach grundsätzlich voraus, dass das Festhalten an den beschlossenen Abrechnungsmaßstäben eine grobe Unbilligkeit darstellte, was sich nicht generell, sondern nur im Einzelfall feststellen ließ (BGH NJW 2003, 3476, 3479). Dies folgt daraus, dass der insoweit grundsätzlich bestehende Anspruch auf Einhaltung der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 21 Abs.4 WEG) durch den Inhalt des bestandskräftigen Erstbeschlusses verbindlich gestaltet wurde, was sich letztlich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 21 Abs.4 WEG ergibt ("die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht"). Die insoweit geltenden Wertungsmaßstäbe waren damit letztlich nicht anders als bei der Prüfung der Frage, ob ein Anspruch auf Abänderung eines vereinbarten Verteilungsschlüssels besteht (BGH a.a.O.).

Nach der überkommenen Rechtsprechung stand dabei der Gesichtspunkt im Vordergrund, jeder Wohnungseigentümer solle sich darauf verlassen können, dass das einmal Beschlossene grundsätzlich weiterhin Geltung hat und alle bindet; außerdem sei jeder Wohnungseigentümer in der Regel bei Erwerb der Wohnung in der Lage, sich über den geltenden Kostenverteilungsschlüssel zu informieren und sich darauf einzustellen (vgl. BGH a.a.O.; BGH NJW 2004, 3413, 3414; BayObLG NZM 2001, 290 = ZMR 2001, 473; NJW-RR 1995, 529; NJW-RR 1992, 342, 343 = BayObLGZ 1991, 396, 397ff.; NJW-RR 1987, 715; OLG Düsseldorf FGPrax 2001, 101f.; OLG Frankfurt NZM 2001, 140; OLG Zweibrücken WE 1999,192,193; OLG Köln FGPrax 1995,105; KG NJW-RR 1991, 1169,1170; Senat ZMR 2003, 286).

Der zuletzt genannte Gesichtspunkt ist zwar auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar, jedoch haben die Vorinstanzen hier, also hinsichtlich der wechselseitigen Erwartungen und Handlungsmöglichkeiten, zutreffend darauf abgestellt, dass die Beteiligte zu 1) es in der Hand hatte, den in 2003 beschlossenen Verteilungsschlüssel, der im Übrigen schon ein gewisses Eingehen auf ihre konkrete Situation beinhaltete, einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Dass sie dies nicht getan hat, begründet eine Vertrauensposition der Eigentümermehrheit, die vielleicht nicht ausschlaggebend, aber im Rahmen der nach § 242 BGB gebotenen Gesamtwürdigung durchaus zu berücksichtigen ist.

Eine gerichtliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels kam nach Maßgabe der bisherigen Rechtslage insbesondere dann in Betracht, wenn sich die Regelung in der Teilungserklärung bzw. die beschlossene Regelung im Zusammenleben der Wohnungseigentümer als von Anfang an verfehlt oder unzweckmäßig erweist, etwa weil sie zu wenig auf die Besonderheiten der jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaft abgestimmt ist (vgl. Senat FGPrax 1996, 176, 177; KG NJW-RR 1991, 1169, 1170). Dabei war die Frage der groben Unbilligkeit des Kostenverteilungsschlüssels insbesondere danach zu beurteilen, ob die auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Kosten in einem vertretbaren Verhältnis zu den durch sein Wohnungs- bzw. Teileigentum verursachten Kosten stehen, wobei es aber maßgebend auf die Wohn- und Nutzfläche ankommt (BayObLG NJW-RR 1992, 342, 343; Staudinger/Bub, BGB, 12. Bearb., § 16 WEG Rdnr. 270).

Schon hieraus ergibt sich hinsichtlich des bis zum 01.07.2007 geltenden Rechtszustandes, dass der durch Gemeinschaft beschlossene Kostenverteilungsschlüssel der Wohn- und Nutzflächen nicht generell ungeeignet war. Insoweit musste das Landgericht nicht wesentlich auf die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Mehrbelastung eingehen. Diese war und ist primär Folge der gegenwärtigen konkreten Nutzung. Da die konkrete Nutzung jedoch grundsätzlich in den Risikobereich des jeweiligen Sondereigentümers fällt, kam es hierauf nicht entscheidend an. Im Rahmen der notwendigen Abwägung kam es vielmehr darauf an, ob der Kostenverteilungsschlüssel generell ungeeignet erscheint.

