Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 25.10.2007
Aktenzeichen: 15 W 362/06
Rechtsgebiete: KostO, GBO


Vorschriften:

KostO § 14 Abs. 7 S. 1
KostO § 14 Abs. 9
KostO § 19
KostO § 19 Abs. 2
KostO § 20 Abs. 1
KostO § 30
KostO § 60 Abs. 1
KostO § 60 Abs. 4
KostO § 67
KostO § 67 Abs. 1
GBO § 29
GBO § 82 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
15 W 361/06 15 W 362/06

Tenor:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel werden der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Grundbuchsamts vom 04.08.2006 teilweise aufgehoben.

Auf die Erinnerungen der Beteiligten zu 1) und 2) vom 31.07.2006 werden die Kostenansätze des Grundbuchamtes vom 21.07.2006 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1) zu Rechnungs-Nr. 1000015572, Kostenschuldner: Beteiligter zu 1)

Gebühr (1/4) für die Eintragung einer Namensberichtigung gem. §§ 67, 30 KostOWert: 500.000,00 € 201,75 Euro

Davon zu zahlender Anteil von 1/3 67,25 Euro

2) zu Rechnungs-Nr. 1000015573, Kostenschuldner: Beteiligter zu 2)

Gebühr (1/4) für die Eintragung einer Namensberichtigung gem. §§ 67, 30 KostOWert: 500.000,00 € 201,75 Euro

Davon zu zahlender Anteil von 1/3 67,25 Euro

Die weitergehenden Erinnerungen der Beteiligten zu 1) und 2) werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In dem o.a. Grundbuch waren zunächst als Eigentümer eingetragen Herr T und Herr K in Gesellschaft bürgerlichen Rechts. In diese Gesellschaft traten die Beteiligten zu 1) und 2) ein. Danach schied Herr K aus der Gesellschaft aus.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sowie die Herren T und K beantragten im Januar 2006 die Grundbuchberichtigung hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse aufgrund des Gesellschafterwechsels. Am 18.4.2006 wurden im Grundbuch als Eigentümer in Abt. I eingetragen: Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Gesellschaftern:

B1, V und T. Als Grundlage der Eintragung wurde in Spalte 4 eingetragen: Infolge Abwachsung sind die neu eingetragenen Gesellschafter 2.1 und 2.2 (B1 und V) weitere Gesamthandseigentümer. Der Anteil des ausgeschiedenen Gesellschafters 1 b) K ist den Mitgesellschaftern angewachsen.

Mit Kostenansatz vom 20.04.2006 wurden den Beteiligten zu 1) und 2) eine Gebühr für die Eintragung einer Eigentumsänderung gem. §§ 60 Abs. 1, 20 Abs. 1, 19 Abs. 2 KostO aus einem Geschäftswert von 666.666,66 Euro zu einem Gesamtbetrag von 1.062,00 Euro in Rechnung gestellt, zu dessen Zahlung sie jeweils hälftig mit einem Betrag von 531,00 Euro herangezogen wurden.

Gegen diese Kostenansätze legten die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schriftsatz vom 28.04.2006 ihres Verfahrensbevollmächtigten jeweils Erinnerung ein und beantragten, die Gebühren nach den tatsächlichen Kosten festzusetzen. Zur Begründung stellten sie ihre Auffassung näher dar, dass nach der Rechtsprechung des EuGH Gebühren, die die Kosten übersteigen, gegen die Gesellschaftssteuerrichtlinie Nr. 69/335/EWG vom 17.7.1969 verstießen. Zudem rügten sie die Wertfestsetzungen als nicht nachvollziehbar.

