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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 20.12.2004
Aktenzeichen: 15 W 368/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 18 Abs. 2 Nr. 1
WEG § 23 Abs.
1) Eine Öffnungsklausel der Teilungserklärung deckt nicht nur eine abstrakte normähnliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels für die Zukunft, sondern auch Regelungen, durch die im Einzelfall (Genehmigung der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans) von dem in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Kostenverteilungsschlüssel abgewichen wird.

2) Ein Wohnungseigentümer hat kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Beschlußanfechtungsantrag, der sich gegen einen Beschluß der Eigentümerversammlung richtet, durch den gegenüber einem anderen Wohnungseigentümer eine Abmahnung wegen gemeinschaftswidrigen Verhaltens ausgesprochen worden ist.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 367/04 OLG Hamm 15 W 368/04 OLG Hamm 15 W 369/04 OLG Hamm

In der Wohnungseigentumssache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 20. Dezember 2004 auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) vom 23. August 2004 gegen die Beschlüsse 11. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 19. Juli 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortigen weiteren Beschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung miteinander verbunden.

Die sofortigen weiteren Beschwerden werden mit der Maßgaben zurückgewiesen, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen über die Wertfestsetzung und die Gerichtskosten wie folgt abgeändert werden:

Von den Gerichtskosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Beteiligten zu 1) 71 %, die Beteiligte zu 2) 5 %, die Beteiligte zu 3) 2 % und die Beteiligten zu 5) gemeinsam 16 %.

Von den Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens zu 11 T 34/04 tragen die Beteiligten zu 1) 97 %, die Beteiligten zu 5) 3 %. Die Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens zu 11 T 50/04 tragen die Beteiligten zu 1) allein.

Die Beteiligten zu 1) tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde. Sie haben die in dieser Instanz den Beteiligten zu 5) entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Es werden folgende Gegenstandswerte festgesetzt:

- für das Verfahren erster Instanz auf 104.500,00 €,

- für das Erstbeschwerdeverfahren 11 T 34/04 auf 37.000,00 €, für das Erstbeschwerdeverfahren 11 T 50/04 auf 37.500,00 €,

- für das Verfahren dritter Instanz bis zur Verfahrensverbindung auf 25.000,00 € (15 W 367/04) und 37.500,00 € (15 W 369/04), danach auf 62.500,00 €.

Die weitere Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts vom 19.07.2004 (11 T 49/04) ist gegenstandslos.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1) bis 5) sind die Miteigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage; die Beteiligte zu 6) ist die Verwalterin. In der Eigentümerversammlung vom 27.03.2003 wurde eine Vielzahl von Eigentümerbeschlüssen gefasst, die von den Beteiligten zu 1), teilweise aber auch von den Beteiligten zu 2) bis 4) angefochten worden sind. Das Amtsgericht hat zunächst nach mündlicher Verhandlung vom 23.07.2003 durch Teilbeschluss die Beschlussanfechtungsanträge zu den Tagesordnungspunkten 5 g, 6, 7 a, 7 d, 8 a, 9 a und 12 a sowie die Verpflichtungsanträge zu den Tagesordnungspunkten 13 bis 16 der Einladung zu der Eigentümerversammlung vom 27.03.2003 zurückgewiesen. Durch Endentscheidung vom 06.02.2004 hat das Amtsgericht auch die Beschlussanfechtungsanträge zum Tagesordnungspunkt 4 (Genehmigung der Jahresabrechnung und Entlastung der Verwalterin) zurückgewiesen.

Gegen beide Beschlüsse des Amtsgerichts haben die Beteiligten zu 1) rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Ferner haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) gegen die Wertfestsetzung des Amtsgerichts in dem vorgenannten Teilbeschluss Beschwerde mit dem Ziel der Heraufsetzung des Gegenstandswertes erhoben. Das Landgericht hat mit den Beteiligten in öffentlicher Sitzung vom 13.05.2004 mündlich verhandelt. Durch Beschlüsse jeweils vom 19.07.2004 hat die Kammer

1) den Teilbeschluss des Amtsgerichts teilweise abgeändert, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 27.03.2003 zu den Tagesordnungspunkten 8 a (teilweise) und 12 a für ungültig erklärt und die weitergehende sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen (11 T 34/04),

2) die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Endentscheidung des Amtsgerichts vom 06.02.2004 zurückgewiesen (11 T 50/04) sowie

3) in Abänderung der Wertfestsetzung des Amtsgerichts den Gegenstandswert für den Beschlussanfechtungsantrag zu Tagesordnungspunkt 2 anderweitig auf 74.925,00 € festgesetzt.