Dem konnte die Beteiligte zu 1) auch nicht erfolgreich entgegen halten, dass eine verbrauchsabhängige Abrechnung ohne weiteres möglich sei. Vorab ist dabei darauf hinzuweisen, dass die Berechnung der Abwasserkosten nach dem Frischwasserverbrauch keine wirklich verbrauchsabhängige Abrechnung ist, sondern lediglich eine verbrauchsorientierte. Weiter wäre eine solche ohne weitere technische Maßnahmen hier nur hinsichtlich der beiden Ladenlokale, nicht hingegen hinsichtlich aller Sondereigentumseinheiten möglich. Ein solcher gespaltener Abrechnungsmodus musste aus Sicht der Gemeinschaft jedoch schon deshalb kein Gebot der Billigkeit sein, weil in dessen Folge der Allgemeinverbrauch entweder allein von den Wohnungseigentümer zu tragen wäre oder durch eine zweifelhafte Schätzung herausgerechnet werden müsste, in deren Folge die Wohnungseigentümer immer noch das Risiko eines erhöhten Allgemeinverbrauchs zu tragen hätten, wie er etwa durch Reparaturarbeiten im Gemeinschaftseigentum oder unvorhergesehene Systemverluste entstehen kann. Die im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens geäußerte Ansicht der Beteiligten zu 1), sie sei an den Kosten des im Gemeinschaftseigentums anfallenden Allgemeinverbrauchs nicht zu beteiligen, ist rechtlich nicht nachvollziehbar.

(2)

Nach Maßgabe des bis zum 01.07.2007 geltenden Rechtszustands haben die Vorinstanzen einen Abänderungsanspruch der Beteiligten zu 1) danach rechtsfehlerfrei verneint. Das am 01.07.2007 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze führt bezogen auf das vorliegende Verfahren zu keinem anderen Ergebnis.

Allerdings dürfte für die Beurteilung eines Abänderungsanspruchs der Beteiligten zu 1) seit dem 01.07.2007 ein anderer Maßstab gelten. Durch § 10 Abs.2 S.3 WEG n.F. ist ein Anspruch auf Änderung von Vereinbarungen begründet worden, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrs. 16/887 S.18) hatte der Gesetzgeber hierbei insbesondere die Änderung von Kostenverteilungsschlüsseln im Auge. Das erklärte Ziel des Gesetzgebers war es hierbei, die durch die Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätzen zu einem Abänderungsanspruch zwar strukturell zu übernehmen, die Anforderungen der Rechtsprechung an einen solchen Anspruch jedoch in dem Sinne zu verschieben, dass ein Anspruch unter weniger strengen Bedingungen bestehen sollte. Insbesondere sollte dabei individuellen Nachteilen stärkeres Gewicht eingeräumt werden (BTDrs. 16/887 S.19), die im Rahmen des § 242 BGB im Hinblick auf das durch den Einzelnen zu tragende Nutzungsrisiko bislang von nachrangiger Bedeutung waren.

Dabei bezieht sich die Regelung des § 10 Abs.2 S.3 WEG zwar unmittelbar nur auf einen Anspruch betr. die Abänderung einer Vereinbarung, etwa eines vereinbarten oder in der Teilungserklärung festgelegten Kostenverteilungsschlüssels. Nach Auffassung des Senats ergeben sich hieraus jedoch inhaltlich gleiche Auswirkungen auf einen möglichen Anspruch auf Abänderung eines beschlossenen Kostenverteilungsschlüssels. Dies ergibt sich auf folgenden Überlegungen:

Der Gesetzgeber hat durch § 16 Abs.3 WEG n.F. gerade den Bereich der Kostenverteilung innerhalb der Gemeinschaft abweichend von der bisherigen Gesetzeslage dem Mehrheitsprinzip zugänglich gemacht. Danach besteht nunmehr auch beim Fehlen einer Öffnungsklausel ein Anspruch auf eine den Kostenverteilungsschlüssel abändernde Beschlussfassung, wenn allein eine derartige Beschlussfassung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs.4 WEG) entspricht. Trotz dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber die Regelung des § 10 Abs.2 S.3 WEG n.F. für erforderlich gehalten, um der Ansicht vorzubeugen, der Maßstab für eine derartigen, auf § 21 Abs.4 i.V.m. § 16 Abs.3 WEG n.F. gestützten Abänderungsanspruch sei allein § 242 BGB zu entnehmen (BTDrs. 16/887 S.20). Hieraus ergibt sich nach Auffassung des Senats, dass der Gesetzgeber in Anknüpfung an die Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2003, 3476) als selbstverständlich davon ausgegangen ist, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs auf Abänderung einer beschlossenen Regelung weitgehend denen eines Anspruchs auf Änderung einer vereinbarten Regelung entsprechen bzw. entsprechen sollten, auch da das Vertrauen auf den Bestand einer beschlossenen Regelung jedenfalls nicht schutzwürdiger sein kann als dasjenige in den Bestand einer Vereinbarung.

Auch wenn demnach davon auszugehen ist, dass die Voraussetzungen eines Abänderungsanspruch seit dem 01.07.2007 auch in Fällen eines aufgrund einer Öffnungsklausel beschlossenen Kostenverteilungsschlüssels nicht mehr § 242 BGB, sondern § 10 Abs.2 S.3 WEG n.F. zu entnehmen sind, kann die sofortige weitere Beschwerde keinen Erfolg haben.

Auf die von der Beteiligten zu 1) primär angestrebte Kostenverteilung dergestalt, dass der Anteil der Gewerbeeinheiten an den Abwasserkosten entsprechend ihrem tatsächlichen Frischwasserverbrauch zunächst von den Gesamtkosten abgezogen und der Rest nach Wohnfläche auf die Wohneinheiten verteilt wird, besteht nach den Maßstäben des § 10 Abs.2 S.3 WEG kein Anspruch, da diese Verfahrensweise schon aus den o.a. Gründen mit Rücksicht auf die Problematik der Allgemeinkosten nicht dem Interesse aller Miteigentümer entsprechen würde.