Das Amtsgericht holte daraufhin die Stellungnahme des Beteiligten zu 3) ein. Dieser führte aus, dass nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung die Grundbuchgebühren nach der KostO nicht gegen EU-Recht verstießen. Indessen bestehe Anlass zur Überprüfung des Geschäftswerts. Auszugehen sei von einem Verkehrswert des Grundstücks von 1.000.000,00 Euro; der in § 19 Abs. 2 KostO genannte Verkehrswert sei nur ein Hilfswert, der nur zum Tragen komme, wenn es keine Anhaltspunkte für den wahren Wert des Objekts gäbe. Der Eintritt der Beteiligten zu 1) und 2) in die aus zwei Personen bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts bedeute wertmäßig einen Eigentumsübergang in Höhe von 2 x 250.000,00 Euro, für den eine volle Gebühr gem. § 60 Abs. 1 KostO angefallen sei. Das nachfolgende Ausscheiden des Gesellschafters K führe zu einem automatischen Anwachsen seines Anteils bei den verbliebenen Gesellschaftern, wofür lediglich eine Gebühr gem. § 67 KostO anzusetzen sei, und zwar nach einem Bruchteil seines Anteils. Bei einem Anteil des Ausscheidenden von 250.000,00 Euro ergebe sich bei einem Bruchteil von 50 % ein Geschäftswert in Höhe von 125.000,00 Euro.

Daraufhin hat der Kostenbeamte des Grundbuchamtes mit Datum vom 21.07.2006 die Kostenansätze unter den Rechnungs-Nr. 1000015574 (Kassenzeichen der Gerichtskasse: 700 17086 336 4) und 1000015573 (Kassenzeichen der Gerichtskasse: 700 17087 336 7) neu gefasst und den Beteiligten zu 1) und Beteiligten zu 2) jeweils gleichlautend folgende Gebühren in Rechnung gestellt:

1. Eintragung Eigentumsänderung §§ 60 Abs. 1, 20 Abs. 1, 19 KostO Wert: 500.000,00 807,00 Euro

2. Eintragung Namensberichtigung §§ 67, 30 KostO Wert: 125.000,00 63,00 Euro

Davon zu zahlen

 1/2 von Nr. 1403,00 Euro
1/3 von Nr. 221,00 Euro
Insgesamt424,50 Euro

Mit weiterem Kostenansatz ebenfalls vom 21.07.2007 hat der Kostenbeamte des Grundbuchamtes den weiteren Gesellschafter T zu der bereits bezeichneten Gebühr gem. §§ 67, 30 KostO mit einem Anteil von ebenfalls 1/3 zu 21,00 Euro herangezogen. Dieser Kostenansatz ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 31.7.2006 haben die Beteiligten zu 1) und 2) erneut nunmehr gegen die Kostenansätze vom 21.07.2007 Erinnerung eingelegt. Sie sind weiterhin der Auffassung, die Berechnung der Gerichtskosten verstoße gegen das Verbot gem. Art. 10 lit. c) der Gesellschaftssteuerrichtlinie. Zwar sei die in Rede stehende Gebühr eine Besitzwechselsteuer i. S. von Art. 12 Abs. 1 lit. b) der Gesellschaftssteuerrichtlinie; diese Gebühr sei jedoch nur zulässig, wenn sie nicht höher sei als diejenigen Steuern oder Abgaben, die in dem erhebenden Mitgliedsstaat für gleiche Vorgänge erhoben würden. Sie verweisen insoweit auf die Entscheidung des EuGH vom 15.6.2006 (Az: C-264/04). Die angefochtene Gebühr sei höher als bei gleichartigen Fällen und somit rechtswidrig. Zum Vergleich sei in diesem Zusammenhang die Regelung des § 60 Abs. 4 KostO heranzuziehen, die die Gebührenfreiheit der Berichtigungseintragung der Erben des eingetragenen Eigentümers vorsehe. Des Weiteren sind sie der Auffassung, dass die in Rechnung gestellten Gebühren gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstießen.

Mit Beschluss vom 4.8.2006 hat die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes die Erinnerungen der Beteiligten zu 1) und 2) als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung auf die Stellungnahme des Beteiligten zu 3) vom 14.6.2006 Bezug genommen. Gegen den am 4.8.2006 zugestellten Beschluss haben die Beteiligten zu 1) und 2) durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 14.8.2006 Beschwerde eingelegt und beantragt, die Gebühren nach den tatsächlichen Kosten festzusetzen. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Landgericht vorgelegt. Der gem. § 14 Abs. 7 S. 1 KostO zur Entscheidung berufene Einzelrichter hat mit Beschluss vom 6.9.2006 das Verfahren der Kammer zur Entscheidung übertragen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Kammer die Beschwerde zurückgewiesen und zugleich die weitere Beschwerde zugelassen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2), die sie mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 28.09.2007 bei dem Landgericht eingelegt haben.