Gegen die Entscheidungen des Landgerichts zu 1) und 2) richten sich die sofortigen weiteren Beschwerde der Beteiligten zu 1), gegen diejenige zu 3) die weitere Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) mit dem Ziel einer weiteren Heraufsetzung des Gegenstandswertes.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat auf die vollständige und nicht ergänzungsbedürftige Darstellung in den angefochtenen Entscheidungen des Landgerichts Bezug.

II.

Die sofortigen weiteren Beschwerde sind nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt daraus, dass sie ihre Beschlussanfechtungsanträge in einem Umfang weiterverfolgen, in dem ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von zulässigen Erstbeschwerden der Beteiligten zu 1) sowohl gegen den Teilbeschluss des Amtsgerichts als auch gegen dessen Endentscheidung vom 06.02.2004 ausgegangen.

Auch in der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung stand. Diese Nachprüfung war zu beschränken auf den Umfang des Beschwerdebegehrens der Beteiligten zu 1) in dritter Instanz. Da sie einen ausdrücklichen Beschwerdeantrag nicht gestellt haben, geht der Senat davon aus, dass sich ihr Beschwerdebegehren auf die in der Begründung ihrer Rechtsmittel angesprochenen Beschlussfassungen zu den dort genannten Tagesordnungspunkten beschränkt. Diese behandelt der Senat im Folgenden in der Reihenfolge der Tagesordnungspunkte der Eigentümerversammlung vom 27.03.2003.

Tagesordnungspunkt 2

Die Kammer hat die Fortführung des Beschlussanfechtungsverfahrens über die zu diesem Tagesordnungspunkt gefassten Eigentümerbeschlüsse für unzulässig erachtet, weil infolge der übereinstimmenden Erklärungen der Verfahrensbeteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 23.07.2003 eine Erledigung der Hauptsache eingetreten sei, und zwar sowohl in Bezug auf die Durchführung der beschlossenen Sanierungsmaßnahme als auch in Bezug auf die angeordnete gemeinschaftliche Deckung der Kosten durch Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage. Die anwaltlich vertretenen Beteiligten zu 1) haben in diesem Termin folgende Erklärung abgegeben:

"Die Beteiligten Eheleute G2, Herr W und Frau G erklärten unmittelbar bzw. über ihre Anwälte die Anfechtungsanträge bzgl. TOP 2 Heizung angesichts der zuvor protokollierten Zustimmungen für erledigt."

Das Landgericht hat diese Erledigungserklärung dahin ausgelegt, dass sie sich auf beide zu diesem Tagesordnungspunkt gefassten Beschlüsse beziehe. Diese Auslegung unterliegt, weil sie eine verfahrensrechtliche Erklärung betrifft, der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Der Senat tritt der Auslegung des Landgerichts bei. Maßstab der Auslegung ist dabei den Regeln des materiellen Rechts (§§ 133, 157 BGB) folgend der objektive Erklärungswert, wie er dem Erklärungsempfänger erkennbar wird (vgl. etwa Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., vor § 128, Rdnr. 25 m.w.N.). Vorrangiger Anknüpfungspunkt der Auslegung ist dabei der Wortlaut der Erklärung. Dieser spricht bereits deutlich durch die Fassung im Plural dafür, dass beide Beschlussanfechtungsanträge, die sich auf diesen Tagesordnungspunkt beziehen, für erledigt erklärt werden sollten. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde nicht daraus, dass die Beteiligten sich unmittelbar vorausgehend über die Durchführung der Erneuerung der Heizungsrohre einschließlich der Führung der neuen Steigleitungen innerhalb der Wohnung der Beteiligten zu 1) verständigt hatten. Die Beteiligten zu 1) hatten insoweit, "wenn auch zähneknirschend", einem Vorschlag des Rechtsanwalts L zugestimmt. Wenn die Beteiligten zu 1) sodann unmittelbar darauf folgend ihre auf diesen Tagesordnungspunkt bezogenen Beschlussanfechtungsanträge ohne irgendeinen Vorbehalt für erledigt erklärt haben, lässt diese Erklärung aus der Sicht des Gerichts und der übrigen Verfahrensbeteiligten allein den Schluss darauf zu, dass zu diesem Punkt die streitige Auseinandersetzung insgesamt beendet werden sollte.