Im Übrigen sind bisher getroffenen Feststellungen für eine Beurteilung, inwieweit nach dem Maßstab des § 10 Abs.2 S.3 WEG die Umstellung der Kostenverteilung für die Abwassergebühren geboten erscheint, nicht hinreichend. Anders als nach der zuvor geltenden Rechtslage wird die Gemeinschaft nunmehr die überproportionale Belastung der Beteiligten zu 1), mag diese auch nur die Folge der gegenwärtigen Nutzung sein, zum Anlass nehmen müssen, konkret zu überprüfen, ob diesem Problem unter Berücksichtigung der Interessen aller Miteigentümer durch die Umstellung auf eine verbrauchsorientierte Abrechnung abgeholfen werden kann. Es wird insoweit insbesondere darauf ankommen,

- welcher Anteil dieser Kosten tatsächlich verbrauchsorientiert berechnet wird,

- welchen bautechnischen Aufwand die Gemeinschaft betreiben und welche Kosten sie aufbringen müsste, um die verbrauchsabhängigen Anteile der Abwasserkosten nach dem Frischwasserbrauch umlegen zu können,

- ob -abhängig von den in Betracht zu ziehenden technischen Lösungen- ein Einspareffekt (inklusive der Frischwasserkosten) zu erwarten ist, der die einzusetzenden Kosten als wirtschaftlich vertretbar erscheinen lässt.

Es besteht jedoch kein Anlass, die Sache zur Klärung dieser Fragen an das Landgericht zurückzuverweisen. Zwar ist die Rechtslage durch das Rechtsbeschwerdegericht nach Maßgabe der aktuellen Gesetzeslage zu beurteilen, auch wenn diese durch das Landgericht noch nicht berücksichtigt werden konnte (vgl. BGH NJW 1993, 2241). Dies ändert aber nichts daran, dass sich die Rechtmäßigkeit eines Eigentümerbeschlusses materiell nach der Sach- und Rechtslage beurteilt, die zur Zeit der Beschlussfassung vorlag (OLG Köln NZM 2007, 603; Bergerhoff NZM 2007, 553, 554). Dementsprechend könnte aus den o.a. Gründen der durch die Beteiligte zu 1) angefochtene Eigentümerbeschluss, selbst wenn es sich um einen Erstbeschluss handeln würde, nicht für ungültig erklärt werden. Der Beteiligten zu 1) steht daher ab dem 01.07.2007 ein Anspruch darauf zu, dass sich die Eigentümergemeinschaft unter anderen rechtlichen Vorzeichen erneut mit der Angelegenheit befasst und ggf. -nach Einholung fachlichen Rats zu den o.a. Fragestellungen- erneut über eine Umstellung auf eine verbrauchsabhängige Abrechnung entscheidet.

Einem das Ergebnis dieser Meinungsbildung vorwegnehmenden Verpflichtungs- oder Gestaltungsantrag der Beteiligten würde gegenwärtig aber das notwendige Rechtsschutzbedürfnis fehlen, so dass es keiner Zurückverweisung bedarf, um ihr Gelegenheit zu einer Umstellung Ihres Antrags zu geben. Einem Antrag, der auf die Ersetzung einer grundsätzlich durch die Eigentümergemeinschaft vorzunehmenden Regelung abzielt, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Eigentümergemeinschaft nicht zuvor mit dem Thema befasst worden ist (OLG Köln a.a.O.; Staudinger/Wenzel, a.a.O., Vor §§ 43ff WEG Rdn.61 m.w.N.). Dies muss nach Auffassung des Senats auch dann gelten, wenn wie hier eine grundlegende Änderung der Rechtslage durch eine Gesetzesänderung eingetreten ist (für den Fall einer veränderten Sachlage OLG Köln a.a.O.). Eine Befassung der Gemeinschaft mit der angestrebten Regelung ist nur dann unzumutbar und damit entbehrlich, wenn auch ohne eine solche feststeht, dass eine positive Entschließung der Gemeinschaft nicht zu erreichen ist. Dies lässt sich hier nicht feststellen. Die Gemeinschaft ist mit ihren Beschlüssen bereits auf die Belange der Beteiligten zu 1) eingegangen, wenn auch nicht in dem von ihr gewünschten Umfang, und hat sich hierbei bemüht, die Hinweise des Amtsgerichts umzusetzen. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Gemeinschaft den Konsequenzen einer geänderten Rechtslage verschließen wird, wenn denn die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Abänderungsanspruch vorliegen.

Da die sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg bleibt, entspricht es der Billigkeit, dass die Beteiligte zu 1) die Gerichtskosten des Verfahrens trägt, § 47 S.1 WEG. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung letztlich auf einem schwierigen Abwägungsprozess beruht, sieht der Senat hingegen keinen hinreichenden Anlass von dem Grundsatz abzuweichen, dass im Verfahren nach dem WEG jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 48 Abs.3 WEG.

Ende der Entscheidung

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