II.

Die weiteren Beschwerden sind infolge der Zulassung durch das Landgericht zulässig (§ 14 Abs. 5 S. 1 KostO).

In der Sache sind die Rechtsmittel teilweise begründet und führen zur Herabsetzung der beanstandeten Kostenansätze in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, weil die Entscheidung des Landgerichts hinsichtlich der betragsmäßig darüber hinausgehenden Gebührenansätze auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 14 Abs. 5 S. 2 KostO).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ausgegangen. In der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung hingegen nur teilweise stand.

Verfahrensgegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist ausschließlich der Ansatz der Gebühren nach § 60 Abs. 1 und § 67 Abs. 1 KostO, während die Beteiligten zu 1) und 2) gegen die der Gebührenerhebung zugrunde liegende Wertfestsetzung bereits mit ihrer Erinnerung vom 31.07.2007 keine Einwendungen mehr erhoben haben. Das Landgericht hat den Gebührenansatz nach § 60 Abs. 1 KostO unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Beteiligten zu 3) für berechtigt erachtet. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

§ 60 Abs. 1 KostO erfasst schon nach seinem Wortlaut allein die Eintragung eines Eigentümers, gleichviel ob die Eigentümereintragung im Grundbuch konstitutiven oder im Hinblick auf eine Eigentumsänderung außerhalb des Grundbuchs nur deklaratorischen Charakter hat. Der Beteiligte zu 3) vertritt unter Verweis auf die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 19.11.1999 (20 W 445/98, veröffentlicht in juris) die Auffassung, dass auch die Eintragung der neuen Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst wird. Die genannte Entscheidung fußt auf dem überkommenen Verständnis der Rechtsprechung, dass bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht die Gesellschaft selbst, sondern die in der Gesamthand verbundenen Gesellschafter die Zuordnungssubjekte des Eigentums sind, der Wechsel eines Gesellschafters mithin einen Eigentumswechsel im Sinne des § 60 Abs.1 KostO darstellt. An dieser Sichtweise kann jedoch nicht mehr festgehalten werden, nachdem der BGH in der Konsequenz seiner Grundsatzentscheidung zur Rechtsfähigkeit der Außengesellschaft bürgerlichen Rechts (BGHZ 146,341 = NJW 2001, 1056) ausdrücklich dahin erkannt hat, dass bei einer solchen Gesellschaft stets diese und nicht die Gesellschafter Eigentümerin eines ihr zuzuordnenden Grundstücks ist, und zwar unabhängig von der Fassung der Grundbucheintragung (BGH NJW 2006, 3716). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des BGH gehen das BayObLG (BayObLGZ 2002, 137ff = FGPrax 2002, 185ff) sowie das OLG Schleswig (OLGR Schleswig 2005, 702f) in kostenrechtlicher Hinsicht nunmehr davon aus, dass bei der Umwandlung einer Außengesellschaft bürgerlichen Rechts in eine Kommanditgesellschaft ungeachtet des Hinzutretens des Komplementärs kein Eigentumswechsel im Sinne des § 60 Abs.1 KostO vorliege, da die Identität des Eigentümers gewahrt bleibe. Dem schließt sich der Senat an.

Dementsprechend kann auch vorliegend keine Gebühr nach § 60 Abs. 1 KostO in Ansatz gebracht werden, da der Eintritt weiterer Gesellschafter keine Veränderung der Eigentümerstellung bewirkt hat. Das Grundbuchamt hat sich zwar bei der Eintragung der Gesellschafter an der bisherigen grundbuchverfahrensrechtlichen Handhabung orientiert offenbar im Hinblick darauf, dass über die Frage der Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als rechtfähiges Zuordnungssubjekt bislang höchstrichterlich noch nicht abschließend entschieden ist. Diese verfahrensrechtliche Handhabung ändert indessen nichts an der nach materiellem Recht bestehenden Eigentümerstellung der Gesellschaft. Die Eintragung der Gesellschafter ist ausschließlich als Bezeichnung für die Eigentümerstellung der Gesellschaft zu verstehen (BGH NJW 2006, 3716). Die hier vorgenommene Eintragung lässt sich kostenrechtlich daher nur unter § 67 Abs. 1 KostO fassen.