Für diese Auslegung spricht im Übrigen, dass die Beteiligten zu 1) auch durch die isolierte Anfechtung des Beschlusses über die Deckung der Kosten durch Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage materiell-rechtlich keine für sie günstigere Rechtsposition hätten erlangen können. Denn aus dem Eigentümerbeschluss zu Tagesordnungspunkt 2 ergibt sich insgesamt, dass die Sanierung des Heizungsrohrsystems als Maßnahme der gemeinschaftlichen Verwaltung durchgeführt werden sollte, die Kosten der Maßnahme somit gemeinschaftlich aufzubringen waren (§ 16 Abs. 2 WEG). Die ergänzend beschlossene Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage betrifft lediglich die Art und Weise der gemeinschaftlichen Kostenaufbringung. Ist die gemeinschaftliche Kostentragung deshalb bereits Gegenstand der beschlossenen Regelung über die Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme (insoweit anders als in dem der Entscheidung des Senats in NJW-RR 1997, 970 zugrunde liegenden Fall), so kann auch dieser Teil der getroffenen Regelung nur durch Ungültigerklärung im Beschlussanfechtungsverfahren beseitigt werden (§ 23 Abs. 4 S. 1 WEG). Wird der Eigentümerbeschluss jedoch durch übereinstimmende Erledigungserklärung im Beschlussanfechtungsverfahren bestandskräftig, so kann kein Miteigentümer seiner anteiligen Haftung für die entstandenen Kosten entgegenhalten, es handele sich um eine bauliche Veränderung, an deren Kosten er sich nicht zu beteiligen habe, weil er nicht zugestimmt habe (§ 16 Abs. 3 Halbsatz 1 WEG). Für die Beteiligten zu 1) bestand deshalb keine Möglichkeit, einerseits ihren Widerstand gegen die Sanierung des Heizungsrohrsystems aufzugeben, andererseits ihre Auseinandersetzung mit den übrigen Wohnungseigentümern unter einem veränderten Anknüpfungspunkt fortzuführen. Eine davon ggf. abweichende Vorstellung der Beteiligten zu 1) muss für die Auslegung ihrer Erklärung ohne Bedeutung bleiben.

Tagesordnungspunkt 4

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht gebilligt, dass die Beschlussfassung über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2002 und die Entlastung der Beteiligten zu 6) im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung liegt. Dies gilt zunächst für die von den Beteiligten zu 1) erhobenen formellen Bedenken. Nach § 14 Abs. 7 der Teilungserklärung ist für die Gültigkeit einer Beschlussfassung der Eigentümerversammlung erforderlich, dass die Versammlungsniederschrift von zwei von der Versammlung gewählten Miteigentümern unterschrieben wird. Diesem Erfordernis ist hier dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, das ausweislich der Versammlungsniederschrift vom 27.03,2003 eine mehrheitliche Beschlussfassung erfolgt ist, durch die "der Beirat bevollmächtigt worden ist, das Protokoll der aktuellen Versammlung zu unterzeichnen." Diese Unterzeichnung ist, wie das Landgericht durch Einsichtnahme in das Original der Versammlungsniederschrift festgestellt hat, erfolgt. Entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde steht der Wahrung der Formvorschrift nicht entgegen, dass es sich um die Unterschriften der drei Beiratsmitglieder handelt. Die Auffassung, die genannte Bestimmung der Teilungserklärung schließe das passive Wahlrecht einzelner Wohnungseigentümer für die Funktion, die Richtigkeit der Wiedergabe der Eigentümerbeschlüsse in dem Versammlungsprotokoll zu überprüfen und durch ihre Unterschrift zu gewährleisten, nur deshalb aus, weil diese gleichzeitig als Beiratsmitglied bestellt seien, findet im Wortlaut der Regelung keinerlei Stütze. Dabei kann es nicht entscheidend darauf ankommen, dass eine solche Regelung aus der Sicht der Beteiligten zu 1) im Hinblick darauf wünschenswert ist, dass sie die Beiratsmitglieder quasi dem Lager der Verwalterin zurechnen wollen. Eine Regelung der Teilungserklärung, die über die gesetzliche Vorschrift des § 24 WEG hinausgehend weitere formelle Voraussetzungen für das gültige Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses aufstellt, muss schon aus Gründen der Rechtssicherheit eng ausgelegt werden. Ersichtlich unschädlich ist ferner, dass über die in der Teilungserklärung bestimmte Zahl hinaus die drei zu Beiratsmitgliedern bestellten Miteigentümer mit der Unterzeichnung der Versammlungsniederschrift betraut worden sind.