Dementsprechend hat der Senat die angefochtenen Kostenansätze im Wege der ersetzenden Sachentscheidung dahin abgeändert, dass lediglich eine Gebühr nach § 67 Abs. 1 KostO in Höhe eines Viertels der vollen Gebühr zu erheben ist. Als Wert hat der Senat den hälftigen Grundstückswert von 500.00,00 Euro angesetzt, auf den sich die eingetretenen Veränderungen insgesamt beziehen. Bei der Neufassung der Kostenansätze hat es der Senat bei der nur anteiligen Heranziehung der Beteiligten zu 1) und 2) zu der Gebühr nach § 67 Abs. 1 KostO im Umfang von jeweils 1/3 Anteil belassen. Ihre zunächst nur anteilige Inanspruchnahme schließt eine etwa erforderliche spätere Geltendmachung einer gesamtschuldnerischen Haftung (§ 5 S. 1 KostO) nicht aus. Ebenso kann der Kostenansatz gegen den dritten Gesellschafter T3, der bislang erst im Umfang von 21,00 Euro in Anspruch genommen worden ist, von Amts wegen noch auf den Betrag von 67,25 Euro berichtigt werden, der nach der Berechnung des Senats als Drittelanteil der Gebühr gem. § 67 Abs. 1 KostO auf ihn entfällt (§ 14 Abs. 10 S. 1 KostO).

Die weitergehenden Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) und 2) sind unbegründet.

Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Erhebung wertabhängiger Grundbuchgebühren in dem vorliegenden Fall mit dem Gemeinschaftsrecht, hier der Richtlinie 69/335/EWG (Gesellschaftssteuerrichtlinie) vereinbar ist.

Die Gesellschaftssteuerrichtlinie (im Folgenden "RL") soll die Steuern auf die Ansammlung von Kapital harmonisieren. Sie ist nur auf Kapitalgesellschaften und vergleichbare Personenvereinigungen anzuwenden (Art. 3). Sie enthält Angaben zu den Vorgängen, die der Gesellschaftssteuer unterliegen (Art. 4) und zur Erhebung der Steuer (Art. 5 bis 9). Die Richtlinie schreibt entsprechend ihrer letzten Begründungserwägung auch die Beseitigung anderer indirekter Steuern vor, die die gleichen Merkmale wie die Gesellschaftsteuer oder die Wertpapiersteuer aufweisen und deren Beibehaltung die mit der Richtlinie verfolgten Ziele gefährden würde. Diese indirekten Steuern, deren Erhebung untersagt ist, sind in den Artikeln 10 und 11 RL aufgeführt. Schließlich bestimmt Art.12 RL verschiedene Ausnahmen von den Verboten nach den Art. 10 und 11 RL.

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Beteiligten zu 1) und 2) sind, verfolgt nach den Feststellungen des Landgerichts Erwerbszwecke und fällt somit unter Art. 3 Abs. 2 S. 1 RL. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 3) stellen Grundbuchgebühren nach der KostO im Grundsatz auch (indirekte) Steuern im Sinne der Richtlinie dar (EuGH NJW 2006, 2972 = EuZW 2006, 538; Rdn.27 -Badischer Winzerkeller- C-264/04). Der Begriff der Steuern im Sinne der Richtlinie ist mit Rücksicht auf deren Schutzzweck aus sich heraus und unabhängig von den Konstruktionen der nationalen Rechtsordnungen auszulegen (EuGH BeckRs 2004, 77191; Rdn.23 - C-426/98.). Steuer im Sinne der Richtlinie sind danach alle Abgaben, die gesetzlich vorgesehen sind und letztlich dem Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben zufließen (vgl. EuGH NZG 2000, 1115; Rdn. 21/22 - Modelo II -C-19/99).

Hiermit ist nun jedoch noch nicht gesagt, dass derartige Abgaben verboten sind. Entgegen der Auffassung, die die Beteiligten zu 1) und 2) zu vertreten scheinen, untersagt die RL keineswegs jegliche indirekten Steuern im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften und deren Tätigkeit (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts i.S. Locamion -C-8/96- vom 20.02.1997 Rdn.50, 53, 61). Vielmehr sind die Verbotstatbestände in den Art.10 und 11 RL abschließend geregelt.

Insoweit bestimmt Art. 10, dass neben der Gesellschaftssteuer grundsätzlich keine weiteren Steuern oder Abgaben auf Grund des steuerbaren Sachverhalts (lit.a), der Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen desselben (lit.b) oder der der Ausübung einer Tätigkeit vorangehenden Eintragung oder sonstigen Formalität, der die Gesellschaft auf Grund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann (lit.c), erhoben werden dürfen.

Das Verbot des Art. 10 RL ist hinreichend genau und unbedingt abgefasst und begründet daher für Betroffene Rechte, auf die sie sich auch vor den nationalen Gerichten berufen können. Sie können insbesondere geltend machen, dass die Richtlinie nicht oder unrichtig in deutsches Recht umgesetzt worden sei oder dass die deutschen Gesetze (hier: die Bestimmungen der KostO) gegen das Verbot verstießen (EuGH NZG 1998, 274; Rdn. 52 bis 55 - Fantask- C-188/95; EuGH NZG 1999, 209; Rdn. 33 bis 35 - Modelo I- C-56/98; NZG 2000, 1115; Rdn. 36 bis 38 - Modelo II- C-19/99). Die nationalen Gesetze sind nicht verbindlich, soweit sie der Richtlinie widersprechen (Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts).

Da der vorliegende Fall ersichtlich nicht unter die Alternativen des Art.10 lit. a) und b) fällt, hat das Landgericht zutreffend zunächst die Anwendbarkeit des § 10 lit. c) geprüft und im Ergebnis zu Recht verneint. Auch nach Auffassung des Senats ist bereits der Tatbestand des Art.10 lit. c) RL nicht erfüllt. Die Vorschrift verbietet es, von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck andere Steuern oder Abgaben auf die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität zu erheben, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck auf Grund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann.

Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen des Art. 10 lit. c) RL hier schon deshalb nicht erfüllt sind, weil der Gebührenansatz sich gegen die Gesellschafter und nicht gegen die Gesellschaft richtet. Die entsprechende Argumentation des Landgerichts kann sich immerhin auf den Wortlaut der Vorschrift, insbesondere im Vergleich mit demjenigen des Art. 11 RL stützen. Auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes klingt der Aspekt durchaus an, wenn man auch sicher nicht von einer Entscheidung dieser Rechtsfrage sprechen kann (EuGH BeckRS 2004, 77155; Rdn.23 -SIF- C-42/96; EuZW 2004, 635; Rdn.36 - C-415/02).