In der Sache rügen die Beteiligten zu 1) mit der Begründung ihrer weiteren Beschwerde lediglich die Anwendung des Kostenverteilungsschlüssels in der Jahresabrechnung 2002, weil er mit demjenigen der Teilungserklärung nicht übereinstimme. Das Landgericht hat hinsichtlich der Abrechnungsposition Heizungskosten ausgeführt, die Eigentümerversammlung habe durch mehrheitlichen Beschluss vom 11.09.2002 von der in § 13 Abs. 2 der Teilungserklärung eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Stimmenmehrheit eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zu beschließen. Eine solche Öffnungsklausel erweitert die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung in wirksamer Weise in einen Bereich, der nach den dispositiven gesetzlichen Vorschriften des WEG einer Vereinbarung (§ 10 WEG) vorbehalten ist (BGH NJW 2000, 3500, 3502). Das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 11.09.2000, in der zu Tagesordnungspunkt 2 a) ausdrücklich eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels dahin beschlossen worden ist, dass beginnend mit dem Jahr 2002 die Heizungskosten im Verhältnis 50% Ableseeinheiten zu 50 % Wohnfläche umzulegen sind, ist vorgelegt worden. Dass dieser Eigentümerbeschluss, der mit den Vorschriften der HeizkostenVO in Einklang steht, rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, ist von keinem Beteiligten vorgetragen worden; der Beschluss ist damit bestandskräftig geworden. Die von der weiteren Beschwerde vorgetragenen Bedenken gegen den Inhalt der Beschlussfassung sind insoweit unbegründet. Entgegen der Darstellung der Beteiligten zu 1) ist die Öffnungsklausel in der Teilungserklärung inhaltlich umfassend und ermöglicht insbesondere auch eine auf Dauer angelegte Änderung des Kostenverteilungsschlüssels, die für die folgenden Abrechnungsjahre maßgeblich bleibt, solange sie nicht ihrerseits abgeändert wird. Im Übrigen handelt es sich hier ohnehin um das erste Jahr, für das nach dem Eigentümerbeschluss der neue Kostenverteilungsschlüssel gelten sollte.