Diese Frage bedarf vorliegend jedoch keiner Vertiefung, da die Anwendbarkeit des Art. 10 lit. c) RL bereits daran scheitert, dass die Eintragung eines Gesellschafterwechsels im Grundbuch keinem gesetzlichen Gebot entspricht. Der europäische Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung stets betont, dass eine Förmlichkeit im Sinne des Art. 10 lit. c) RL vorliege, wenn die nationale Rechtsordnung dieselbe zwingend vorschreibt, sei es als Wirksamkeitsvoraussetzung, sei es als zwangsbewehrte Verpflichtung (EuGH NZG 1999, 209; Leitsatz 2 sowie Rdn.26 - Modelo I- C-56/98; IStR 2000, 750; Leitsatz 2 der amtlichen Fassung sowie Rdn.24 -IGI- C-134/99; NZG 2000, 1115; Rdn. 26 - Modelo II- C-19/99; Slg. 2001, I-04679; Rdn.30 -Sonae- C-206/99; Slg. 2002, I-02793; Leitsatz 2 sowie Rdn.30; NJW 2006, 2972 = EuZW 2006, 538; Rdn.26/28 -Badischer Winzerkeller -C-264/04; NZG 2007, 626; Rdn.52-54 - C 466/03). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da die Eintragung der Änderung des Gesellschafterbestandes im Grundbuch keiner gesetzlichen Verpflichtung entspricht. In Betracht zu ziehen wäre insoweit allein die nach § 82 S. 1 GBO durchzusetzende Verpflichtung zur Berichtigung des Grundbuches. Diese besteht jedoch, wie der Wortlaut der Vorschrift zeigt, nur dann, wenn der Grundbuchinhalt die Eigentümerstellung nicht (mehr) richtig wiedergibt. Eine bloße Unrichtigkeit der Bezeichnung des Eigentümers, etwa infolge eines Namenswechsels, fällt nicht unter § 82 S. 1 GBO (Bauer/v.Oefele/Budde, GBO, 2.Aufl., § 82 Rdn. 3). Anders als in dem Fall, welcher der bereits genannten Entscheidung des EuGH vom 15.06.2006 (NJW 2006, 2972 = EuZW 2006, 538; Badischer Winzerkeller -C-264/04) zugrunde liegt, kann man vorliegend jedoch nicht von einer Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich der Eigentümereintragung ausgehen, die durch die hier in Frage stehende Eintragung zu berichtigen wäre. Nach der bereits oben ausgeführten neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist nämlich die Eigentümerstellung der Gesellschaft als rechtsfähiges Zuordnungssubjekt von einem Wechsel im Gesellschaftsbestand unabhängig. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob auf dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH die grundbuchverfahrensrechtliche Eigentümereintragung der Gesellschafter der Identifizierung der Gesellschaft und damit als Hilfskonstruktion zu werten ist, durch die mit Rücksicht auf die mangelnde Registerpublizität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Verkehrsfähigkeit des Grundstücks in Ansehung der aus § 29 GBO folgenden Nachweisschwierigkeiten gewährleistet wird. Der Befund, dass ein Wechsel im Gesellschafterbestand nicht die Einleitung eines Berichtigungszwangsverfahrens nach § 82 S. 1 GBO rechtfertigen kann, wird dadurch nicht berührt.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass für die Gesellschaft und die Gesellschafter aufgrund der genannten Publizitätsdefizite ein mittelbarer, überwiegend faktischer Anreiz besteht, die Eintragung des Gesellschafterwechsels vornehmen zu lassen. Dies ist jedoch kein hinreichender Grund für die Anwendung des Art. 10 lit. c) RL. Denn auch unter diesem Aspekt ist die Eintragung des Gesellschafterwechsels keine wesentliche Bedingung für die Aufnahme oder Fortsetzung der Tätigkeit der Gesellschaft (vgl. zu diesem Kriterium EuGH NJW 2006, 2972 = EuZW 2006, 538; Rdn.25 -Badischer Winzerkeller -C-264/04). Denn der Anreiz für eine Eintragung des Gesellschafterwechsels besteht nur, wenn die Gesellschaft beabsichtigt, über das Grundstück in einer Form zu verfügen, die eine Eintragung im Grundbuch erforderlich macht. Nur dann stellt sich für die Gesellschaft das Problem, dass sie die Verfügungsbefugnis bzw. die Vertretungsmacht der für sie handelnden Person in der Form des § 29 GBO nachweisen muss. Im Übrigen, also z.B. in einem zivilprozessualen Erkenntnisverfahren, kann die Gesellschaft ihre Rechte an und aus dem Grundstück in der Konsequenz der Entscheidung des BGH vom 25.09.2006 (NJW 2006, 3716) unabhängig von der Grundbucheintragung wahrnehmen. Die hier erhobenen Grundbuchgebühren knüpfen danach nicht an eine Förmlichkeit an, die Voraussetzungen für die Gesellschaftstätigkeit als solche wäre, sondern an eine Nachweisnotwendigkeit, die nur bei einer bestimmten Verfahrensweise mit einem einzelnen Gegenstand des Gesellschaftsvermögens besteht. Eine derartige Abgabe fällt nicht unter Art. 10 lit. c) RL (vgl. EuGH Urteil vom 11.12.1997; Rdn. 30 - Locamion- C-8/96-).

Auf die vom Landgericht unter anderem Aspekt ergänzend vertretene Auffassung, die Erhebung von Grundbuchgebühren sei jedenfalls auch aufgrund der Ausnahmevorschrift des Art. 12 Abs. 1 lit. b) RL als Besitzwechselsteuer zulässig, kommt es danach nicht mehr an. Im Übrigen setzt der Tatbestand des Art. 12 Abs. 1 lit. b) RL voraus, dass die Abgabe auf die Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft erhoben wird. Dies ist hier ersichtlich nicht der Fall, weshalb der vorliegende Fall in diesem Punkt mit der Sachverhaltskonstellation nicht vergleichbar ist, die dem Urteil des EuGH vom 15.06.2006 (NJW 2006, 2972 = EuZW 2006, 538; Badischer Winzerkeller -C-264/04) zugrunde liegt.

Hinsichtlich der aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteten Einwendungen der Beschwerdeführer ist abschließend zu bemerken, dass auch Art. 11 RL der hier in Ansatz gebrachten Grundbuchgebühr nicht entgegensteht. Soweit man in dem Gesellschafterbeitritt auch eine Anteilsübertragung im Sinne des Art. 11 lit. a) RL sehen will, werden die hier in Ansatz gebrachten Grundbuchgebühren ersichtlich nicht auf diese erhoben. Die gesellschaftsinternen Rechtsvorgänge sind vielmehr von der hier in Frage stehenden Grundbucheintragung gänzlich unabhängig.

Schließlich teilt der Senat auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführer gegen das System der Grundbuchkosten. Bereits im Ausgangspunkt unrichtig ist ihre Auffassung, das Gemeinschaftsrecht verbiete jegliche wertabhängige Erhebung von Grundbuchgebühren in Bezug auf Kapitalgesellschaften im Sinne der RL. Von den vergleichsweise wenigen Vorgängen (Einbringung von Grundstücken im Wege der Sachgründung oder Kapitalerhöhung, Verschmelzung etc.), die tatsächlich von der Richtlinie erfasst werden, fällt der wohl überwiegende Teil unter die Ausnahmevorschrift des Art. 12 Abs. 1 lit. b) RL (Besitzwechselsteuer). Art. 12 Abs. 2 RL steht der Gebührenerhebung in diesen Fällen nicht entgegen, weil ein Gebührengefälle zu vergleichbaren Eintragungen, in denen niedrigere Gebühren erhoben werden, nicht besteht (vgl. OLG München Rpfleger 2007, 115 = NJOZ 2007, 2319f). Soweit danach im Grundbuchwesen überhaupt noch Fälle verbleiben, in welchen wertabhängige Gebühren ausscheiden, erscheint die durch die Richtlinie beabsichtigte, wirtschaftspolitisch motivierte und volkswirtschaftlich wünschenswerte Privilegierung von Kapitalgesellschaften als hinreichendes Differenzierungskriterium in Sinne des Art.3 GG. Der Verweis auf die Privilegierungstatbestand des § 60 Abs.4 KostO betreffend die Berichtigungseintragung von Erben des eingetragenen Eigentümers überzeugt nicht. Abgesehen davon, dass vorliegend ohnehin lediglich eine Gebühr nach § 67 Abs. 1 KostO in Höhe eines Viertels einer vollen Gebühr anzusetzen ist, hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 60 Abs. 4 KostO das Anliegen verfolgt, im öffentlichen Interesse an einer möglichst großen Aussagekraft des Grundbuchs einen Anreiz für zeitnahe Berichtigungsanträge durch Erben zu schaffen, da Erbfälle die häufigste Ursache für den Eintritt der Unrichtigkeit des Grundbuchs sind (vgl. die amtliche Begründung nebst Stellungnahme des Bundesrates zitiert bei Rohs/Wedewer, KostO, 3. Aufl., § 60 Rdn.1/1a). Auch hierin ist ein legitimes gesetzgeberisches Anliegen zu sehen, das die Differenzierung rechtfertigt. Soweit die Beschwerdeführer schließlich meinen, sie würden entgegen Art. 3 GG gegenüber den Gesellschaftern einer OHG oder KG benachteiligt, verkennen sie, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sich u.a. in dem hier maßgeblichen Punkt ihrer fehlenden Registerpublizität von anderen Gesellschaftsformen unterscheidet. Damit realisiert sich jedoch lediglich eine rechtliche Konsequenz, die sich aus der von den Beteiligten zu 1) und 2) für ihre erwerbswirtschaftliche Betätigung selbst gewählten Gesellschaftsform ableitet.

Eine Kostenentscheidung und eine Wertfestsetzung sind für das Verfahren der weiteren Beschwerde gem. § 14 Abs. 9 KostO nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

Zurück