Nicht ausdrücklich eingegangen ist das Landgericht auf die weiteren Kostenpositionen (wie etwa Außenbeleuchtung, Strassenreinigung, Gartenpflege/Winterdienst, Hausmeister, Kabelfernsehen), die in der Jahresabrechnung nach der Zahl der Wohnungseinheiten umgelegt worden sind, während insoweit nach § 13 Abs. 2 a) Nr. 2 und 3 der Teilungserklärung eine Verteilung nach dem Verhältnis der Wohnflächen vorgesehen ist; für die Verwaltungskosten sieht § 13 Abs. 2 c) der Teilungserklärung ohnehin eine Verteilung nach der Zahl der Wohnungseinheiten vor. Eine ausdrückliche Beschlussfassung der Eigentümerversammlung, dass auch insoweit ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels stattfinden soll, liegt nicht vor. Vielmehr ist insoweit eine ständige Handhabung in den Vorjahren auch in der hier betroffenen Jahresabrechnung fortgeführt worden. Auch insoweit ist jedoch entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde die Beschlussfassung der Eigentümerversammlung durch die Öffnungsklausel gedeckt. Wird die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft durch die Teilungserklärung auf eine an sich nur einer Vereinbarung zugängliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels erweitert, so erstreckt sich diese Beschlusskompetenz umfassend auf Regelungen in dem durch die Öffnungsklausel genannten Sachbereich. Die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft deckt damit nicht nur eine abstrakte normähnliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels für die Zukunft, sondern auch Regelungen, durch die im Einzelfall von der Teilungserklärung abgewichen wird. Entscheidend kann nur sein, dass die Eigentümerversammlung als das nach der Teilungserklärung dazu berufene Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft die Regelung getroffen hat. Die Abweichung des in der Jahresabrechnung angewandten von dem Kostenverteilungsschlüssel in § 13 Abs. 2 der Teilungserklärung wird bei einem Vergleich beider Regelungen ohne weiteres deutlich. Die von der weiteren Beschwerde herangezogene Entscheidung des OLG Düsseldorf (NZM 2004, 467 f.) steht dieser Beurteilung nicht entgegen, weil diese sich nur auf die Auslegung einer Beschlussfassung einer Eigentümerversammlung im Hinblick auf eine mögliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels bezieht. In diesem Zusammenhang hat das OLG Düsseldorf lediglich zum Ausdruck gebracht, dass eine fehlende Klarstellung einer gewollten Abweichung von der Teilungserklärung für ein Auslegungsergebnis spreche, dass eine dauerhafte Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nicht beschlossen worden sei. Für eine im Einzelfall vorgenommene Abweichung von dem Kostenverteilungsschlüssel im Rahmen der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung ergibt sich aus dieser Entscheidung nichts.

Allerdings unterliegt eine im Einzelfall vorgenommene Abweichung von dem Kostenverteilungsschlüssel der Teilungserklärung denselben inhaltlichen Schranken wie eine inhaltlich entsprechende abstrakte Regelung für die Zukunft: Eine Änderung ist nur zulässig, wenn sachliche Gründe vorliegen und einzelne Wohnungseigentümer aufgrund der Neuregelung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden (BGHZ 95, 137 = NJW 1985, 2382; Senat FGPrax 2000, 100). Das Amtsgericht hat dazu ausgeführt, bei den Abrechnungspositionen Außenbeleuchtung, Strassenreinigung, Gartenpflege/Winterdienst, Hausmeister, Kabelfernsehen kämen die Nutzungsvorteile den Wohnungseigentümern unabhängig von der jeweiligen Wohnungsgröße zugute, so dass eine für jede Einheit gleich bemessene Verteilung dieser Kosten sachlich gerechtfertigt sei. Im Übrigen seien die Beteiligten zu 1) Eigentümer einer mittelgroßen Wohnung; daneben seien in der Anlage auch flächenmäßig kleine und große Wohnungen vorhanden. Es sei deshalb nicht ersichtlich, dass gerade die Beteiligten zu 1) durch eine gleichmäßige Verteilung dieser Kostenpositionen nach der Zahl der Wohneinheiten benachteiligt würden. Gegen diese tatsächliche Beurteilung haben die Beteiligten zu 1) weder im Verfahren der ersten noch der weiteren Beschwerde konkrete Beanstandungen erhoben, insbesondere nicht dargelegt, ob und in welchem Umfang sie durch die Verteilung nach der Zahl der Wohneinheiten gegenüber einer solchen nach dem Verhältnis der Wohnflächen schlechter gestellt werden. Kann somit von einer Benachteiligung der Beteiligten zu 1) nicht ausgegangen werden, können an den sachlichen Grund für die Änderung keine besonderen Anforderungen gestellt werden, zumal es sich hier um einen bereits seit langen Jahren praktizierten Abrechnungsmaßstab handelt, auf den sich die Wohnungseigentümer eingestellt haben.

Die mit der Genehmigung der Jahresabrechnung erfolgte Entlastung der Beteiligten zu 6) als Verwalterin widerspricht nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2003, 3124) ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn Ansprüche gegen sie erkennbar in Betracht kommen und nicht aus besonderen Gründen Anlass besteht, auf die hiernach möglichen Ansprüche zu verzichten. Da die Jahresabrechnung 2002 nach den vorstehenden Ausführungen nicht zu beanstanden ist, bestehen keine Hinderungsgründe, der Beteiligten zu 6) Entlastung für ihre Tätigkeit in dem Abrechnungsjahr zu erteilen.

Tagesordnungspunkt 5 g

Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, die Beschlussfassung der Eigentümerversammlung über die Installation einer Beleuchtung an der Müllbox und im Treppenbereich diene der Verkehrssicherung und liege damit im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung. Den überzeugenden Ausführungen der landgerichtlichen Entscheidung ist nichts hinzuzufügen.

Tagesordnungspunkt 6

Die Anfechtung der Genehmigung des Wirtschaftsplans 2003 bleibt aus denselben Gründen wie diejenige der Jahresabrechnung 2002 ohne Erfolg.

Tagesordnungspunkt 7 d

Das Landgericht hat den Anfechtungsantrag gegen Beschluss über die Abmahnung der Beteiligten zu 3) wegen eines gemeinschaftswidrigen Verhaltens (falscher Münzeinwurf in den Münzautomaten der Gemeinschaftswaschmaschine) für unbegründet erachtet: Der Beschluss sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen, eine sachliche Nachprüfung der Berechtigung der erteilten Abmahnung finde im Beschlussanfechtungsverfahren nicht statt. Diese Beschränkung der Nachprüfung im Beschlussanfechtungsverfahren entspricht der überwiegend vertretenen Auffassung. Eine erteilte Abmahnung ermöglicht gem. § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG bei einem wiederholten gröblichen Pflichtenverstoß eine mehrheitliche Beschlussfassung über eine Entziehung des Wohnungseigentums im Sinne des § 18 Abs. 1 und 3 WEG. Der Beschluss über ein Veräußerungsverlangen ist im Verfahren gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG nach anerkannter Auffassung nur darauf zu überprüfen, ob formelle Mängel vorliegen, nicht jedoch darauf, ob die Entziehung materiell gerechtfertigt ist. Denn eine Überprüfung der sachlichen Voraussetzungen des Veräußerungsverlangens ist dem Zivilprozess vorbehalten, in dem gem. § 51 WEG der Anspruch auf die Veräußerung geltend zu machen ist (BayObLGZ 1999, 66 = NJW-RR 1999, 887; KG NJW-RR 1994, 855; OLG Köln ZMR 1998, 376; Senat OLGZ 1990, 57). In einem solchen Zivilprozess ist deshalb auch darüber abschließend zu befinden, ob die Abmahnung zu Recht erteilt worden ist, dieser also ein gröblicher Pflichtenverstoß des betreffenden Wohnungseigentümers zugrunde liegt. Dieser Zusammenhang spricht dafür, dass die Überprüfung der Abmahnung nicht anders gestaltet sein kann als diejenige des Veräußerungsverlangens nach § 18 Abs. 1 WEG selbst (so BayObLG NJW-RR 1996, 12; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 18, Rdnr. 42; MK/BGB-Engelhardt, 4. Aufl., § 18, Rdnr. 4; a.A. OLG Düsseldorf DWE 1995, 119).

Einer abschließenden Entscheidung des Senats zu dieser Frage bedarf es nicht, weil es bereits an einem hinreichenden Rechtsschutzinteresse der Beteiligten zu 1) in diesem Punkt fehlt. Denn diese sind durch die erteilte Abmahnung persönlich in ihren Rechten nicht betroffen: Die Abmahnung richtet sich nicht gegen sie, sondern ausschließlich gegen die Beteiligte zu 3), die diesen Beschluss zwar ihrerseits zunächst angefochten, die Zurückweisung ihres diesbezüglichen Antrags durch den Teilbeschluss des Amtsgerichts jedoch nicht mit einem eigenen Rechtsmittel angegriffen hat. Zwar ist im Beschlussanfechtungsverfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG ein Rechtsschutzbedürfnis der Wohnungseigentümer im Regelfall nicht zu prüfen. Da das Anfechtungsrecht nicht nur dem persönlichen Interesse des anfechtenden Wohnungseigentümers oder dem Minderheitenschutz dient, sondern dem Interesse der Gemeinschaft an einer ordnungsmäßigen Verwaltung, genügt für die Anfechtung grundsätzlich das Interesse eines Wohnungseigentümers, eine ordnungsmäßige Verwaltung zu erreichen (BGH NJW 2003, 3124, 3125). Im dem vorliegenden Zusammenhang handelt es sich jedoch nicht um eine Verwaltungsmaßnahme, die allen Wohnungseigentümern gegenüber wirksam wird. Vielmehr beschränkt sich der Beschluss der Eigentümerversammlung auf die Vorbereitung eines künftig möglicherweise geltend zu machenden Anspruchs gegen eine Miteigentümerin (hier: Veräußerungsverlangen nach § 18 WEG), wobei dem Beschluss der Eigentümerversammlung über die formelle Erklärung einer Abmahnung hinaus keinerlei Bindungswirkung weder im Hinblick auf eine ggf. zu erfolgende Beschlussfassung über das Veräußerungsverlangen gem. § 18 Abs. 3 WEG noch im Hinblick auf die Feststellung der sachlichen Voraussetzungen einer Eigentumsentziehung zukommt. In einer solchen Situation mag zwar für den von der Abmahnung selbst betroffenen Wohnungseigentümer ein Rechtsschutzinteresse für eine gerichtliche Ungültigerklärung der Beschlussfassung zu bejahen sein. Wenn der unmittelbar betroffene Wohnungseigentümer aber einen Beschlussanfechtungsantrag nicht stellt bzw. hier nach dessen Zurückweisung nicht mit einem eigenen Rechtsmittel weiterverfolgt, kann ein Rechtsschutzinteresse nicht auch für einen anderen Wohnungseigentümer bejaht werden, der sich mit einem eigenen Antrag die etwaige Verletzung der Rechte des von der Abmahnung betroffenen Wohnungseigentümers zu eigen machen will.

Tagesordnungspunkt 9 a

Die Beurteilung des Landgerichts, der Beschluss über die Bepflanzung des Müllplatzsockels mit Efeu entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die Beteiligten zu 1) durch diese Maßnahme nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus tatsächlich benachteiligt werden (§ 22 Abs. 1 S. 2, 14 Nr. 1 WEG), ist rechtlich in keiner Richtung zu beanstanden. Die Rechte der Beteiligten zu 1) werden auch nicht dadurch berührt, dass der Beschluss die ergänzende Regelung enthält, die Arbeiten sollten in Eigenleistung durchgeführt werden. Auf diese Weise ist ausgeschlossen, dass durch die Maßnahme Kosten entstehen können, die nach § 16 Abs. 2 WEG gemeinschaftlich aufzubringen sind. Die Beteiligten zu 1) werden auch nicht persönlich zu irgendwelchen Eigenleistungen in diesem Zusammenhang verpflichtet. Der Beschluss beschränkt sich danach in der Sache auf die Genehmigung der Bepflanzung mit der Maßgabe, dass die interessierten Wohnungseigentümer selbst die Bepflanzung durchzuführen haben. Die dadurch bewirkte Kostenfreistellung für die Beteiligten zu 1), die der Maßnahme nicht zugestimmt haben, entspricht der gesetzlichen Vorschrift des § 16 Abs. 3 Halbsatz 1 WEG.

Hinsichtlich der Nebenentscheidungen gilt:

Der Senat hat zunächst den Gegenstandswert für die einzelnen Beschlussanfechtungsanträge festgesetzt und gleichzeitig gem. § 31 Abs. 1 S. 2 KostO von Amts wegen die Geschäftswertfestsetzung der Vorinstanzen überprüft. Der Senat ist dabei zu teilweise erheblich abweichenden Festsetzungen gelangt und hat dementsprechend die Wertfestsetzungen abgeändert. Dadurch ist zugleich die als solche unzulässige weitere Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts vom 19.07.2004 (11 T 49/04) gegenstandslos geworden. Zusammengestellt nach den einzelnen Tagesordnungspunkten ergeben sich folgende Werte:

TOP 2 Heizung:

Das gem. § 48 Abs. 3 S. 1 WEG im Ausgangspunkt maßgebend zu berücksichtigende Interesse sämtlicher Wohnungseigentümer muss an den Kosten der Sanierung orientiert werden. Der Ansatz des voraussichtlichen (ca. 80.000 €) oder auch des tatsächlich entstandenen erheblich höheren Betrages würde jedoch dazu führen, dass die Kosten des Verfahrens nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu dem Interesse der Antragsteller stünde (§ 48 Abs. 3 S. 2 WEG). Der Senat hat deshalb einen Betrag von 30.000,00 € für angemessen erachtet. In den Verfahren der ersten und der weiteren Beschwerde ist nur noch ein Betrag von 3.000,00 € berücksichtigt worden, weil Gegenstand des Streits nicht mehr die Sanierung selbst, sondern nur noch die anteilige Belastung der Beteiligten zu 1) mit den Kosten der Maßnahme war.

TOP 4 Jahresabrechnung und damit im Zusammenhang stehend die Verwalterentlastung. Der Senat hat einen Anteil von 25 % der umgelegten Kosten von ca. 150.000,00 € angesetzt.

37.500,00 € TOP 5 d Parkplatzbegradigung unverändert 500,00 € TOP 5 f Parkplatzbeleuchtung unverändert 1.000,00 € TOP 5 g Beleuchtung Müllbox unverändert 500,00 € TOP 6 Wirtschaftsplan: Dieser Beschlussgegenstand hätte an sich wie TOP 4 bewertet werden müssen. Unter Berücksichtigung des § 48 Abs. 3 S. 2 WEG hat der Senat einen Betrag in Höhe von lediglich angesetzt. 20.000,00 € TOP 7 a Verwalterbestellung: Hier hätte an sich die volle Verwal- tervergütung für den Bestellungszeitraum in Höhe von gerundet 45.000,00 € angesetzt werden müssen. Unter Berücksichtigung des § 48 Abs. 3 S.2 WEG hat es der Senat unverändert bei dem bereits festgesetzten Betrag von 10.000,00 € belassen.

TOP 7 d Abmahnung unverändert 1.000,00 € TOP 8 a Aushängekästen unverändert 1.000,00 € TOP 9 a Bepflanzung unverändert 500,00 € TOP 12 a Wurfsendungen unverändert 500,00 € TOP 13 ff. Verpflichtungsantrag unverändert 2.000,00 €

insgesamt 104.500,00 €

Über die Gerichtskosten des Verfahrens ist gem. § 47 S. 1 WEG nach billigem Ermessen zu entscheiden. Diesem Maßstab entspricht es, die Beteiligten anteilig nach dem Maß ihres sachlichen Unterliegens mit den Gerichtskosten zu belasten. Der Senat hat bedingt durch die Abänderung der Wertfestsetzung den einzelnen Verfahrensbeteiligten entsprechend ihrem sachlichen Unterliegen jeweils bestimmte Kostenquoten zugeordnet. Daraus folgt eine Abänderung der in Vorinstanzen getroffenen Kostenentscheidungen, die der Senat von Amts wegen vorgenommen hat.

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten (§ 47 S. 2 WEG) entspricht es regelmäßig der Billigkeit, dass die Verfahrensbeteiligten ihre Kosten jeweils selbst zu tragen haben. Für das Verfahren dritter Instanz liegen jedoch besondere Gründe vor, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigen. Denn das Landgericht hat seine Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ausführlich begründet. Die weitere Beschwerde hat keine Gesichtspunkte vortragen können, die die Entscheidung des Landgerichts ernsthaft hätte in Zweifel ziehen können. Unter diesen Umständen entspricht es der Billigkeit, dass die Beteiligten zu 1) auch die außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben, die sie auf Seiten der Beteiligten zu 5) durch die Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde veranlasst haben. Der Ausschluss der Kostenerstattung für die Vorinstanzen ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Ende der Entscheidung

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